Review: HELL OR HIGH WATER – Filmischer Hochgenuss oder doch die Hölle?

Fakten:
Hell or High Water
USA. 2016. Regie: David Mackenzie. Buch: Taylor Sheridan. Mit: Ben Foster, Chris Pine, Jeff Bridges, Gil Birmingham, Dale Dickey, William Sterchi, Kristin Berg, Katy Mixon u.a. Länge: 102 Minuten. FSK: ungeprüft. Ab 12. Januar 2017 im Kino.


Story:
Im Kriminaldrama Hell or High Water schmieden ein geschiedener Vater und sein frisch aus dem Gefängnis entlassener Bruder einen verzweifelten Plan, um ihre Familienfarm im Westen von Texas zu retten: Toby und Tanner wollen gleich mehrere Banken überfallen und mit dem auf diese Weise gewonnenen Geld verhindern, dass ihr hoch verschuldetes Heim samt Ländereien an den Staat zurückfällt.




Meinung:
12 Millionen Dollar. Diese Summe hat die komplette Produktion von Hell or High Water veranschlagt und auch wenn bereits bessere Filme für deutlich weniger Geld gedreht wurden, so ist die Summe trotzdem erstaunlich. Vieles an David Mackenzies Film erweckt den Eindruck er wäre kostspieliger gewesen. In vorderster Front sind es natürlich Darsteller wie Jeff Bridges, Chris Pine und Ben Foster, die den Eindruck einer Multimillionen-Dollar-Produktion evozieren. Doch auch darüber hinaus sind beinahe alle Facetten des Films, angefangen bei der Optik über Kostüme und Ausstattung bis hin zum Soundtrack, hochwertig eingefangen. Natürlich sind 12 Millionen dennoch eine gewaltige Summe, aber nichtsdestotrotz ist es ein schöner Umstand, dass mainstreamtaugliches Hollywoodkino auch in den niedrigen Budgetbereichen ausgezeichnet funktionieren kann.


Posen für die Kamera
Alles wirkt wie ein Klischee. Staubige Felder, ausgebrannt von der unbarmherzigen Sonne. Schnauzbärtige Männer in ausgewaschenen Hemden sitzen auf der Veranda, trinken ein kühles Bier und polieren ihre Waffen. Texas scheint einer dieser Staaten zu sein, in dem die Zeit einfach stillsteht. So still, dass selbst Banken noch keine Überwachungskamera haben und die verlässlichste Methode der Polizeiarbeit simples Warten darstellt. Ein von Nick Cave und Warren Ellis stammender Soundtrack eilt der trostlosen Optik voraus, wir hören die Klänge bevor wir unsere Protagonisten als unerfahrene, aber entschlossene Bankräuber kennenlernen. Was in den nächsten 100 Minuten folgt ist durchgehend stimmig (vor allem der texanische Dialekt trägt im Original viel dazu bei), aber nie sonderlich unvorhersehbar erzählt. Es wirkt beinahe etwas faul, so als würde sich der Regisseur auf den gelungenen Komponenten seines Films ausruhen, sich über die kantige Performance von Ben Foster, den westernartigen Soundtrack oder seiner gelungenen Optik freuen und dabei eine zentrale Botschaft vernachlässigen. Sicherlich greifen die einzelnen Teile des Films spürbar flüssig ineinander, doch kann sich Hell or High Water nicht dem Eindruck verwehren, als klassisches Erzählkino ein Stück weit zu klassisch zu sein. Inwiefern man das als Stärke oder Schwäche wertet, sei jedem Zuschauer selbst überlassen.


Hell or High Water vereint zahlreiche Einflüsse, bündelt Sozialdrama und Heist-Movie unter einer allgegenwärtigen Westernikonographie und besticht dadurch vor allem durch Atmosphäre und Optik. Erzählerisch scheint die altbekannte Brüderdynamik um einen kriminellen Hitzkopf und dessen vernünftigerem Pendent ebenso überholt wie die vorherrschend rückständige Mentalität in Texas. Der Geschichte um einige verzweifelte und schlecht organisierte Banküberfälle fehlt es an Substanz, Überraschung und Spannung. So ruhig und stimmungsvoll Mackenzies Film auch erzählt ist, für die kurz angeschnittene Tiefe scheint kein wirklicher Platz zu sein. Das ist schade, denn so verpufft ein Teil der Wirkung im leeren Raum und der Film lässt einem mit dem hohlen Gefühl zurück doch alles schon einmal gesehen zu haben.


6 von 10 Einschusslöchern

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