TV Wahnsinn: LERCHENBERG (Staffel 1) - Das ZDF lacht über sich selbst


Fakten:
Lerchenberg (Staffel 1)
BRD. 2012/13. Regie: Felix Binder. Buch: Felix Binder, Maren Lüthje, Florian Schneider. Mit: Eva Löbau, Sascha Hehn, Karin Giegerich, Anke Sevenich, Cornelia Gröschel, Matthias Lier, Wayne Carpendale u.a. Länge: 4 Episoden a 20Minuten. Ausstrahlung: Freitag, 5. 

und 12. April, um 23:00 (jeweils Doppelfolgen) im ZDF.

Story:
Sybille Zarg arbeitet auf dem Lerchenberg, dem Hauptsitz des ZDF, als Redakteurin. Als das Casting für einen Spielfilm ansteht, für den sich Sybille in den letzten Monaten stark gemacht hat, bekommt sie von ihrer Chefin Dr. Wolter den Auftrag Sascha Hehn zu besetzen. Dieser erweist sich als arroganter, egoistischer aber auch manipulativer Widerling, der beim Casting total versagt. Doch damit ist das Thema Hehn für Sybille noch nicht vom Tisch. Dr. Wolter will das Hehn im ZDF-Programm unterkommt, sonst war’s das mit Sybilles Karriere.




Meinung:
Vor einigen Jahren war der Ruf des ZDF klar manifestiert: Ein Sender für Senioren, der mit seinem Sportstudio, Volksmusiksendungen und Krimis auf Quotenfang ging. Doch die Mainzer haben sich gewandelt. Sie hoben junge Spartensender aus der Taufe (zdf.neo, zdf.kultur), platzierten Comedy- und Kabarettformate (heute show, Neues aus der Anstalt) in ihr Programm verpassten sich ein vitaleres Image. Insgesamt lebt das ZDF zwar immer noch von Sport, Carmen Nebel und „Stubbe“, aber es lässt sich nicht leugnen, dass sie mehr Vielfalt bieten als noch vor einigen Jahren. Ein wirklich zu begrüßender Imagewechsel, der nun zum 50. Geburtstag des Senders eine Krone, in Form einer Serie erhalten sollte. „Lerchenberg“, eine 4 Folgen kurze, deutsche Sitcom, die einen komödiantischen Blick auf den Haussender wirft und dafür sogar an Originalschauplätzen gedreht wurde. Feine Sache. Natürlich, die Parallelen zu amerikanischen Erfolgssitcom „30 Rock“ von NBC sind mehr als deutlich, aber „Lerchenberg“ versucht seinen Witz etwas bodenständiger zu halten und so sind in Mainz die Figuren allesamt (bis auf Sascha Hehn) um einiges gefasster als beim US-Pendant. Außerdem kreist der „30 Rock“-Kosmos nicht unentwegt um nur eine Person. In „Lerchenberg“ steht aber  Sascha Hehn klar im Zentrum. Dies kann sich gewiss noch ändern, falls das ZDF eine zweite Staffel in Auftrag gibt. Dies wird sicherlich nach den Quoten entschieden. Die Premiere auf zdf.neo verlief recht ordentlich, bleibt zu hoffen, dass die Ausstrahlung beim Muttersender Zuschauer anlockt, wobei die Serie nach der „heute show“ läuft. Eine äußerst passend Programmierung.


Sascha Hehn wird ausgebremst
Was erwartet einen denn beim „Lerchenberg“? Klare Antwort: das satirische Einmaleins über das Fernsehen, Prominente und die Tücken des Arbeitsplatzes. Da gibt es die gemeinen Chefs, die hinterhältigen Kollegen, die mit fremder Arbeit punkten, die verwöhnten Stars und kleinere wie größere interne Intrigen. Das alles komprimiert in vier Episoden. Unterhaltsam ist dies allemal, wirklich und durchgehend witzig aber nur hin und wieder. „Lerchenberg“ versucht erst gar nicht eine neue, oder andere, Form der Medienschelte zu sein. Dafür zeigt das ZDF sich gegen über keine Gnade. Früher Skandale (oder Skandälchen), z.B. über Bestechungen werden immer wieder kurz, knackig und auf humorvolle Weise thematisiert. So entsteht das Bild, welches der Mainzer Sender so oder so (und nicht nur er) inne hat: hier herrscht Chaos. Mittendrin die arme Redakteurin Sybille Zarg, gespielt von Eva Löbau. Sybille, die zur Babysitterin von Sascha Hehn degradiert wird, ist das genaue Gegenteil ihres Klienten. Eine charakterliche Rechnung die hier leider nur bedingt aufgeht. Löbau überzeugt darstellerisch einfach nicht genug und die alte Leier vom hochnäsigen, überheblichen Star findet mit Hehn zwar einen dankbaren Darsteller, aber in der ständigen Wiederholung dieser Masche finden keinerlei Entwicklungen oder gar Überraschungen statt. „30 Rock“ geht das ähnlich, aber hier wird der Wahnsinn des Fernsehmachens so kompromisslos auf die Spitze getrieben, dass es genug andere Qualitäten gibt, die für Aufmerksamkeit und Lacher sorgen. „Lerchenberg“ fehlt es einfach ein wenig an Wahnsinn, bzw. an anderen humoresken Ausrichtungen.


Trotz seiner Mängel ist alleine die Existenz dieser Serie etwas Schönes. Die Macher haben eine Serie kreiert, die gerne noch ein paar Folgen/Staffeln weitergehen kann und auch sollte. Entwicklungen lassen sich nämlich nach der ersten, sehr kurzen, Staffel mehr als erahnen und es gibt auch noch genügend Dinge im deutschen Fernsehen (nicht nur im ZDF) die eine satirische Abhandlung verdient hätten. Hoffentlich muss sich Sybille Zarg also noch länger mit Sascha Hehn herumschlagen, dann aber bitte mit etwas mehr Mut zum Wahnsinn.

6 von 10 kopflosen Mainzelmännchen

1 Kommentar:

  1. Den "Mut zum Wahnsinn" haben die Macher mit der zweiten Staffel inzwischen bewiesen. Allein schon die Verpflichtung von Jan Böhmermann war ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich persönlich finde, dass man die Episoden ruhig auf 45-60 Minuten Länge strecken könnte, denn die Figuren und Cameos verdienen einfach noch mehr Raum.

    Meine Reviews:
    Staffel 1: https://filmkompass.wordpress.com/2015/04/16/lerchenberg-staffel-1-2013/
    Staffel 2: https://filmkompass.wordpress.com/2015/09/23/lerchenberg-staffel-2-2015/

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