Cheyenne – This Must Be the Place (This
Must Be the Place)
Italien,
Frankreich, England. Regie: Paolo Sorrentino. Buch: Paolo Sorrentino, Umberto
Contarello. Mit: Sean Penn, Judd Hirsch, Frances McDormand, Kerry Condon, Harry Dean Stanton, David Byrne, Shea Whigham u.a.
Länge: 118 Minute. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray
erhältlich.
Story:
Der alternde Rockstar Cheyenne fristet ein
eintöniges Leben in seiner Villa in Dublin. Früher feierte er große Erfolge,
aber nachdem sich vor 20 Jahren zwei Jugendliche aufgrund seiner Musik das
Leben nahmen beendete der Musiker seiner Karriere. Von Schuldgefühlen geplagt
verbringt er seine Zeit mit seiner liebevollen Ehefrau Jane und einem traurigen
Mädchen namens Mary. Als sein Vater stirbt muss sich Cheyenne auf eine
abenteuerliche und skurrile Sinnsuche durch Amerika begeben.
Meinung:
Der
italienische Regisseur Paolo Sorrentino, der vor allem für seine „La Dolca
Vita“- Hommage „La Grande Bellezza“ bekannt sein dürfte, drehte mit „Cheyenne –
This Must Be the Place“ 2011 seinen ersten englischsprachigen Film. Auch in
internationalen Gewässern bleibt sich der Regisseur dabei treu und erzählt zum
wiederholten Male die Geschichte eines einzelnen Mannes. War es drei Jahre
zuvor noch die des ehemaligen italienischen Politikers Giulio Andreotti, so
beschäftigt er sich hier mit dem fiktiven Rockstar Cheyenne. Mehr oder weniger
fiktiv, denn die realen Vorbilder der Figur sind nicht schwer zu erkennen. Rein
optisch ist Cheyenne beinahe ein Ebenbild von Robert Smith (The Cure), sein
Name selbst stammt aus einem Song der Talking Heads. Verkörpert wird die
Kunstfigur dabei von Sean Penn, der die ungewohnte Rolle mit Bravour meistert.
Cheyenne nach Hause telefonieren
Auf den ersten Blick könnte Cheyenne ein entspanntes und friedliches Leben
genießen. Er hat mehr als genügend Geld, wohnt mit seiner liebevollen Frau in
einer Villa und hat dazu noch eine handvoll zugegebenermaßen etwas seltsamen
Freunden. Doch bereits sein optisches Erscheinungsbild macht deutlich, dass der
ehemalige Rockstar in der Vergangenheit lebt. Selbst 20 Jahre nach Karriereende
schminkt und kleidet er sich so als würde er gleich auf die Bühne stürmen,
seine Bewegungen sind langsam und seine Stimme kommt nur leise und abgehackt
aus seinem Mund. Die Erscheinung eines gebrochenen und depressiven Mannes. In
diesem labilen Zustand reist Cheyenne zu seinem im Sterben liegenden Vater, per
Schiff versteht sich, schließlich hat er Angst vorm Fliegen. Der Tod seines
Vaters ist der Startschuss für einen sehr eigenartigen Roadtrip durch Amerika.
Er begibt sich auf die Jagd nach einem ehemaligen SS-Aufseher, der seinen Vater
früher im KZ Auschwitz gedemütigt hat. Jedoch stellt sich die Suche als äußerst
schwierig heraus und jede Etappe bringt ihn nicht nur seinem Ziel, sondern auch
sich selbst näher. Er muss sich der Vergangenheit stellen, die des SS-Aufsehers
und seiner eigenen.
Montage sind echt scheiße
Einziger Kritikpunkt bleibt wohl die etwas fragwürdige Thematisierung der
Nazivergangenheit als Katalysator für die Sinnsuche des Protagonisten. Als
Mittel zum Zweck wirkt die Geschichte des ehemaligen SS-Aufsehers teilweise
deplatziert, erfüllt wiederum aber auch ihre Aufgabe und konfrontiert den
Protagonisten mit der Vergangenheit. Das einige Elemente doch sehr an den
Haaren herbeigezogen wirken stört kaum, denn unter Sorrentinos gekonnter Regie
verkommt die Skurrilität nie zum Selbstzweck, die bizarren Szenarien bleiben
stets Ausdruck des amerikanischen Zeitgeistes. Popkulturelle Anspielungen und
feinfühliger Humor stehen melancholischen Momenten gegenüber, Sorrentino
schafft den oftmals schwierigen Spagat zwischen Humor und Dramatik.
Allgegenwärtig umgibt den Film eine ganz eigene Atmosphäre. Musik und Szenerie
gehen ineinander über, die Landschaften im Hintergrund wirken wie
Postkartenmotive. Aufgrund seiner speziellen Geschichte und Inszenierung wird
der Film nicht jedem gefallen, wer sich jedoch für die Thematik interessiert
und sich nicht von der ungewöhnlichen Art des Films abschrecken lässt wird mit
einem wirklich guten Film belohnt werden.
„Cheyenne – This Must Be the Place“ ist ein skurriles und fantasievolles
Roadmovie, das zu keinem Zeitpunkt sein eigentliches Ziel aus den Augen
verliert. Unter den bizarren Begegnungen und verrückten Augenblicken liegt eine
klare Erzählstruktur in der sich der Protagonist mit seinem Leben und seiner
Vergangenheit auseinandersetzen muss. Dabei passen die eigensinnigen Elemente
perfekt zusammen, wie Zahnräder greifen sie ineinander und verleihen dem Film
dadurch eine ganz besondere Dynamik.
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