Fakten:
Wir sind die Nacht
BRD, 2010. Regie: Dennis Gansel.
Buch: Jan Berger, Dennis Gansel. Mit: Karoline Herfurth, Nina Hoss, Jennifer
Ulrich, Anna Fischer, Max Riemelt, Arved Birnbaum, Steffi Kühnert, Jochen
Nickel, Ivan Shvedoff u.a. Länge: 99 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren.
Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Taschendiebin Lena gerät auf einem
Untergrund-Rave an die aufreizende Louise, die ihr recht deutlich Avancen
macht. Auf der Toilette fällt Louise über sie her, jedoch anders als gedacht.
Sie beißt Lena, die daraufhin flüchtet. Schon kurz danach beginnt Lena sich zu
verändern. Sonnenlicht fügt ihr brennende Schmerzen zu, sie verspürt einen
unstillbaren Hunger und zu guter Letzt hat sie kein Spiegelbild mehr. Sie kehrt
verstört zu Louise zurück, die sich als Anführerin eines Vampirtrios offenbart.
Zusammen mit ihren Gefährtinnen Charlotte und Nora macht sie jede Nacht die
Straßen Berlins unsicher. Lena entdeckt die Reize des Vampirlebens, fühlt sich
endlich wieder geborgen, muss jedoch realisieren, dass sie nur durch das Töten
anderer überleben kann.
Meinung:
Unabhängig vom letztendlichen
Resultat muss man das Projekt „Wir sind die Nacht“ in seinem Grundsatz schon
mal loben. Wie oft wird (berechtigt) gejammert, dass der deutsche Genrefilm
praktisch nicht existent ist. Zumindest nicht auf der großen Leinwand. Dort
herrscht seit Jahrzehnten staatlich geförderter Einheitsbrei, speziell der
Horrorfilm ist eine einzige Nischenerscheinung im Low- und No-Budget Bereich
geworden. Das dort mit kaum vorhandenen Mitteln, ohne finanzkräftige
Unterstützung oder professionelle Vermarktung nur selten kleine Lichtblicke
auftauchen (wie der Giallo-Kniefall „Masks“ von Andreas Marshall oder mit
Abstrichen der Katakomben-Slasher „Urban Explorer“) ist traurige Realität und
in Anbetracht dieser Umstände erst recht kein Wunder. „Wir sind die Nacht“ ist
dann endlich mal wieder ein Vertreter seines Genres, der es bundesweit ins Kino
schaffte (wie ein Jahr später auch „Hell“ von Tim Fehlbaum) und dementsprechend
auch produziert wurde.
Wer da rein beißt, muss echt hungrig sein. |
Flutschfinger mit Blutgeschmack. |
Statt einem „wirklichen“,
authentischen deutschen Vampir-Film zu machen, verpasst Gansel diese große
Chance, vielleicht aus dem Mangel an Kreativität, vielleicht auch um auf Nummer
sicher zu gehen. Alles ist so bekannt und bei weitem nicht so gut, besonders in
der erzählerischen Tiefe mangelt es glasklar. Es wird zwar die Monotonie und
Rastlosigkeit hinter dem auf den ersten Blick fast schicken und reizvollen
Vampirdasein angerissen, ebenso der Konflikt um die neue Rolle in der
Nahrungskette, doch letztendlich nicht mehr als das. Bevor „Wir sind die Nacht“
diese interessanten Themen ernsthaft aufgreifen kann, muss schon das
publikumswirksame Finale aus dem Baukasten herhalten, das zwar wie angesprochen
recht sauber inszeniert ist, jedoch dem Potenzial des Films nicht gerecht wird.
Die Möglichkeiten werden nicht ausgiebig genutzt, gut zu sehen an den kleinen
Momenten, aus denen noch viel mehr machbar gewesen wäre. Ein kurzer
Familienbesuch im letzten Drittel ist eine der besten Szenen und Ideen
insgesamt, bleibt dabei nicht mehr als nur ein kurzes Fragment.
Komische Ernährung hin oder her, so eine Sauerei muss nicht sein. |
Im Ansatz gar nicht schlecht und
mit einigen gelungenen Einzelsequenzen, im Gesamtbild zu unentschlossen und
wenig originell ist „Wir sind die Nacht“ zumindest mal ein Lebenszeichen des
deutschen Horrorfilms, das Hoffnung gibt. Jetzt noch mit eigenen und bis zum
Ende gedachten Ideen, dann wird das was. Das hier war es noch nicht, aber man
muss damit schon relativ zufrieden sein.
5,5 von 10 deplatzierten
Märchenprinzen
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