Fakten:
The Body – Die Leiche (El cuerpo)
ES, 2012. Regie: Oriol Paulo. Buch:
Oriol Paulo, Lara Sendim. Mit: Hugo Silva, José Coroado, Bélen Rueda, Aura
Garrido, Juan Pablo Shuk, Oriol Vila, Miquel Gelabert, Carlota Olcina, Patricia
Bargalló u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab dem 10.6.2014 auf DVD und
Blu-ray erhältlich.
Story:
Kommissar Jaime Peña und seine
Männer werden zu einer Leichenhalle gerufen. Ein Wachmann ist in panischer
Angst geflüchtet und wurde von einem Auto überfahren. Vor Ort sind fast alle
Überwachungskameras lahm gelegt, als wenn jemand etwas vertuschen wollte. Noch
merkwürdiger: Die Leiche der Geschäftsfrau Mayka Villaverde, die letzte Nacht
an einem Herzinfarkt verstarb, ist spurlos verschwunden. Ihr Witwer Álex wird
zum Tatort bestellt. Dem geht die Pumpe, denn der Infarkt seiner Frau war kein
Zufall. Zusammen mit seiner Geliebten hat er mittels eines Gifts Mayka aus dem
Weg geräumt. Aber was ist nun mit der Leiche geschehen? Weiß jemand von seinem
Verbrechen? Schnell gerät er in Verdacht, doch der verbissene Ermittler Jaime
kann ihm noch nichts beweisen. Zudem scheint jemand ein perfides Spiel mit Álex
zu treiben. Ist Mayka vielleicht gar nicht tot?
Meinung:
Spanien hat sich in den letzten
zehn Jahren zu dem wohl interessantesten Filmland in der Sparte des Thrillers
entwickelt, weit vor dem Marktführer mit den drei großen Buchstaben. Immer
wieder überraschen handwerklich lupenreine, geschickt aufgebaute und kreative
Genrefilme, so auch „The Body“ von Oriol Paulo. Vor einigen Jahren überzeugt er
schon mit seinem Drehbuch zu dem Giallo-Verschnitt „Julia´s Eyes“, nun gibt er
sein Spielfilmdebüt als Regisseur. Das Skript stammt selbstverständlich auch
von ihm (in Zusammenarbeit mit Lara Sendim) und zeigt erneut ein großes Talent
für dichten Suspense und hervorragend konzipierten Spannungsaufbau, der leider
am Ende in einer viel zu hanebüchenen Pointe in sich zusammenfällt. „Julia´s
Eyes“ hatte ein ähnliches Problem, nur wirkt sich das in diesem Fall noch
wesentlich deutlicher und im Kontext (wenn wir den „Vorgänger“ mal grob als
Giallo bezeichnen wollen, nicht so schlimm) negativer aus.
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Damit hat echt niemand gerechnet... |
Jederzeit spannend, enorm
wendungsreich, treibend und sehr interessant ist das aktuelle Werk ohne Frage
und ist somit lange im Begriff, ein absolutes Highlight zu werden. Schnörkellos
werden wir mitten ins Geschehen befördert und tappen so im Dunkel wie die
Figuren. Obwohl, nicht ganz. Denn als besser positionierter Zuschauer wissen
wir schon, dass der (nicht ernsthaft) trauernde Göttergatte seine dominante, in
vielerlei Weise unberechenbare Ehefrau in Eigenregie in Jenseits befördert hat
und durch das mysteriöse Verschwinden ihres Körpers aus der Leichenhalle nun
ordentlich ins Schwitzen gerät. Wir wissen auch, dass die Spürnase des kantigen
Ermittlers vor Ort längst den Angstschweiß wittert und nur auf den entscheidenden
Fehler lauert. Doch was genau vor sich geht und vor allem wer hier überhaupt ein
perfides Spiel mit dem panischen Mörder und den griffigen Gesetzeshütern
treibt, das schwebt bis zum Finale wie ein großes Fragezeichen über der
Geschichte. Dadurch ist „The Body“ in der Tat sehr mitreißend, einnehmend und
baut über weite Strecken seine Spannung exzellent auf. Nur wird jetzt schon
klar: Wie auch immer die Auflösung des Ganzen aussehen kann, konstruiert bis
zum Anschlag wird es hundertprozentig. Dafür ist die Schnitzeljagd durch das
Leichenschauhaus schlicht zu unglaubwürdig und in seinem eigentlich
umständlichen, dennoch perfekten Ablauf wie am Schnürchen schon ziemlicher Unsinn.
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Sie ist rollig, er will nicht, verkehrte Welt. |
Sei es wie es sei, das Mitfiebern
gestaltet sich mühelos, viel zu elegant und – zumindest in seiner Wirkung -
clever ist das in Szene gesetzt. Klasse Darsteller wie Hugo Silva („Wichting& Bitching“) oder die wunderbare Bélen Rueda („Das Waisenhaus“, „Julia´s
Eyes“) überzeugen wie gewohnt, das reizvolle Doppelspiel mit dem Plot (Mörder
muss sein Verbrechen vertuschen und gleichzeitig ein Rätsel lösen) ist eine
tierisch gute Idee und auch die Art und Weise, wie dem Zuschauer behutsam
Bausteine der Vergangenheit hingeworfen werden um das Miträtseln und
Theorienspinnen dadurch nur noch mehr anzuheizen, alles verdammt effektiv und
in seinem Vorgehen bemerkenswert schlau. Bis der Twist-Hammer kommt…
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Brille: Fielmann. |
Um eins klar zu sagen: DAS Ding
kommt mal überraschend. Gebe es einen Preis für die wohl unvorhersehbarste
Auflösung (zumindest in allen Details), „The Body“ hätte hohe Siegchancen.
Schön böse und hinterlistig ist es zudem, nur bitte, was für ein Quatsch. Ja,
THEORETISCH wäre das alles wohl irgendwie machbar und es werden auch sämtliche
Einzelheiten enthüllt, aber praktisch ist das nichts weiter als Mumpitz. Hatte
sich ja bereits angedeutet, nur so ein krasses Entgleisen jeder Glaubwürdigkeit
zieht einem bis dahin tollen Film mit einem Ruck den Boden unter den Füßen weg.
Hier wird ersichtlich, wie sehr auf einen richtig fetten Knall hingearbeitet
wurde, ohne Rücksicht auf die Gesamtwirkung. Es funktioniert von seinem Effekt,
sorgt dabei auch für mächtiges Kopfschütteln. Bei anderen Filmen ohne so viel
Substanz mag man das mit einem Lächeln verkraften, hier ist das echt zu viel.
Bedauerlich, nur sollten sich davon
nicht zu viele Menschen abgeschreckt fühlen. „The Body“ ist aufgrund seiner
zahlreichen Vorzüge eigentlich ein absolut sehenswerter Film, in vielen
Belangen um einiges besser als vergleichbares Material, will am Ende nur mit
aller Macht den Vogel abschießen und holt sich damit selbst vom Himmel.
Manchmal ist weniger mehr, gutes Beispiel dafür.
6,5 von 10 Rotwein mit Schuß
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