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Review: DER LETZTE SCHARFSCHÜTZE - John Wayne sagt Danke und Adé

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© PARAMOUNT/PIDAX

Fakten:
Der letzte Scharfschütze (The Shootist)
USA, 1976. Regie: Don Siegel. Buch: Miles Hood Swarthout, Scott Hale, Glendon Swarthout (Vorlage). Mit: John Wayne, Lauren Bacall, Ron Howard, James Stewart, Richard Boone, Hugh O’Brian, Bill McKinney, John Carradine, Harry Morgan, Scatman Crothers u.a. Länge: 99 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der legendäre Revolverheld J.B. Books erfährt, das er unheilbar an Krebs erkrankt ist. In einer kleinen Pension in Carson City will er seine letzten Tage in Ruhe verbringen, doch schnell spricht sich seine Anwesenheit herum und sorgt für einigen Aufruhr. Sein Aufenthalt wird nur sieben Tage dauern…

                                                                                     
Meinung:
Er war das Gesicht des US-Western: John Wayne, der Duke. Über 40 Jahre war er mit dem Genre verbunden wie kein Zweiter, meistens als der ehrenhafte, unverwüstliche Held, der den Halunken oder Rothäuten (politisch korrekt war damals nicht alles) das Fürchten lehrte, (meistens) als Sieger in den Sonnenuntergang ritt und alle Werte verkörperte, die das Genre zu seiner Zeit so riesig machte. Zeiten ändern sich, auch Legenden sind nicht unsterblich und all das thematisiert sein letzter Film Der letzte Scharfschütze mit einer filmhistorisch seltenen Meta-Ebene, die seinen Final Curtain zum buchstäblichen, ultimativen Abgesang macht. Auf den Western wie er mal war und ein ganz persönliches Goodbye seines größten Stars, der sich erstmals wohl richtig selber spielen durfte…oder musste.


© PARAMOUNT/PIDAX
Auch alten Hasen sollte man nicht dumm kommen
Don Siegel hievte den Duke mit knapp 70 Jahren zum letzten Mal in den Sattel, als dieser schon dem Tod ins Auge blickte. Wayne litt damals schon an Krebs, Diagnose unheilbar, wie die hier von ihm verkörperte Figur J.B. Books. Der letzte Scharfschütze wirkt auch ohne dieses Hintergrundwissen wie die große Abschiedstournee einer Legende, denn nichts anderes erzählt er, aber vor dieser Prämisse wirkt alles noch wesentlich melancholischer, andächtiger, wie ein Memorium. Eingeläutet durch in Schwarz/Weiß gehaltene Zusammenschnitte älterer Wayne-Filme wird die Vorgeschichte von J.B. Books erzählt, einem gefürchteten Revolverhelden, der im Jahr 1901 Carson City zu seinem persönlichen Elefantenfriedhof auserkoren hat. Er ist todkrank. Nicht eine Kugel in den Rücken, sondern der Krebs wird ihn wohl dahinraffen. Als die Diagnose nicht mehr zur Debatte steht, zieht sich der alte Mann zurück. Will die letzten Wochen und Monate in ungewohnter Ruhe hinter sich bringen, seine wilde Vergangenheit endgültig begraben, sich lieber in Demut und bewusster Selbstreflektion heimlich, still und leise auf die Dinge im Leben besinnen, für die zuvor wenig Platz war. Einen Ausflug in die Natur mit der ihm zunächst nicht sonderlich zugetanen Gastgeberinn (Lauren Bacall), statt die Konfrontation mit den immer noch zahlreichen Rivalen und inoffiziellen Nachfolgern zu suchen. Warum auch?


© PARAMOUNT/PIDAX
Grünschnäbel sollten von Experten lernen
Es ist ein neues Jahrhundert, eine neue Zeit, in der kein Platz mehr ist für Dinosaurier wie ihn. Selbst wenn er es noch könnte, die Welt um ihn herum hat sich entscheidend verändert. Seine Ehre mit dem Revolver zu verteidigen ist nicht mehr uneingeschränkt akzeptiert, Pferde werden schleichend gegen Straßenbahnen und sogar schon Automobile ausgetauscht. Statt ehrlicher Beileidsbekundungen oder Mitgefühl für seine Situation wird nur versucht Kapital daraus zu schlagen oder den alten, vermeidlich wehrlosen Knochen noch zu erlegen. Warum also dahinsiechen, wenn am Ende eh nur das Grab lauert? Ein Abgang mit Würde, mit allem was ihn bisher auszeichnete, denn bald wird alles nur Legende sein. Der Wilde Westen ist am Aussterben, J.B. Brooks stirbt ganz akut und John Wayne verkörpert all das mit dem letzten Aufbäumen. Also zieht er an seinem Geburtstag seinen besten Anzug an, besteigt die Bahn (!) und bringt es zu Ende, bevor er es nicht mehr selbst in der Hand hat.


Der letzte Scharfschütze ist mehr als nur ein Spätwestern, der auch so das Genre (im klassischen US-Bezug) behutsam zu Grabe trägt, es ist das Requiem für John Wayne. Alte Weggefährten wie James Stewart oder John Carradine stehen mit gezogenem Hut Spalier, während der Duke seine eigene, fiktionale Grabrede schreiben darf. Das klingt zynisch, ist aber angenehm bedächtig, teilweise sogar gediegen erzählt, sensibel fokussiert auf die Rahmenbedingungen, sogar abseits des persönlichen, realen Schicksals. Sterben müssen wir alle mal, auch J.B. Brooks oder sogar John Wayne, aber WIE wir das tun, das liegt manchmal noch in unserer Hand. Don Siegel erschafft dazu die ideale Bühne, lässt seinen Helden vor einer neumodisch-entrückten Kulisse zum finalen Showdown „reiten“, die ohnehin nichts mehr von Kerlen wie ihm wissen will. Es gibt elektrisches Licht, strickte Fahrpläne, die Queen ist tot…und John Wayne sagt mit einem stillen, nicht eitlen Brüllen Servus. Das hat Stil und ist – besonders losgelöst vom Film an sich – sogar rührend.  

7 von 10 trockengereinigten Sonntagsanzügen

Review: DAS DUELL - Priester gegen Texas Ranger

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Fakten:
Das Duell (The Duel)
USA, 2016. Regie: Kieran Darcy-Smith. Buch: Matt Cook. Mit: Liam Hemsworth, Woody Harrelson, Alice Braga, Emory Cohen, Felicity Price, Jose Zuniga, William Sadler, Christopher Berry, Benedict Samuel u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab dem 9.12.2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Texas, 1887: An den Ufern des Rio Grande werden etliche Leichen von Mexikaner angespült. Eine von ihnen ist der Neffe eines Generals, was die angespannten Beziehungen zum Nachbarn und den Frieden ernsthaft gefährdet. Texas Ranger David Kingston wird beauftragt, inkognito in dem kleinen Ort Mount Hermon zu ermitteln. Sein Vorgesetzter vermutet in dem dort ansässigen Abraham Brant, von den Einheimischen nur ehrfurchtsvoll „Der Prediger“ genannt, den Urheber der Massaker. Für Kingston ist es kein Auftrag wie jeder andere, denn Brant tötet vor 22 Jahren bereits seinen Vater.

                                                                               

Meinung:
Lange galt der Western als alter, verstaubter Hut der Filmindustrie, doch in den letzten 10 Jahren erlebte er (abermals) ein kleineres Comeback. Nicht im Übermaß, doch immer wieder bekommt das ur-amerikanischste Genre schlechthin ein Lebenszeichen spendiert, manche davon selbst bei uns auf der großen Leinwand. Dorthin schaffte es Das Duell trotz seiner prominenten (Hauptrollen-)Besetzung nicht, dafür wird sich Ende dieser Woche direkt aus dem Verkaufsregal in den Sattel geschwungen. Ein Ritt, der sich lohnt? Um es ganz kurzgefasst vorwegzunehmen: Im Großen und Ganzen eher ja als nein, auch wenn hier nicht alles richtig rund läuft und das Duell der Hauptdarsteller keines auf Augenhöhe ist. Wenn Talent und Leistung über den Ausgang des Films entscheiden würde, man könnte getrost nach spätestens 20 Minuten abschalten, da ist die Messe schon längst gelesen.


In den Rücken schießen gilt nicht
Die zweite Langfilmarbeit als Regisseur des Australiers Kieran Darcy-Smith (gelernter Schauspieler, zu sehen u.a. in Königreich des Verbrechens oder The Reef) scheint zunächst ein handlungsüblicher Rache-und-Vergeltungs-Western zu werden. Texas Ranger David Kingston (Liam Hemsworth) untersucht inkognito das Verschwinden und die Ermordungen diverser Mexikaner in der eingeschworenen Gemeinde Mount Hermon, an deren Spitze „Der Prediger“ Abraham Brant steht. Schon vor 20 Jahren ein berüchtigter, skrupelloser Skalpjäger, den eine Art spirituell-mystische Aura umgibt. Damals tötete er im Duell (das in dieser Gegend auf eine ganz besondere Art und Weise durchgeführt wird) auch Davids Vater vor dessen Augen. Nun hat dieser die Chance auf Rache, ist jedoch Profi genug, um nicht eine blinde Vendetta zu starten. Er will den Verdacht gegen den scheinbar allmächtigen und unantastbaren Gegner zunächst bestätigt haben, strikt nach Recht und Gesetz handeln. Dafür geben sich er und seine (mexikanische) Ehefrau Marisol (Alice Braga) als Pärchen auf der Durchreise aus, was natürlich trotzdem sofort die Aufmerksamkeit des inoffiziellen Herrschers der Stadt weckt. Dieser gibt sich ausgesprochen gastfreundlich dem Fremden gegenüber und ernennt ihn kurzerhand sogar zum Sheriff, wobei eigentlich jedem klar sein dürfte, das der mit allen Wassern gewaschene „Prediger“ den Braten längst gerochen hat. 


Der Hirte drillt die Schäfchen
Betont ruhig, in gediegenem Tempo (mal ausgenommen die schlammig-blutige Eröffnungsszene) lässt es Darcy-Smith angehen. Schmückt seinen Film mit ästhetischen Bildern und schafft eine leicht unbehagliche Grundstimmung, wie die Ruhe vor dem unvermeidlichen Sturm. Dabei wird es teilweise etwas zu gemächlich, ohne natürlich die entschleunigte Poesie des kunstvollen Genre-Abgesangs Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford auch nur anzutasten, obwohl sich manchmal das Gefühl einschleicht, dass dies zumindest im Geheimen ein kleines Anliegen ist. Der Ausgang beider Geschichte scheint ähnlich eindeutig, ohne die messerscharfe Sezierung der Charaktere und Umstände. Beinah möchte man Das Duell aufgrund seiner Gemütlichkeit in der ersten Hälfte und dem (offenbar) geringen Plot-Potenzial schon als hübschen Versuch abtun, wenn da nicht dieser Figur des „Predigers“ wäre. Während Liam Hemsworth eine äußerst blasse Vorstellung als Cowboy-Hutständer mit Bart abliefert, erfüllt der grandiose Woody Harrelson seine spannende Rolle als glatzköpfiger Teufel in weißem Engelsgewand und dem Seelenfänger-Charisma eines manipulativen, heimtückischen, para-religiösen Gurus mit diabolischer Spielfreude wie sagenhafter Ausstrahlung.


Wer ist dieser Kerl und was treibt er dort im Grenzgebiet, in dem ihm alle scheinbar blind hörig sind und den bald hypnotischen Hexenkräften des großen Mannes verfallen, der aus weißen schwarze Schäfchen macht? So auch mit Marisol, die (was leider kaum näher vertieft wird) plötzlich in seinen Fängen gelandet ist, als hätte er sie mit einem Voodoo-Zauber belegt. Diese Mischung aus Western und Sektenthematik entwickelt sich in eine reizvolle Richtung, bevor der Film dann plötzlich wieder eine andere Abzweigung zu nehmen scheint und der „geistige Führer“ sich als Verfechter der ethnischen Säuberung entpuppt, der das das Geschäftliche ganz praktikabel mit dem „Notwendigen“ verknüpft. Das Duell will nach seiner ausgiebigen und nicht immer sinnvoll gefüllten Exposition nun ganz viel und liefert eigentlich Stoff für zwei Filme, die isoliert und dafür konsequent erzählt bestimmt besser funktioniert hätten. So entsteht ein Potpourri interessanter Ideen, die nur nicht richtig ineinandergreifen wollen bzw. können. Unabhängig davon mangelt es dem Film allerdings nicht an sehenswerten Momente, seien es teils wunderbaren Bilder, der druckvolle Endspurt, die spezielle Duell-Form auf Helena-Art und allen voran dieser Teufelskerl Woody Harrelson, der der Schnarchnase Hemsworth komplett die Show stiehlt. Weniger oder das Vorhandene besser abgestimmt wäre definitiv mehr gewesen, als gescheitert kann man Das Duell allerdings nicht abstempeln. Trotz seiner Mängel hat der noch genug zu bieten, was den zumindest einmaligen Griff in die Satteltasche rechtfertigt.

6 von 10 Schlangen im Gottesdient

Review: HELL OR HIGH WATER – Filmischer Hochgenuss oder doch die Hölle?

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Fakten:
Hell or High Water
USA. 2016. Regie: David Mackenzie. Buch: Taylor Sheridan. Mit: Ben Foster, Chris Pine, Jeff Bridges, Gil Birmingham, Dale Dickey, William Sterchi, Kristin Berg, Katy Mixon u.a. Länge: 102 Minuten. FSK: ungeprüft. Ab 12. Januar 2017 im Kino.


Story:
Im Kriminaldrama Hell or High Water schmieden ein geschiedener Vater und sein frisch aus dem Gefängnis entlassener Bruder einen verzweifelten Plan, um ihre Familienfarm im Westen von Texas zu retten: Toby und Tanner wollen gleich mehrere Banken überfallen und mit dem auf diese Weise gewonnenen Geld verhindern, dass ihr hoch verschuldetes Heim samt Ländereien an den Staat zurückfällt.




Meinung:
12 Millionen Dollar. Diese Summe hat die komplette Produktion von Hell or High Water veranschlagt und auch wenn bereits bessere Filme für deutlich weniger Geld gedreht wurden, so ist die Summe trotzdem erstaunlich. Vieles an David Mackenzies Film erweckt den Eindruck er wäre kostspieliger gewesen. In vorderster Front sind es natürlich Darsteller wie Jeff Bridges, Chris Pine und Ben Foster, die den Eindruck einer Multimillionen-Dollar-Produktion evozieren. Doch auch darüber hinaus sind beinahe alle Facetten des Films, angefangen bei der Optik über Kostüme und Ausstattung bis hin zum Soundtrack, hochwertig eingefangen. Natürlich sind 12 Millionen dennoch eine gewaltige Summe, aber nichtsdestotrotz ist es ein schöner Umstand, dass mainstreamtaugliches Hollywoodkino auch in den niedrigen Budgetbereichen ausgezeichnet funktionieren kann.


Posen für die Kamera
Alles wirkt wie ein Klischee. Staubige Felder, ausgebrannt von der unbarmherzigen Sonne. Schnauzbärtige Männer in ausgewaschenen Hemden sitzen auf der Veranda, trinken ein kühles Bier und polieren ihre Waffen. Texas scheint einer dieser Staaten zu sein, in dem die Zeit einfach stillsteht. So still, dass selbst Banken noch keine Überwachungskamera haben und die verlässlichste Methode der Polizeiarbeit simples Warten darstellt. Ein von Nick Cave und Warren Ellis stammender Soundtrack eilt der trostlosen Optik voraus, wir hören die Klänge bevor wir unsere Protagonisten als unerfahrene, aber entschlossene Bankräuber kennenlernen. Was in den nächsten 100 Minuten folgt ist durchgehend stimmig (vor allem der texanische Dialekt trägt im Original viel dazu bei), aber nie sonderlich unvorhersehbar erzählt. Es wirkt beinahe etwas faul, so als würde sich der Regisseur auf den gelungenen Komponenten seines Films ausruhen, sich über die kantige Performance von Ben Foster, den westernartigen Soundtrack oder seiner gelungenen Optik freuen und dabei eine zentrale Botschaft vernachlässigen. Sicherlich greifen die einzelnen Teile des Films spürbar flüssig ineinander, doch kann sich Hell or High Water nicht dem Eindruck verwehren, als klassisches Erzählkino ein Stück weit zu klassisch zu sein. Inwiefern man das als Stärke oder Schwäche wertet, sei jedem Zuschauer selbst überlassen.


Hell or High Water vereint zahlreiche Einflüsse, bündelt Sozialdrama und Heist-Movie unter einer allgegenwärtigen Westernikonographie und besticht dadurch vor allem durch Atmosphäre und Optik. Erzählerisch scheint die altbekannte Brüderdynamik um einen kriminellen Hitzkopf und dessen vernünftigerem Pendent ebenso überholt wie die vorherrschend rückständige Mentalität in Texas. Der Geschichte um einige verzweifelte und schlecht organisierte Banküberfälle fehlt es an Substanz, Überraschung und Spannung. So ruhig und stimmungsvoll Mackenzies Film auch erzählt ist, für die kurz angeschnittene Tiefe scheint kein wirklicher Platz zu sein. Das ist schade, denn so verpufft ein Teil der Wirkung im leeren Raum und der Film lässt einem mit dem hohlen Gefühl zurück doch alles schon einmal gesehen zu haben.


6 von 10 Einschusslöchern