Review: EXPRESS IN DIE HÖLLE - Eiskaltes Genre-Highlight



Fakten:
Express in die Hölle (Runaway Train)
USA, 1985. Regie: Andrei Konchalovsky. Buch: Djordje Milicevic, Paul Zindel, Edward Bunker, Akira Kurosawa (Vorlage). Mit: Jon Voight, Eric Roberts, Rebecca De Mornay, Kyle T. Heffner, John P. Ryan, T.K. Carter, Kenneth McMillan, Stacey Pickren, Walter Wyatt, Edward Bunker, Danny Trejo, Tiny Lister u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Der zur lebenslangen Haft verurteilte Manny und sein unliebsames Anhängsel Buck fliehen aus einem Hochsicherheitsgefängnis in Alaska, mitten im tiefsten Winter. Ort und Zeit sind eh denkbar ungünstig, aber es kommt noch besser. Sie wollen mit einem Zug in die Freiheit fliehen, dessen Führer kurz nach ihrem Einstieg an einem Herzinfarkt stirbt. Nun rasen sie ungebremst in den Tod, wenn nicht ein Wunder geschieht…





Meinung:
„Wir fliegen ins All, aber wir können den Zug nicht stoppen!“

Das kann niemand, nicht mal das oft unausweichliche Logik-, Zufall-, und Klischeeargument, denn das fährt maximal im Schritttempo auf dem Nebengleis. „Express in die Hölle“ überrollt jede Angriffsfläche mit einem Mordstempo und besonders mit einer radikalen Wucht, da wird jedes Kontra effektiv auf die Schienen gefesselt und plattgewalzt, kleinkariertes Fehlersuchen auf nichtigem Niveau ist so fehl am Platz wie eine gültige Fahrkarte. Aus einem recht simpel gestrickten Escape-Thriller mit grob geschnitzten Figuren wird beinhartes Survival-Kino ohne Zwischenstopp. 


Keine Schuhe, aber Helmpflicht: Sehr vorbildlich.
Sobald der Plot endgültig ins Rollen kommt und Eric Roberts endlich Schuhe hat (da frieren einem wirklich sogar beim Zuschauen die Zehen weg), entfesselt der „Runaway Train“ eine explosive Dynamik, die selbst dem Eric locker wieder die Stiefel ausziehen würde, wenn sie denn nicht festgefroren wären.  Adrenalin schießt einem förmlich durch Ohren, Mund und Nase, wenn das wilde Tier Manny (grandios wuchtig: Jon Voight) und sein sympathisch-naiver Kumpane Buck (Roberts, Oscar-nominiert und seinen Fähigkeiten selten so nahe) auf den völlig falschen Zug aufspringen (-„Wieso ausgerechnet den?“ –„Weil er mir gefällt!“) und fortan ohne Bremse, lebendes Personal und immer noch auf der Flucht gnadenlos in die Katastrophe rasen. Beklemmend, enorm druckvoll und mit einem präzise gesetzten Spannungsmoment nach dem anderen feuert der Film von Andrei Konchalovsky furios drauf los, steigert sich durchgehend konsequent, was irgendwann kaum noch möglich scheint. Ein immens schnörkelloses Kammerspiel auf Schienen, mit fast erschlagender Intensität, auf das Wesentliche fokussiert, eng, brachial, gnadenlos. 


Bremse kaputt, wir haben alles versucht...
Abgesehen von den zeitlosen Pluspunkten (Schnee und Eis ist grundsätzlich ein Ding für sich) ist „Express in die Hölle“ so brillant inszeniert, da stockt dem – nicht vom CGI-Wunderland-verblendeten – Zuschauer vor Staunen der Atem. Eine so spektakuläre Inszenierung war damals der helle Wahnsinn und ist speziell heute noch das Maß der Dinge. Ohne künstlichen Firlefanz ist es neben Regisseur Konchalovsky besonders Kameramann Alan Hume zu verdanken, was hier in seiner reinen Pracht auf einen einprasselt. Grandios gefilmte Action/Survival-Sequenzen erscheinen in Anbetracht ihrer Fülle fast wie selbstverständlich, sind allerdings nur so souverän und drückend inszeniert, was soll/kann man da kritisieren? Rein gar nichts. Die technische Perfektion schmückt „Express in die Hölle“ nur noch mehr, als es eigentlich nötig wäre. Hier wird sich nicht in unsinnige Side-Plots verrannt, das Essenzielle wird kompromisslos ausgereizt. In seiner schlichten Dramaturgie schöpft der Zug der Todgeweihten aus den Vollen, reizt alles bis zum Ende aus, verschenkt nicht nur eine Spur, treibt seine Möglichkeiten ans Limit. Wenn hier jemand gerade so den Absprung schafft, dann der Abspann, der dem Zuschauer zum perfektem Zeitpunkt den Ausstieg vor den Latz knallt, der den liebgewonnenen Anti-Helden verwehrt bleiben wird.


Einnehmendes, in seiner Stimmung wie Inszenierung fast schon erdrückendes Genre-Kino, wegweisend und zeitlos, unglaublich dicht und zügellos, zwischen „Lohn der Angst“ und „Speed“ steht „Express in die Hölle“, allerdings nur zeitlich. Steige aus, wer kann…

8,5 von 10 abgekoppelten Waggons

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