Review: DIE ZWEI GESICHTER DES JANUARS – Wer treibt hier ein doppeltes Spiel?



Fakten:
Die zwei Gesichter des Januars (The Two Faces Of January)
Frankreich, GB, USA. 2014. Regie: Hossein Amini. Buch: Hossein Amini, Patricia Highsmith (Vorlage). Mit: Viggo Mortensen, Kirsten Dunst, Oscar Isaac, Daisy Bevan, Yigit Özsener, Omiros Poulakis u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren freigegeben. Ab 9. Oktober 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der junge amerikanische Student Rydal (Oscar Isaac), der sich sein Taschengeld als Fremdenführer und Taschendieb aufbessert, trifft in Athen auf das Ehepaar Chester und Colette MacFarland (Viggo Mortensen, Kirsten Dunst), freundet sich mit ihnen an, geht mit ihnen einen trinken. Als Colette im Taxi ihren Armreif vergisst, will Rydal ihr den zurückbringen, doch als er im Hotel ankommt, sieht er Chester einen Mann durch den Gang schleifen, den Chester zuvor niedergeschlagen und dabei getötet hat. Wie sich herausstellt, war der Mann ein Detektiv, der die MacFarlands wegen Betruges verfolgt hat. Aus Sympathie will Rydal den beiden helfen, außer Landes zu kommen. Doch die Gefahr ist größer, als es sich Rydal ausmalen wollte.




Meinung:
„Die zwei Gesichter des Januars“. Ein Filmtitel, der auf den ersten Blick entweder gar nichts sagt oder aber wahrscheinlich in die Irre führt, denn er hat nicht, wie man vielleicht zuerst annehmen könnte, mit dem so benannten Monat zu tun. Stattdessen geht es eher um die Doppeldeutigkeit, um verschiedene Identitäten, die die Figuren in diesem Kriminalfilm haben. Aber auch um die Gerissenheit, mit der sie durchaus auch hinter dem Rücken der jeweils anderen agieren, um ihre Ziele zu erreichen. Lügen und Intrigieren, das ist es, womit sich der Film eigentlich beschäftigt. Und das wird nicht nur durch die beiden Gesichter deutlich, nein, auch der Januar deutet klar darauf hin. Denn hierbei handelt es sich nicht etwa um die Monatsbezeichnung, sondern um die antike Gottheit „Janus“, der durch seine zwei Gesichter eben genau die Zwiespältigkeit der Figuren in diesem Film symbolisieren kann. Dabei herausgekommen ist aber kein völlig verwirrender Psychothriller, sondern eine sehr ruhig und doch temporeich erzählte Kriminalgeschichte um ein Betrüger-Paar, das mit der Hilfe eines jungen Studenten der Verhaftung durch die griechische Polizei entgehen will.


Rydal will dem netten Ehepaar helfen - aus Eigennutz?
In seinen starken Phasen baut „Die zwei Gesichter des Januars“ eine Atmosphäre auf, die stark an den „Master of Suspense“ Alfred Hitchcock erinnert. Trotz seiner recht gemächlichen Erzählweise ist ein so hohes Tempo in so manchen Szenen, dass man kaum mehr zum Durchschnaufen kommt. Spannung, offene Fragen, undurchdringliche Figuren. Das kombiniert der Film immer wieder zu einem tollen und die Nerven positiv strapazierenden Gesamtbild, das stellenweise tatsächlich nach einem Old-School-Thriller erinnert. Hier perfekt mit hinein passt auch die Filmmusik, die genauso gut von Bernard Herrmann stammen könnte. Viele Streicher und oftmals verzerrte Klänge, Dissonanzen und eine Hektik in der eigentlichen Ruhe erinnern nicht selten an das fantastische Psycho-Thema. Eigentlich fehlt nur noch ein Schatten auf einem Duschvorhang. Aber es ist natürlich nicht Herrmann, sondern Alberto Iglesias, der sich, Zufall oder nicht, auch für die Musik zum Agenten-Film Dame König As Spion auszeichnete.


Die prächtigen Kulissen sorgen für das gewisse Etwas
Optisch gleicht der in den frühen 60er Jahren angesiedelte Film Tomas Alfredsons Agententhriller, auch wenn dieser die 70er Jahre zeigt, nämlich enorm. Die Anzüge, die Brillen, die matten und doch intensiven gelb-braun leuchtenden Farben, aber auch das irgendwie biedere, sachliche Verhalten der Figuren kann durchaus Parallelen aufweisen. Die Kulissen, das bereits erwähnte, schöne Griechenland mit seinen zahlreichen archäologischen und historischen Sehenswürdigkeiten, ist schon ein toller Anblick und bietet neben einigen optischen Leckerbissen auch einen tollen Ort, um die Sprachbarrieren der beiden amerikanischen Hauptfiguren darzustellen. Warum es aber ausgerechnet Griechenland geworden ist, das ist schon ein wenig merkwürdig. Denn die Anspielung des Titels auf Janus, einen Gott mit zwei Gesichtern, ist sehr inkonsequent. Janus ist nämlich ein römischer Gott, für den man in der griechischen Mythologie kein Gegenstück finden kann. Dass es nun ausgerechnet Griechenland geworden ist, wirkt zwar ironisch, ist aber natürlich der Vorlage der Autorin Patricia Highsmith geschuldet. Warum, das wird ihr persönliches Geheimnis bleiben, da der Film auch in Italien und auf Sizilien hätte spielen können.


Wo führt der Weg hin? Und wem kann man noch trauen?
Highsmiths Geschichte zumindest wurde nicht zum ersten Mal verfilmt. Bereits 1985 gab es eine deutsche TV-Produktion, die sich auf diese Vorlage stützt. Darüber hinaus sind auch zahlreiche andere Geschichten von ihr auf Film gebannt worden. Am bekanntesten dürften wohl die zahlreichen Tom-Ripley-Adaptionen wie Nur die Sonne war Zeuge oder „Der talentierte Mr. Ripley“ sein, aber auch Hitchcock hat mit „Der Fremde im Zug“ eines ihrer Bücher verfilmt. Kein Wunder also, dass auch der Stil dieses Films an Hitch erinnert. Allerdings gilt das nur für die guten Stellen, besonders in der ersten halben Stunde wirkt der Film merkwürdig uninteressant und hält den Zuschauer nicht ununterbrochen bei der Stange. Vieles scheint entweder zu sehr in die Länge gezogen, wo es eine kürzere Darstellung auch getan hätte, oder aber man hat vieles bereits zuvor gesehen und Regisseur Hossein Amini, der nach einigen Drehbüchern, unter anderem zu „Drive“ und Snow White and the Huntsman, mit diesem Film sein Regiedebüt feiert, scheint es dennoch für notwendig zu halten, dass der Zuschauer immer wieder ein ähnliches Handeln der drei Hauptfiguren sehen muss. Das ermüdet zwar, aber immerhin kann der Film auch stets wieder das Tempo anziehen.


Darstellerisch ist an den Leistungen von Viggo Mortensen, Kirsten Dunst und Oscar Isaac nichts auszusetzen, allerdings fehlen, genau wie übrigens auch bei der Kameraarbeit oder der kompletten Inszenierung, die echten Glanzlichter. Höchstens zum Ende hin kann auch die Kamera bei einer spannenden Verfolgungsjagd aus dem langsamen Trab ausbrechen und nach vorne galoppieren. Trotz des angezogenen Tempos am Ende ist „Die zwei Gesichter des Januars“ ein Film, der für heutige Sehgewohnheiten schon sehr langsam erscheint und doch eine sehr schöne innere Dynamik beibehält. Gespanntheit auf den weiteren Verlauf ist genauso vorhanden und besonders der Score dürfte im Ohr bleiben. Man sollte schon eine gewisse Zuneigung zu alten Krimis wie eben Hitchcock haben, um an diesem Retro-Krimi seine Freude zu haben. Aber dann kann er eine sehr positive Überraschung sein.


7 von 10 griechische Donuts

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