Review: LOVE RANCH - Große Namen in die Wüste geschickt



Fakten:
Love Ranch
USA, BRD, 2010. Regie: Taylor Hackford. Buch: Mark Jacobson. Mit: Helen Mirren, Joe Pesci, Sergio Peris-Mencheta, Gina Gershon, Scout-Taylor Compton, Bai Ling, Taryn Manning, Bryan Cranston, Eise Neal, Rick Gomez u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Grace und Charlie Bontempo betreiben Anfang der 70er Jahre das erste legale Bordell in Nevada, die Love Ranch. Ihr Betrieb ist gesellschaftlich wie staatlich mehr als zwiespältig aufgenommen, doch rechtlich ist alles in trockenen Tüchern. Als Grace mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird, bröckelt ihre Welt. Noch mehr, als Charlie den Boxer Bruza unter Vertrag nimmt und sich zwischen ihr und dem wesentlich jüngeren Mann eine Romanze anbahnt. Der Anfang vom Ende.





Meinung:
Es erscheint im ersten Moment sehr verwunderlich, dass ein Film von Taylor Hackford hierzulande ohne große Promotion, still und leise im Videotheken-Regal endet, obwohl Thema und Besetzung zudem mehr als interessant klingen. Auf dem Papier ist das pures Gold, in der nackten Realität nur vergoldetes – oder vergeudetes – Blech.


Grace, die Puffmutter der Wüste.
Hackford, speziell in den 90ern eine Bank („Blood In, Blood Out“, „Dolores“, „Im Auftrag des Teufels“) beherrscht sein Handwerk immer noch, an seiner Regie liegt es definitiv nicht, dass „Love Ranch“ so ein belangloser Schnarcher ist. Sicher auch nicht am Cast, gerade der ist kaum sinnloser zu verschwenden. Helen Mirren dürfte zu den selten anerkannten Damen mit ehrlichen Falten gehören, die über jeden Zweifel erhaben sind. Eine der wenigen Darstellerinnen, die mit dem Alter eher an Respekt und (Rollen)Qualität hinzugewonnen haben, absolut berechtigt. Ihr zur Seite steht der fast vergessene Joe Pesci, wie schön, ihn endlich mal wieder in Aktion zu erleben. Seit „Lethal Weapon 4“ (1998) war er quasi verschwunden, tauchte nur kurz für das De Niro Freundschafts-Cameo in „Der gute Hirte“ (2006) wieder auf. Hollywoods Terror-Zwerg (vor wie wohl auch hinter der Kamera) ist sichtlich älter geworden, hat dafür an seiner naturgegebenen Kraft und Ausstrahlung kaum etwas verloren. Selbst nach so einer ewigen Pause kann Pesci noch seine Stärken ausspielen, warum wir die solange entbehren mussten, etwas schade, aber jedem sei sein Ruhestand gegönnt. Gönnen würde man ihm, dass er sein überfälliges Comeback nicht so verschwendet.


Die Geissens der 70er.
Denn obwohl der Cast (neben Mirren und Pesci noch Gina Gershon, Scout-Taylor Compton, Bai Ling und Bryan Cranston, geht durchaus langweiliger) wie der Regisseur, wie die grundsätzliche Geschichte eigentlich alles bieten, das Resultat ist äußerst dürftig. Der schwarze Peter liegt beim schläfrigen Skript, das sich munter gegen die auf tendenziell dynamisch angelegte Inszenierung und die spielfreudigen Stars stemmt und sie letztendlich mühelos auf die Matte drückt. Da können noch so viele Details stimmen, stimmig ist das Gesamtbild nicht, gerade weil sich das Potenzial überdeutlich zu erkennen gibt. Viele Themen werden grundsätzlich tangiert, befriedigend abgeschlossen wenige. Von der namensgebenden (und an sich total reizvollen) „Love Ranch“ gibt es herzlich wenig zu sehen, ist reine Kulisse, obwohl sie allein schon der Star sein könnte. Statt sich auf den „Verfall“ von Moral und Sittenhaftigkeit zu konzentrieren, den dieses Etablissement für das prüde US-Volk damals (und wohl auch heute noch) dargestellt haben muss, steht das kriselnde Eheleben ihrer Besitzer im Fokus, gewürzt mit leichten Gauner-Flair, aber alles nicht wirklich der Rede wert. Die Dramaturgie ist sehr mau, holpert gewaltig und lässt zu viele interessante Momentaufnahmen fahrlässig links liegen. „Love Ranch“ ist der traurige Beweis dafür, wie wichtig ein vernünftiges Drehbuch sein kann, wie elementar entscheidend für großartige Voraussetzungen, die offen auf dem Tisch liegen. Der Film bettelt um Teilnahme, aber er verwehrt sie einem gleichzeitig. Weil er so egal ist, nicht mitreißt, vor sich hin plätschert, eben gar nicht kickt.


Der historisch interessante Hintergrund gerät genauso zur Nebensache wie sein engagiertes Personal. Schändlich, wie viele Filme können das nicht von sich behaupten und stellen trotzdem noch was auf die Beine? Einige. „Love Ranch“ ist gekonnt inszenierte Belanglosigkeit voller Möglichkeiten, die sich bis zum Schluss Türen offen lässt, gerade so unterhält, und am Ende eine einzige Enttäuschung ist. Nicht schlecht, aber niemals mehr als das.

4,5 von 10 beschädigten Boxern

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