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Review: BARCA – DER TRAUM VOM PERFEKTEN SPIEL - Uninspiriertes Historien-Heimspiel mit Überverlängerung

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Fakten:
Barca – Der Traum vom perfekten Spiel (Barca Dreams)
Spanien. 2015. Regie: Jordi Llompart. mit: Lionel Messi, Pep Guardiola, Andrés Iniesta, Johan Cruyff, Eric Abidal, Ramon Besa, Xavier Herandez, Ronald Koeman, José Ramón Alexanko, Gary Lineker, Gerard Piqué u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Barcelona – eine Stadt, ein Team, ein weltweiter Kult. Seit nunmehr über einem Jahrhundert ist der katalanische Vereinsclub eine nicht mehr aus dem internationalen Sportwettbewerb wegzudenkendes Synonym für erstklassigen Fußball, weltweit längst über die Grenzen Spaniens und der globalen Fangemeinde hinausreichend geachtet und verehrt. Selbst die größten Kulturbanausen werden neben genervtem Stirnrunzeln ebenso wie feuereifrige Fans widerstrebend und wissend nicken, wenn Namen wie Lionel Messi, Pep Guardiola oder Andrés Iniesta fallen.




Meinung:
Der amerikanisch-spanische Dokumentarfilmer Jordi Llompart will nun mit seinem Film „Barça– Der Traum vom perfekten Spiel“ dem Phänomen auch filmisch ein Denkmal setzen, tief ins für den Mannschaftssport schlagende Herz vordringen und dort die großen Geheimnisse lüften, wie es großspurig auf dem DVD Cover heißt. Auch wenn er weder in den ersten, noch den üppigen 116 Folgeminuten diese vollmundigen Versprechen einlösen kann, so ist der Anfang durchaus gelungen. Lediglich mit den tiefen Atemzügen, den Schritten auf dem Rasen, undeutlichen Rufen der Mannschaftskollegen zueinander und den bis zum entscheidenden Tor stummgeschalteten Zuschauermassen auf der Tonspur, macht die Eröffnungssequenz es erfahrbar, wie es sich anfühlen, anhören muss, dort im Camp Nou vor Tausenden johlenden Fans um einen Meisterschaftstitel zu kämpfen. Die pathetischen Zeitlupenbilder erinnern dabei ein ums andere Mal an Sönke Wortmanns „Das Wunder von Bern“, verfehlen aber keineswegs ihre Wirkung.


Bild aus vergangenen Zeiten
Nach diesem atmosphärischen Auftakt, begibt sich Barça jedoch nicht hinter die Kulissen, wie etwa Wortmanns „Sommermärchen“ in die Mannschaftskabinen, sondern entpuppt sich als filmischer Museumsbesuch, bei dem 115 Jahre Vereinsgeschichte in etwa genauso viel Laufzeit chronologisch aufgerollt werden. Geradezu schulmeisterlich bebildert man die Gründung durch den Schweizer Joan Gumper in den frühen 1900er Jahren, die Auswirkungen zur Zeit des spanischen Bürgerkrieges und der Franco-Diktatur sowie des Zweiten Weltkriegs. Wie auf einer Checkliste hakt die Dokumentation die prägendsten Ereignisse in teilweise stummfilmhaften Originalaufnahmen und Interviews ab, bei denen sich ehemalige wie derzeitige Spieler von Graham Hunter bis Messi mit Sportjournalisten und permanenten Lobeshymnen gegenseitig die Bälle zuspielen, aber kaum einmal Mitglieder der weltweiten Fanclubs ihre Liebe zum Verein vor der Kamera Luft machen dürfen. Stur arbeitet sich „Barça“ an einem schnurgeraden roten Faden ab, ohne dabei sonderlich in die Tiefe zu gehen. Die unliebsameren Aspekte, wie das ständige hin-und herschieben von Spitzenspielern, Trainern, oder exorbitanten Geldsummen zwischen den Vereinen innerhalb des internationalen Fußballs, lässt man zwar nicht direkt unter den Tisch fallen, reißt man aber bestenfalls oberflächlich an, um es dann unter den Kunstrasen zu kehren.


Modisch immer wieder en vouge, die Jungs von Barca
Doping-Vorwürfe gegen Lionel Messi, der Einfluss des Franco-Regimes, die Umstände des Selbstmordes von Gründer Gumper, die Phase der Depression in den 60er Jahren als Kontrastprogramm zur aufkommenden Weltoffenheit außerhalb von Spanien – all das findet zweifellos Erwähnung, wirkt aber höhepunktarm und wie aus dem Lehrbuch artig abgespult. Später gelingt es Regisseur Llompart aber immerhin, den Fokus auf die ganz großen Persönlichkeiten zu richten. Als Schlüsselfigur für den durchschlagenden Erfolg der Katalanen positioniert sich der Spieler und spätere Vereinstrainer Johan Cruyff, der Barça mit seiner Idee vom „totalen Fußball“ revolutionierte. Auch Wunderkind Lionel Messi, der mit gerade einmal 13 Jahren seine Familie in Argentinien für eine bessere Zukunft zurückließ, und allen voran Josep „Pep“ Guardiola, welcher u.a. von 1990 bis 2001 für Barcelona im Mittelfeld spielte und diesen Sommer nach dreijähriger Trainerschaft vom 1. FC Bayern München zum Premier-League Team von Manchester City wechseln wird, bekommen ihren Platz in der dokumentarischen Ruhmeshalle des gebürtigen Katalanen, der sich spätestens nach der Hälfte der Laufzeit als glühender Barça-Fan offenbart haben sollte und zum langatmigen Ende hin kaum noch eine gesunde Distanz zu bewahren scheint.


So ist „Barça“ allenfalls für hartgesottene Fans sehenswert,die die schamlose Heiligenverehrung nicht stören wird,, die man hier sich selbst schulterklopfend zelebriert, während desinteressierte Fußball-Boykottierer sich allenfalls am Kopf kratzen, darüber wundern, was sie gerade gesehen haben und dann achselzuckend weiterschlafen werden, denn wie so viele andere ist auch der „Traum vom perfekten Spiel“ nach dem Aufwachen gleich schon wieder vergessen.


4 von 10 müden Lattenknallern

von Dominik Koe

Review: CREED - ROCKY`S LEGACY - Rocky 2.0

1 Kommentar:


Fakten:
Creed – Rocky`s Legacy (Creed)
US, 2015. Regie: Ryan Coogler. Buch: Ryan Coogler & Aaron Covington. Mit: Sylvester Stallone, Michael B. Jordan, Tessa Thompson, Wood Harris, Tony Bellew, Phylicia Rashasd u.a. Länge: 133 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Adonis ist der uneheliche Sohn des Boxweltmeisters Apollo Creed und obwohl dieser vor seiner Geburt gestorben ist, hat der junge Adonis eine Leidenschaft fürs Boxen im Blut. Er wagt den entscheidenden Schritt, kündigt seinen Job und verlässt seine Ziehmutter um nach Philadelphia zu ziehen und dort Profiboxer zu werden. Auf der Suche nach einem Trainer wendet er sich an Rocky Balboa, den ehemaligen Rivalen und späteren Freund seines Vaters.




Meinung:
Als 2013 die Ankündigung kam, dass man das Rocky-Franchise im Lauf der kommenden Jahre um einen weiteren Eintrag ergänzen wolle, überraschte das wohl so gut wie niemanden. Der Remake- und Fortsetzungswahn Hollywoods hat in den letzten Jahren seinen Höhepunkt erreicht und keine auch nur halbwegs profitable Filmreihe scheint davor sicher zu sein. Aus Sicht der Produzenten spricht da auch überhaupt nichts dagegen, unabhängig von der Qualität des Werkes lockt allein schon der Name genügend Fans in die Kinos um einen mehr als erfolgreichen Film zu garantieren, ein finanzieller Flop scheint ein Ding der Unmöglichkeit. So begeisterte George Miller zuletzt mit seiner Neuauflage von „Mad Max“ und auch J. J. Abrams konnte mit „Star Wars: The Force Awakens“ die Magie der originalen Trilogie wieder aufleben lassen. Doch das sind aus qualitativer Sicht nur Ausnahmen, der Großteil beweist, dass Fanservice und aufdringliche Marketingstrategien oftmals wichtiger als der eigentliche Film sind und kreative Ansätze im Rausch der eingespülten Millionen schlichtweg untergehen. Auch „Creed“ schafft es nicht diese gewohnten Strukturen aufzubrechen.


Alt vs. Neu!
Der mittlerweile schon siebte Teil des Franchises reiht sich nahtlos in die Reihe seiner Vorgänger mit ein. Neuartige Elemente sucht man dabei vergebens, „Creed“ orientiert sich zu jedem Zeitpunkt an den gängigen Mechanismen des Boxerfilms und konstruiert die klassische Rocky-Geschichte konsequent nach. Betrachtet man die Zufriedenheit der Fans ist diese Vorgehensweise durchaus legitim, doch genau dann muss sich der Film auch an seinen Vorbildern messen und dabei werden seine Schwächen nur zu deutlich. Das beginnt schon beim Protagonisten Adonis, der zwar eine nachvollziehbare Motivation erhält, emotional aufgrund seiner geringen Fallhöhe aber schlichtweg nicht funktioniert. Seine Liebesbeziehung wirkt standardisiert und platt wenn man sie mit der wunderbar unbeholfenen Annäherung zwischen Rocky und Adrian vergleicht und auch der Endkampf kann, obgleich er der am besten choreografierte und inszenierte Showdown der Reihe ist, nie wirklich mitreißen, weil emotional einfach zu wenig dahintersteckt. Inszenatorisch macht Coogler einen ordentlich Job (auch wenn er wohl manchmal dem Irrtum erlag mit „Creed“ ein Musikvideo zu inszenieren) und schafft es durchaus einen Grundstein für kommende Filme zu schaffen, doch für sich genommen ist „Creed“ nicht mehr als ein weiterer mittelmäßiger Eintrag ins Buch der Boxerfilme.  


Es ist die Ideenlosigkeit, die „Creed“ letzten Endes in die Belanglosigkeit stürzt, jedes Versatzstück scheint bekannt, der Weg des Films von Beginn an vorgezeichnet. Was Ryan Coogler uns hier präsentiert ist ein Best-of der bisherigen Rockyfilme, stark darauf ausgelegt durch die Sympathien für einen gebrechlichen Sylvester Stallone Bonuspunkte zu sammeln und den Rest durch oberflächliche Nostalgie und billigem Pathos zu generieren. Dass diese Formel bei Fans der Reihe greift, scheint daher keine große Überraschung zu sein, denn gerade in ihren Reihen werden Veränderungen grundsätzlich mit großen Zweifel betrachtet. Die allgemeine Begeisterung für diesen Film lässt sich wohl nur auf niedrige Erwartungshaltung zurückführen, denn auf rein filmischer Ebene ist „Creed“ sicherlich nicht mehr als Standartware.


5 von 10 Schläge ins Gesicht

Review: SOUTHPAW - Die Präsenz von Jake Gyllenhaal

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Fakten:
Southpaw
USA. 2015. Regie: Antoine Fuqua.
Buch: Kurt Sutter. Mit: Jake Gyllenhaal, Forest Whitaker, Curtis „50 Cent“ Jackson, Rachel McAdams, Naomie Harris, Rita Ora, Oona Laurence, Victor Ortiz, Beau Knapp, Dominic Colón, Miguel Gómez, Skylan Brooks u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 7. Januar 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Den Titel des Boxweltmeisters hat sich Billy Hope hart von ganz unten erarbeitet, nicht zuletzt dank der unermüdlichen Unterstützung seiner geliebten Frau, die im Hintergrund die Fäden zieht. Doch ein Schicksalsschlag, durch den auch das Leben von Billys kleiner Tochter aus den Fugen gerät, zerstört jäh die Idylle. Als ihn dann auch noch sein langjähriger Freund und Manager im Stich lässt, fällt Billy ins Bodenlose. Erst als Box-Coach Tick Wills ihn unter seine Fittiche nimmt, ist Billy bereit, sich wieder in den Ring zu wagen und sich dem härtesten Kampf seines Lebens zu stellen: dem Kampf gegen sich selbst.




Meinung:
Da haben sich zwei gefunden: Antoine Fuqua und Kurt Sutter. Beides Filme-, bzw. Serienmacher, die am liebsten Geschichten voller Maskulinität erzählen. Fuqua untermauerte diesen Ruf u.a. mit „Training Day“ oder „Tränen der Sonnen“, Sutter machte Freunde brutaler wie dramatischer Serienunterhaltung mit „The Shield“ und den „Sons of Anarchy“ glücklich. Mit „Southpaw“, einem Drama rund um einen Profiboxer, der nach einer Tragödie beginnen muss sich wieder hoch zu kämpfen und dies nicht nur im Ring, beweisen Fuqua (Regie) und Sutter (Drehbuch) was sie können: Die Zelebrierung von männlichen Attitüden, kämpferischen Klischees und drastischer Dramatik. Aber um ganz ehrlich zu sein, Fuqua und Sutter gehört bei „Southpaw“ nicht die Aufmerksamkeit. die sichert sich jemand anderes und zwar Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal.


Blut, Schweiß, Emotionen: Gyllenhaal überzeugt
Gyllenhaal gehört der Film! Seine Leinwandpräsenz ist wirkt fast etwas zu erdrückend. Egal ob er schwitzend und blutend mit angespannten Muskeln im Ring steht oder psychisch gebrochen mit feuchten Augen in der Ecke eines Zimmers hockt, Gyllenhaal dominiert den Film regelrecht. Lediglich Oscar-Preisträger Forest Whitaker kann als Trainer Tick andere, erinnerungswürdige Nuancen setzen, weil seine Darstellung wesentlich ruhiger, dezenter und geistvoller ausgefallen ist. Ein guter Kontrast, den „Southpaw“ dringend nötig hat und der leider auch etwas zu spät erst in die Handlung integriert wird. Das Problem an „Southpaw“ ist, dass der im Prinzip nur die große, bekannte Standarte typischer Rise & Fall-Filme (bzw. Fall & Rise) schwenkt. Das Gute daran: Häufig macht der Film das dramaturgisch äußerst effektiv, auch wenn Boxer Billy Hope sich nur durch klischeebeladene Lebenswirrungen und Schicksalsschläge kämpfen muss. Am besten kann man „Southpaw“ wahrscheinlich mit Gavin O’Connors „Warrior“ vergleichen, in dem sich Tom Hardy und Joel Edgerton als zerstrittenes Bruderpaar im Ring einer Ultimate Fighting Meisterschaft gegenüberstehen. Den großen Gegner von Jake Gyllenhaals Rolle ist dabei aber kein Verwandter, sondern er selbst. Was die beiden Filme wirklich miteinander verbindet ist ihre Testosteron-Ausstrahlung.


Billy Hope kämpft und leidet für seine Tochter
Diese rettet den Film aber nicht vor seinen Makeln. Besonders auffällig ist, wie sehr Sutters Drehbuch versucht den Zuschauer in eine pessimistische Stimmung zu drängen. Dafür werden auch schon einmal Nebenfiguren geopfert. Nur geschieht das zu statisch und vor allem zu bemüht. „Southpaw“ versucht sich einfach zu verbissen als Tränenzieher, vergisst dabei aber bei den aktiven Figuren eine funktionierende Progression einzubauen. Der Film weigert sich vehement Zeit für jemand anderen als Jake Gyllenhaal aufzubringen. Schade, denn so werden lediglich platte Attitüden und Schablonen aneinandergereiht. Zugegeben, auch Gyllenhaals Rolle besteht daraus, aber dank ihres Schauspielers ist es durchaus packend dabei zu zusehen und dennoch bleibt immer das Gefühl zurück, dass das Sportler-Drama noch mehr an Masse hätte zulegen können, vor allem weil sich die Story nicht mit dem üblichen Prozedere des Genres aufhält (also dem Aufstieg eines Underdogs), sondern mit dessen Sturz, als er am Karrierehöhepunkt war. Ein bisschen vergleichen kann man „Southpaw“ als ein drahtiger, etwas weniger stiernackiger Klon vom dritten und sechsten Teil der legendäre „Rocky“-Reihe.


„Southpaw“ wird also all die Zuschauer befriedigen, die sich von großen Gesten und überproportionalen Schicksalsschlägen emotional angesprochen fühlen und dabei auch kein Problem haben, dass sie Antoine Fuqua und Kurt Sutter teils massiv manipulieren. Wem das hingegen schon bei „Warrior“ nicht zusagte, der sollte einen weiten Bogen um das Boxer-Drama machen, welches jedoch wieder aufzeigt, welch talentierter, passionierter und intensiver Darsteller Jake Gyllenhaal ist. Denn im Grunde ist es fast ausschließlich seine Präsenz, die den Film trägt. Das ist faszinierend, zeigt gleichzeitig aber auch auf das „Southpaw“ eine sehr einseitige Angelegenheit ist und auch wenn Autor Kurt Sutter, ganz nach seinem bekannten Muster, den boxenden Märtyrer durch eine emotionale Hölle schleifen lässt, ist es doch ganz klar zu erkennen, dass der Film im Grunde nur versucht alte, fast schon verrauchte Glut wieder etwas anzuheizen. Wem das reicht, dem dürfte mit „Southpaw“ fesselnde wie rührende zwei Stunden verbringen.


5 von 10 verbotenen „Fucks“

Review: FOXCATCHER - Der tragische Kampf um Respekt

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Fakten:
Foxcatcher
USA. 2014. Regie: Bennett Miller. Buch: Dan Futterman, E. Max Frye.
Mit: Channing Tatum, Steve Carrell, Mark Ruffalo, Vanessa Redgrave, Sienna Miller, Anthony Michael Hall, Brett Rice, Guy Boyd, Samara Lee, Jackson Frazer, David Bennett, Jane Mowder u.a. Länge: 134 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 25. Juni auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story.
Ringer Mark Schultz gewann 1984 die Goldmedaille. Doch aus dem Gold am Bande, welches er hin und wieder für Vorträge an Schulen aus der Vitrine holt, ist vom einstigen Glanz nicht mehr viel übrig. Marks Bruder Dave, in dessen Schatten Mark immer steht und der sich stets um seinen kleinen Bruder kümmerte, hat mittlerweile auch eine Familie, so dass sich Mark allein- und fallengelassen fühlt. Seine Hoffnungen liegen auf der nächsten Ringerweltmeisterschaft sowie den Olympischen Spielen in Seoul, für die Mark täglich hart trainiert. Als Mark einer Einladung von einem gewissen John Du Pont folgt, ahnt er noch nicht, dass dies sein Leben verändern wird. Du Pont ist Erbe eines vermögenden Familienclans, der sich sehr für das Ringen interessiert und vor hat ein eigenes Ringer-Team für die kommende Olympiade zusammen zustellen und will den jungen Schultz-Bruder an seiner Seite haben. Mark willigt ein und John wird sein neuer Mentor. Als Dave jedoch auch zum Ringer-Team stößt und John erkennen muss, dass Mark seinem Bruder immer mehr vertrauen wird als ihm, erhält das einst so euphorisch begonnene Projekt Foxcatcher deutliche Risse.





Meinung:
„Foxcatcher“ ist erst der dritte Spielfilm von Regisseur Bennett Miller, doch zementiert er bereits mit diesem seinen Ruf, dass er ein Filmschaffender ist, der immer die Figuren im Fokus hat. War dies bei seinem Biopic „Capote“ mit Philip Seymour Hoffman und Cathrine Keener offensichtlich, so überraschte Miller mit seinem gefeierten Baseball-Film „Die Kunst zu gewinnen - Moneyball“ (mit Jonah Hill und Brad Pitt), weil er auch hier den Überzeugungen und Gefühlswelten seiner Protagonisten eine zentrale Bühne errichtete und diese mit einem real-historischen Kontext verband. „Die Kunst zu gewinnen - Moneyball“ befasste sich nicht bloß über der Umstrukturierung des amerikanischen Baseball-Betriebes, sondern behandelte auch die Menschen dahinter. Mit „Foxcatcher“ hat sich Miller erneut eine wahre Geschichte ausgesucht, die auch einen sportlichen Background bietet. Diesmal ist der Sport aber noch reduzierter. „Foxcatcher“ ist kein Sport-Drama mit charakterlichen Bezügen. Es ist ein Charakter-Drama mit leichten sportlichen Tendenzen und der bislang beste Film von Miller. Ein Film über eine Dreiecksbeziehung zwischen den Brüdern Mark und Dave Schultz sowie dem Dynastieerben John DuPont.


Alleine: John Du Pont
John du Pont und Mark Schultz  sind sich ähnlich. Beide suchen Anerkennung, Respekt, Erfolg. Beide wollen etwas Großes hinterlassen, wollen verehrt werden. Doch während Mark seinen Bruder Dave hat, steht John alleine da. Seine Mutter (Vanessa Redgrave) unterstützt ihn nur finanziell, verwehrt ihm aber jedwede Art von Zuspruch und sagt ihm klar und offen, dass sie das Ringen für eine barbarische wie zweitrangige Sportart hält. Doch auch Mark steht unter Druck, den er sich zu großen Teilen selbst auferlegt hat. Seine Goldmedaille von der olympischen Spielen 1984 in Los Angeles, sie bestimmt sein Leben. Zum einen weil er durch sie eine Art Statussymbol besitzt, die ihn vom Rest der Welt abhebt, zum anderen ist sie auch eine stetige Erinnerung dass er einmal der Beste war. Doch Mark kann dieses „war“ nicht akzeptieren. Das „war“ soll immer ein „ist“ sein. So gesehen tragen er wie auch Du Pont eine große Bürde, die individuell von einzelnen Faktoren noch einmal erschwert werden, die sie sich letztlich aber doch selbst auferlegt haben, durch ihre Gier nach Ansehen.


Mark und sein neuer Mentor genießen ihren Erfolg
Dem gegenüber steht Dave Schultz. Ein ruhender, fast schon weiser Pol innerhalb der Figurenkonstellation, der mit seiner Frau und seinen Kindern etwas besitzt, was weder John noch Mark haben: Liebe. Zwar kümmert sich Dave um seinen kleinen Bruder, seitdem sich die Eltern haben scheiden lassen, doch für Mark, das wird immer wieder von Bennett Miller deutlich gemacht,  ist Daves „neue“ Familie  auch immer eine Konkurrenz. Mark weiß, dass er die Nummer zwei ist. Eine Position mit der sich der oftmals krankhaft ehrgeizige Sportler nicht abfinden kann. Auch hier gibt es wieder eine Parallele zu John Du Pont. Seine Mutter scheint ihren Zuchtpferden mehr Beachtung und Liebe zu schenken als ihrem eigenen Sohn, der sich außerhalb ihrer Anwesenheit zwar als großer Geschäftsmann und cleverer Menschenkenner ausgibt, der letztlich aber doch nur ein kleiner Junge ist, der am Rockzipfel seiner Mutter zerrt, um das zu bekommen, was er will. Waren es als Kind noch Süßigkeiten so sind es als Erwachsener ausrangierte Kriegsgefährte (Du Pont war leidenschaftlicher Sammler von alten Panzern, was seine Sehnsucht nach Macht noch einmal untermauert) sowie ein ganzes Ringer-Team mitsamt Unterkünften für die Sportler und  Trainingsräumlichkeiten.


Die Schultz Brüder vertrauen sich blind
Dies alles, der Umgang mit verletztem Stolz, fehlenden Respekt und Einsamkeit benötigt zur vollen Entfaltung exquisite Darsteller und die besitzt “Foxcatcher“. Der oftmals belächelte Channing Tatum beweist hier, dass er unter der richtigen Führung zu einer unglaublich authentischen darstellerischen Performance fähig ist. War Tatum früher ein Synonym für den schauspielenden Posterboy, der es versteht Selbstironie für seine Zwecke zu nutzen („21 Jump Street“ und sein Sequel sowie sein Gastauftritt in „Das ist das Ende“), so macht er hier klar, dass er mehr sein kann als der perfekte Schönling, der mit Wonne über sich selbst und sein immer wieder propagiertes Klischee lachen kann. John Du Pont-Darsteller Steve Carrell hat zwar schon einige Mal in etwas ernsteren Rollen sich beweisen können, doch niemals waren diese losgelöst vom Genre der Komödie. Egal ob „Little Miss Sunshine“ oder „Dan – Mitten im Leben“, das Komödiantische haftete immer an Carrell. Als John Du Pont ist davon aber nichts mehr übrig.


Mark wittert seine Chance auf Respekt und Erfolg
Wenn man zügellos anmaßend wäre, könnte man behaupten, es liegt vor allem daran, dass die Make-Up Artists Carrell mit einem stattlichen Zinken ausgestattet haben, die ihn alleine optisch so verändern, dass man als Zuschauer gar nicht erst auf die Idee kommt ein Ensemble-Mitglied von Will Ferrells Chaos-Comedy „Anchorman“ vor sich zu sehen. Gewiss, die physische Veränderung tut ihren Dienst, dennoch braucht es einen Darsteller der die Rolle ausfüllt. Genau dies tut Carrell und er tut dies mit solch einem nuancierten Spiel, dass es einem als Zuschauer teilweise den Atem verschlägt. Du Ponts Charakterzüge und Gedanken, Carrell macht sie für das Publikum sichtbar, mit teils dezidierten Blicken und Gesten. Eine formvollendete Königsdarbietung. Gleiches lässt sich auch über Mark Ruffalo als Dave Schulz sagen. Er, die wahrscheinlich tragischste Figur des Trios, legt jede Menge Empathie in die Waagschale. Seine Aufopferungsbereitschaft, die jedoch niemals seine Ehrlichkeit sowie seinen realistischen Blick auf die Sicht der Dinge korrumpiert, ist zweifelsohne so etwas wie der sichere Halt für das Publikum, in einem stillen Sturm, ausgelöst durch John und Mark und ihre Beziehung sowie ihrer Erwartungen von sich selbst und den anderen. Tatum, Carrell und Ruffalo sind der Herzschlag von „Foxcatcher“. Wie Regisseur Bennett Miller sie leitet und welche Leistung sie erbringen nötigt durchaus Respekt ab.


John ist ein Fan von Macht in jeglicher Form
Aber nicht nur hierfür hat Miller den Preis für die beste Regie 2014 bei den Filmfestspielen in Cannes gewonnen. Auch wie er „Foxcatcher“ erzählt ist meisterlich: Ohne Hektik, mit ruhigen ganz in der Geschichte versunkenen Bildern, formt Miller die Katharsis, eine Zuspitzung bis zur Ausweglosigkeit, die sich durch eine drohende aber niemals selbstzweckhafte oder zu stark überdimensionierte beunruhigende Atmosphäre manifestierte. Dazu gelingt Miller eine Narration sowie Charakterisierung, die zwar auch mit Dialogen voran getrieben werden, die aber dennoch nonverbal funktioniert. Miller hält sich am alte Leitsatz show don’t tell, zumindest weitestgehend. Leider scheint er nicht immer zu 100% darauf zu vertrauen und streckt seinen „Foxcatcher“ immer wieder mit erweiterten Epilogen zur bereits getätigten Argumenten. Auch wenn es im Gesamtbild nur Marginalitäten sind, so ist es doch bedauerlich, dass Miller anscheinend kein wirklich vollkommenes Vertrauen hatte auf eine stringentere wie offenere Erzählweise. Vielleicht fehlte ihm einfach das Vertrauen an sein Publikum?


„Foxcatcher“ ist trotz kleinerere Makel ein hinreißendes Drama über das Kämpfen. Dabei spielt der sportliche Kampf nur eine (wenn überhaupt) sekundäre Rolle. Im Zentrum steht das Ringen um Anerkennung und Respekt, ausgetragenen von zwei (scheinbar) verlorenen Seelen, die mit großer innerer Verbitterung feststellen mussten, das Gold vergänglich, bzw. nicht für alles ein adäquates Ersatzmittel ist. Diese charakterliche Konstellation, die mit Vertrauen und Hoffnung beginnt und sich immer weiter hochkonzentriert, bis es für einen der Figuren scheinbar nur noch einen Ausweg gibt, ist schlicht und ergreifend intensivstes Kino. Ein hochklassiger Film.


8,5 von 10 gefundenen Vaterfiguren