Review: GOD BLESS AMERICA - Mit der Knarre gegen Blödmänner


Fakten:
God bless America
USA. 2012. Regie und Buch: Bobcat Goldthwait. Mit: Joel Murray, Tara Lynn Barr, Melinda Page Hamilton, Mackenzie Brooke Smith, Rich McDonald, Maddie Hasson, Larry Miller, Dorie Barton, Aris Alvarado, Sandra Vergara, Brendalyn Richard, Scott Zeller, Dan Spencer, Regan Burns  u.a. Länge: 105 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Frank Murdoch hat es nicht einfach, aber irgendwann reißt jedem Menschen mal der Kragen, vor allem wenn einem gekündigt wird, die eigene Tochter einen missachtet und der Arzt meint, man hätte einen Tumor im Hirn. Frank sieht nur noch einen Ausweg: Selbstmord. Doch dann sieht er im Fernsehen, wie ein reiches, verzogenes Teenager-Mädchen sich über ein geschenktes Auto aufregt, weil es die falsche Marke ist. Frank sucht sie auf und erschießt sie. Zeugin Roxy ist ganz hin und weg. Gemeinsam beschießen sie das Land von Vollidioten zu befreien.



  
Meinung:
Na, heute schon aufgeregt? Sich mal wieder geärgert über die ganzen Ungerechtigkeiten, über unfreundliche Mitmenschen, die zwei Parkplätze belegen, unhöflich sind oder es toll finden Mist zu reden? Ja, jeder kennt solche Typen. Aber, was soll man da tun? Klar, beschweren wäre eine Möglichkeit, aber das geht meistens ja in das eine Ohr rein und ins andere wieder raus. Ach, wäre es nicht toll diese ganze Fraktion von unbelehrbaren Asozialen ein für allemal auszuschalten? Egal ob Blödmänner aus dem Trash TV oder populistische Redenschwinger, die Hass und Angst schüren und damit ihr Geld verdienen? Alle in einen Sack und dann mit dem Knüppel drauf. Schön feste! Sie sollen bluten und leiden. Hey, sie haben es schließlich verdient.



Frank hinterlässt eine ziemliche Sauerei
„God bless America“ lässt diesen Traum wahr werden. Der Film von Bobcat Goldthwait labt sich genüsslich daran, dass Hauptfigur Frank zusammen mit Teenagerin Roxy ungeliebte Menschen über den Jordan zu schicken. Bewaffnet mit einem Sportwagen und einer Pistole ziehen sie durch die USA und töten Unsympathen. Aufgemacht ist das als Satire. Als gallige Abrechnung auf unsere heutige Gesellschaft, in der die ehemaligen 15 Minuten Ruhm auf 15 Wochen ausgebreitet sind und mediale Nichtigkeiten zu fetten Schlagzeilen und Gesprächsthemen plattgewalzt werden. Das „Helden“-Duo erweist sich dabei aber als genauso nerv tötend wie die Leute die sie erschießen. Dieser Frank ist verzweifelt, aber nicht weil die Welt so uneingeschränkt schlecht geworden ist, sondern weil er sich dem modernen Leben verschließt. Klar, Twitter kann nerven, aber es gibt wie so oft zwei Seiten. Licht und Schatten, eine einfach Rechnung, die „God bless America“ aber anscheinend nicht kennt. Noch schlimmer als Fortschritts-Verweigerer Frank ist allerdings seine Begleiterin Roxy. Eine glanzlose, hochnäsige Möchtegern-Intellektuelle, die glaubt mehr zu wissen als andere. Es ist schon eine Gabe, aber Roxy schlägt mit ihrer Art ohne Probleme all die Figuren, die im Film auftauchen und ermordet werden. Selbst Chloe, ein rich kid, welches schmollt, weil sie das falsche Auto geschenkt bekommt, wirkt erträglicher als sie. 


Quatschen im Kino wird mit dem Tode bestraft
Letztlich sind hier aber alle Figuren so ermüdend, aber auch die Handlung die um sich herum gebaut wurde, denn eine Entwicklung will einfach nicht stattfinden und die daraus resultierende, moralische Einseitigkeit drückt den Film dann noch ein Stückchen näher an die Formate heran, gegen die hier mit Waffengewalt vorgegangen wird. So verkommt die Essenz von „God bless America“, das bleihaltige abwehren und zerstören von diversen medialen wie gesellschaftlichen Schlechtigkeiten, zu einem blödsinnigen, uneffektiven Schauwert. Goldthwait macht hier letztlich genau das Selbe wie die Privatsender mit ihren Castingshows und Doku Soaps: er weckt und befriedigt Gelüste. Ob wir nun im Fernsehen sehen, wie ein Menschwal die dritte Torte isst und wir uns bequem zurücklehnen können, um unser Weltbild bestätigt zu sehen, oder ob ein einseitiger Kerl wie Frank Murdoch, die ganzen Drecksäcke, die unsere Gesellschaft angeblich schlecht machen umlegt, das Prinzip ist das Gleiche. Wir werden umschmeichelt, mit dem Gefühl im Recht zu sein. Würde „God bless America“ dabei wenigstens noch unterhalten, es wäre ja alles halb so wild. Allerdings erweist sich die Komik als ziemlich schal, zu repetitiv und bei weitem mehr angepasst als wirklich schwarz und böse.


„God bless America“ ist keine Satire. Es ist mehr vergleichbar mit einem bockigen Kind, das andauernd die Zunge herausstreckt, oder einem müden Prediger, der den erhobenen Zeigefinger mit einer geladenen Waffe gleichsetzt. Im Grunde ist der Film eine hüftsteife Allmachtsfantasie, die den Dingen, auf die er schießt, weit aus ähnlicher ist, als ein echter, ehrlicher Aufschrei dagegen. Na dann… god bless us all.

2 von 10 erschossenen Nervensägen

1 Kommentar:

  1. Ich finde der Film funktioniert als Satire sehr wohl und gerade weil Roxy und Frank auch nicht besser sind als alle anderen . Also das auch den selbsternannten Sittenwächtern ,die immer das Ende der Abendländischen Kultur befürchten wenn das Dschungelcamp wieder beginnt, der Spiegel vorgehalten wird . Gerade weil der Film auf diesen beiden Ebenen funktioniert gerade das macht ihn so gut .

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