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Review: DIE DÄMONISCHEN - Der Feind in den eigenen Reihen

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© FILMJUWELEN

Fakten:
Die Dämonischen (Invasion of the Body Snatchers)
USA, 1956. Regie: Don Siegel. Buch: Daniel Mainwaring, Richard Collins, Jack Finney (Vorlage). Mit: Kevin McCarthy, Dana Wynter, Larry Gates, King Donovan, Carolyn Jones, Jean Willes, Ralph Dumke, Virginia Christine, Tom Fadden, Sam Peckinpah u.a. Länge: 80 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Dr. Miles J. Bennell kehrt in sein Heimatstädtchen Santa Mira zurück und stößt dort auf merkwürdige Vorkommnisse. Etliche Bewohner halten ihre engsten Familienangehörigen für Fremde, es scheint sich eine unbegründete Panik auszubreiten, die im nächsten Moment wieder verstummt. Bis Dr.Bennell hinter das Geheimnis kommt: Die Gemeinde wird durch außerirdische Doppelgänger ersetzt.

                                                                                 
Meinung:
Die Stimmung der 1950er Jahre, geprägt vom noch jungen Kalten Krieg, erwies sich als idealer Nährboden für paranoides Sci-Fi-Kino. Filme wie Invasion vom Mars, Blob - Schrecken ohne Namen oder eben Die Dämonischen spiegelten im Gewand außerirdischer Invasionen die Furcht vor der Unterwanderung durch fremde, feindliche Mächte wieder, die nicht mal die weite Reise aus dem Weltall auf sich nehmen mussten. Ganz akut lauerte so eine vermeidliche Bedrohung mehr oder weniger direkt vor der Haustür oder – wie es während der angstschürenden McCarthy-Hexenjagd immer wieder suggeriert wurde – befand sich schon längst getarnt in den eigenen Reihen. Mit dieser gesellschaftlich-politischen Furcht spielt auch der Film vom späteren Starregisseur Don Siegel, sogar noch deutlicher und unverblümter als bei den anderen erwähnten Exemplaren.


© FILMJUWELEN
Die Vintage-Version eines "Schläfers"
Während sowohl bei Invasion vom Mars als auch (und besonders) bei Blob – Schrecken ohne Namen die Bedrohung (spätestens im letzten Drittel) konkret in extraterrestrischen Form auftrat, zeigt Die Dämonischen niemals wirklich eine Wesen aus dem Weltall. Zwar sind mal die Kokon-artigen Pflanzen und die dort „gebrüteten“ Doppelgänger zu sehen was letztlich klar für eine übernatürliche bzw. außerirdische Lebensform spricht, tatsächlich beschränkt sich die rein plastische Darstellung aber nur auf Menschen und Pflanzen. Es gibt nie eine ganz zweifelsfrei, eindeutige Erklärung von Art, Lebensform oder Herkunft der Invasoren. Was man sieht bzw. erlebt: Eine beschauliche, amerikanische Bilderbuchkleinstadt wird heimlich, still und leise übernommen von einem hinterhältigen Feind, der alles zerstört wofür eine gottesfürchtige, Freiheits- und Individuums-liebende, von gesundem Kapitalismus geprägte, moderne Zivilisation steht. Der American Way of Life, infiltriert von…sagen wir doch wie es ist, kommunistischem Gedankengut.


© FILMJUWELEN
Flucht vor der willenlosen Masse
Die Feinde bemächtigen sich der Identitäten braver Bürger (kopieren offensichtlich ihre Körper und nehmen ihre Platz ein, könnte man problemlos durch Gehirnwäsche ersetzen), breitet sich aus wie eine Seuche, bringt die Wirtschaft, das Freizeitvergnügen und sogar die zwischenmenschlichen Emotionen zum Erliegen. Ordnet alles einem kollektiven Bewusstsein unter, in dem Individualität und Wettbewerb in jeglicher Form nicht mehr gefragt sind oder gar nur verstanden wird. Es entsteht eine gleichgeschaltete, organische Masse, eine Maschinerie die den einzelnen Menschen ersetzt. Die Dämonischen geht dabei so wenig subtil vor, dass man ihm mühelos politische Instrumentalisierung bis hin zur blanken Propaganda vorwerfen kann (Hauptdarsteller Kevin McCarthy war nicht etwa verwandt mit Senator Joseph McCarthy sondern sogar mit einem seiner stärksten politischen Gegner, dem liberalen Eugene McCarthy), oder aber vielleicht es nur sehr direkt versteht, sich die Ängste seiner Zeit zu Nutze zu machen. Mit etwas zeitlichen Abstand mag das extrem manipulativ wirken, ist aber alles andere als ungeschickt.  


Trotz seiner subversiven Bedrohung natürlich unbestreitbar etwas naiv in vielen Punkten, mit typischen 50er-Fauxpas versehen (Alkohol und „medizinische“ Drogen sind immer einer Lösung: -„Ich glaube, wir trinken erstmal einen.“ –„Das wird das Beste sein.“) und sichtlich nicht mehr als ein recht gut gemachtes B-Movie ist Die Dämonischen zwar nicht zeitlos unbeschadet gealtert, hat sich aber dennoch seinen Status als Klassiker des Genres absolut verdient. Muss ja nicht immer für einen objektiv betrachtet grandiosen Film sprechen. Interessant bei vielen Genre-Klassikern dieser Dekade: Egal ob Invasion vom Mars, Blob – Schrecken ohne Namen oder Die Dämonischen: Sie alle bekamen ein besseres Remake spendiert (bei Invasion vom Mars nur knapp). In dem Fall ist natürlich die Version von Philip Kaufman von 1978 gemeint, obwohl auch Abel Ferrara’s Variante von 1993 nicht zu verachten ist. Das ist in der Ausbeute schon ein wenig erstaunlich. 

6,5 von 10 schlaflosen Nächten

Review: STAR WARS: DIE LETZTEN JEDI - Auf zu neuen Pfaden

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Fakten:
Star Wars: Die Letzten Jedi (Star Wars: The Last Jedi)
Regie und Buch: Rian Johnson. Mit: Daisy Ridley, Mark Hamill, Adam Driver, Oscar Isaac, John Boyega, Domhnall Gleeson, Carrie Fisher, Andy Serkis, Laura Dern, Benicio del Toro, Kelly Marie Tran, Gwendoline Christie, Billie Lourd, Peter Mayhew uvm. Länge: 151 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 14. Dezember 2017 im Kino.

Story:
Rey (Daisy Ridley), mit den Erfahrungen ihres ersten großen Abenteuers in den Knochen, geht bei Luke Skywalker (Mark Hamill) auf dem Inselplaneten Ahch-To in die Lehre. Luke ist der letzte Jedi, der letzte Vertreter des Ordens, auf dem die Hoffnung ruht, dass Frieden in der Galaxis einkehrt. Doch die Schergen der Ersten Ordnung lassen Meister und Schülerin in der Insel-Idylle nicht lange in Ruhe. Und einer von Lukes ehemaligen Schützlingen, Kylo Ren (Adam Driver), hat die finstere Mission noch längst nicht beendet, die ihm Snoke (Andy Serkis) auftrug…




Meinung:
Vor zwei Jahren gelang es Regisseur J. J. Abrams das wohl beliebteste Filmfranchise aller Zeiten von dem furchtbaren Nachgeschmack der Prequels zu befreien. Er brachte Star Wars mit The Force Awakens wieder auf Kurs und leutete die neue Trilogie mit einem Paukenschlag ein. Doch mit der Zeit wurden die Stimmen derer immer lauter, die dem neuen Film zu große Ähnlichkeiten zu der alten Trilogie und hierbei insbesondere Episode 4 attestieren wollten. Es brauchte also einen frischen Wind in der weit weit entfernten Galaxie. Dieser trat in Form von Rian Johnson auf. Von Beginn an wurde die Wahl des Regisseurs begrüßt und der Cast machte in Interviews immer wieder klar, dass er interessante und auch riskante Entscheidungen getroffen hat. Doch ob das reicht um nun auch die Kritiker von Force Awakens auf seine Seite zu holen?

Die Sorge, dass wir mit The Last Jedi einen zweiten Empire Strikes Back bekommen, erweist sich zum Glück als unbegründet. Rian Johnson beschreitet komplett neue Pfade und geht große Risiken ein. Risiken, die sich meist auszahlen, aber nicht jedem gefallen werden. Als Grundhandlung des Films dient ein recht simpler Konflikt. Das gibt Johnson Zeit und Raum um sich auf die Charaktere und deren Entwicklung zu konzentrieren. Entwicklungen, die mit vielen Überraschungen daher kommen. Überraschend sind diese nicht zuletzt, weil Johnson ein Meister darin ist, den Zuschauer in die Irre zu führen. Immer wenn man denkt, man hätte den Code seines Filmes geknackt, macht er eine 180° Wende. Das hält die Spannung am Leben, die den ganzen Film durchzieht.

Auch visuell beschreitet Johnson neue Pfade, ohne dabei aber den von J.J. Geprägten Stil über Bord zu werfen. The Last Jedi ist ein unheimlich schöner Film, voll von tollen Einstellungen und Ideen. Herausragend sind dabei nicht nur die großen Set pieces, sondern auch kleine Charaktermomente. Beidem widmet Johnson seine volle Aufmerksamkeit und beides präsentiert er in atemberaubenden Bildern, die man sich am liebsten an die Wand hängen möchte. Aufgrund der technischen Möglichkeiten und auch seiner brillianten Ideen, mausert sich The Last Jedi damit zum visuell interessantesten der Star Wars Filme. Wenn man von Effekten spricht, muss man im Bezug auf Star Wars im gleichen Atemzug natürlich auch die Kreaturen erwähnen. Hier beweist Johnson erneut viel Kreativität. Die schon im Trailer angedeutete Casino-Szene wird von den merkwürdigsten Lebensformen bevölkert. Die auffälligsten Neuankömmlinge in der Galaxie sind aber wohl die schon im Vorfeld vielfach diskutierten Porgs. Bei dem süßen Anblick der Pinguin artigen Wesen, machte sich die Sorge breit, dass man hier etwas ähnlich nerviges wie Jar Jar präsentiert bekommt. Doch versteht sich Johnson zum Glück darin, die Porgs genau richtig zu dosieren. Man darf also auch nach dem Film pro Porg sein.

Nicht gänzlich, wohl aber anteilig muss sich Johnson auch für die Leistung seiner Darsteller verantworten. Das ist aber in keinem Fall negativ gemeint, denn der gesamte Cast macht seine Sache außerordentlich gut. Die alten Hasen schlüpfen erneut in ihre Rollen und schaffen es, den Charakteren neue Facetten zu verleihen und die Neuzugänge in Form von Kelly Marie Tran, Laura Dern und Benicio del Toro fügen sich nahtlos in die Welt ein. Alle drei bekommen im Film gut was zu tun und hinterlassen einen bleibenden Eindruck – wenn auch auf komplett unterschiedliche Art und Weise. Keinesfalls unerwähnt sei die großartige Performance von der leider viel zu früh verstorbenen Carrie Fisher, die sich mit The Last Jedi ein würdiges Denkmal setzt und sich mit einem Augenzwinkern von uns allen verabschiedet.

Nach den ganzen Lobgesängen auf Regisseur Johnson, sei auch ein wenig Kritik erlaubt. Im Gegensatz zu J.J., macht dieser wesentlich mehr Gebrauch von CGI. Das bemerkt der Zuschauer weniger in den wirklich toll animierten epischen Szenen, als viel mehr in den kleinen Charaktermomenten. Im Jahr 2017 sollte man als Zuschauer nicht mehr erkennen dürfen, wenn zwei Darsteller vor einem Greenscreen stehen. Insbesondere dann nicht, wenn ein Film so hoch budgetiert ist wie Star Wars. Auch inhaltlich muss sich Johnson einige Vorwürfe gefallen lassen. So ist die Geschichte von The Last Jedi nicht so sauber und flüssig erzählt wie die von The Force Awakens. Johnson macht immer wieder Schlenker, die sich wie Fremdkörper im sonstigen Geschehen anfühlen und den Fluss des Films stören. Ebenso gelingt das ständige hin und her schneiden zwischen den einzelnen Handlungssträngen nicht immer so mühelos, wie es sollte. Das ist zwar alles Meckern auf hohem Niveau und stört den Filmgenuss kaum, hätte aber auch recht einfach vermieden werden können.

Fazit: Mit The Last Jedi beschreitet Rian Johnson neue Pfade, die nicht jedem gefallen werden. Anstatt sich auf das große Ganze zu konzentrieren, widmet sich der Regisseur eher den Konflikten seiner Charaktere. Der von Spannung durchzogene und mit Überraschungen gefüllte Film ist eine würdige Erweiterung der Star Wars Saga, die uns mit großer Hoffnung auf die Zukunft des Franchises blicken lässt.

9 von 10 Porgs

von Tobias Bangemann

Review: eXistenZ - Tod dem Realismus

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© TURBINE MEDIEN

Fakten:
eXistenZ
CA, GB, USA, 1999. Regie & Buch: David Cronenberg. Mit: Jennifer Jason Leigh, Jude Law, Ian Holm, Willem Dafoe, Don McKellar, Callum Keith Rennie, Christopher Eccleston, Sarah Polley, Robert A. Silverman, Oscar Hsu u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
eXistenZ ist die neue Sensation auf dem Computerspielmarkt: Die Spieler verbinden ihr Nervensystem direkt mit der Software und tauchen in eine völlig neue, ultra-realistische Spielwelt ein. Bei der Präsentation wird ein Attenat auf die Entwicklerin Allegra verübt, der Täter scheitert knapp. Allegra und ihr Bodyguard Ted müssen fliehen und sich selbst mit eXistenZ vernetzen, um den Verschwörern auf die Spur zu kommen.

                                                                         
Meinung:
Spielst du schon, oder lebst du noch? Als Virtual Reality und sogar das Internet noch nicht so allgegenwärtig, unverzichtbar und selbstverständlich waren wie heutzutage widmete sich der kanadische Meisterregisseur David Cronenberg diesem Themenkomplex, um damit direkt an sein bisheriges Schaffen und dessen Quintessenz anzuknüpfen. „Es lebe das neue Fleisch“ hieß es beim Meister des Body-Horrors bereits 1983, als in Videodrome Technologie und Gewebe, echte und künstliche Realität, Wahn und Wirklichkeit auf bizarre, nicht mehr sauber voneinander zu separieren Art und Weise miteinander verschmolzen. Damals noch „unbeabsichtigt“, überschreiten die Figuren in eXistenZ diese Grenze sehr bewusst. Zum Spaß. Bis darauf Ernst wird. Oder doch nicht? Alles nur Teil dieser schönen, neuen Erlebniswelt? Sind das die Regeln…gibt es überhaupt welche?


© TURBINE MEDIEN
Peng, du bist tot! Oder nicht...?
Während in Cronenberg’s vorherigen Werken in die Realität immer „nur“ ein Stückweit eingebrochen, sie infiltriert wurde durch übernatürliche (und doch meist wissenschaftlich „begründetet“) Phänomene, schafft eXistenZ direkt eine künstliche, irreale Welt und Daseinsebene, die zunächst doch deutlich getrennt scheint von unserer Realität. Denn nur mit den Bioports, einer Art fleischlichen Modems, welche noch nicht mit WLAN funktionieren und deshalb durch eine Nabelschnur-ähnliche Verbindung in direktem Kontakt mit dem Spieler stehen müssen, im wahrsten Sinne des Wortes in ihn eindringen (womit auch der bei Cronenberg beinah unvermeidliche, sexuelle Kontext bedient wird), ist ein Zugang zu eXistenZ möglich. Mensch und Technologie müssen quasi kopulieren, wir uns der künstlichen Fantasie ausliefern und ihr kompletten Zugriff auf uns gewähren. Wir geben uns ihr hin, mit Haut, Haar, Leib und vielleicht sogar Seele. Aus Neugier und fasziniert von den Möglichkeiten, die sie uns bietet, ohne die Risiken zu überdenken. Denn wenn alles eins wird, wir selbst biologischer Teil der ach so perfekten Illusion, wo sind noch Grenzen? Selbst deren Designerin Allegra (göttlich, wie immer: Jennifer Jason Leigh) kann sie nur vermuten. Der Höhepunkt der menschlichen Eigen-Schöpfung: Eine Welt, die sich nicht einzäunen lässt. Den Transfer vom Digitalen ins Organische unaufhaltsam vornimmt und bei dem irgendwann niemand mehr sicher ist, ob er es noch genießen oder bereits fürchten sollte. Das perfekte Spiel. Haben wir das gewollt?


David Cronenberg voll in seinem Element. Vom einst klaren Genre-Regisseur mit interessantem Subtext hat er spätestens nach oder mit Die Fliege die eigenen Grenzen verschoben. eXistenZ verwendet nun eher den Horror/Science-Fiction-Aspekt als Nebensächlichkeit, um seine Diskussion vom Rande in den Vordergrund zu stellen. Über den selbsterschaffenen, bejubelten Kontrollverlust des Menschen durch den Triumph seiner eigenen Genialität. Wir sind an den Punkt gekommen, an dem wir uns selbst besiegen können. Spielerisch. Ohne es zu merken oder erst, wenn es längst viel zu spät ist. Dazu bedarf es keiner direkten, menschlichen Konflikte mehr. Keine Kriege, keine Bomben, kein Schlachtfeld. Nur einen „Stecker“ und die perfekte Illusion. Willkommen in der Zukunft.

8 von 10 Zähnen im Lauf