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Review: PIRATES OF THE CARIBBEAN: SALAZARS RACHE – Das beste Sequel der Reihe

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Fakten:
Pirates of the Caribbean: Salazars Rache (Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales)
USA. 2017. Regie:
Joachim Rønning, Espen Sandberg. Buch: Jeff Nathenson. Mit: Johnny Depp, Javier Bardem, Geoffrey Rush, Brenton Thwaites, Kaya Scodelario, Kevin McNally, Golshifteh Farahani, David Wenham, Stephen Graham, Angus Barnett, Martin Klebba, Adam Brown, Giles New, Orlando Bloom, Keira Knightley, Paul McCartney u.a. Länge: ca. 129 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 25. Mai 2017 im Kino.


Story:Ein vom Pech verfolgter Captain Jack Sparrow findet sich in einem völlig neuen Abenteuer wieder: Tödliche Geister-Piraten, angeführt von seinem alten Erzfeind, dem furchteinflößenden Captain Salazar, entkommen aus dem "Teufels-Dreieck" und sollen jeden Piraten auf See töten - einschließlich Jack Sparrow. Seine einzige Überlebenschance besteht darin, den legendären "Dreizack des Poseidon" zu finden, ein mächtiges Artefakt, das seinem Besitzer völlige Kontrolle über die Meere verleiht.






Kritik:Da ist er wieder. Johnny Depp als Kajal-Pirat Jack Sparrow. Vor allem er und seine aktuell festgefahrene Karriere brauchen dieses Comeback. Walt Disney hat mit Marvel, Star Wars und anderen Projekten genügend Moneymaker im Kader, aber für Depp heißt eine Rückkehr zum alten Seebeuter-Franchise auch eine große Chance wieder einen profitablen Hit zu landen. Die Chancen stehen gut. Zwar sind die drei Sequels des immer noch unerreichten Erstlings für viele Fans nicht mehr als eine unschöne Erinnerung, dennoch dürften sich wohl viele für den nun mehr fünften Teil interessieren.


Pirates of the Caribbean: Salazars Rache versucht, im Gegensatz zu vierten Teil, Fremde Gezeiten, nicht etwas komplett Neues in der Welt der Piraten und Geister zu etablieren. Stattdessen nutzt das Drehbuch von Jeff Natheson alte Storyseile und hängt sich an diese heran. Es wird versucht Vergangenheit und Zukunft des Franchise miteinander zu verknüpfen und das gelingt zu Beginn auch wirklich ganz gut. Als besonders aufwendig oder gewitzt erweist sich das Script dabei nicht. Genügsam beschreibt es wohl am besten, wenn hier die einzelnen Handlungsstränge und Figuren miteinander verbunden werden. Das ist durchaus effektiv und stellt dazu keine Stolpersteine her, die die Hauptattraktionen des Films, Depp und das Spektakel, aufhalten oder sogar gefährden. Pirates of the Caribbean: Salazars Rache ist im Großen und Ganzen grundsolide durchgeplant und so konstruiert, dass die Fans genau das bekommen, wofür sie ins Kinos gekommen sind.


Wer sich allerdings einen Dosis Frischwind erhofft hat, wird enttäuscht. Auch wenn Charakter eingeführt werden, die dem Franchise in Zukunft erhalten bleiben könnten (sollte Teil 5 ein Erfolg werden), so bringen diese nichts von Belang mit. Es bleibt ein Soloshow für Depp, der seine Revue auf Autopilot abspielt. Wer genau das will, erhält mit Pirates of the Caribbean: Salazars Rache wahrscheinlich den Sommer-Blockbuster schlechthin und wird sich wohl auch nicht daran stören, dass die Handlung des Films arg uninspiriert ist und im Laufe der Geschichte eine Enthüllung parat hält, die weder sonderlich gut vorbereitet noch umgesetzt wird, ganz zu schweigen von einem großen dramaturgischen Wendepunkt gen Ende, der nicht wirklich mitreißend ist. Zum einen weil das Franchise schon oft bewies, dass nichts wirklich endlich ist in der Welt von Jack Sparrow, zum anderen weil dieser, als Höhepunkt verkaufte Plotpoint, keine zufriedenstellende Vorbereitung genossen hat.


Wie bereits gesagt, wer Johnny Depp noch einmal in seiner Paraderolle erleben will, kommt um Pirates of the Caribbean: Salazars Rache nicht vorbei. Das Hollywood-Debüt der beiden skandinavischen Regisseure Joachim Rønning und Espen Sandberg ist insgesamt sauber inszeniert, besitzt ein gutes Tempo und die Besetzung scheint mit Spaß an der Sache dabei gewesen zu sein. Nur Schurke Javier Bardem bleibt unschön blass, was dem Script geschuldet ist, welches es niemals wirklich schafft aus ihm mehr zu machen als ein weiteres Anhängsel für die Vita des Kajal-Piraten. Beim sechsten Teil wäre ein Widersacher mit mehr Verve und Kraft in den Segeln wünschenswert. Nach dem Abspann von Pirates of the Caribbean: Salazars Rache gibt es dazu übrigens einen ersten Hinweis.


6 von 10 Schläfchen im Tresor

KONG: SKULL ISLAND - ...auch bekannt als „Die Reise zur geheimnisvollen Insel“

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Fakten:
Kong: Skull Island
USA. 2017. Regie: Jordan Vogt-Roberts. Buch: John Gatins, Dan Gilroy, Max Borenstein, Derek Connolly. Mit: Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, Brie Larson, John C. Reilly, John Goodman, Corey Hawkins, John Ortiz, Tian Jing, Toby Kebbell, Jason Mitchell, Shea Whigham, Thomas Mann, Eugene Cordero, Marc Evan Jackson, Will Brittain, Takamasa Ishihara u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 9. März 2017 im Kino.


Story:
12°S 78°E - Hinter diesen ominösen Koordinaten und vor der Küste Sumatras verbirgt sich eine ständig im Nebel befindliche Insel mit dem treffenden Namen Skull Island, wirkt doch die Topographie auf den Betrachter wie ein gewaltiger petrifizierter Monsterschädel. Doch viele Zeugen dieses Spektakels gibt es nicht, die davon Kunde geben könnten, was die Insel sprichwörtlich gefangen hält. Umso größer ist also der Reiz, der von den wenigen kryptischen Informationen über diesen Hort des Schrecklichen befeuert wird: Skull Island – eine Insel, die außerhalb der Zeit zu liegen scheint, bewohnt von überdimensionalen Kreaturen, die jeder Beschreibung spotten. Eine Expedition (angeführt von Tom Hiddleston und mit Brie Larson im Schlepptau) findet auf obskuren Wegen endlich wieder einmal zu Skull Island. Doch was sie dort vorfindet, ist jenseits allem Vorgestellten…




Kritik:
Träumt ihr in der Erwartung großangelegter Hollywood-Spektakel nicht auch öfters davon, dass sich alles genauso abspielt, wie ihr es euch vorstellt? Dream bigger kann ich da nur sagen, denn das einzige, was Produktionsfirma Legendary Pictures mit „Kong: Skull Island“ (erneut) gelungen unter Beweis stellt, ist der zurzeit unbedingte Zwang zur Erfüllung jener Erwartungen, bei der sich das Herzstück des Filmemachens aus im Vornherein abgesegneten Storyboards und Crossovers herausbildet. Das ist natürlich kein neuer Kritikpunkt in deren Werk Fanboy-konformer Genreware, doch in glücklicheren Fällen hat die Stimme des Regisseurs immer noch genügend Input, um die Vorgaben vom Schema M wie Monstergulasch mit distinktiver Sensibilität und Schlagkraft zu balancieren – siehe „Pacific Rim“, „Krampus“, selbst Gareth Edwards' „Godzilla“. Bei Jordan Vogt-Roberts hat man sich jedoch anscheinend einen äußert gefügigen Ja-Sager als Regisseur angeleiert, wenn man denn davon ausgehen möchte, dass der Newcomer mit seinen „Kings of Summer“ als einzige vorherige Spielfilmreferenz nicht sowieso schon eine Austauschbarkeit sondergleichen vermittelt hatte. So jedenfalls weiß er nur bedingt neues Blut in die Kinolegende King Kongs zu injizieren, wenn das Abenteuer unter Giganten lediglich auf seine Topoi zurückgeschraubt, mit dem gewohnten Blockbuster-Wachs geglättet und auf besagte Skull Island binnen des Vietnam-Krieges versetzt wird, um eine Armada an Terrorviechern oben drauf übers Bongophon herbeirufen zu lassen. Das sieht im Endeffekt dann so aus, als hätte David Ayer beim Kong-Kintopp von Toho angeheuert, aber wie muss man diesen Vergleich verstehen?


Nun, die japanischen Abenteuer mit der Lizenz zur Affigkeit hatten ja wie ihre US-Vorgänger/Nachfolger durchaus simplistische Menschen-Charaktere inmitten des Trubels zugegen, gleichsam einen Überschwang zum Effektspektakel bar jeder dramaturgischen Substanz, welche innerhalb der amerikanischen Verfilmungen von 1933-2005 ja noch insofern an Empathie verstärkt war, dass der große Affe eben u.a. von seiner Heimat entwurzelt für die Liebe zur weißen Frau auf die Barrikaden ging. Was bei Toho in der Hinsicht nach hinten rückte, wurde durch den Charme tricktechnischer Urigkeit wieder wettgemacht - ein bisschen zwischen diesen Ansätzen pendelt Skull Island sodann auch hin und her, wobei er allerdings die erzählerische Kompetenz der „Suicide Squad“ anleiert, um sich zu alledem noch größer darzustellen, als es ihm seine unentschlossenen Impulse zur Konvention hin erlauben. Da gibt es erneut den ungelenken Etablierungssprint eines Figurenensembles, welches hauptsächlich Funktion und Wortwitz bereitstellt; dazu eine Erfassung handlungsspezifischer Umstände in willkürlichen Schauplatzwechseln und Soundtrackfetzen (Black Sabbath und CCR sind erneut dabei), welche im Eiltempo kanonische wie emotionale Oberflächlichkeiten ihrer Ära, rudimentär das Prinzip einer Szene bedienen. Mal abgesehen von der ergänzend blassen Musik Henry Jackmans sowie der Routine-Arbeit von Zack Snyders Stamm-Kinematograph Larry Fong (der dem hiesigen Vogt-Roberts reichlich visuelles Flair für lau unterjubelt) mangelt es dem Film eben auch an Stringenz, seine Themen Mensch gegen Krieg, Mensch gegen Monster, Monster gegen Monster, ebenso die vage Heimats- und Familiensehnsucht (bekannt aus „Jurassic World“) zur Involvierung des Zuschauers anzuwenden.


Bitte nicht falsch verstehen: Sie ist als Kurzweil vorhanden und im Schatten der Kong-Filmographie berechtigterweise auf geradlinige Unterhaltung eingestellt, doch weshalb muss der Film darin trotzdem den Pathos zu seinem Überangebot an Entbehrlichen anstrengen, wenn er deren Ressourcen genauso gut in ein zentralisierteres Narrativ münden könnte? Stattdessen greift man im Zuge aufgedunsener Aufregung wieder ins Franchise-Worldbuilding sowie in zig unausgegorene Einzelschicksale, die nur bedingt mit der Gewalt des Digitalen um sich herum mithalten können. Ein Gareth Edwards z.B. wusste ähnlich triviale Verhältnisse für eine Sinnlichkeit der Größenordnungen, Machtlosigkeit und Penetration per Subversion im Kleinen zu nutzen. Sobald jedoch Vogt-Roberts jene Prozesse manifestierter Urangst darstellen soll, scheitert er bereits ab der ersten Szene an halbgar montierten Stimmungen, die ihr Gefühl zum Gewicht an der Renderfarm abgespeckt haben oder das altbekannte Duell an Augenpartien mit dementsprechenden Mordsakkorden unterlegen. Trotzdem glaubt der Film an seine Vernetzung von Soldaten, Wissenschaftlern, einem Fährtenleser, einer Fotografin sowie einer Handvoll Zugaben für den asiatischen Filmmarkt (Tian Jing), welche er zudem durch echte Locations gen Hawaii und Vietnam schleust, im Zweifelsfall aber von der Immersion abkoppelt, wenn er sie von Unmengen vorhersehbarer Klischees abhängig macht. Weil man diese aber auch noch so schnell wie möglich einlöst, streift man als Zuschauer umso mehr an der Belanglosigkeit aller austauschbaren Mythologien ab - u.a. solche vom geheimen Inselvolk, von Urzeitviechern vergangener Jahrtausende aus dem Untergrund sowie der törichten Einmischung des Menschen in die Natur, was als Parabel so platt ausformuliert wird, wie sich der zwischenmenschliche Umgang auch ausschließlich aus Exposition und eingeworfenen Gags der Marke Marvel zusammensetzt.


Legendary weiß aber ebenso, dass die Prämisse daran funktioniert und so lässt man sich eben mehr oder weniger vom Strom an Action, Angriff und affenstarker Begegnung fremder Welten mitziehen, doch wer in jener Fantasie nach Momenten wahrer Lebendigkeit Ausschau hält, zieht deutlich den Kürzeren. Wie süß das doch eigentlich nach „Nordsee ist Mordsee“ riechen müsste, wenn man den Bootsbau (und soviel mehr) der unverhofften Freundschaft zwischen dem abgestürzten Army-Piloten Hank Marlow (John C. Reilly) und Kamikaze-Flieger Gunpei Ikari (Miyavi) nachfühlen könnte, nicht wahr? Dann würde sich der Film auch bestimmt mal die Zeit gönnen, mehr Szenen wie jene ausspielen zu lassen, in denen King Kong seine Wunden abtastet und daraufhin eine Krake verspeist – mächtig drollig! Stattdessen kriegt man Variationen von „Oh man, ich kann's kaum erwarten, nach Hause zu kommen!“, „Time to say goodbye“, „Habt ihr das auch gehört?“ und „Geht ohne mich weiter!“ um die Ohren gehauen, welche weder als ernsthaftes Sentiment noch als unbefangener Eskapismus ankommen. Na gut, der Hinweis zum Elternersatz für Kong ist immerhin ziemlich witzig, im Kontext allerdings so magisch wie direkt aus dem „BFG“ gemeint. Vielleicht soll man sich auch eher anhand der stilistischen Pseudo-Referenzen zu „Apocalypse Now“ unterhalten fühlen, wenn sich Oberbefehlshaber Preston Packard (Jackson) aus Rache für ein Bündel Dog Tags (= visuelles Erzählen ohne Feeling) den Geruch von Napalm am Abend wünscht. Oder man identifiziert sich mit dem gewissenhaften Heldentum des Gefreiten Slivko (Thomas Mann), na? Eher mit der Selbstbewährung des Forschungsassistenten Houston Brooks (Corey Hawkins)?


Vielleicht bringt's die Connection mit den Protagonisten, eben Mason Weavers (Brie Larson) Jagd nach dem Pulitzer-Preis oder dem „Wir müssen dann und dort ankommen“ von James Conrad (Tom Hiddleston)? Die traurige Wahrheit ist leider, dass nichts davon wirklich bockt. Egal wie viele Pfade sich öffnen: Alle bleiben im Konsens gefangen, dass es geradezu erstaunlich ist, wie erheblich sich der Film darin verkalkuliert, Leitmotive oder charakterliche Entwicklungen zum Mitfühlen errichten zu können, ansonsten zielgenau in die Schauwerte des Fan-Service überinszeniert. Man kann's auch beim Namen nennen und „Skull Island“ ein Konzept der Überkompensation attestieren. Das zeigt sich nicht nur an der aufgestockten Menge an stetig hässlicheren Biestern, sondern schon an der bloßen Feststellung der Inselgeographie anhand seismischer Druckwellen (= Explosionen!), an Kamerafahrten vom Format einer Disneyland-Attraktion, an der Vertonung derer sowie brutaler Monster-Matches per Voiceover, an der Ballung des Ensembles mit Star-Visagen und markanten Charakterdarstellern bis zum Abwinken, am redundanten Ausprobieren von Jumpscare-Taktiken, am Lager offensichtlicher Twists, und und und. In der Menge ist einem das beinahe schon sympathisch, gleiches lässt sich über den nicht gerade unblutigen Bodycount sagen, welcher zerflossene Schädel auskotzt und jeden zweiten Menschen vom Boden weg auffrisst bzw. platt stampft, im dritten Akt sowieso den faustdicken Showdown auspackt. Auf die Show hat der Film auch hingearbeitet, aber sie stellt weder im Rahmen des heutigen Kinos noch im Ehrenkreis aller vorherigen Kong-Sagen ein Novum dar. Was bleibt dann noch übrig, außer eine Reihe melodramatischer (bedingt cooler) Einsilber? Noch mehr Monsterkloppe für die Kids im Publikum! Muss man ja auch nicht unbedingt schlecht finden – ginge aber auch mit Herz und Seele.


4,5 von 10 nicht gezeigten Riesenameisen


vom Witte

ASSASSIN'S CREED - Justin Kurzels von Gewalt und Sterblichkeit besessener Blockbuster

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Fakten:
Assassin's Creed
USA. 2016. Regie: Justin Kurzel. Buch: Bill Collage, Adam Cooper, Michael Lesslie. Mit: Michael Fassbender, Marion Cotillard, Jeremy Irons, Brendan Gleeson, Charlotte Rampling, Michael Kenneth Williams, Denis Ménochet, Ariane Labed, Khalid Abdalla, Essie Davis, Matias Padin, Callum Turner, Carlos Bardem, Javier Gutiérrez, Hovik Keuchkerian, Crystal Clarke uvm. Länge: 148 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 27. Dezember 2016 im Kinol


Story:
Mit einer revolutionären Technologie, die seine genetischen Erinnerungen entschlüsselt, erlebt Callum Lynch (Michael Fassbender) die Abenteuer seines Vorfahren Aguilar im Spanien des 15. Jahrhunderts. Callum erkennt, dass er von einem mysteriösen Geheimbund, den Assassinen, abstammt und sammelt unglaubliches Wissen und Fähigkeiten, um sich dem unterdrückenden und mächtigen Templerorden in der Gegenwart entgegenzustellen.




Kritik:
Wer für einen Film von Justin Kurzel bezahlt, bekommt auch einen Film von Justin Kurzel geliefert. Ganz gleich, ob man nun eine Neuverfilmung von „Macbeth“ oder eine Adaption der Videospielreihe „Assassin's Creed“ besucht und bekannte Erzählmuster erwartet: In diesen beweist sich so oder so jener Australier, welcher einen anhand seiner „Morde von Snowtown“ in den Schlund der Gewalt trieb und unterkühlte Analysen dessen mit Charakteren versuchte, die weniger Sympathieträger als menschliche Monster waren, schlicht gefangen im Zyklus eines von außerhalb vergessenen Daseins, der gegenseitigen Zerfleischung überlassen. Genau die Art emotionale Zermürbung, mit Höchstwerten im befremdlich schön-hässlichen Stilexzess, ist nun also auch in seiner Interpretation des oben genannten Ubisoft-Franchise omnipräsent, für welches er erneut seine „Macbeth“-Hauptdarsteller Michael Fassbender und Marion Cotillard gewinnen konnte und von außen hin glauben lässt, dass ein regulärer Blockbuster zu Weihnachten ins Kino einlädt. Auch wenn das Gros an Schauwerten und inhaltlichen Topoi berechenbar geradlinig ausfällt, wird man selten so wie hier vom Nihilismus zerbombt, mit permanent finsterer Brutalität konfrontiert, die via 130-Millionen-Dollar-Budget ein Abbild an Jahrhunderten nebeneinander stellt, welche sich an Unterdrückung nichts schenken und von sich aus auch ausnahmslos in jener Manier repräsentiert werden. Entsättigt und voll harter Kontraste im Farbspektrum, mit dem seelenzerschmetternd lauten Soundtrack von Jed Kurzel auf Terrortrieb eingestellt, lässt der Adler der Ewigkeit seinen Blick auf Generationen an Assassinen fallen, die im Spanien des 15. Jahrhunderts stilecht per Muttersprache um den Einfluss der Inquisition fürchten und somit ihren Geheimbund zum Morden einschwören, die Wurzel des freien Willen im Menschen zu beschützen (= ein Apfel aus dem Garten Eden), was sich sodann im abgefuckten Leben von Blutsnachkomme Callum Lynch (Fassbender) fortsetzt.


Der hat als Kind schon reichlich Schrammen im Parkour inklusive Bike abgefangen, gleichsam ein Drama innerhalb der Familie mitgekriegt, das in furchteinflößender Mechanik die Klinge ausstreckt, vom Kodex des Tötens und Sterbens murmelt, dass er in seiner Verzweiflung und Wut zwangsweise verstoßen wird, bis er 30 Jahre später nun schließlich im Todestrakt enden soll. Als Zuschauer glaubt man, den Tod gleich mit zu empfangen, so wie Kurzel jede schleichende Ahnung mit der Kamera akzentuiert, die Gefahr in der Stille des Einzelnen mit krassen Knalleffekten aufzeichnet und natürlich mit Blut wie Leichen an unsere Vergänglichkeit erinnert. Seine Vision zieht er bis in die Todeszelle durch, wo Lynch das Empfangen seiner Sterblichkeit fürchten muss, was jedoch als eine der wenigen Instanzen gewertet werden kann, in denen Kurzel Empathie evoziert. Laut eigener Aussage hat man es eben mit einem Gewalttäter zu tun, der sein Leben lang Angst und Schrecken lebt, was auch so reinforciert wird, als möchte man Zack Snyder Konkurrenz machen. Denn was erwartet ihn/uns im Nachleben? Eine Gefangenschaft als Versuchsobjekt im geheimnisvollen Animus, einer Technologie mit Pseudo-Nazi-Symbol oben drauf, anhand derer Dr. Sophia Rikken (Cotillard) sowie ihr Vater Alan (Jeremy Irons) den Probanden mental durch die Erinnerungen seiner Vorfahren schleusen, um das Eden-Macguffin aufzufinden sowie das Ende der Gewalt im Abtöten der Individualität zu erwirken. Die Motive sind solch widersprüchlicher Logik untergeordnet wie ihre jeweiligen Parteien auch von der Inszenierung nicht eindeutig identifiziert werden können. Sie landen ihrer selbst willen ambivalent im Diskurs an Grautönen und menschlichen Unvermeidlichkeiten, während man Callum die kargen Flure entlang tritt und schleift, auf dass er sofort ohne Vorbereitung in die Medieval-Matrix eingesteckt gehört – wohlgemerkt nachdem man ihm bei der ersten Flucht dazu angestiftet hat, Selbstmord zu wagen.


Nun klingt das schon an sich trist und grimmig genug, doch das Prozedere geht dafür noch mit einem Druck voran, den man sich wie eine morbide Variante der „Fury Road“ vorstellen muss, nur dass Kurzel noch weit chaotischer mit Actionszenen hantiert. So begibt er sich also ins Wechselspiel der Vergangenheit und Gegenwart, welches durchaus repetitiv, unkonzentriert und gleichförmig zum Schluss der Schicksalsanerkennung kommt, bis dahin jedoch von einer konsequenten Atmosphäre profitiert, die optische Leckerbissen vom Schmerz der Weltgeschichte sowie ein Charakterspektrum liefert, das in seiner Rohheit einen ehrfürchtigen Biss vorweisen kann – ganz zu schweigen davon, dass dieses währenddessen noch von Geistern des Gewissens drangsaliert wird. In den besten Momenten jener Probe/Psychose der (Seelen-)Gefangenschaft entsteht daraus eine intime Pein, die wirklicher nachhallt, als es eine Videospielverfilmung von dem Format normalerweise verdient hätte. Gleichsam wenig bleibt von den sonstigen Werten des Menschsein hängen, wenn auch noch die mittelalterliche Zone in atemberaubenden Kameraflügen über dem Ekel des religiösen Krieges schwebt, verbrannte Leichen und dogmatische Unbarmherzigkeit vor den Latz knallt, dass ständig mit dem Schlimmsten gerechnet werden muss. Das ist nicht fern von damaliger Realität und nicht minder immersiv à la „Es ist schwer, ein Gott zu sein“, aber eben auch auf Extreme fokussiert, die sich selbst jeden Raum zur Differenzierung nehmen. Wenn im kakophonischen Fieber dann noch die Akrobatik der Assassine zur Unterhaltung einladen soll, ist es wahrscheinlich schon zu spät, so wie der Film die Permanenz leidenden Daseins ballt und die Gegenwehr dazu hingegen im geschulten Totschlag findet. Sophia ist da als Mittler noch am Ehesten moralisch zwischen den Stühlen, wie sich auch Callum/sein Vorfahre Aguilar an ihr mit der Notwendigkeit der Gnade befassen will.


Doch deren Befreiung geschieht eher aus der Erkenntnis, dass die Machtlosigkeit gegenüber falschen oder fehlenden Götzen nur vorübergehend besteht, sobald sich das Kollektiv der Assassinen als geistig verbundene Schläfer entpuppt und über die Dimensionen des Seins hinweg mit der Pflicht meuchelnder Gerechtigkeit anbandelt. Gut, dass man das als Zuschauer (abgesehen von kleinen Edgelords im Publikum) nicht allzu heroisch empfangen kann, schließlich kommt jene Machtfantasie mit einer Drastik zum Ausbruch, die Helden und Bösewichte gleichermaßen brachial erscheinen lässt, dem Protagonisten die Worte „Nicht jeder verdient es, zu leben.“ in den Mund legt und Sophia erschüttert zurück lässt. Bei solch einer Kompromisslosigkeit bleibt aber auch sonst manch gemeinsamer Nenner auf der Strecke, wenn das Spektakel in seinem von Gewalt abhängigen Weltbild doch noch dem narrativen Konsens angeheftet bleiben will, ohne entsprechende Kontraste an Ethik herauszuheben. Vage zu bleiben und von dort aus nicht weiter greifen zu wollen, ist irgendwann eben nicht mehr genug. Selbst in der Verquickung der Gezeiten regiert der Ist-Zustand, Reflexionen zum Gewesenen offenbaren lediglich veränderte Konstellationen der Gewalt oder eben den Bezug zum Macguffin, was den Film trotz seiner Intensität an zwischenmenschlicher Spannung der Belanglosigkeit anfällig macht, ihn mehrmals um sich selbst drehen und seine Darsteller energisch wie verbraucht zugleich erscheinen lässt. Einige starke Ansätze zum Verständnis untereinander tauchen da noch bereichernd auf, doch für solche Spitzen der Gänsehaut hat man einiges an konzeptionell ungenauem Frust abzuarbeiten. Die Ambition zum Stil als Unikum im Franchise-Modell ist da also gewiss keine Todsünde und hebt Kurzels nihilistisches Manifest eindeutig von der Masse heraus, doch mit dem Stempel durchweg harter Wahrhaftigkeiten ist noch lange kein vollständiges Gesamtwerk gegeben.


6 von 10 harschen Klingensounds

vom Witte

Review: PHANTASTISCHE TIERWESEN UND WO SIE ZU FINDEN SIND – Ein neues verzaubertes Kapitel

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Fakten:
Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind (Fantastic Beasts and Where to Find Them)
GB/US, 2016. Regie: David Yates. Buch: J.K. Rowling. Mit: Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Dan Fogler, Alison Sudol, Colin Farrell, Ezra Miller, Carmen Ejogo, Samantha Morton, Jon Voight, Johnny Depp, Ron Perlman u.a. Länge: 132 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Im Kino.


Story:
Newt Scamander ist ein britischer Zoologe mit magischen Kräften und befasst sich Anfang des 20. Jahrhunderts in New York mit der Erforschung und Systematisierung magischer Kreaturen. Dafür scheut er keine Mühen und erlebt auf seinen Reisen so manches gefährliche Abenteuer. Im New York des Jahres 1926, wo Zauberer ihre Offenbarung vor der Muggel-Bevölkerung fürchten, trifft er im Zuge seiner Studien auf die amerikanischen Hexenschwestern Porpentina und Queenie, aber auch auf den Muggel Jacob und gefährliche Gegner wie Percival Graves.




Meinung:
Das magische Universum von J.K. Rowling scheint einfach nicht ruhen zu wollen. Nachdem die Geschichte des Zauberlehrlings Harry Potter nach sieben Büchern und acht Filmen vorerst ein Ende fand, erfuhr sie zugleich eine Weiterführung in Form des Theaterstücks "Harry Potter and the Cursed Child", dessen Skript Ende 2015 in Buchform veröffentlicht wurde, bevor es 2016 in London erstmals uraufgeführt wurde.



Für Turteleien bleibt schnell kaum noch Zeit
Auch im Kino erfährt die verzauberte Welt von Rowling in diesem Jahr eine Wiederbelebung, wenn auch ohne den sympathischen Zauberer mit der Narbe auf der Stirn. Für "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" hat die Autorin nun zum ersten Mal ein Filmdrehbuch geschrieben, in dem sie in der Zeit zurück führt, ins New York der 20er Jahre, wo der aus England angereiste Zauberer und Zoologe Newt Scamander einen ganz persönlichen Plan verfolgt. Der bereits jetzt auf fünf Teile ausgelegte Film, bei dem Potter-Veteran David Yates erneut auf dem Regiestuhl Platz nahm, erweist sich dabei als angenehm energiegeladener Blockbuster, in dem auf unnötigen Fanservice verzichtet und stattdessen eine eigenständige Geschichte erzählt wird. "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" hat den großen Vorteil, dass er zu keinem Zeitpunkt wie ein lieblos produzierter Aufguss bekannter Elemente wirkt und trotzdem schon nach wenigen Minuten ein vertrautes Gefühl entfacht, spätestens wenn die ersten Töne des Scores von James Newton Howard erklingen. Rowling entwirft ein interessantes Setting, in dem sie fantasievolle Einfälle, unverbrauchte sowie detailgetreu entworfene Schauplätze und überraschende Bezüge zum aktuellen Politik- und Zeitgeschehen zu einem dynamischen Abenteuer verbindet.



Ron Perlman. Erkannt? 
Im Mittelpunkt steht dabei Newts Mission, eines seiner vielen Tierwesen, die er in einem Koffer mit sich transportiert, zu dessen Heimatort zurückzubringen und in die Freiheit zu entlassen. Als er seinen Koffer versehentlich mit dem des Fabrikarbeiters Jacob vertauscht, der kein Magier ist, gelangen einige der Kreaturen in die Öffentlichkeit und sorgen mitunter für heilloses Chaos. Der Charakter des Newt Scamander erweist sich dabei als regelrecht unkonventionelle Wahl für den Protagonisten und gleichzeitig Sympathieträger eines ganzen Franchises. Mit seiner introvertierten, eingeschüchterten Art, bei der er seinem menschlichen Gegenüber kaum in die Augen schauen kann, während ihm die eigenen Sätze oftmals vernuschelt aus dem Mund purzeln, wirkt er in manchen Szenen des Films fast schon wie ein sozialer Problemfall. Dass für diese Figur ausgerechnet Eddie Redmayne besetzt wurde, wirkt daher fast schon wieder wie ein klug erdachter Schachzug. Redmayne zeigt sich auch in diesem Film wieder als äußerst limitierter Schauspieler, der mit seiner oftmals ans groteske Grimassieren erinnernden Mimik wie erstarrt und verzerrt zugleich auftritt. Ein Erscheinungsbild, das paradoxerweise stimmig zu seiner Figur passt, während der Schauspieler in den Szenen, in denen er mit seinen hoch geschätzten Tierwesen interagiert, nichtsdestotrotz eine gewisse Wärme sowie verschmitzten Charme ausstrahlt.



Dieser Zeitgenosse stiehlt allen die Show
Die Jagd nach den entflohenen Kreaturen erweist sich unter der Regie von Yates als überaus unterhaltsame Odyssee, bei der Rowling ein aufsehenerregendes Geschöpf nach dem anderen aus dem Hut zieht, während diese mit CGI auf tolle Art und Weise zum Leben erweckt wurden. Durch die verschrobene Dynamik, die zwischen dem eigenwilligen Zoologen und dem No Maj (amerikanisch für Muggel) Jacob, der überwiegend als Comic Relief fungiert, entsteht, zu der sich außerdem noch Katherine Waterston als Ex-Aurorin und Alison Sudol als deren Schwester hinzugesellen, verkommt "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" zu leichtfüßigem Eskapismus, bei dem einige der Kreaturen wie beispielsweise der maulwurfartige "Niffler", der nach glänzenden, glitzernden Gegenständen süchtig ist, immer wieder die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich ziehen. Rowling belässt es allerdings nicht bei diesem Handlungsstrang und verheddert sich etwas in den Nebensträngen, in denen die Autorin zunehmend düstere Seiten aufzieht. 


Eher ungewohnte Aussichten im Central Park
Während die Momente, in denen die Todesstrafe an Zauberern als bedrückendes Konzept präsentiert sowie ein Zusammenleben zwischen Zauberern und No Majs als gesellschaftliches Tabu etabliert wird und ein mysteriöser schwarzer Magier Angst und Schrecken verbreitet, einen gelungenen Kontrast zum heiteren Handlungsstrang von Newts Gruppe darstellen, bekommt die Autorin den Bogen zwischen diesen Einzelgeschichten nicht immer schlüssig gespannt. Unter anderem verkommt die Geschichte der von Samantha Morton gespielten Frau, die eine neue Sekte im Sinne der Salem-Bewegung leiten will, bei der Hexen und Magier als ernsthafte Bedrohung verfolgt werden sollen, zur beiläufigen Randnotiz, die ein abruptes Ende findet. Auch das Finale, in dem sich der Streifen eindeutigen Blockbuster-Konventionen unterordnet, wenn ganze Gebäude nacheinander zum Einsturz gebracht werden, erinnert zu sehr an plumpe Zerstörungsorgien der Marvel-Superheldenfilme.


Als Auftakt eines völlig neuen, eigenständigen Universums funktioniert "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" trotz der erzählerischen Unebenheiten als stimmungsvoller Blockbuster, in dem J.K. Rowling als Drehbuchdebütantin viel fantasievolles Gespür für unterhaltsame Einzelheiten unter Beweis stellt. Neben der ausgelassenen Jagd auf die toll gestalteten Zauberwesen überrascht der Streifen mit einigen düsteren Einlagen, ist treffend besetzt und fühlt sich aufgrund der liebevollen Ausstattung und dem wohligen Score von James Newton Howard frisch und vertraut zugleich an. 

7 von 10 überraschend geräumige Koffer

von Pat

Review: THE JUNGLE BOOK - Klassiker im neuen Gewand

1 Kommentar:


Fakten:
The Jungle Book
USA. 2016. Regie: Jon Favreau. Buch: Justin Marks, Rudyard Kipling (Vorlage). Mit: Neel Sethi. Dt. Stimmen u.a. von Armin Rhode, Ben Becker, Joachim Król, Heike Makatsch, Justus von Dohnanyi, Christian Berkel, Jessica Schwarz. Orig.
Stimmen u.a. von Bill Murray, Ben Kingsley, Lupita N'yongo, Idris Elba, Scarlett Johansson, Giancarlo Esposito, Christopher Walken, Jon Favreau, Sam Raimi. Länge: 96 Minuten. FSK: freigegeben 6 Jahren. Ab 14. April 2016 im Kino.


Story:
Aufgenommen von einem Wolfsrudel, wächst Menschenjunge Mogli behütet im Dschungel auf. Doch Mogli fühlt sich nicht länger willkommen, als von dem Versprechen des mächtigen wie furchterregenden Tiger Shir Khan erfährt, der jegliche Menschliche Bedrohung vernichten wird, um die Gesetze des Dschungels zu wahren. Nun muss Mogli das einzige Zuhause, das er je kannte, verlassen und sich ein gefahrenvolles Abenteuer begeben.





Meinung:
Kurz nach dem Tod des großen Walt Disney kam „Das Dschungelbuch“ in die Kinos und wurde begeistert aufgenommen. Alleine in Deutschland schauten bislang 27Millionen Zuschauer dieses Meisterwerk der Trickfilmkunst, welches wohl einen, wenn nicht sogar den bekanntesten Soundtrack des Mickey-Mouse-Imperiums hat. Songs wie „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ oder „Ich will so sein wie du“ sind auch Jahrzehnte nach der Uraufführung jedem Kind bekannt. Kein Wunder also, dass Disneys neue Adaption der Erzählungen von Autor Rudyard Kipling auch im Jahre 2016 nicht ohne diese beiden Evergreens auskommt.


Mogli verfällt der Python Kaa. Kein Wunder ist ja Scarlett Johansson
Abgesehen davon versucht „The Jungle Book“ aber durchaus eigene Wege durch das vorgegebene Dickicht der filmischen Vorlage zu finden und sozusagen als Transportmittel dafür nutzt „Iron Man“-Regisseur Jon Favreau modernste Tricktechnik. Der gesamte Film entstand am Computer. Mogli (dargestellt vom Newcomer Neel Sethi), ist die einzig reale Person, die es im Film zu sehen gibt. Alles andere, die Tiere sowie die Natur, bestehen aus Bits und Bytes. Die Zeiten, in denen das verwundert sind natürlich längst vorbei. Man erinnere sich nur die CGI-Affen aus den beiden „Planet der Affen“-Prequels oder den Tiger Richard Parker aus Ang Lees Meisterwerk „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“. Doch was die Hochleistungsrechner bei „The Jungle Book“ generiert haben ist wahrlich noch einmal ein enormer Schritt vorwärts. So plastisch und authentisch sahen am PC erschaffenen Kreaturen und Umgebungen noch nie aus, selbst wenn Regisseur Favreau einige Figuren, etwa Balu der Bär, für eine bessere empathische Basis, deutlich menschlichere Züge verpassen ließ.


Ziemlich beste Freunde: Baghira und Mogli
Technisch gesehen ist das neue Dschungelbuch also in der Modernität angekommen. Erzählerisch bedient sich Favreau hingegen bei den Vorlagen, also den Geschichten von Kipling und dem Trickfilmklassiker aus dem Jahre 1967. Vom Trickfilm entleiht sich „The Jungle Book“ die bereits erwähnten Songs und andere Kleinigkeiten. Überraschenderweise versucht sich Favreau mehr daran Kiplings Vorlage einzuverleiben. Das neue Dschungelbuch ist stellenweise überraschend humorfrei und setzt mehr auf die Gefahr des Abenteuers, als auf eskapistischen Spaß. Dennoch gelingt es dem Film stets den Disneyfilm respektvoll zu huldigen. Allerdings wirken die klaren Verweise darauf etwas zu ungelenk. Wie ein Zwang, dessen Resultat sich nicht immer harmonisch ins Gesamtbild einbetten will. Dank des hohen aber niemals gehetzt wirkenden Tempos lässt sich dies aber verkraften. Vor allem weil „The Jungle Book“ aus seinen beiden Vorlagen letztlich einen familienfreundlichen Abenteuerfilm generiert, der die Generation im Kino vereinigen wird, bzw. kann und es sogar schafft einen neuen Kniff aus dem Stoff zu extrahieren. Denn während Mogli im Trickfilm fast schon teilnahmslos seine „Auswilderung“ akzeptiert, gelingt es dem Menschenjungen des „The Jungle Book“ sich von den Fesseln der Erwartungen anderer zu lösen. Am Ende ist er weder wirklich Tier noch wirklich Mensch. Er darf er selbst sein.


Mag sein, das Fans der Disney-Vorlage dies enttäuscht, aber diese werden so oder so etliche liebgewonnene Szenen nicht wiederfinden. Wie gesagt, Favreau minimiert den Humor deutlich, fügt dafür aber ein durchaus interessante, mythologische Ebenen hinzu, die zwar nie wirklich ausgereizt wird, dennoch die neuste Version der Geschichte etwas lebendiger, aber auch grimmiger, erstrahlen lässt. Zusammen mit dem umwerfenden Voicecast (englisch wie deutsch) ergibt das eine überaus wohlige Varianz des Klassikers.


6 von 10 Apocalypse-Now-Anspielungen

Review: MARCO POLO (Staffel 1) - Ein öder Held vor toller Kulisse

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Fakten:
Marco Polo – Staffel 1
USA. 2014.
Regie: Joachim Rønning, Espen Sandberg, Alik Sakharov, Daniel Minahan, John Maybury, David Petrarca. Buch: John Fusco, Michael Chernuchin, Dave Erickson, Patrick Macmanus, Brett Conrad. Mit: Lorenzo Richelmy, Benedict Wong, Joan Chen, Remy Hu, Zhu Zhu, Olivia Cheng, Mahesh Jadu, Lawrence Makoare, Rick Yune, Pierfrancesco Favino, Claudia Kim, Amr Waked u.a. Länge: 10 Episoden á ca. 60 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
„Marco Polo“ zeigt die jungen Jahre des Chinareisenden und wie er durch seinen Vater Niccolò Polo, einen Forscher und Händler, Asien kennengelernt hat. Bei dem Enkel von Dschingis Khan, Kublai Khan, lässt Niccolò Polo seinen Sohn als Pfand zurück, um selbst frei gelassen zu werden. Daraufhin gibt Kublai Khan Marco den Befehl, einen Bericht zu schreiben...





Meinung:
Netflix hat sich gemausert. Waren früher noch viele skeptisch, ob der amerikanische Streamingdienst auch mit Eigenproduktionen punkten kann, erweisen sich diese als ausgesprochen sehenswerte Serien. Angefangen von „Unbreakble Kimmy Schmidt“ über „Daredevil“ oder „Orange is the New Black“. Mit „Marco Polo“ stieg der Streaming-Riese nun auch in den Sektor historischer Serien wie etwa „Turn“ oder „Crossbones“ ein. Wie gewohnt vom Unternehmen erweist sich „Marco Polo“ als technisch einwandfrei umgesetzte Erzählung, doch kann die Serie auch abseits ihrer technischen Seite überzeugen?


Kublai Khan unterweist Marco Polo in der Kriegsführung
Wer jetzt zu faul ist, um weiterzulesen, hier gleich vorweg ein Vorabfazit: „Marco Polo“ ist ohne Zweifel keine misslungene Serie, allerdings reicht ihre narrative Qualität nicht an die anderen Eigenformate von Netflix heran. Das liegt daran, dass sich die Serie erzählerisch mit teils argen Tempoproblemen herumplagt. Es gibt Subplots und Figuren, deren Aufbau entweder so langsam geschehen, dass eine ungute Langatmigkeit entsteht, oder die Serie drückt so enorm aufs Gaspedal, dass sich bei dem Gehetze kein richtige Gefühl für die Figuren, deren Situation und die Umwelt ergeben. Dennoch erschafft die Serie eine authentische Welt, die mit vielen liebevollen Details angereichert ist. Vor allem Benedict Wong als fülliger Kublai Khan, der Enkel des großen Dschingis Khan, liefert eine erinnerungswürdige Performance ab. Ein Lob, was leider so gar nicht für den Hauptdarsteller Lorenzo Richelmy passt, der als Titelheld elendig blass bleibt. Es ist schon etwas seltsam, wenn ausgerechnet die Figur, um die sich allesdreht, der Charakter ist, der am uninteressantesten porträtiert und weitergeformt wird. Nach gut der Hälfte seiner Spielzeit, nimmt die Serie aber zum Glück ordentlich Fahrt auf. Marco Polo selbst bleibt blass, aber die Intrigen und Machtspiele zwischen dem Khan und den chinesischen Herrschern, erhalten narrativ eine bessere Gewichtung. Was allerdings dadurch nicht wettgemacht wird, ist der teilweise wirklich unfreiwillig komische Gebrauch von Nacktheit. Nichts gegen Nacktheit, doch so wie sie hier eingesetzt wird, verkommt sie zu einem marktschreierischen Effekt. Trauriges Highlight ist eine Kampfszenen zwischen einer Assassinen und einigen Wachen.


Aber genug gemosert und gemeckert. „Marco Polo“ bietet solide Unterhaltung, die Historie mit politischem Thrill und leichtem Martial-Arts-Einschlag kreuzt. Das Ergebnis ist durchaus bildgewaltig und gegen Ende der Staffel auch durchaus in der Lage richtig zu fesseln. In seiner Gesamtheit erreicht „Marco Polo“ aber niemals das Gefühl etwas wirklich Großes zu sein. Netflix hat sich hierbei sicherlich nicht komplett verhoben, aber zumindest in Sachen Dramaturgie, bzw. Narration und Heldendesign nicht den Qualitätsstandard abgeliefert wie bei ihren anderen Hausproduktionen.


5,5 von 10 Trainingseinheiten mit einer Kobra