Review: CASTLE FREAK - Nicht schön, aber selten

                                                                                     

Fakten:
Castle Freak
USA, 1995. Regie: Stuart Gordon. Buch: Stuart Gordon, Dennis Paoli, H.P. Lovecraft (Vorlage). Mit: Jeffrey Combs, Barbara Crampton, Jonathan Fuller, Jessica Dollarhide, Massimo Sarchielli, Elisabeth Kaza, Luca Zingaretti, Helen Stirling, Alessandro Sebastian Satta, Raffaella Offidani u.a. Länge: 91/95 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren (cut), uncut keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Überraschend bekommt die Familie Reilly eine Burg in Italien vererbt und wollen den neuen Besitz gleich beziehen. Zwischen John und seiner Frau Susan kriselt es allerdings gewaltig. Bei einem Autounfall, den John betrunken verursachte, starb ihr kleiner Sohn J.J., Tochter Rebecca ist seitdem blind. Bald schon ist ein unheilvolles Stönen zu hören. Irgendwas scheint noch in der Burg zu sein.


                                          


Meinung:
Zehn Jahre nach ihrem größten Erfolg „Re-Animator“ fanden sich Regisseur Stuart Gordon und Hauptdarsteller Jeffrey Combs, beide inzwischen fast vergessen, für „Castle Freak“ wieder zusammen. Mitte der 90er. Zu einer Zeit, als das Horror-Genre praktisch brachlag. Die wilden 80er und der VHS-Boom vorbei, die großen Zeiten günstiger Genre-Streifen, von denen einige (wie „Re-Animator“) sich als pures Nerd-Gold herausstellten. „Castle Freak“ wirkt praktisch keine Sekunde wie aus den 90ern. Dieser Film kam eigentlich mindestens 5 Jahre zu spät, kann sich allerdings dadurch etwas Retrocharme auf die Backe schreiben und ist – verglichen mit der spärlichen Konkurrenz zu diesem Zeitpunkt – erfrischend „Oldschool“.


Herpes im Endstadium, die unterschätzte Gefahr.
Ein amerikanisches Ehepaar mit erblindeter Tochter zieht den Hauptgewinn, eine geerbte Burg in bella italia, inklusive „il bambino bello“ im Keller. Gordon gibt sich sichtlich Mühe, den aus der Mode geratenen B-Horror aufzuwecken, lieblos erscheint „Castle Freak“ niemals. Das Setting hat was, kann in Kombination mit dem Score durchaus Stimmung erzeugen, der zur Adoption freigegebene Bruder von Jim Carrey (jetzt mal ehrlich...!) – Jeffrey Combs -, das ist alles durchaus ambitioniert und macht Spaß. Dazu kommt ein erschreckend ekelhafte Missgeburt, die ganz ohne CGI auskommt und für seine Mittel hervorragend kreirt ist. Nur leider darf sie sich zu selten austoben. Eigentlich hätte „Castle Freak“ die ganz große Chance gehabt, sich in einer vergessenen Nische seinen Platz zu sichern. Die verpasst er. Schade.


Das der Film dennoch einen gewissen Kultstatus genießt, ist letztlich nicht unverständlich. Viel zu schön und verliebt ist hier einiges gemacht, der widerwärtige Antagonist zu einprägend, der Willen sich nicht in Armut zu ergeben erkennbar. Wäre „Castle Freak“ doch nicht so entsätzlich träge. Suspense und Spannungsaufbau in allen Ehren, nur da muss man doch mal auf den Punkt kommen. Viel zu lange passiert zu wenig, das schauderhafte Bambino darf erst zum Schluss etwas durchdrehen, was wäre da möglich gewesen. Bedauerlich, da doch so viel echt nicht schlecht ist. Eigentlich nichts, bis auf das, was man von so einem Film erwartet. Tempo, Gore und Schweinerei. Wenn „Castle Freak“ diese so einfachen Methoden berücksichtigen würde (wie es jeder Billigheimer in der Regel macht), eine Empfehlung. Es ist so traurig, wie die guten Vorrausetzungen und die handwerklichen Pluspunkte zu lange nicht effektiv genutzt werden. Sieht man am Finale. Denn da blüht „Castle Freak“ ENDLICH auf. Nun hat der Film Drive, ist spannend, ekelig und erfüllt die Erwartungen voll und ganz. Der letzte Akt ist klasse (jetzt kommt das tolle Creature-Design auch erst voll zur Geltung) und wenn man sich vorher nicht so oft gefragt hätte, wann denn endlich die Kuh fliegt (oder gefressen wird), man bräuchte über die Genre-Qualität dieses Films gar nicht diskutieren.


Schwierig, das alles insgesamt zu bewerten. Eigentlich ist der Film doch an entscheidenden Stellen – auch im Bezug auf seine Möglichkeiten, den Zeitpunkt und seine unverkennbare Hingabe – zu gut gemacht, als das man ihm den geneigten Fan nicht doch irgendwie ans Herz legen will. Wer mit wenig (dann aber erstaunlich gut) zufrieden ist und hässliche Menschen aus feuchten Kellern mag, ruhig mal probieren. Wer in dem Genre kein Zuhause hat, der Film wird euch nicht umstimmen. Ohne den letzten Akt nicht mehr als ein Versuch, so doch einen Blick wert. Gerade so von Teilnehmer- auf Ehrenurkunde. Aber aufgepasst: Die aktuelle Veröffentlichung für den deutschen Markt ist geschnitten (und so viel zu schneiden gibt es da nicht), nicht kaufen!!! Gibt es bei unseren Nachbarn unkastriert (inklusive Überraschungsfilm, nette Idee.).

6 von 10 „glücklichen“ Erbschaften.

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