Fakten:
Die Dolmetscherin (The Interpreter)
USA, 2005. Regie: Sydney Pollack.
Buch: Charles Randolph, Scott Frank, Steven Zaillian. Mit: Nicole Kidman, Sean
Penn, Catherine Keener, Jesper Christensen, Yvan Attal, George Harris, Earl
Cameron, Michale Wright u.a. Länge: 129 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren.
Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Silvia Broome arbeitet als
Übersetzerin für afrikanische Dialekte bei der UNO in New York. Zufällig
belauscht sie nach Dienstschluss über die Mikrofone ihrer Kabine, dass der in
wenigen Tagen dort vorsprechende, afrikanische Diktator Zuwanie ermordet werden
soll. Sie gibt die Informationen weiter und wird unter den Schutz des Secret
Service Agenten Keller gestellt. Dieser ist zunächst skeptisch, denn Silvia’s Vergangenheit
lässt einige Fragen offen, in wie weit sie glaubwürdig ist oder sogar
involviert in ein mögliches Attentat.
Meinung:
Der letzte Kinofilm eines großen
Mannes: In 40 Jahren als Kinoregisseur hat Sydney Pollack sogar verhältnismäßig
wenige Filme gedreht, einige davon wie z.B. „Jeremiah Johnson“, „Die drei Tage
des Condors“, „Tootsie“ oder „Jenseits von Afrika“ gelten als Klassiker der
US-Kinogeschichte. 2008 verstarb Pollack im Alter von 73 Jahren, sein Abschlusswerk
wird seinem Schaffen leider nicht gerecht.
Kommen sich näher, hier noch auf die harte Tour. |
Dabei sind die Voraussetzungen für
einen mitreißenden Suspense- wie Politthriller absolut gegeben. Aus
vergleichbaren Ideen haben schon Alfred Hitchcock oder dessen Zögling im Geiste
Brian De Palma (speziell dessen „Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren“ lässt
deutlich grüßen) hervorragende Filme geschaffen. Gedreht wurde sogar an
Originalschauplätzen (bei der UNO, das muss man erstmal schaffen), mit Nicole
Kidman und Sean Penn zwei Weltstars in den Hauptrollen, was kann da überhaupt
groß schief laufen? Bedauerlicherweise viel zu viel. Aus der kribbeligen
Prämisse wird ein über weite Strecken sehr spröder und ermüdend redundanter
Hochglanzthriller, der fraglos über fachliche Integrität verfügt, sich
allerdings schnell darauf ausruht anstatt den Plot effektiv zu entwickeln und
voranzutreiben. Eine gefühlte Ewigkeit tappen die Ermittler im Dunkeln, es wird
beschattet und observiert, heraus kommt dabei wenig bis nichts und sonderlich
interessant ist das erst recht nicht. Fast schon obskur ist das gerade bei der
Sachlage, dass die einzige (mögliche) Zeugin einer (eventuellen) Verschwörung
über eine sehr persönliche Vergangenheit mit dem potenziellen Opfer und dessen
Machenschaften verfügt. Das wird zwar (schnell?) bemerkt und die richtigen
Fragen gestellt, geantwortet wird in der Regel äußerst lückenhaft. Zweifel
entstehen, trotzdem wird weiterhin unentschlossen Dienst nach Vorschrift
geschoben, zwischen dem anfänglich nicht unbegründet misstrauischen Agent und
der glasklar nicht mit offenen Karten spielenden Dolmetscherin bahnt sich langsam,
aber unaufhaltsam wie überflüssig sogar eine gewisse Intimität an (innerhalb
weniger Tage, an denen man echt besseres zu tun hat), das ist schon hart an der
Grenze von Mittel zum Zweck und Unsinn.
Dienlich wäre diese Vorgehensweise
doch nur dann, wenn es erstens glaubhaft wäre und zweitens der Zuschauer nicht
schon bereits einen Wissensvorsprung besitzen würde, der nicht automatisch einige
Variablen ausklammert. Bis zum Schluss sind noch Hintertürchen offen, nur nicht
so sperrangelweit wie notwendig, um für die ganz großen Überraschungen zu
sorgen. Die bleiben dementsprechend natürlich auch aus, was gar nicht mal so
schlimm wäre, wenn „Die Dolmetscherin“ wenigstens nicht das dringende Bedürfnis
hätte, alles doppelt und dreifach durchzukauen. Entweder es war vertraglich
geregelt, das 120 Minuten Laufzeit nicht unterschritten werden dürfen oder man
versucht so krampfhaft, die mangelnden Ideen vom gehaltvollen Start bis zum
immerhin soliden Finale notdürftig mit angeblichen Spannungskurven zu übertünchen,
die meistens so flach sind wie die Niederlande. Totsterbenslangweilig ist „Die
Dolmetscherin“ niemals, nur selten richtig spannend (die Bus-Szene ist klar ein
Highlight) und aufgrund seines Potenzials ein zu ausgedehnter Eiertanz, bei dem
gerade ein Sean Penn knüppelhart unterfordert wirkt. Die Figuren bleiben einem
trotz der bemühten Emotionalität ziemlich egal, da wurden die falschen Hebel in
Bewegung gesetzt. Dieser Film müsste über eine knifflige, wendungsreiche und
kompakte Story überzeugen. Ob sich Penn und Kidman am Ende viel lieber haben
als vorher juckt letztlich niemanden und der gut gemeint Appell an mehr
Menschlichkeit ist auch völlig wurscht, dafür ist das hier die falsche Bühne
und verhallt damit ungehört in der Tiefe des Raums.
4,5 von 10 Platzpatronen
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