Review: HALLOWEEN II - Love Hurts...




Fakten:
Halloween II
USA, 2009. Regie & Buch: Rob Zombie. Mit: Scout Taylor-Compton, Malcolm McDowell, Tyler Mane, Danielle Harris, Sheri Moon Zombie, Brad Dourif, Caroline Williams, Dayton Callie, Richard Brake, Octavia Spencer, Margot Kidder, Mary Birdsong, Chase Wright Vanek, Richard Riehle u.a. Länge: 101/114 Minuten (Kinofassung/Directors Cut). FSK: Keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Laurie hat das Massaker des letzten Halloweens zwar überlebt, jedoch mit tiefen Narben auf Körper und Seele. Sie leidet an Angstzuständen und versucht in einer Therapie, die grausamen Taten ihres Bruders Michael zu verarbeiten. Dieser ist hingegen der allgemeinen Meinung nicht tot, sondern hat sich in die Wälder um Haddonfield zurückgezogen. Er wartet. Auf die nächste Halloweennacht. Um das zu beenden, was er vor einem Jahr begann.




Meinung:
"Halloween II" ist nun endgültig Rob Zombies "Halloween". Schon beim Vorgänger wollte er vieles ganz anders machen, musste sich aber letztendlich dem Druck des Studios beugen. Zombies Ansprüche kollidierten zu sehr mit dem kommerziellen Anspruch der Studiobosse, musste sich künstlerisch beschneiden lassen und im Endeffekt eine Auftragsarbeit abliefern. Klar, er durfte seinen Stil schon im gewissen Maße zeigen, aber immer in dem Rahmen, der ihm gelassen wurde. Er ging so weit wie er durfte, aber nicht im Ansatz so weit, wie er es wollte.


Der schwarze Mann hat noch nicht genug.
Bei H2 war das nun hinfällig. Zombie schöpft nun aus den Vollen, was fast logischerweise zu dem führte, was das Studio beim Vorgänger vermeiden wollte: Der Film war nicht mehr so leicht zu verkaufen, führte bei vielen zu Verwirrungen und sogar Enttäuschungen. Zu weit und extrem entfernt sich der Regisseur vom klassischen "Halloween"-Gerüst und drückt dem Film seinen eigenen Stempel mit so einer Wucht auf, wie man es wohl kaum für möglich gehalten hätte. Verdammt gut so! Im Prinzip orientiert sich Zombie nur in einer Szene an den Originalfilmen bzw. dem Original H2. Die Krankenhausszene. Hier mag man noch glauben, es wird ein ähnliches Semi-Remake wie bei seinem Erstling, doch weit gefehlt. Diese Szene ist brillant und so bezeichnend für das ganze Werk. Es wird mit den Erwartungen des fachkundigen Publikums gespielt, um sie aus heiterem Himmel zu zerschlagen. Als wenn Zombie dem verblüften Zuschauer die lange Nase drehen würde um ihm danach in aller Deutlichkeit zu sagen: So Leute, jetzt komme ich. Verabschiedet euch von euren Vorstellungen, ich mache ab jetzt alles auf meine Weise.


Zu Tisch, Mutti hat angerichtet.
Schon rein optisch ist ein deutlicher Unterschied zu erkennen. H2 wirkt viel roher, dreckiger, ist ganz anders geschnitten und gefilmt als sein Vorgänger. Da sieht man schon, dass Zombie sich nicht mehr auf irgendeinen Konsens einlassen musste oder es vermeiden wollte, jemanden zu verschrecken. H2 wirkt viel bizarrer und weit weniger geradliniger, massenkompatibel. Das ist Zombie zu 100%, und nur so macht das Sinn. Zudem schlägt er auch bei den Figuren einen ganz anderen Weg ein. Laurie ist nach den Vorkommnissen des letzten Halloween stark traumatisiert und seelisch gebrochen. Sie wirkt dadurch viel deutlicher wie ein echter Mensch. Keine Filmfigur eines typischen Slasher-Sequels, die die Vergangenheit verhältnismäßig lässig wegwischt, das entspricht der Realität viel mehr, als man es sonst so oft sieht. Der Film widmet recht viel Zeit dieser Charakterzeichnung, ohne dass sein Tempo darunter leiden muss. Die Mischung gelingt hervorragend. Die bemerkenswerteste Änderung betrifft Dr. Loomis, der sonst immer der Held und unerschütterliche "Gute" der Halloween-Reihe war. Zombie verkauft ihn als Publicity-geilen Unsympath, der sich nur noch um sein Ego und Bankkonto kümmert, anstatt wie ein Besessener Michael hinterher zu hecheln. Der alte Dr. Loomis hätte erst Ruhe gegeben, wenn er Michael persönlich in tausend Teile gesägt, verbrannt und hinterher in geweihter Erde vergraben hätte. Diesem Dr. Loomis ist es lange herzlich wurscht, was denn mit Michael passiert ist, aus den Augen, aus dem Sinn.


We are Family...
Was Zombie noch ganz anders macht und wirklich gewöhnungsbedürftig ist: Er bricht mit zwei ganz großen "Halloween"-Tabus: Michaels Gesicht ist deutlich zu sehen und, Achtung, er spricht! Das stumme Monster spricht, was geht denn da ab?! Sonst blieb er immer der gesichtslose schwarze Mann, das unbekannte Schreckgespenst, der Mythos. So wollte man ihn eigentlich immer haben. Zombie dreht das komplett auf links. Er vermenschlicht das Unbegreifliche, gibt ihm nicht nur Gesicht und Stimme, sondern auch ein Innenleben. Tiefe Sehnsüchte nach Geborgenheit, dem Schoß einer Familie, den Armen seiner Mutter, welche ihm als strahlendweißes, engelsgleiches Geschöpf durch seine blutrünstige Familienzusammenkunft leitet. Das mag ungewöhnlich und zunächst fast etwas befremdlich sein, aber eins ganz besonders: Konsequent. Er bricht mit allem, warum nicht damit? Er zerlegt alles, was bisher als sicher und gesetzt schien. Unter diesem Standpunkt ist es sogar richtig. Rücksicht muss er auf niemanden mehr nehmen, er geht seinen Weg und das bis zum Schluss. Dann, als die Familie endlich wieder vereint scheint und sogar sein „Ziehvater“ Loomis sich wieder um den vergessenen Sohn kümmert, ist Michael am Ziel. Jetzt ist die Jagd vorbei.  Wenn zum Abschluss „Love Hurts“ erklingt, ist alles gesagt und erzeugt bald Gänsehaut.


Genau das macht seinen H2 zum tatsächlich besten Nachleger zum genialen Original von Carpenter. Das ist Rob Zombie, das ist sein "Halloween" und das ist ein beinharter Horrorfilm mit schmutziger Ästhetik. Der Mann versteht genau, was er da tut, liebt Horrorfilme vom ganzen Herzen und macht dies überdeutlich. An was so viele Remakes oder verspätete Nachleger scheitern, macht Zombie hier einfach richtig. Er macht sein Ding, unterliegt keinen Zwängen und schafft dann eben aus diesen Möglichkeiten einen Horrorfilm, der sein Publikum überrascht, aber nicht verärgert. Im Gegenteil. Soviel Mut und Talent zeigt eigentlich niemand in diesem speziellen Bereich. Hut ab, Mr. Zombie. Sie haben es geschafft, die riesigen Fußstapfen zu verlassen und eigene zu hinterlassen.

8 von 10 weißen Pferden

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