Posts mit dem Label Buchverfilmung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Buchverfilmung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Review: STEPHEN KING'S STARK - Die Sperlinge fliegen wieder

Keine Kommentare:


                                                                                
© OFDB FILMWORKS

Fakten:
Stephen King’s Stark (The Dark Half)
USA, 1993. Regie: George A. Romero. Buch: George A. Romero, Stephen King (Vorlage). Mit: Timothy Hutton, Amy Madigan, Michael Rooker, Julie Harris, Robert Joy, Chelsea Field u.a. Länge: 121 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Da Schriftsteller Thad Beaumont von seinen anspruchsvollen, hochgelobten aber kommerziell wenig lukrativen Büchern nicht leben kann, erschuf er das Pseudonym George Stark. Dessen brutale Groschenromane bringen das nötige Geld in die Haushaltskasse des Familienvaters. Als er mit diesem Doppelleben erpresst werden soll, geht er in die Offensive, outet sich und beerdigt sein Alter Ego im wahrsten Sinne des Wortes. Plötzlich geschehen in seinem Umfeld brutale Morde, alle Indizien deuten auf Thad. Ist seine dunkle Seite zum Leben erwacht, als er sie eigentlich zu Grabe trug?
                                   
                                                                      

Meinung:
The Dark Half oder in der deutschen Übersetzung Stark zählt nicht zu den prominentesten Romanen von Stephen King und – das lässt sich kaum bestreiten – auch nicht zu seinen besten. Vielleicht aber zu seinen persönlichsten, denn wohl mehr als sonst ließ King in die Geschichte um einen jahrelang zwiegespaltenen Schriftsteller mit zwei Herzen, Seelen und auch ganz anderen Teilen in seiner Brust (oder auch dem Kopf) und dessen Kampf gegen seine eigentlich abgestoßene, dunkle Seite autobiographische Erlebnisse einfließen. Dass das Resultat eher einer pulpigen Groschenroman-Story als einer psychologisch ausgefeilten Analyse gleicht kann sogar durchaus als eine Form von Meta-Ebene gesehen werden. Denn um nichts anderes geht es bei dieser Auseinandersetzung mit dem inneren, sorgsam weggesperrten und nur zum Eigennutzen an der Leine ausgeführtem Dreckschwein, das nun befreit und autonom Amok laufen darf. Der Konfrontation von Verstand, Vernunft, guter Kinderstube, Intellekt und dem schizophrenen Tier, das irgendwie wohl jeden erfolgreichen Schriftsteller heimsuchen muss, zumindest im Milieu eines Stephen King.


© OFDB FILMWORKS
Are You Lonesome Tonight...
Mit George A. Romero nimmt sich ein echtes Genre-Schwergewicht der Umsetzung an, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass er zu diesem Zeitpunkt seine besten Jahre schon lange hinter sich hatte und ähnlich angewiesen auf einen Erfolg war wie der filmische Protagonist Thad Beaumont, der deshalb sein Alter Ego George Stark erschuf…oder vielleicht nur weckte? Sehr nah an der Romanvorlage wagt der auch für das Script verantwortliche Romero keine großen Experimente, kürzt nur Unvermeidliches und läuft damit auch Gefahr, den Film etwas zu lang ausfallen zu lassen. Siehe da, so ist es auch, denn auch Stephen King ist ja eher selten ein Freund kurzgehaltener Narration. Übertragen auf das Medium Film nicht immer zweckdienlich, obwohl Stark dafür noch recht flott und mit wenig überflüssigem Ballast ausgefallen ist. Wie schon King versucht auch Romero (logischerweise bei strenger Werktreue) der an sich wesentlich tiefgründiger auslegbaren Story keine neuen Facetten abzugewinnen, das darf man ihm kaum zum Vorwurf machen, obwohl es dort wie hier leicht nach verschenktem Potenzial riecht. Aber wie bereits erwähnt, eigentlich ist es ja das Thema von Stark: Die kalkulierte Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit; dem Filegranen und dem Groben; dem Kopf und dem Bauch; der Vernunft und der zügellosen Wut. Das erlaubt auch dem doppelt-beschäftigen Timothy Hutton massives, lustvolles Overacting zu betreiben, denn nichts anderes wird verlangt und ist notwendig, um Engelchen und Teufelchen mit angespitzten Bleichstiften zum außergewöhnlichen High-Noon antreten zu lassen.


Etwas zu ausgiebig erzählt, dafür mit hervorragenden, trotzdem nie aufdringlichen, zu sehr fokussierten Effekten, einem aufblühenden oder eher vergammelnden Hauptdarsteller und dem typischen Stephen-King-Flair vorgetragen, ist Stark zwar kein echter Hit. Aber eine – wie so oft – unter viel zu hochtrabenden, angeblich gescheiterten Ansprüchen an eine King-Adaption vorschnell verurteilte Verfilmung, die kaum schlechter ist als die Vorlage.

6,5 von 10 falschen Gräbern

Review: ES - Guter Film im falschen Genre

Keine Kommentare:


                                                                        


Fakten:
Es (It)
USA, 2017. Regie: Andrés „Andy“ Muschietti. Buch: Chase Palmer, Cary Fukunaga, Gary Dauberman, Stephen King (Vorlage). Mit: Jaeden Lieberher, Sophia Lillis, Jeremy Ray Taylor, Finn Wolfhard, Chosen Jacobs, Jack Dylan Grazer, Wyatt Oleff, Bill Skarsgård, Nicholas Hamilton u.a. Länge: 135 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.


Story:
In der Kleinstadt Derry verschwinden immer wieder Kinder. Auch der kleine Bruder von Außenseiter Bill Denbrough gehört zu den Vermissten. Gemeinsam mit seinen Freunden vom „Club der Verlierer“ kommt er hinter das grausame Geheimnis: Ein Wesen, das sich von Angst ernährt und meist in der Gestalt eines Clowns auftritt, sucht Derry alle 27 Jahre heim und begibt sich erst wieder in den „Verdauungsschlaf“, wenn es sich satt gefressen hat. Die Jugendlichen stellen sich der unbesiegbar scheinenden Bestie und somit ihrer Furcht.

                                                                          
Meinung:
Bereits jetzt ist der Neuverfilmung von Stephen King’s Mammutwerk Es sein Status als einer der erfolgreichsten Horrorfilme aller Zeiten nicht mehr zu nehmen. Am Startwochenende in den USA brach er alle Einspielrekorde (für das Genre) und auch hierzulande scheint der Hype grenzenlos. Das Ergebnis wahnsinnig günstiger Ausgangsfaktoren wie einer brillanten Vorabvermarktung. Durch langes, geschicktes Anteasern wurde das potenzielle Publikum heiß wie Frittenfett. Dazu kommt die Tatsache, dass sowohl die literarische Vorlage wie auch der 27 Jahre (wie passend!) alte TV-Zweiteiler über einen hohen Bekanntheitsgrad und eine starke Fanbase verfügen. Manche werden beides nur vom Hörensagen kennen, aber allein das dies der Fall ist reicht ja bereits aus. Bei diesem Es handelt es sich nicht um ein übliches Remake, es ist die erste Präsentation auf der Kinoleinwand und mit großem Aufwand dahinter. Zu einer Zeit, in der selbst lumpigste 08/15-Horror-Schinken mit dem entsprechenden Oberflächenreizen von der breiten Masse aufgesaugt werden wie Nektar, das Genre boomt mal wieder. Einen besseren Zeitpunkt, ein besseres Projekt und eine bessere Strategie hätte es kaum geben können. Allein dafür, unabhängig vom Film, vollsten Respekt, das ist saubere Arbeit!  


99 Luftballons, ein echter 80er-Hit
Aber wie es er denn nun wirklich, der glühend heiße Horror-Shit den alle sehen wollen und die Kinosäle zum Platzen bringt, als würde man das Publikum für seine Anwesenheit bezahlen und nicht umgekehrt? Nun ja, das ist nicht so einfach zu beantworten. Es hängt sicherlich ein Stückweit mit der Erwartungshaltung des Einzelnen zusammen, wie sehr er die doch recht unterschiedlichen und qualitativ weit auseinanderklaffenden Elemente dieser Adaption gewichtet, die – um das bereits ganz klar zu stellen – selbstverständlich nicht (unabhängig davon, dass es sich hier nur um einen „halben“ Film handelt) die gesamte, epische Tragweite und Komplexität von Stephen Kings 1000-Seiten+-Wälzer umfassen kann, noch dessen schockierende Grausamkeit auch nur ansatzweise versucht zu erreichen. Beides nachvollziehbar und eigentlich nur logisch für einen Kinofilm, der (trotz Zweiteilung) ja noch gewissen Umfang-Grenzen unterliegt und auch flächendeckend vermarktet werden soll, ohne dass ihm die Sittenwächter (in den USA) oder die Gore-Polizei (z.B. bei uns) zu einem Nischendasein zwingen, was aufgrund der geistigen Enthemmung des Buches bei einer extrem werkgetreuen Umsetzung wohl der Fall gewesen wäre. 


Unsterblich, hungrig, wasserdicht
Was diesem Es eindeutig abgeht ist die Profilierung des unbegreiflichen Monstrums, das Derry seit Jahrhunderten in einen Ort von Tod, Leid und Angst verwandelt. Hauptsächlich reduziert auf die Erscheinung des Clowns Pennywise und eines sadistischen Kinderschrecks erreicht das eigentlich kaum greifbare Böse nicht die Größe, die ihm im Roman zuteilwurde. Einer Kreatur, fast schon einer höheren Existenz, die das Schicksal einer ganzen Stadt von Anfang an lenkt, allem Grausamen als Basis dient, der Ursprung allen Übels. Schon immer und für (womöglich) alle Zeiten. Auch das fällt natürlich theoretisch unter den Schutzmantel von „Kaum verfilmbar“, allerdings stoßen wir damit zu einem wichtigen Kernproblem des Films vor: Es mangelt (es) – ausgerechnet – an Furcht. Ein Wesen, das sich von Angst ernährt, weiß diese für den Zuschauer kaum zu vermitteln. Erschrecken, das beherrscht das böse Rumpelstilzchen (nur echt mit 52 Zähnen), hüpft polternd, fauchend und jaulend immer dann wie ein Springteufel aus dem Kästchen, wenn der fast nur auf Jump-Scares bauenden Andy Muschietti vorher artig an der Kurbel gedreht hat.


Der Film sorgt nicht für durchgängiges Unbehagen, eine stetig mögliche Bedrohung, der Geisterbahneinsatz ist klar abgesteckt und jeder weiß exakt, wann er sich für den nächsten Angriff auf die Sensorik schon mal vorsorglich irgendwo festkrallen darf. Damit fährt der vorher durch seinen Grusel-Quark Mama nicht sonderlich positiv aufgefallene Regisseur eine erprobte, deshalb nicht lobenswerte Schiene: Horror eben wie auf Schienen. Portioniert, genormt, möglichst laut und krawallig für den Moment, dadurch aber ausrechenbar und nicht terrorisierend, nicht zum Fürchten (was ja eigentlich der Sinn der Sache ist, speziell in Bezug auf diese Handlung) geeignet. Einmal bricht der Film leicht daraus aus, in den ziemlich zentral angeordneten Sequenzen im „Brunnen-Haus“. Was den reinen Horror angeht, ganz klar die stärksten Minuten des Films. Natürlich werden hier auch die gewohnten Hebel betätigt, in dieser Dichte und straffen Aufeinanderfolge ohne Verschnaufpause oder behütende Rückzugsmöglichkeit entsteht tatsächlich kurzzeitig echter Terror, pure Bedrohung, ein Gefühl von Panik…von Angst! Da zeigt Es plötzlich, was in ihm steckt. Stecken könnte, wenn es sich nur mal richtig austoben darf. Es bleibt – in dieser Intensität – leider die Ausnahme. Sonst gibt es optisch wie akustisch stark präsentierte Sesselzucker, die nur den Effekt und nicht das Ambiente bedienen.


Klingt nicht berauschend? Ist es auch nicht, und trotzdem gibt es einen Aspekt, in dem ist dieser Film so überraschend stark, dass man ihm seine Schwächen zwar aufzählen, aber kaum krumm nehmen möchte. In seinem ausgiebigen Coming-of-Age-Part liegt die wahre Qualität dieses Jugendabenteuers im Horrorgewand. Die großartig besetzten Jungdarsteller werden trotz der aus Zeitdruck gestauchten Charakterisierung schnell zu ehrlichen Sympathieträgern, ihre Rollen mit erstaunlich viel Profil versehen, obwohl dafür eigentlich die Rahmenbedingungen fehlen. Was dem Horrorfilm an Horrorfinesse fehlt, das kompensiert er durch eine geschickte, auf wichtige Details bedachte Figurenzeichnung, viel Empathie wie der richtigen Mischung aus Charme, Witz und der Story gebührenden Ernsthaftigkeit. Die besten Momente hat der Film nicht, wenn der von Bill Skarsgård mit viel Engagement verkörperte und teilwiese mit zu viel Tohuwabohu inszenierte Pennywise seinen gierigen Schlund aufreißt, sondern wenn sich die Kids ihren wahren, in der Realität existierenden Ängsten und Gegner stellen müssen (zum Teil im engsten Familienkreis). Wer das über die Show stellt, der bekommt einen tollen, einen mitreißenden und aufregenden Film zu sehen. Nur auf das Genre reduziert…geht da hoffentlich mehr, sonst wird es auch eng für Kapitel 2. Da sind ja alle schon groß…

6,5 von 10 fliegenden Kindern

Review: THE CIRCLE - Schöne, neue Welt

1 Kommentar:

Fakten:
The Circle
USA. 2017. Regie: James Ponsoldt. Buch: James Ponsoldt, Dave Eggers (Vorlage). Mit: Emma Watson, Tom Hanks, Karen Gillan, Ellar Coltrane, Glenne Headly, Bill Paxton, John Boyega, Patton Oswalt, Judy Reyes, Nate Corddry, Mamoudou Athie, Roger Joseph Manning Jr., Joey Waronker, Michael Shuman, Nick Valensi, Beck, Regina Saldivar, Katie Costick u.a. Länge: ca. 110 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 7. September 2017 im Kino.

Story:
Die 24-jährige Mae Holland ist überglücklich. Sie hat einen Job in der angesagtesten Firma der Welt ergattert: beim "Circle", einem Internetkonzern, der alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität ausstattet, über die alles abgewickelt werden kann. Mae stürzt sich voller Begeisterung in die schöne neue Welt mit ihren lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, Gratis-Konzerten und coolen Partys. Während sie innerhalb der Firma immer weiter aufsteigt, wird sie vom charismatischen Firmengründer Eamon Bailey ermutigt, an einem für den "Circle" bahnbrechenden Experiment teilzunehmen. Die Teilnahme an dem Experiment und ihre Entscheidungen zugunsten des "Circles" beeinflussen zunehmend das Leben und die Zukunft ihrer Freunde und Familie. Und dann ist da auch noch ihr mysteriöser Kollege Kalden, zu dem sie sich auf unerklärliche Weise hingezogen fühlt...




Meinung:
Mit The Circle gelang Romanautor Dave Eggers ein echter Bestseller. Die Geschichte eines gigantischen Unternehmens, eine Art fiktiver Zusammenschluss von Apple, Facebook und Microsoft, dass die Privatsphäre für antiquiert erklärt, wirkte zwar schon bei Buchveröffentlichung wenig visionär, an der kräftigen Aussage des Romans ändert dies aber nichts. Nun hat sich Hollywood dran gemacht, den Stoff zu verfilmen. Unter der Regie von James Ponsoldt, der zuletzt mit The End of the Tour bereits gelungen eine Romanverfilmung durchführte, protzt The Circle nun mit einer Besetzung, die für alle Generationen etwas bietet. Das hilft dem Film aber auch nicht weiter.


Im Grunde lässt sich The Circle zunächst nur wenig vorwerfen. Die Inszenierung ist gut und gefällig, die Darsteller geben sich keine Blöße und Ponsoldt versucht so gut es geht die damals noch dystopischen Entwürfe des Romans so zu übernehmen, dass sie für das Publikum gleichermaßen bekannt wie befremdlich wirken. Was er aber nicht tut, ist sein Publikum zu fordern. The Circle läuft auf exakten Bahnen ab, versucht sich ab dem zweiten Akt mehr schlecht als recht als Thriller und generiert Charakterentwicklungen und moralische Schockmomente die zu vorhersehbar und konstruiert wirken. Dazu kommt, dass er das ganze Konstrukt am Ende mit breiter Hüfte wieder einreißt. The Circle ist ein Film, der belehren, der aufklären will, der sich aber dabei niemals traut wirklich durchzugreifen. Er verklärt die Gefahr vom Verlust der Privatsphäre zum letztlich simpel lösenden Problem. Es ist diese Ambivalenz zwischen Aufklärung und Angst vor Überforderung, die den Film letztlich scheitern lassen.


Ist The Circle also eine Katastrophe von Film? Nein, bei weitem nicht. Was Ponsoldt nämlich ganz hervorragend gelingt ist, dass einem das alles irgendwie bekannt vor kommt. Tom Hanks als Firmenchef ist .B. die fleischgewordene Manifestierung eines Trugbildes. So wie ihn der Film zeigt, so wirken die Jobs, Zuckerbergs und Gates auf uns. Ein Rattenfänger, dem wir blind folgen. Inszenatorisch weiß The Circle also, wie er Assoziationen heraufbeschwören muss. Nur wie er diese wieder einreißt und offenlegt, damit hat die Romanverfilmung ihre klaren Defizite.

4 von 10 Energy Drinks