Planet der Affen: Survival (War for
the Planet of the Apes)
USA, 2017. Regie: Matt Reeves.
Buch: Mark Bomback, Matt Reeves. Mit: Andy Serkis, Woody Harrelson, Steve Zahn,
Karin Konoval, Amiah Miller, Terry Notary, Ty Olsson, Michael Adamthwaite, Toby
Kebbell u.a. Länge: 142 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.
Story:
Caesar und die von ihm angeführten,
intelligenten Affen werden von den Überresten einer menschlichen Militäreinheit
gnadenlos gejagt. Als Caesar’s Familie bei einem gezielten Attentat durch deren
wahnsinnigen Colonel stirbt, sinnt der sonst immer nach Deeskalation strebende
Schimpanse auf Vergeltung. Während er sein Volk in ein vermeidlich sicheres
Gebiet schickt, machen sich er und seine engsten Vertrauten auf zum Stützpunkt
ihrer Gegner.
Meinung:
2011 geschah etwas Außergewöhnliches:
Ein großer Filmklassiker bzw. sogar eine gesamte Filmreihe erfuhr eine
Wiedergeburt. Na und, ist doch heutzutage nichts Neues und vor allem selten
etwas Erstrebenswertes? In der Regel schon, doch Planet der Affen: Prevolution
kann mit Fug und Recht zu einem der besten Blockbuster der noch jungen
Jahrtausends gezählt werden. Tim Burton scheiterte 2001 mit seinem
entsetzlichen Remake-Versuch gnadenlos, daraus zog man wohl die richtigen Schlüsse.
Das Ding musste einen kompletten Relaunch erfahren, aber dennoch den Geist der
alten Filme beibehalten. Etwas erzählen, was speziell in den weniger gelungenen
Fortsetzungen zu dem Original von 1968 nur grob und nicht sonderlich sorgfältig
aufbereitet wurde. Das gelang fulminant. Rupert Wyatt erschuf damals einen
selten gewordenen Fall von geduldigem, klug aufgebautem Erzählkino, das
eindeutig als Exposition zu einem großen Ganzen zu verstehen war, dennoch
seinen Auftrag als aufwändiges, spektakuläres Popcornkino nicht aus den Augen
verlor. Das war und ist brillant. Das 2014 nun von Matt Reeves inszenierte
Sequel Planet der Affen: Revolution ging erwartungsgemäß mehr in Richtung post
(oder doch noch pre?)-apokalyptischem Actionfilm, was per se völlig in Ordnung
ist aufgrund des Drei-Akter-Konzepts, enttäuschte dennoch durch flache Figuren,
einen unkreativen Plot und dem reinen Fokus auf Schauwerte.
Ist die Menschheit nur Ballast?
Jetzt also das große Finale und die
alles entscheidenden Frage: Quo vadis, Caesar? War der Mittelteil nur ein
Ausrutscher oder war es gar der fantastische Opener, nur in die andere,
positive Richtung? Die Antwort, wie könnte es fast anders sein, liegt in der
Mitte. Allerdings mit der deutlich richtigen Tendenz. Um es kurz vorher
zusammenzufassen: Planet der Affen: Survival erreicht nicht die erzählerische
Qualität des Erstlings, ist aber in nahezu allen Bereichen um Längen besser als
sein direkter Vorgänger. Angelegt als episches, wuchtiges Finale, das keinen
Hehl um seine selbstauferlegte Wichtigkeit und Größe macht. Finster, endgültig,
gar referenziell soll es werden und natürlich seiner „eigenen“ Reihe als
Abschluss dienen um gleichzeitig den Weg für „den Ursprung“ zu ebnen. Denn wie
wohl inzwischen jeder wissen sollte (wer tatsächlich noch nie Planet der Affen
mit Charlton Heston gesehen hat, bitte erst im nächsten Absatz weiterlesen),
dieses Ende wird erst der Anfang sein. Eigentlich wartet man in der letzten
Einstellung auf einen Himmelsschweif am Horizont oder das Einschlagen einer
Rettungskapsel im Wasser, nun kann er kommen.
Kein Krieg ohne Überläufer
Das klingt alles nach einer großen
Aufgabe, einem nicht einfach zu lösenden Kraftakt und auch wenn Planet der
Affen: Survival gelegentlich den Mund eine Spur zu voll nimmt, man mag es ihm
insgesamt gerne verzeihen. Eine Sache muss fast schon gar nicht mehr erwähnt
werden, sie ist aber zu grandios um sie als selbstverständlich abzutun:
Technisch ist dieser Film gigantisch! Schon die Vorgänger boten nahezu perfekte
Animationen und Motion-Capturing, so langsam wird das Ganze aber schon unheimlich
real. Selbst bei Nahaufnahmen wirkt jedes Detail, jedes Haar, jede mimische
Nuance so echt, man nimmt es gar nicht mehr als Special-Effect – egal nach
welcher Methode – war. Das ist der pure Wahnsinn und selbst Befürworter der
handgemachten Effekt- und Maskenarbeit der alten Schule (hier!) können da nur
Beifall klatschen. So, und nur so, sollte die moderne Alternative aussehen.
Aber wie gesagt, das konnte man praktisch schon vorrausetzen. So ein
Anspruchsdenken herrscht heutzutage schon, irgendwie verrückt.
Das Grauen, das Grauen...
Der wesentliche Aspekt ist somit:
Wie schlägt sich das Finale auf inhaltlicher Ebene? Sehr anständig. Die
zahlreichen Anspielungen speziell auf das Kriegsfilm-Genre sind kaum zu
übersehen. Bereits zu Beginn sticht ein selbstbeschrifteter „Monkey
Killer“-Helm ins Auge, eine angepasste Variante zu dem „Born to
Kill“-Kopfschmuck bei Full Metal Jacket. Die Anfangssequenz in der grünen Hölle
der Wälder ruft sicher auch nicht unfreiwillig Assoziationen zu dem
Dschungelkrieg aus Platoon hervor und sobald sich in bester Western-Manier
durch die Prärie zum Herz der Finsternis durchgekämpft wurde, wird
Ap(e)ocalypse Now sehr direkt groß- und ausgeschrieben. Woody Harrelson glänzt
dabei (mal wieder) als Colonel Kurtz-Verschnitt, während der Film mitunter sehr
bemüht wirkt, einen großen Moment an die nächste zu reihen, seine Emotionen
dabei mit Nachdruck und schüttelnder Faust untermauernd. Das ist spektakulär
und oftmals wirklich packend, in der Fülle und Ausführlichkeit sicher sehr
angestrengt und übertrieben. Ein gesunder Hang zur Kürze hätte dem Film sehr
gut getan, da er diese Vehemenz und seinen Ausformulierungszwang gar nicht braucht.
Leichte Andeutungen und Querverweise sind oftmals viel nachhaltiger.
Nichtsdestotrotz gelingt Matt
Reeves ein würdiger Schlussakt, der nicht in plumpen Actionsequenzen ersäuft
und dennoch als beeindruckender Eye-Catcher durchwegs die Muskeln moderner
CGI-Technik spielen lässt. Der Film gaukelt sicherlich etwas Tiefe vor, in dem
er bekannte Themen für sich variiert – gerne auch doppelt und dreifach -, aber
damit liegt er immer noch deutlich über dem Maßstab, den aktuelles
Blockbusterkino schon lange sehr tief angesetzt hat .
…und
drei. Der erste Teaser Trailer zu „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“ hat
das Licht der Welt erblickt. Am 10. Dezember 2014 startet das Finale der „Hobbit“-Trilogie
in unseren Kinos und wird gewiss wieder für die einen ein waschechtes
Fantasyfreudenfest und für die anderen ein kaltes Effektgewitter werden. Nach
dem Cliffhanger-Ende von „Smaugs Einöde“ sind wie jedenfalls auf das große Ende
gespannt und fragen uns ernsthaft, wie sehr Peter Jackson das Buch von J.R.R.
Tolkien weiter für seine Zwecke umändert.
Liberté,
egalité, fraternité – Die Schlagworte der französischen Revolution – verpackt in
die drei Farben der Nationalflagge Frankreichs, blau, weiß und rot. Der
polnische Regisseur Krzysztof Kieslowski setzt diesem Wahlspruch mit seiner
Drei-Farben-Trilogie sein persönliches filmisches Denkmal, indem er diesen drei
Schlagworten in seinen Filmen mit Hilfe von Menschen, die alle etwas verloren
haben, ein Gesicht gibt. Es geht immer um ihr Verhalten, um ihren Umgang mit
einem Schicksalsschlag und so auch mit ihren Mitmenschen. Wie reagiert man auf
den Schicksalsschlag, wie reagiert man auf Verlust. Auf den Verlust eben jener
drei revolutionären Schlagworte: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Und was
ist das überhaupt?
Kieslowski inszeniert diese drei Aspekte in antithetischer Form. Erst durch das
Fehlen oder dessen geradezu zynische Überspitzung wird deutlich, von
welcher fundamentalen Wichtigkeit Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit
eigentlich erst sind. Er lässt sich bei allen drei Filmen viel Zeit und schafft
im Zusammenspiel mit der Musik Zbigniew Preisners eine einmalige, oft
melancholische Atmosphäre, die den Gemütszustand der Person entweder perfekt
unterstreichen (Rot) oder ihmm komplett entgegentreten (Blau, Weiß). Filme über
den Umgang mit Menschen, mit Verlust, mit Schmerz. Und trotz ihrer eigentlichen
Unterschiedlichkeit doch sehr ähnlich, verbunden durch die Trikolore, durch
blau, weiß und rot.
Fakten:
Drei Farben: Blau (Trois
couleurs: Bleu)
Frankreich, Polen. 1993. Regie: Krzysztof Kieslowski.
Buch: Agnieszka Holland, Slawomir Idziak, Krzysztof Kieslowski, Krzysztof
Piesiewicz, Edward Zebrowski. Mit: Juliette Binoche, Benoît Régent, Florence
Pernel, Charlotte Véry, Hélène Vincent, Emmanuelle Riva u.a. Länge: 100 Minuten.
FSK: Ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Nach einem Verkehrsunfall, bei dem Julie ihren Mann und ihre Tochter verloren
hatte und selbst nur schwerverletzt überlebt hat, versucht sie das alles zu
vergessen. Sie bricht alle Kontakte zu ihrem alten Leben ab und geht nach Paris,
wo sie neu anfangen will und sich in die Einsamkeit zurückzieht.
Meinung:
Totaler Rückzug – der Versuch, so seine Freiheit von Schuld, von Vergangenheit
und Schmerz zu erhalten. Aber ist Flucht und Vergessen wirklich der wahre Weg
in die Freiheit? Oder ist es nur eine Möglichkeit, die wahre Freiheit schätzen
zu lernen, Freiheit ohne Zwänge, Freiheit ohne Einschränkungen? Julie geht nach
Paris, wo sie selbst herausfinden muss, ob sie ihre Leidenschaft, ihre
Emotionen, ihre Gedanken und ihre Vergangenheit wirklich wegsperren kann. Auch
die Nebenfiguren spielen immer wieder auf das Thema der Freiheit und dadurch
auch der Gefangenschaft an. Ein roter, nein, ein blauer Faden, der die Freiheit in unterschiedlichsten
Facetten zeigt.
Juliette Binoche in der Hauptrolle der Julie spielt zwar lange sehr unauffällig
und zurückgenommen in ihrer Gestik und Mimik und doch schafft sie es mit
minimalen Veränderungen des Mundes oder ihren einnehmenden Augen scheinbar
alles auszusagen. Eine gespenstisch fesselnde Leistung. Die sehr langsame
Erzählweise benötigt eben eine so tolle Darstellerin. Doch auch sie kann nicht
alle Phasen des Leerlaufs überdecken. Und auffällig ist, dass hier die anderen
beiden Elemente der Trilogie fehlen. Weder Gleichheit noch Brüderlichkeit
werden dargestellt. Das macht zwar den Film an sich nicht schlechter, hat aber trotzdem Auswirkungen auf ihn, da man das Fehlen der beiden anderen Aspekte den gesamten Verlauf über doch spürt - vielleicht aber erst am Ende der Gesamttrilogie.
7,5 von 10 unvollendete Europahymnen
Fakten: Drei Farben: Weiß (Trzy kolory: Biały)
Frankreich, Polen. 1993. Regie: Krzysztof Kieslowski.
Buch: Krzysztof Kieslowski, Krzysztof Piesiewicz. Mit: Zbigniew Zamachowski,
Julie Delpy, Janusz Gajos, Jerzy Stuhr, Aleksander Bardini, Cezary Harasimowicz
u.a. Länge: 91 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray
erhältlich.
Story:
Der Pole Karol ist schwer verliebt in seine wunderschöne Frau, die Französin
Dominique. Da er aber impotent ist, reicht sie die Scheidung ein – Karol verliert
seine Liebe zu ihr und all sein Geld. Er fühlt sich ungerecht behandelt,
betrogen, ausgenutzt und kehrt tief betroffen nach Polen zurück. Dort beginnt
er ein neues Leben und verdient auf einmal sehr viel Geld. Doch noch immer will
er nur Gerechtigkeit, Gleichberechtigung - Gleichheit.
Meinung: Der Film will klar der
lustigste und lockerste der Reihe sein, schafft das aber nicht so wirklich. Ein paar
Schmunzler sind zwar dabei, aber ansonsten dümpelt der Film einfach lange vor
sich hin. Leider sagt er außerdem weniger aus als die anderen beiden Filme,
zumindest in Bezug auf die Kernthemen. Anstatt alles auf das umschließende
Schlagwort „Gleichheit“ hinauslaufen zu lassen, erscheinen einige Episoden ohne
Zusammenhang zur „Überschrift“ eingebaut worden zu sein. Es fehlt einfach zu
lange die verbindende Thematik, der Faden, der bei „Blau“ noch so schön
vorhanden war.
Dazu macht sich so etwas wie Langeweile breit. Der Film hätte auch in einer guten
Stunde abgefilmt werden können – für mehr gibt er eigentlich nicht genügend her.
Auch kann mich Zbigniew Zamachowski in der Rolle des Karol nicht wirklich
überzeugen und scheint oft ein wenig überfordert zu sein. Nicht immer zwar,
aber immer wieder. Allerding ist die Musik Zbigniew Preisner wieder sehr schön
anzuhören. Dass Karol am Ende, wie wäre es auch anders zu vermuten, die
Gleichheit wieder herstellt, das hilft ihm aber auch nicht wirklich. Denn so
wie in „Blau“ zwei der drei Schlagworte fehlten, so verhält es sich hier
ebenfalls. Karol kann hier nicht zu einem wirklichen Gewinner werden, denn dazu
fehlen in diesem Film einfach Freiheit und Brüderlichkeit.
6 von 10 falsche Leichen
Fakten: Drei Farben: Rot (Trois
couleurs: Rouge)
Frankreich,
Polen, Schweiz. 1994. Regie: Krzysztof Kieslowski. Buch: Krzysztof Kieslowski,
Krzysztof Piesiewicz. Mit: Iréne Jacob, Jean-Louis Trintignant, Samuel Le Bihan,
Frédérique Feder, Jean-Pierre Lorit, Marion Stalens, Teco Celio u.a. Länge: 95 Minuten.
FSK: Ab 6 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Freundliches Interesse und Ausspionieren – passt das zusammen? Für
Valentine und Joseph eigentlich nicht. Valentine ist eine fröhliche,
hilfsbereite junge Frau und Model. Joseph ein verbitterter, alter Richter. Als
Valentine den verletzten Hund zu Joseph zurück bringt, bemerkt sie, dass Joseph
die Telefonate anderer Menschen abhört. Zunächst angeekelt von seinem
Verhalten, bemerkt sie schon bald eine merkwürdige Faszination und freundet
sich mit dem alten Mann an.
Meinung:
„Rot“ ist mit leichtem Vorsprung der beste Teil der Trilogie. Tolle
Kameraeinstellungen und ein interessantes Spiel von Licht und Dunkelheit heben
den Film visuell von den anderen beiden deutlich ab. Zwar kommen hier auch
einige Phasen des Leerlaufs vor, doch werden sie durch dir Leichtigkeit von
Valentine-Darstellerin Iréne Jacob leicht überspielt. Sie zeigt viel Verständnis
für die Situation anderer Menschen. Sie versucht nachzufühlen und auch zu
helfen - doch das endet alles ab einem gewissen Punkt. Nur solange, wie es
selbst angenehm ist. Freundlichkeit gegenüber anderen ja, aber er aus einer
Wohlfühlzone heraus. Für den mürrischen, von Jean-Louis Trintignant verkörperten,
pensionierten Richter Joseph ist es mit der Freundlichkeit nicht weit her. Er hört
seine Nachbarn intensiv ab und beeinflusst teilweise sogar das Leben dieser
Menschen. Er handelt immer wieder. Auch hier könnte man so etwas wie
Verständnis sehen, aber auf eine sehr zynische Weise.
Aber irgendwie passt das noch nicht. Wo ist die Brüderlichkeit? Nun, die
versteckt sich. Denn so ziemlich jede Figur lebt in Einsamkeit, direkter Kontakt
mit anderen Menschen ist nur sehr eingeschränkt vorhanden, wird teilweise auch
bewusst gemieden. Vieles geschieht eben über Telefone – ziemlich unpersönlich und
damit auch unverbindlich. Diese Isolation der Figuren kann nur durch
Gemeinsamkeit, durch Brüderlichkeit durchbrochen werden, wie die beiden Hauptfiguren
beweisen. Sie tun sich zusammen und verlassen die Isolation, die Einsamkeit. Außerdem
sagt der Film, dass man trotz Freiheit und Gleichheit alleine noch kein Glück,
noch keinen Erfolg haben kann. Erst wenn auch die Brüderlichkeit dazukommt,
kann am Ende auch das Glück, oder anders ausgedrückt, das Leben stehen, wie der Schluss dieses dritten Teiles
eindrucksvoll zeigt.
Liberté,
egalité, fraternité. Wie schon bei der französischen Revolution
müssen diese Elemente zusammenspielen. Nur dann kann sich am Ende auch das Glück, der Erfolg
einstellen.