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Review: LET US PREY - Abrechnung zur Geisterstunde

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Fakten:
Let Us Prey
GB, IR, 2014. Regie: Brian O’Malley. Buch: David Cairns, Fiona Watson. Mit: Liam Cunningham, Pollyanna McIntosh, Bryan Larkin, Hanna Stanbridge, Douglas Russell, Niall Greig Fulton, Jonathan Watson, Brian Vernel, James McCreadie u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.



Story:
Die junge Polizistin Rachel ist gerade auf dem Weg zu ihrer ersten Nachtschicht in einem Kaff in Schottland. Dort wird sie Zeuge eines Autounfalls, dessen Opfer scheinbar spurlos verschwindet. Im Revier angekommen, muss sich Rachel den Sticheleien ihrer misstrauischen und zwielichtigen Kollegen erwehren, als plötzlich das Unfallopfer auftaucht. Die Herkunft des schweigsamen Mannes ist völlig rätselhaft, zudem übt der Fremde einen dunklen Einfluss auf die inhaftierten Sträflinge aus. Schon bald scheint die Hölle auf Erden auszubrechen…






Meinung:
„Die Dinge, die ich gesehen habe, würden Engel zum Weinen bringen. Und sie haben geweint.“

Das noch relativ frische Label PIERROT LE FOU hat sich mit wenigen Ausnahmen konsequent der harten, nicht jugendfreien Linie verschrieben. Neben Thrillern, Actionfilmen und Erotik zählen dazu natürlich auch Horrorfilme, gerne auch welche der Sorte, die unsere FSK so nicht gerne sieht. Schon einige Filme fielen durch deren Prüfung, was das Label zur doppelten Veröffentlichungspolitik nutzte. Für den freien Markt eine gekürzte Fassung, über die gängigen Umwege (und den entsprechenden Preisaufschlag) eine Uncut-Edition, die dafür in schicker Aufmachung und im Mediabook, damit der tiefere Griff in die Tasche nicht ganz so wehtut. Wie zuletzt beim Weihnachtsslasher „Silent Night“ nun auch bei „Let Us Prey“, dem Spielfilm des bis dahin als Werbe- und Kurzfilmer tätigen Regisseurs Brian O’Malley.


Logenplatz für die Selbstzerfleischung.
Seine Wurzeln lässt er gleich zu Beginn erkennen, wenn „Let Us Prey“ sich optisch durchaus beeindruckend präsentiert. Begleitet von einer Schar Krähen taucht ein mysteriöser Mann an der schottischen Küste auf, offensichtlich mit einem klaren Ziel vor Augen. Sein Weg führt ihn in die Straßen eines des nachts gottverlassen scheinenden Örtchens, während sich seine geflügelten Begleiter auf den Dächern sammeln, wartend auf das, was noch kommen soll. Dieser Einstieg gelingt O’Malley hervorragend und zunächst gestaltet sich sein Film gar nicht mal als die angekündigte Blutkeule, viel mehr stehen Stimmung und Bedrohung im Fokus der Präsentation. Offenkundig als Hommage an die goldenen Jahre des (einstigen, so traurig das ist) Genregenies John Carpenter angelegt. Nicht nur der minimal Synthesizersound erinnert an die frühen Werke des Meisters, schnell kommen Erinnerungen an dessen zweiten Spielfilm „Assault – Anschlag bei Nacht“ auf, wenn sich das Geschehen in das Polizeirevier des (angeblich) mausgrauen Kaffs verlegt. Diesmal kommt die Bedrohung jedoch nicht von außen, sie lauert im Inneren. Damit ist nicht nur der räumliche Aspekt gemeint: Auch hinter den Vorhängen, den Haustüren, in den Straßengräben der kleinen Gemeinde liegen dunkle Geheimnisse verborgen, ebenso wie in den Köpfen ihrer schwärzesten Schafe, die sich – wie der Zufall (?) so will – in dieser Nacht alle in dem Revier einfinden.


Nicht Jesus, nicht Arnie, hier grillt der Chef noch selbst.
Der Fremde liest in ihnen wie in offenen Büchern, konfrontiert sie mit ihren Leichen im Keller und beschwört somit zusehend die Eskalation herauf, ohne jemals wirklich aktiv eingreifen zu müssen. Dafür ist er nicht hier, seine Aufgabe liegt mehr im Überbringen der Nachricht und dem Einfordern des Preises, wenn die Stunde geschlagen hat. „Let Us Prey“ ist besonders in diesem Teil sehr vielversprechend, wenn sich dieser bemerkenswert inszenierte Erstling noch auf seine unheilvolle, mysteriöse Bedrohung konzentriert, wobei hier schon ersichtlich ist, das er die Kreativität nicht mit dem großen Löffel gefressen hat. Ähnliche Konstellationen gab es über die Jahre immer wieder und die erfahrenen Genrefans sollten vom weiteren Verlauf der Handlung nicht sonderlich überrascht werden. Dennoch dürfte es dem Film gelingen, auch von ihnen viele abzuholen, zu fachkundig und fingerfertig wird das Ganze vorgetragen, das vor sich hin schwelende, drohende Inferno bereits vor Augen, dass sich nach gut der Hälfte mit brachialer Härte entlädt. Nun werden die hungernden Gore-Hounds auch endlich zum Futternapf geführt, nach der Devise „Here Comes The Pain“ werden die Sünder genüsslich in den blutigen Beichtstuhl gedrückt, inklusive selbstgelegtem Fegefeuer und einem Overkill an biblischen Zitaten, die in dieser Penetranz schon gehörig die Nerven strapazieren.


„Let Us Prey“ macht nur keine Gefangenen mehr, er verarbeitet sie zu Hackfleisch. Dadurch büßt der Film natürlich seine einst starke Stimmung ein gutes Stück ein und lässt darüber hinaus die vielleicht doch noch erhofften Überraschungen vermissen. Überdeutlich bedient man sich mit beiden Händen im Fundus des Horrorfilms der letzten Jahrzehnte, packt wenig bis gar nichts Eigenes dazu und zeigt sich im Finale schon etwas platt und abgedroschen, rein den Akt der rohen Zerstörung vor Augen. Das macht er dafür nicht schlecht. Die eventuell höher gesteckten Erwartungen kann er letztlich nicht erfüllen und ist nicht mehr als ein technisch gut bis sogar sehr gut umgesetzter Genrebeitrag, der sich für zwischendurch aber allemal eignet. Macht leicht Hoffnung auf mehr, denn Brian O’Malley scheint was zu können. Wieviel, das wird die Zukunft zeigen. 

6 von 10 verglühten Streichhölzern

Review: THE SECOND DEATH - DIE SÜNDER WERDEN BRENNEN - Maria ist wütend

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Fakten:
The Second Death - Die Sünder werden brennen (La segunda muerte)
AR, 2012. Regie & Buch: Santiago Fernández Calvete. Mit: Agustina Lecouna, Guillermo Arengo, Mauricio Dayub, Tomás Lizzio, Luz Kerz, Maria Laura Cali, Germán de Silva, Sandra Gugliotta u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die junge Polizistin Alba untersucht in einer entlegenen, argentinischen Kleinstadt einen mysteriösen Todesfall. Ein Mann ist mitten auf einer Landstrasse verbrannt. Die Ursache ist unbekannt. Niemand unterstützt ihre Ermittlungen, jeder im Ort scheint das Ereigniss einfach vergessen zu wollen. Gerade jetzt erscheint ein Mann mit einem Jungen in der Stadt, der angeblich über hellseherische Fähigkeiten verfügt. Durch das Berühren von Fotos kann er in die Vergangenheit sehen. In der Familie des Toten kommt es zu weiteren Todesfällen, alle auf die gleiche Weise. Alba sieht keine andere Möglichkeit mehr, als auf den Jungen zurückzugreifen. Sie kommen der grausamen Vergangenheit des Orts auf die Spur.


      
                                       
                                        
Meinung:
Der Argentinier Santiago Fernández Calvete liefert mit dem Mystery-Thriller "The Second Death" sein Regiedebüt ab und schrieb gleichzeitig das Script. Dafür zeigt er sich in gewissen Punkten schon erstaunlich souverän und nicht nur deshalb dürfte dieses Werk bei Freunden des übernatürlichen Spannungsfilms sicher eine Menge Zuspruch finden.


Der Junge mit dem Durchblick
Calvete erzählt in kühlen, enorm trostlosen Bildern einen spirituell-religiös schwangeren Suspensethriller, was relativ schnell kippen kann. In der Vergangenheit fielen etliche Genrefilme mit religiösem Background, genau deshalb, eher negativ auf. Wenn zuviel aus dem Religionsunterricht oder Gottedienst irgendwie verhackstückelt in einen (meist) pseudo-apokalyptischen Heuler gestopft, gerne und viel aus irgendwelchen Prophezeiungen und Bibelstellen zitiert und sakrale Klänge zum überdeutlichen Untermauern auf
das Trommelfell losgelassen wird, besteht da oft dezentens Nervpotenzial. Calvete (in den Credits nur als Santiago Fernández gelistet) übertreibt es, fast möchte man Gottlob sagen, nicht mit diesem (man möge mir den Ausdruck verzeihen) Hokus-Pokus, sondern baut es recht ansprechend in die Geschichte ein. Der religiöse Aspekt der Handlung ist natürlich (ab einem gewisssen Punkt) allgegenwärtig, nur nicht daumendick auf's Brot geschmiert. Seinen Namen hat "The Second Death" ("La segunda muerte") übrigens nicht rein zufällig oder weil es so schmissig klingt. Er bezieht sich tatsächlich auf eine Stelle in der Bibel, aus der Offenbarung 21.8. Mehr sollte dazu nicht gesagt werden, wer sich unbedingt selbst spoilern will, kann ja in die Nachttischschublade greifen und nachlesen.


In der Kirche ist die Hölle los
So, nachdem wir der Versuchung widerstehen konnten oder verwundert sind, wem wir jetzt nun wieder unseren Lieblingsschmöker ausgeliehen haben bzw. welcher Tischbein neulich statische Nachhilfe benötigt hat, weiter im Text, beginnend mit den Schönheitsfehlern: "The Second Death" ist einerseits wunderbar atmosphärisch, andererseits auch ein wenig zu überstilisiert...in seiner Reduzierung. Hä? Genau. Gibt es auch. Seine Bilder hat Calvete eindeutig nicht mit dem Color-Waschmittel gewaschen, das grenzt manchmal sogar an einen Schwarzweißfilm. Wenn da nicht gelegentlich ein ganz mattes Grün von einem Busch oder Baum durchschimmern würde, kaum ein Unterschied. Das macht zwar die bedrückende, bedrohlich-ruhige Grundstimmung aus, für meinen Geschmack aber etwas zu viel. Zumindest auf die Dauer. Der dezent wummernde, nicht zu aufdringliche Score passt da schon besser, gerade wegen der eher subtilen Wirkung. Die Off-Kommentare der Protagonistin sind auch nicht immer unglaublich passend. Der Stil ist schon in Ordnung, geht manchmal leider etwas auf den Zeiger.


Durchaus gelungen ist die Inszenierung,  wir sprechen hier halt von Schönheitsfehlern. Dazu muss etwas ja erstmal schön sein. Das ist "The Second Death". Die Story ist nicht super- originell, im Vergleich zu ähnlich gelagerten Filmen doch weit über dem Durchschnitt. Da werden schon leicht falsche Fährten gelegt, diverse Elemente gemixt und das Resultat kann sich absolut sehen lassen. Manche Szenen sind schön schaurig, das Tempo gedrosselt, gerade dadurch ist der Film oft effizient-unbehaglich und geheimnisvoll genug, um 90 interessante Minuten zu schaffen. Am Ende fehlt nur der entscheidende Kick. Diese Extra-Würze auf einen mehr als soliden, handwerklich guten Mystery-Thriller, bei dem Fans nicht viel falsch machen können. Merke: Wenn in diesem Landessprache Spanisch ist (und sie es bis zu uns schaffen), ist der Genrefreund zufrieden. Und immer wieder überrascht, wieviel Potenzial abseits von Hollywood schlummert, das erst entdeckt werden muss.

6,5 von 10 retrokognitiven Hellseher-Kids

Review: BUTTERFLY EFFECT - Spiel nicht mit der Zeit...

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Fakten:

Butterfly Effect (The Butterfly Effect)
USA, 2004. Regie & Buch: Eric Bress, J. Mackye Gruber. Mit: Ashton Kutcher, Amy Smart, Melora Walters, Ethan Suplee, Eldon Henson, William Lee Scott, Eric Stoltz, John Patrick Amedori, Irene Gorovaia, Kevin G. Schmidt, Jesse James, Logan Lerman u.a. Länge: 119 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.



Story:

Seit seinem siebten Lebensjahr leidet Evan an unerklärlichen Blackouts. Scheinbar entscheidende Minuten seines Lebens sind wie ausgelöscht, er kann sich an nichts mehr erinnern, obwohl gerade diese Momente seine Identität besonders beeinflusst haben. Jahrelang geschieht nichts mehr in der Richtung, mit 13 taucht dieses Phänomen wieder auf, mit drastischen Folgen. Mit Anfang 20 studiert Evan Psychologie, will seine lückenhafte Vergangenheit, die unendlichen Fragezeichen wieder aufarbeiten und entdeckt unglaubliches: Wenn er in den Blackout-Passagen seiner alten Tagebüchern liesst, kann er in diese Punkte seines Lebens zurück springen, sie sogar beeinflussen. Was auch immer er dort macht, verändert sein aktuelles Leben. Evan versucht, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, doch nur die kleinste Veränderung bewirkt Konsequenzen, die er sich niemals erträumt hätte.





Meinung:

"Butterfly Effect" wurde seinerzeit extrem kritisiert und auch heute noch bekommt der Film oft sein Fett weg, damals wie heute verstehe ich einfach nicht warum. Auch ich war zu seiner Zeit extrem skeptisch, allein Ashton Kutcher als Hauptdarsteller klingt nicht gerade einladend, besonders in einem ambitionierten, ernst gemeinten Film. Kutcher ist nach wie vor der größte Kritikpunkt und ohne Frage eine Fehlbesetzung, allerdings ist dies wohl seine beste Rolle und sein mit weitem Abstand bester Film, zumindest als Leading-Man.



Evan mit seiner großen Liebe

Ein Hauptproblem bei "Butterfly Effect" soll die Logik sein, ein typischer Pferdefuß bei Filmen mit Zeitreise-Thematik. Natürlich kann darüber gestritten werden, Zeitreisen-oder Sprünge können sich eigentlich nur daran aufknüpfen, nur dürften unter dem Gesichtspunkt gar nichts mehr in der Form gedreht werden, Details oder generelle Logik werden immer auf eine harte Probe gestellt. Gerade deshalb versehe ich aber nicht den Vorwurf in diesem speziellen Fall, denn Eric Bress und J. Mackye Gruber scheinen sich wahnsinnig viel Gedanken um ihren Mystery/Sci-Fi-Thriller gemacht zu haben, reduzieren die fast unvermeidlichen Schwächen auf ein Minimum und selbst wenn der letzte Erbsenzähler noch was findet, es spielt gar keine Rolle. Vielleicht muss der Film dafür öfter gesehen werden, denn auch mir wurden einige Unklarheiten oder angebliche Logikfehler erst gestern widerlegt. Denn wer genau hinschaut und aufpasst, findet auf jede eventuelle Frage die passende Antwort, muss natürlich die Zeitreisethematik und den damit einhergehende Pseudo-Realismus mit einbeziehen, aber wer so einen Film sieht, hat dieses Ticket automatisch gelöst oder sollte es zumindest getan haben.


"Liebes Tagebuch, Charlie Sheen ist doof..."

Entscheidend: "Butterfly Effect" will ja auch gar kein hochintelligentes Arthouse-Werk sein, sondern ein spannender Unterhaltungsfilm, und das gelingt ihm ohne wenn und aber. Gerade unter der Prämisse ein bemerkenswerter Fall, wo viele ähnlich gelagerte Filme sich einen Dreck um Kreativität und/oder die damit verbundenen Schwierigkeiten / Konsequenzen scheren, nämlich eine innovative Story mit übernatürlichen Elementen als außergewöhnlich zu verkaufen, ohne dabei auf Details zu scheißen, nur um eine Idee zum Laufen zu bringen. Das ist die große Stärke von "Butterfly Effect". Hier treffen eine interessante, ungewöhnliche (sicherlich auf dem Papier merkwürdige, dafür in der Umsetzung hervorragende) Geschichte auf eine rasante, sehr durchdachte Umsetzung, die sich niemals verzettelt oder am eigenen Anspruch stranguliert, sondern gerade dadurch seinen Reiz bezieht. "Butterly Effect" ist Popcornkino, keine Frage, aber schießt sich erstaunlich gekonnt selbst am oft getroffenen Knie vorbei, ist in Details bemerkenswert und trotz jeder Klischee-und Logikfallen mit einer rotznäsigen Abgeklärtheit inszeniert, die so nicht zu erwarten ist. Natürlich, nicht zu leugnen und auch bewusst, ziehlt der Film klar auf eine durchkonstruierte Moral hin, auf eine Message, die ihm als Kitsch ausgelegt werden könnte, doch empfinde ich es eher als bewegend und ergreifend. Warum ändere ich die Vergangenheit, um die Zukunft zu beeinflussen? Um mich in ein besseres Licht zu rücken, um mich reich, berühmt und endlos glücklich zu machen? Nein, ich will der grossen Liebe meines Lebens ihr absolutes Glück gönnen, gehe dafür mehrfach durch eine nicht vorauszusehende Hölle und sehe nach etlichen Versuchen nur noch eine Alternative, die so logisch wie schmerzvoll ist.


An der Stelle sei das ursprünglich geplante Ende erwähnt, das in seiner Konsequenz sicher sehr drastisch ist und deshalb auch nicht verwendet wurde. Ich frage mich, ob das eine gute Wahl war, bin mir da nicht schlüssig. Eigentlich mag ich Enden, die keine Kompromisse machen, genau das wäre hier der Fall. Andererseits gefällt mir auch das versöhnliche, gewählte Ende, gerade weil es die tragische Geschichte recht harmonisch, aber nicht kitschig beschließt. Sagen wir mal so: Das alternative Ende hat seinen Reiz und sollte gesehen werden, am Ende ist der Film aber so wie er ist extrem rund.


Szenen aus der Vergangenheit

Bis dahin überrascht "Butterfly Effect" mit einer spannenden Geschichte, die zwar die Karten schnell auf den Tisch legt, dafür blitzschnell immer irgendwelche Haken schlägt, die aufgrund der Zeit-Änderungs-Thematik nie vorherzusehen sind, gekonnt alle Ereignisse und die damit verbundenen Gedankenspiele verknüpft und erst gegen Ende etwas zu dick aufträgt. Sicher, das Ziel, auch nötig, ist die Kreation immer neuer Worst-Case-Szenarien, nur manchmal schiesst der Film da leicht über's Ziel hinaus. Das lässt sich jedoch entschuldigen, wenn berücksichtigt wird, wo wir uns bewegen und was der Film von uns will. Das funktioniert, absolut. Was "Butterfly Effect" weit, sehr weit, über den Durchschnitt wuppt, ist seine detailverliebte Umsetzung, die spannende, unvorhersehbare Inszenierung und kleine Taschenspielertricks aus der Regisseurschule, die schlicht effektiv sind. Man beachte mal die Farbgebung und Bildgestaltung, im Bezug auf die aktuelle Stimmung. In den (seltenen) Momente, in denen Evan scheinbar alles zum guten gewendet hat, leuchtet und strahlt alles in hellen, prallen Farben, sobald die Stimmung und das Schicksal kippt, verblasst alles, monotone, triste Farbtöne übernehmen wieder das Geschehen. Wie schon gesagt, das ist keine große Kunst, aber in so einem Genrefilm ist das schon außergewöhnlich, gerade weil er es nicht als "Achtung, ich bin geil"-Element aufs Auge drückt, sondern es geschieht eher dezent, will entdeckt werden.


Die größte Schwierigkeit ist sicher Ashton Kutcher. Der bemüht sich sichtlich, doch scheitert er einfach viel zu oft an Schlüsselmomenten, die gestandene Darsteller spielende bewältigen würden. Manchmal erscheint es fast so, als wäre er überfordert oder sich nicht sicher, wie außerhalb der Comedy-Genres so was spielen soll. Einiges wirkt leicht deplatziert, schade, diese Besetzung werde ich wohl nie verstehen. Sei es drum, "Butterfly Effect" ist cleveres, gut durchstrukturiertes Popcornkino, was heute eine Seltenheit ist und funktioniert, im Gegensatz zu den oft nur einmal verdaulichen Beispielen, immer wieder sehr gut. Aus Hollywood würde ich persönlich mir mehr Mut zu solchen Drehbüchern wünschen, die sicherlich für die Einen zu kompliziert, für die Anderen zu wenig anspruchsvoll sind, aber wer so gut die Mitte trifft, der kann was.



8 von 10 Tagebucheinträgen

Review: KNOWING - DIE ZUKUNFT ENDET JETZT - Nic knows best

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Fakten:
Knowing - Die Zukunft endet jetzt (Knowing)
USA, 2009. Regie: Alex Proyas. Buch: Ryne Douglas Pearson, Juliet Snowden, Stiles White. Mit: Nicolas Cage, Chandler Canterbury, Rose Byrne, Lara Robinson, Ben Mendelsohn, D.G. Maloney, Nadia Townsend, Liam Hemsworth u.a. Länge: 121 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
1959: Die Kinder einer Grundschule sollen Bilder für eine Zeitkapsel malen, die in 50 Jahren wieder geöffnet werden soll. Statt eines Bildes kritzelt die kleine Lucinda jedoch nur eine lange Zahlenkette. 2009 wird die Zeitkapsel geöffnet. Caleb, der Sohn der verwitwerten Astrophysikers John Koestler, findet den Zettel und nimmt ihn mit. Per Zufall findet John raus, dass die Zahlen die Daten und Opferzahlen von Katastrophen vorhersagen. Die Liste ist fast am Ende angelangt. Und dort wird das Ende der Welt prophezeit.



                                                                              

 
Meinung:
Morgen geht die Bombe hoch und wir geh'n alle mit...

Das Nicolas Cage entweder nicht mehr alle Latten am Zaun hat oder schlicht einfach alles spielt, was ihm von Hollywoods Arbeitsagentur angeboten wird (könnte auch beides der Fall sein), ist ja schon lange kein Geheimnis mehr. Traurig ist es, dass der einst mal sehr fähige Regisseur Alex Proyas ("The Crow", "Dark City") auch schon längere Zeit nichts vernünftiges mehr auf die Beine stellt. Dieser absurde Katastrophen-Mystery-Hokuspokus aus dem Esoteriker-Discount ist ja nicht mal mehr mit Humor zu nehmen.


"Ist das das Drehbuch?" "Ja" "Halt mich..."
Mal ganz abgesehen von der hanebüchenen Geschichte, auch so was kann ja unter gewissen Umständen noch Spaß machen, wird hier eigentlich alles falsch gemacht. Cage vermeidet zwar die ganz großen Ausraster, vielleicht war er müde oder es gab Alkoholverbot am Set, dafür nervt er mit seinem besorgt-weinerlichen Dauerdackelblick gehörig. Ein großer Moment übrigens, wie er hinter das Geheimnis des Zahlensalats kommt. Wenn das nicht nachvollziehbar ist, weiß ich auch nicht mehr. Ab dann eiert er von einem Katastrophenschauplatz zum nächsten, bei denen die CGI-Effekte sich dem Ausmaß des gezeigten Desasters anpassen. Klar, das geht auch noch  schlechter, aber das muss ja im Verhältnis zu Produktionsgröße und Budget gesehen werden. Das Ding hat rund 50.000.000 gekostes. US-Dollar, nicht guatemaltekische Quetzal. Allein bei der Flugzeug-Szene: Das Computerfeuer sieht derartig unecht und beschissen aus, da verwundert es gar nicht, dass scheinbar auch Cage und der Regisseur das nicht ernst nehmen konnten. Dackel-Nici geht so nah an die lodernden Flammen, steht einmal sogar fast darin, aber irgendwie heiß scheint das nicht zu sein. Die Effekte werden zum Schluß immerhin besser, vielleicht wurde dafür die ganze Kohle gebraucht. Also früher brauchte man um Feuer zu zeigen noch keinen Rechner, aber was weiß ich Laie schon vom Filmbusiness.

 

Abgestürzte unter sich
Spannung gibt es auch nicht, dafür einige gewohnt bleiche, mysteriöse Butzemänner, pardon, "Die Flüstermenschen", die sind so scary, kann ich euch flüstern. Der eindeutige Höhepunkt des schläfrigen Spektakels ist dann das großen Finale. Der kitschige Erlösungs-Bim-Bam setzt dem Unsinn die Krone auf, da fällt selbst der schwachsinnserprobte Cage kurz mit offenem Mund auf die Knie, wer kann es ihm verübeln? Das Drehbuch hat er wahrscheinlich eh nicht gelesen und war eventuell genauso fassungslos. Pures Methodacting, alte Schule. Auweia. Gut, dass es nach der allerletzten Einstellung nicht mehr weiterging, die ist wahrlich nicht mehr zu überbieten.


Was können wir daraus für Schlüsse ziehen? Wo Cage draufsteht, ist inzwischen purer Blödsinn drin, Alex Proyas lockt auch niemanden mehr hinter dem Ofen vor und wenn sie demnächt bei den Mathehausaufgaben ihres Kindes nicht mehr durchblicken, vorsichtig...es könnte eine Prophezeiung sein.

2 von 10 Sudoku-Botschaften für Astro-Nerds