Review: ICH BIN SAM - All you need is love

                                                                                        
Fakten:
Ich bin Sam (I Am Sam)
USA, 2001. Regie: Jessie Nelson. Buch: Kristine Johnson, Jessie Nelson. Mit: Sean Penn, Michelle Pfeiffer, Dakota Fanning, Dianne Wiest, Laura Dern, Loretta Devine, Richard Schiff, Brad Silverman, Ken Jenkins, Joseph Rosenberg, Stanley DeSantis, Doug Hutchison, Rosalind Chao u.a. Länge: 132 Minuten. FSK Freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD erhältlich.

 



Story:

Der geistig behinderte Sam Dawson zieht seine kleine Tochter Lucy im Alleingang auf, mit der Unterstützung seiner Freunde. Als Lucy sieben Jahre alt ist, gerät das ungewöhnliche Familienbild in den Fokus der Behörden. Lucy soll Sam weggenommen werden, da sie ihm geistig deutlich überlegen ist. Sam und seine Anwältin Rita Harrison bestreiten einen ausweglos scheinenden Kampf um das Sorgerecht.

 



                                                          



Meinung:
Liebe siegt gegen die Vernunft, auch Behinderte sind Menschen, hach, was für ein schöner Film. Oh je, was für ein verlogener, verzuckerter Dreck für weltfremde Schmalzliebhaber, ohne jegliche fachliche Kompetenz, rein auf das Gemüt getrimmte Seifenoper, die ein eigentlich wichtiges Thema als Farce, fast schon Satire verschachert, am Ende siegt das Herz über das Hirn, in mehrfacher Hinsicht. Schnell eine Kerze ins Fenster stellen, die Welt ist kurz zu einem besseren Ort geworden. Wer es verpasst hat, war kotzen und hat wenig falsch gemacht.
 
 
Zärtlich wird geheuchelt.
"Ich bin Sam" will ganz berührend und wichtig sein, von wegen. Ein extrem engagierter Sean Penn spielt hilflos gegen ein lächerliches Skript an, muss sich dem beugen und so wird eine beachtliche Leistung ad absurdum geführt. Was bringt es, einen geistig behinderten Mann durchaus authentisch zu verkörpern, wenn die Rahmenbedingungen eine einzige Katastrophe sind? Vielleicht etwas fachliches Lob, nur im Resultat sind das Perlen vor die Säue. Die Herausforderung und eigentliche Message des Films könnten den sonst so auf die Rollenauswahl bedachten Penn zu diesem Quark verleitet haben, gerade so verständlich. Er hat seine persönliche Hürde gemeistert, ja, so in etwa sehen geistig behinderte Menschen aus und verhalten sich. Alles andere ist furchtbar-verlogener Mumpitz, fern jeder Realität und ungefähr so glaubhaft und vernünftig wie das Nachmittagsprogramm von RTL. Tragisch, der arme Behinderte, das Herz am rechten Fleck aber leider nicht mit der nötigen Alltagstauglichkeit gesegnet, dem soll sein süßes Töchterlein weggenommen werden, von den bitter-bösen Behörden? Na, was für ein Unding. Leute, jetzt mal ehrlich: Aus eigener Erfahrung, ich arbeite mit Menschen, die ziemlich genau den Entwicklungsstand von Sam haben, wo ist das Problem? Klar, emotional ist das nicht schön, aber um Himmels Willen, die angeblich "Bösen" machen eigentlich alles richtig. NATÜRLICH kann so ein Mensch seinem Kind zwar Liebe und Geborgenheit geben, aber es NIEMALS adäquat erziehen. Auch wenn das jetzt die Zuckerwatte-Welt mancher Menschen zerstören wird, tut mir leid, ist Tatsache. Hier geht es ja nicht um ein allgemeines Umgangsrecht, sondern um das Sorgerecht. Das ist hohler, Hollywood-gerechter Unsinn mit dem bald schon gefährlichem Subtext: "Alles ist möglich, wenn die Liebe stimmt". Ja, sicher, und jetzt verschließen wir die Fenster und Türen vor der gemeinen Wahrheit, ziehen uns nackt aus und tanzen um das Lagerfeuer der Toleranz. Igitt, wie billig.
 
 
Süß, leider blöd.
Klar, die Guten gegen die Bösen (die natürlich als herzlose Monster dargestellt werden, wie können die nur), Herz gegen Hirn, alles schön klebrig verpackt und eigentlich toll besetzt, nur das macht diesen Unsinn viel schlimmer. Talent wird genau so verschenkt wie eine ehrliche Auseinandersetzung mit einer Thematik, die Brisanz beinhaltet, hier allerdings als kitschiger Schmalzkram unter Wert verrammscht  wird. Traurig, dabei gibt es glaubhafte Filme über behinderte Menschen und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft ("Me Too"), das ist Hollywood-Grütze mit einem völlig verquerem Weltbild. Schlimm, ganz schlimm.
 
1,5 von 10 behinderten Drehbüchern.
 
 

6 Kommentare:

  1. Ich hab fast ein bisschen Angst das zu schreiben, aber Ich bin Sam ist einer meiner Lieblingsfilme. Weil er mich einfach sehr berührt hat, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich Ungerechtigkeit nicht so gut ertragen kann. Das heißt aber gar nicht, dass ich im 'wahren Leben' dafür plädieren würde, dass ein geistig behinderter Mensch sein Kind allein erziehen soll oder kann. Durch deine Arbeit hast du sicher einen ganz, ganz anderen Blick auf den Film als ich. Ich persönlich habe quasi keine Erfahrung mit geistig behinderten Menschen. Ich kann deine Kritik irgendwie schon gut nachvollziehen und versteh schon, woher dein Ärger kommt.
    Naja, ich hab den Film vor ungefähr acht Jahren zum ersten Mal gesehen, da hat er mich wirklich sehr berührt (und habe ihn danach noch einige weitere Male gesehen). Aber ich hab ihn nicht als Kampf von Gut gegen Böse in Erinnerung. Ja, es geht um Liebe und ich finds schön. Dass "All you need is love" überzogen ist, ist klar. Wir alle wissen, dass kein Kind von Luft und Liebe leben kann. Aber es geht ja auch um Freundschaft, um Verzweiflung und Hoffnung und .. ach man, mach mir meinen Lieblingsfilm nich madig :P
    Und letzten Endes zeigt der Film ja, dass Sam Hilfe bekommt, also um bei den Beatles zu bleiben, könnte das Motto des Film vielleicht eher heißen "With a little help from my friends" ;)

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    1. Ich finde den Film ebenfalls wunderbar und finde, dass doch nicht jeder Film irgendwelche realen Dinge abbilden muss. Will denn ein Actionfilm die Realität abbilden, wenn ein einzelner Durchschnittscop die Welt vor Terroristen rettet? Will ein Liebesfilm die Realität abbilden, wenn der Protagonist durch leicht sensibles Veerhalten die Dame seines Herzens bekommt? Will jeder Sci-Fi-Film, jeder Thriller oder jedes Drama die Realität abbilden? Ich denke nicht.

      "Ich bin Sam" ist vor allem dazu geeignet, dass er theoretisch das Tor öffnet, offener mit behinderten Menschen umzugehen. Natürlich ist er total vereinfachend, verallgemeinernd, verfälschend. Aber wenn ein Thema gar nicht in die Köpfe der Massen gelangt, dann wird sich auch nichts ändern.

      Darum: lieber ein Film, der die Tatsachen verdreht, aber auf ein Thema aufmerksam macht, als ein Film, der zwar alles realistisch abbildet, aber keinen Menschen interessiert.


      PS: "With a little help from my friends" ist in der Joe-Cocker-Version viel viel besser ;) (Wunderbare Jahre!!)

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    2. Danke Kobbi, das hat mich jetzt etwas aufgebaut ;) Ich stimm dir total zu.

      Und jetzt hab ich das Bedürfnis, den Film mal wieder zu sehen, also machts gut :P

      PS: Nein, nimm Ringo Star nicht einen von seinen wenigen guten Songs :D
      Nee, Spaß, ich mag die Version von Cocker auch, finds aber schwer zu vergleichen, weils so unterschiedliche Stile sind und die Beatles, naja, sind halt die Beatles .. und ich hätt so gern in den 60ern gelebt..! ;)

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    3. Es ist einfach die Cocker-Stimme. Die macht das gute Beatles-Lied nochmal zu nem total anderen Erlebnis.

      Aber generell: Ja, 60er wären cool gewesen. Aber ich bin dann eher für die Kinks oder die Stones... die waren ein bisschen rockiger ;)

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    4. Wenn es um Rock geht, findest du mich eher in den 70er und 80er Jahren, als der Hard Rock seine besten Zeiten hatte.
      Aber Joe Cockers Stimme ist natürlich der Hammer, wenn ich da an den Klassiker "You can leave your hat on" denke.. der Mann bringt einen wirklich nur mit seiner Stimme dazu, sich auszuziehen O.o

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