Fakten:
Zwanzig Mädchen und die Pauker: Heute steht die Penne kopf
BRD. 1971. Regie: Werner Jacobs. Buch: Barbara Anders, Michael Haller. Mit: Mascha Gonska, Heidi Kabel, Rudolf Schündler, Fritz Tillman, Jutta Speidel, Marion Marlon, Eva Maria Meineke, Balduin Baas, Rolf Olsen, Janina Richter, Manuela, Brigitte Mira u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Auf VHS (fragt eure Eltern was das ist) und on.demand (fragt eure Kinder) bei amazon erhältlich.
Zwanzig Mädchen und die Pauker: Heute steht die Penne kopf
BRD. 1971. Regie: Werner Jacobs. Buch: Barbara Anders, Michael Haller. Mit: Mascha Gonska, Heidi Kabel, Rudolf Schündler, Fritz Tillman, Jutta Speidel, Marion Marlon, Eva Maria Meineke, Balduin Baas, Rolf Olsen, Janina Richter, Manuela, Brigitte Mira u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Auf VHS (fragt eure Eltern was das ist) und on.demand (fragt eure Kinder) bei amazon erhältlich.
Story:
Trixie will Schauspielerin werden. Um diesen Traum so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen, versucht sie alles, um von ihrer Schule fliegen. Tatsächlich gelingt ihr Plan, doch ihr Vater steckt sich daraufhin in die Obhut ihres Onkels Theobald, einem Oberstudiendirektor.
Meinung:
Werner Jacobs besaß in den frühen 1960ern und 1970ern ein außerordentliches Monopol auf das Genre des Pauker- oder auch Lümmel-Films, war er doch in der Funktion als Regisseur der kompletten 'LÜMMEL VON DER ERSTEN BANK'-Reihe im Grunde Schutzherr dieser cineastischen Auswüchse, die dank des massiven Publikumserfolges zum beständigen Faktor im deutschen Nachkriegskino wurden. So verwundert es einerseits kaum, dass gewisse Nachahmer ein Stück vom Kuchen abhaben wollten (siehe 'KLASSENKEILE') und man andererseits auch versuchte, jene profitablen Elemente schließlich irgendwie mit dem aufgeklärten Zeitgeist zu verbinden. So entstand 1971, natürlich nochmals unter der Leitung Jacobs, wie gehabt für die Constantin (zudem ko-verfasst vom damaligen Geschäftsführer Manfred Barthel), dieser spezielle 'Mädels-Lümmel'-Film, der recht deutlich auf das Teenie-Publikum und auch deren Hormone im Abi-Alter schielte, zudem bezeichnenderweise zuerst 'ZWANZIG MINIS UND DIE PAUKER' heißen sollte.
Werner Jacobs besaß in den frühen 1960ern und 1970ern ein außerordentliches Monopol auf das Genre des Pauker- oder auch Lümmel-Films, war er doch in der Funktion als Regisseur der kompletten 'LÜMMEL VON DER ERSTEN BANK'-Reihe im Grunde Schutzherr dieser cineastischen Auswüchse, die dank des massiven Publikumserfolges zum beständigen Faktor im deutschen Nachkriegskino wurden. So verwundert es einerseits kaum, dass gewisse Nachahmer ein Stück vom Kuchen abhaben wollten (siehe 'KLASSENKEILE') und man andererseits auch versuchte, jene profitablen Elemente schließlich irgendwie mit dem aufgeklärten Zeitgeist zu verbinden. So entstand 1971, natürlich nochmals unter der Leitung Jacobs, wie gehabt für die Constantin (zudem ko-verfasst vom damaligen Geschäftsführer Manfred Barthel), dieser spezielle 'Mädels-Lümmel'-Film, der recht deutlich auf das Teenie-Publikum und auch deren Hormone im Abi-Alter schielte, zudem bezeichnenderweise zuerst 'ZWANZIG MINIS UND DIE PAUKER' heißen sollte.
Nur 20 Mädchen? In den 70ern waren die Klassen noch klein |
Schließlich
benutzt sie bereits ihre Optik als Kapital, bringt sie den Unterricht doch
nicht nur mit Frechheit in Aufruhr, sondern auch mit ihren Qualitäten als
hintergehende 'femme fatale' (da sie ja dadurch ihren Onkel, dem Direktor der
Schule, in Teufels Küche bringt) - das kommt schon angenehm verrucht und in
knappen Miniröcken, echter Sex darf aber noch nicht sein, versteht sich. Aber
Junge, was schauen ihr doch schon die Kerle hinterher (bzw. auf den Arsch), was
bezeichnet sie ihr Theaterdirektor (Rolf Olsen) doch bereits als 'williges
Talent'. Diesen Umstand nutzt der Film dann auch für einige subtile Spielereien
anhand der Faszination mit der Frau von heute und optischen, erotischen Reizen.
So verwirrt Trixie den Studienrat Nager (Ralf Wolter), welcher gerade über
Lichtbrechung und Linsen lehrt, mit einer optischen Täuschung, bei der sie
sich, immer wenn er nicht hinguckt, neue Perücken aufsetzt und er folglich
nicht weiß, wie ihm geschieht.
Auch andere Pauker (ebenfalls gerne 'Latscher' genannt), kriegen Trixies (und Jacobs) Einfallsreichtum zu spüren. So macht die trottelig-steife Musiklehrerin, die auf ihrem Klavier eine Gips-Büste von Beethoven platziert hat und die ältesten Hymnen anstimmen lässt, Bekanntschaft mit einem tänzelnden Skelett, das sie in Angst und Schrecken versetzt, obwohl sie sich mit so viel 'toten' Materialien & Symbolen umgibt. Ohnehin erliegt diese Schule etwas Unheilvollem - denn obwohl der Soundtrack von Erwin Halletz pfiffigen Groove und Schlager an den Mann bringt, der zusammen mit der ironischen Haltung zum Schulapparat Erinnerungen an unschuldigen Klamauk oder alte Folgen von 'Die Sendung mit der Maus' hervorbringt (anhand von Porno-Synthesizern, Schlager und Orgel sowie dem singenden Starlett MANUELA, das in der Rolle einer jungen Studentin schon etwas alt aussieht), ist das eigentliche Ambiente nichts für heitere Stunden, erst recht nicht im verknarzten VHS-Format. Die Provinz-Kulisse mit ihren Altstadt-Aufnahmen von Rothenburg ob der Tauber um die winterliche Jahreszeit herum erschlägt das Gemüt mit keimig-glatten Inneneinrichtungen und einer erst recht blass-biederen Schule als zentralen Handlungsort, wo die strengen Pauker derartig stürmisch und gewalttätig auf Streiche und Frechheiten reagieren, dass man sie heutzutage ohne Weiteres verklagen und suspendieren würde. Speziell sei da Studienrat Nager genannt, der bei der Aktion mit den Perücken derartig in Rage gerät, dass er seine Schülerinnen unverhältnismäßig-brutal an den Haaren herumzehrt.
Nicht nur heute war die Jugend gefährlich |
Rücksichtslos sollen auch einige Zirkustiere eingeschläfert werden, die gerade noch so aus ihrer Trostlosigkeit in einige leere Räume der Schule herausgerettet werden können, nachdem deren Besitzer pleite gegangen ist und nun abseits der Gesellschaft im Dreck hausen muss. Hier zeigt sich der bittere Niedergang vom Künstler- und Kulturwesen, der bereits eine Szene vorher ausgeübt und hier geradezu schicksalhaft fortgesetzt wurde: zuvor erkannte Trixie nämlich viel zu spät, dass der Theaterdirektor nur an ihr Geld wollte, sie einsam zurückließ und alle Träume von der Karriere zerbrach - ein tragisches Bild, das auch bei Fassbinder gut hineingepasst hätte (immerhin versucht die Wirtin Brigitte Mira sie hier nach der kalten Offenbarung zu trösten). Die Handlung steuert zudem neben dem Frönen von antiautoritären Streichen darauf hin, dass Trixie sich derartig bei den Paukern unbeliebt macht, dass Studienrat Dr. Birnbaum (Fritz Tillmann) ihren Onkel (Rudolf Schündler) aufgrund dessen Verwandschaft (und ambivalente Duldung) mit der unbequemen Querulantin denunziert, um so hinterrücks seinen Posten einzunehmen. Ein hinterhältiger Putsch, den Trixie nun wiedergutmachen muss. Dabei beweist sie auch, dass sie was in Birnbaums Unterricht gelernt hat, macht sie ihn doch mithilfe von Staubpartikeln (ein Thema, mit dem er um die Aufmerksamkeit der Schüler buhlte) in an-ihn-überreichten Blumen schlaftrunken und verwirrt. Daraufhin blamiert der sich so brachial bei seiner großangelegten Rede in der blutrot-dekorierten Aula, dass man ihn schnell wieder absetzt und die Schule stattdessen für ihre Aufnahme von den verwahrlosten Tieren auszeichnet.
Heidi Kabel gibt Tipps für die Weltkarriere |
Es mag jetzt zwar im Sinne der Zeit mehr Freiheiten erlauben, das Aufbegehren der Schüler nach 'Rebellion' wird dabei aber (ähnlich wie bei 'SNOWPIERCER') als Mittel zum Zweck umfunktioniert. Eine Adaption, die an sich ebenfalls sadomasochistische, aber auch erfüllende Züge trägt - der Konflikt vom diktatorischen und anarchischen Quälen beruht wohl auf Gegenseitigkeit, beide können nicht ohne. Werner Jacobs ist also mit der kontemporären Konzeptverfeinerung seines 'LÜMMEL'-Werkes trotz oberflächlichem, kindischen Unterhaltungsfaktor eine schön unterschwellige Beobachtung diskutabler Unterordnungs-Systematiken im Angesicht von Emanzipation, Aufklärung und Anarchismus gelungen, die den Widerspruch von Hierarchie und Demokratie mit potenziell diktatorischer Konsequenz karikiert.
7 von 10 Radiergummis
vom Witte
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