Review: KNIGHT OF CUPS – Die unaufhörliche Sinnkrise im Sündenpfuhl Los Angeles

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Fakten:
Knight of Cups
US, 2015.
Regie & Buch: Terrence Malick. Mit: Christian Bale, Cate Blanchett, Natalie Portman, Wes Bentley, Brian Dennehy, Imogen Poots, Antonio Banderas, Armin Mueller-Stahl u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Ab 14. Januar 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Rick ist Drehbuchautor und führt das typische Hollywood-Leben zwischen prunkvollen Partys und wunderschönen Frauen. Trotzdem scheint er mit seinem Leben schwer zu hadern. Unentwegt versucht er, die Leere in sich zu ergründen und zu kompensieren, während langwierige Erinnerungen, flüchtige Bekanntschaften, tiefgehende Beziehungen, familiäre Auseinandersetzungen und selbstreflexive Beobachtungen an ihm vorbeischwirren.





Meinung:
Terrence Malick ist ohne Zweifel eines der größten Enigmen der Filmgeschichte. Der
zurückgezogen lebende, öffentlichkeitsscheue Regisseur hat in seiner über 40-jährigen Karriere gerade mal sieben Filme gedreht. Zwischen zwei Werken sind auch schon mal geschlagene 20 Jahre vergangen, während Malick selbst 1975 das letzte Mal ein Interview gegeben hat. Trotzdem stehen selbst die größten Star-Schauspieler Schlange, um eine Rolle in seinen Filmen zu ergattern, welche dann in der Postproduktion womöglich der Schere zum Opfer fällt oder auf wenige Minuten Screentime reduziert wird. Andererseits ist die allgemeine Faszination für den Stil des Regisseurs sehr wohl nachvollziehbar, denn Malick ist einer der sinnlichsten und radikalsten Filmpoeten, welcher eher Gedichte oder Sinfonien in filmischer Form kreiert und dabei meist Bilder findet, die es in derartiger Form nirgendwo anders zu bestaunen gibt.


Und immer schön in die Ferne schauen
Der siebte Spielfilm des Regisseurs ist wenig überraschend erneut gefundenes Fressen für Kritiker seines Schaffens und stellt dabei sogar treue Fans gewissermaßen auf die Probe. "Knight of Cups" ist nochmal radikaler, eigenwilliger und abstrakter in Form und Erzählart, als es dessen bisherige Werke ohnehin schon waren. Die schier unaufhörliche Suche von Hauptfigur Rick, einer offenbar erfolgreichen Persönlichkeit in Hollywood-Kreisen, nach dem Sinn in seinem Leben, einem Platz in der Welt und überhaupt nach dem eigenen Ich folgt erneut keiner nachvollziehbaren Struktur. Noch stärker als je zuvor verfolgt Malick eher Stimmungsbilder, lose Eindrücke sowie markante Stationen im Dasein seiner Hauptfigur, die er in äußerst fragmentarischen Handlungsplittern und visuell zutiefst experimentell montierterten Bilderfluten auf den Betrachter einströmen lässt. Auch auf klassische Dialoge verzichtet Malick überwiegend. Viel mehr erlebt man Abfolgen von bedeutungsschwangeren Voice-over-Monologen, die selbstgerichtet oder anderen Figuren gewidmet sind, unentwegt über den Bildern schweben und Gefühle beleuchten, Aussagen
treffen, Fragen stellen oder nach Erklärungen suchen.


Bale als Karussel. Der Mann ist echt vielseitig
Wenn Rick, der von Hauptdarsteller Christian Bale so apathisch und desillusioniert wie nur möglich verkörpert wird und meist wie eine bloße Hülle wirkt, zum wiederholten Male durch irgendein Szenario läuft, eine Frau in sein Leben tritt, verschwindet, eine neue Frau folgt, wieder verschwindet, Aufnahmen von Wüstenlandschaften, Hunden in Swimmingpools oder Fahrten über den Highway dazwischen geschnitten werden, bewegt sich Malick in seinem ohnehin kaum definierbaren, aber diesmal etwas repetitiven Erzählrhythmus manchmal gefährlich nah am Rand zur Selbstparodie. Selbst wenn dieses Aneinanderreihen von befremdlicher Kälte, berührenden Momenten, überwältigenden Erlebnissen, oberflächlichen Posen oder auch mal belanglos wirkenden Situationen einen umso konsequenteren Ausdruck des unverwechselbaren Stils des Regisseurs darstellt. Neben dem unfassbar virtuosen Schnitt, an dem wieder gleich drei Leute gearbeitet haben, ist die Kameraarbeit von Emmanuel Lubezki mal wieder der eigentliche Star des Films. Mit seiner schwebenden Steadycam fängt Lubezki Bilder von unbeschreiblicher Schönheit ein, die selbst banale Alltags-Momente in surreal erscheinende Kunstwerke verwandeln und nicht selten ein ebenso faszinierendes wie verstörendes Gefühl entfachen. Unterstützt wird diese Atmosphäre noch durch den Einsatz viel klassischer Musik, welche die meist hochmoderne Architektur in ein ganz anderes Licht rückt, als man es gewohnt ist.


Während Anhänger des Regisseurs also auf der audiovisuellen Ebene wieder ins Schwärmen
geraten dürften, werden Malick-Gegner schon nach nicht mal der Hälfte der Laufzeit resigniert abschalten, wenn der gefühlt dutzendste Sprung in der Montage erfolgt oder unaufhörlich ein Voice-over nach dem anderen erklingt, wobei Malick selbst große Schauspieltalente für nur wenige Minuten oder gar Sekunden auftreten lässt. Die zahlreichen Fragen, die Malick aufwirft, sowie die Themengebiete, welche er umkreist und die oftmals autobiographische Bezüge aufweisen, lässt er bewusst unbeantwortet. Ob Rick am Ende einen Ausweg aus seiner Existenzkrise findet, den Suizid-Verlust seines Bruder verkraften kann, sich mit seinem Vater versöhnen wird, endlich die richtige Frau findet und das Leben als der Mann lebt, der er nach eigener Aussage nie war, darf sich der Zuschauer selbst beantworten. Malick ist und bleibt nichtsdestotrotz eine faszinierende Ausnahmeerscheinung in der Filmlandschaft und seine Werke sind ebenso anstrengend wie bereichernd, ebenso wunderschön wie abstoßend und lassen einen definitiv niemals kalt. Sie sind unbestreitbar Erlebnisse.


8 von 10 Sprünge in den Swimmingpool


von Pat

Review: SPRING - LOVE IS A MONSTER - Unsterblich verliebt

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Fakten:
Spring – Love is a Monster (Spring)
USA, 2014. Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead. Buch: Justin Benson. Mit: Lou Taylor Pucci, Nadia Hilker, Francesco Carnelutti, Jeremy Gardner, Shane Brady, Vinny Curan, Augie Duke, Holly Hawkins u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab dem 8.10.2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Nach dem Tod seiner Mutter und dem Verlust seines Jobs zieht es den orientierungslosen Amerikaner Evan nach Italien. Dort lernt er die mysteriöse Schönheit Louise kennen und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Sie scheint auch ihm sehr zugetan zu sein, nach einer Liebesnacht geht sie jedoch wieder auf Distanz. Evan lässt nicht locker und erobert langsam das Herz seiner Traumfrau, die jedoch ein dunkles Geheimnis hat…


                                                                                 

Meinung:
Gott sein Dank gibt es immer mal wieder solche Filme wie „Spring – Love is a Monster“, die das optimistische Fischen im trüben Genrebecken ab und an belohnen. Dabei entzieht er sich eigentlich jeder konkreten Genreklassifizierung, kreiert mutig und selbstbewusst sein ganz eigenes Gebräu, das mit Sicherheit nicht jedem schmecken wird und eine generelle Empfehlung ungemein schwierig macht. Oft sind es genau diese Filme, die dann aus der Masse herausstechen, wenn sie denn für das Individuum funktionieren.


Zu schön, um wahr zu sein?
Justin Benson und Aaron Moorhead liefern bei ihrem zweiten, abendfüllenden Spielfilm nach „Resolution“ (2012) und ihrem Segment zu „V/H/S: Viral (2014) eine ungewöhnliche Mixtur aus Horrorfilm, Beziehungsdrama und hoffnungslos romantischen Liebesfilm ab, der sich lange nicht direkt in die Karten gucken lässt und durch seine bewusst langsame Erzählweise das Risiko in Kauf nimmt, etliche, weniger aufgeschlossene Zuschauer mit einer ganz klaren Erwartungshaltung schon frühzeitig zu verlieren. Dabei dürfte es sich letztlich aber auch nicht um das Publikum handeln, der dieses kreative Kleinod entsprechend zu würdigen weiß. Schon lange bevor man ohne Vorkenntnisse auch nur die blasseste Ahnung haben könnte, in welche Richtung sich „Spring – Love is a Monster“ noch entwickeln wird, zeichnet ihn schon ein hohes Maß an behutsamer Charakterzeichnung und Plotentwicklung aus, die in dieser Form nun mal ihre Zeit erfordern. Die wird sich genommen, ohne dadurch in Monotonie oder Belanglosigkeit zu verfallen. Langsam? Ja. Langweilig? Nie. Viel zu schnell ist man interessiert an dieser vom Schicksal gebeutelten Person Evan (hervorragend: Lou Taylor Pucci, „Evil Dead“), dessen spontane Reise nach Italien eher den Charakter einer Flucht oder noch mehr einer von seinem Innersten getriebenen Suche hat – nur weiß er selbst noch nicht, wonach. Bis er es oder besser sie schließlich unverhofft gefunden hat, in Form von Louise (hinreißend: Die Münchnerin Nadia Hilker, die internationale Karriere kann kommen).


Morgen: Dringend das Bad putzen!
Zwei einsame Seelen finden sich vor traumhafter Kulisse, der Stoff, aus dem die Schnulzen sind. Doch nun beschreitet „Spring – Love is a Monster“ einen unkonventionellen und lange rätselhaften Weg, der seine Boy-meets-Girl-Story mit einer grob vergleichbaren Mischung aus „Under the Skin“ und „Katzenmenschen“, inklusive bizarren Horror- und Creature-Elemente im Stile von H.B. Lovecraft durchbricht, und trotzdem nicht endgültig in einem reinrassigen Genrebeitrag verläuft. Es ist nur ein (natürlich nicht unwesentlicher) Baustein in dem Gebäude aus sanften Melancholie, knisternder Romantik (die Chemie zwischen Pucci und Hilker ist stimmiger und echter als in den meisten, klassischen Liebesfilmen), einem feinen, nie unpassendem Humor, Tragödie und schlussendlich sogar einer gehörigen Portion Kitsch, was sonst oft alles zum Einsturz bringen kann. Die Kunst von Benson & Moorhead liegt exakt in dieser schwierigen Balance, jedes Element zuzulassen und ihm einen Platz im gesamten Konstrukt zu geben, ohne dass es dadurch Risse bekommt. Gegen Ende fühlt man sich fast sogar wie bei „Ariell, die Meerjungfrau“ bzw. „Splash – Jungfrau am Haken“, was die anderen Aspekte nicht zwangsläufig verdrängt. Der einzige, echte Kritikpunkt ist die zu frühe bzw. die generell komplette Lüftung des faszinierenden Geheimnisses, was den Film auf den letzten Metern ein gesundes Maß an Unklarheit und jeden Interpretationsspielraum nimmt, was ihn garantiert noch reizvoller gemacht hätte.


Dadurch kommt „Spring – Love is a Monster“ am Ende vielleicht doch noch ganz leicht dem konventionellen Publikum entgegen, dass bis dahin allerdings schon längst nicht mehr zugegen sein sollte. Er wird rührseliger, beruft sich auf ganz klassische Motive, aber selbst die fügen sich wunderbar in das Gesamtbild ein. Kann Liebe das Monster besiegen und gibt es eine Liebe, für die man bereit ist zu sterben, irgendwann? Ein wunderschöner Abschluss für ein wunderschönes, in atemberaubender Bildsprache vorgetragenes Horror-Märchen, dem selbst die Kitschkeule nicht schadet, sie macht den Deckel drauf. Es ist halt immer die Frage, wie einem das verkauft wird und unter welchen Bedingungen es man serviert bekommt. So bitte mehr davon.

7,5 von 10 toten Kaninchen

Review: A WORLD BEYOND – Die Zukunft wartet auf Dich

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Fakten:
A World Beyond (Tomorrowland)
USA. 2015.
Regie: Brad Bird. Buch: Damon Lindelof, Brad Bird. Mit: Britt Robertson, George Clooney, Hugh Laurie, Raffey Cassidy, Kathryn Hahn, Tim McGraw, Keegan Michael, Thomas Robinson, Pierce Gagnon u.a Länge: 130 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 8. Oktober auf DVD, Blu-ray und Blu-ray 3D erhältlich.


Story:
Angespornt von wissenschaftlicher Neugier begibt sich der aufgeweckte Teenager Casey auf eine gefahrvolle Missio
n, zu der sie das Schicksal mit Frank zusammengeführt hat. Gemeinsam mit dem resignierten Wissenschaftler, dessen einstige Tage als Wunderkind schon lange zurückliegen, macht sie sich auf, die Geheimnisse einer mysteriösen, besseren Welt jenseits unserer normalen Vorstellungskraft zu entdecken. Die Herausforderungen, die die beiden dort erwarten, wird unsere Welt – und sie selbst – verändern. Für immer.




Meinung:
Brad Bird. Das ist ein Name, den man bisher wohl am ehesten mit Schwärmen, Schwelgen und Staunen assoziierte. Ob „Der Gigant aus dem All“, „Die Unglaublichen“, „Ratatouille“ oder „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“ - Wenn Brad Bird eine Sache beherrscht hat, dann die symbiotische Verknüpfung von Schauwerten und Herzlichkeit. Und auch in „A World Beyond“ steckt ein so wundervoll nostalgischer, mit popkulturellen Verweisen gespickter Film, der überdies vor allem mal wieder Brad Birds unbändige Liebe zum Science-Fiction-Kino der 1950er Jahre widerspiegelt. In seinen besten Momenten ist auch „A World Beyond“ ein wirklich herrlich-retrospektives Abenteuer durch die kahle Gegenwart und die von silberverchromten Wolkenkratzern bestimmte Parallelwelt (eine utopische Zukunftsvision). Naivität korrespondiert da in flotter Taktung mit reichlich Kreativität und Britt Robertson (die zusammen mit George Clooney für die duale Narration verantwortlich ist) liefert als agile Heldin wider Willen eine durchaus sympathische Darbietung ab. Allerdings kommt „A World Beyond“ (da merkt man auch, dass das ganze Projekt hier doch immer noch dem kapitalistischen Disney-Banner unterliegt) nicht ohne die konservativen Wertevorstellungen des Medienkonzerns aus, um dann zum widersprüchlichen Ende hin sogar noch eine ordentlich ideologische Schlagseite zu offenbaren. Schade, denn eigentlich hat „A World Beyond“ Leidenschaft genug, um durchweg das charakteristische Schwärmen, Schwelgen und Staunen zu evozieren, leider aber verbaut er sich seine nostalgierte Seele auf Dauer etwas zu deutlich.


5 von 10 umfunktionierte Eifeltürme


von souli




Meinung:
„A World Beyond“ ist einer der großen finanziellen Flops dieses noch nicht beendeten Kinojahres. Das steht schon jetzt gewissermaßen fest und es hat doch ein wenig überrascht, obwohl es im gleichen Moment an eine ähnliche Situation erinnerte. Vor ein paar Jahren versuchte Pixar-Regisseur Andrew Stanton sich an einer Disney-Realverfilmung. „John Carter“ wurde zu einem massiven Flop (um die 200 Millionen Dollar Verlust!). Brad Bird, der für Pixar mehrmals tätig wurde, scheint also dem Pfad von Stanton zu folgen - und das ist schade. Denn „A World Beyond“ ist keine Katastrophe, wie das Einspielergebnis wohl vermuten lassen würde. Der Film ist nicht einmal sonderlich schlecht, aber eben auch nicht wirklich gut. Das Überraschende an den fehlenden Publikumsschlangen vor dem Ticketschalter ist doch, dass dieser Film mit seiner Optik warb und dieses Versprechen von vorne bis hinten halten konnte. Das Aussehen des Films, die Effekte und die technische Seite des Werkes ist schlichtweg formidabel. Bildschön, detailliert, aufregend in Szene gegossen. Und auch ist Brad Bird (der zusammen mit „Lost“-Schöpfer Damien Lindelof das Drehbuch verfasste) hier eine inszenatorisch zufriedenstellende, teils erfreuende Regiearbeit gelungen. Der Mann hatte Spaß an seiner Arbeit und auch Spaß daran, einen Film auf die Beine stellen zu können, der Retro mit futuristischem Look gekonnt vereint und so mittels vieler Einflüsse etwas Neues erschafft. Die wahrlich (teils riesigen) Defizite weisen sich dabei bei der Erzählung der Geschichte auf. Nach sage und schreibe vierzig Minuten kommt der Film erst einmal auf den Punkt und gibt eine klare Richtung vor. Davor dümpelt die Gaudi so vor sich hin. Das größte Problem des Filmes ist jedoch seine offensichtliche Mutlosigkeit in der Bearbeitung der Materie. Hier böten sich viele interessante Ansätze; behandelt werden davon so gut wie keine. Und so bleibt der Film eine etwas hüftsteife aber richtig hübsche Angelegenheit, die enttäuscht, der man aber irgendwie gar nicht richtig böse sein kann.


5 von 10 Baseballschlägermassagen


von Smooli