Review: THE WICKER MAN - Not the bees, the original

                                                                      
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Fakten:
The Wicker Man
GB, 1973. Regie: Robin Hardy. Buch: Anthony Shaffer. Mit: Edward Woodward, Christopher Lee, Diane Cliento, Britt Ekland, Ingrid Pitt, Lindsay Kemp, Russell Waters, Aubrey Morris, Irene Sunters, Walter Carr, Ian Campbell, Leslie Blackwater, Roy Boyd u.a. Länge: 85 Minuten (Kinofassung), 100 Minuten (Director's Cut). FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.

Story:
Der bibelfeste, erzkonservative Sergeant Howie erhält einen anonymen Brief von der kleinen Insel Summerisle. Ein Mädchen ist dort seit Monaten spurlos verschwunden. Der über-korrekte Gesetzeshüter begibt sich dorthin und findet eine, für sein Moralempfinden, vollkommen verkommene Gemeinschaft vor. Das stets gut gelaunte Inselvolk hat immer ein Liedchen auf den Lippen, geht jedoch sehr freizügig mit seiner Sexualität um und, was für Howie noch wesentlich schlimmer ist, halten nichts vom christlichen Glauben. Stattdessen werden, unter der Führung ihres geistlichen Oberhauptes Lord Summerisle, alte Naturgötter angebetet. Zudem will niemand von dem verschwundenen Mädchen jemals etwas gehört haben.

 



Meinung: 
"He's dead. He can't complain. He had his chance and, in modern parlance, blew it."
Robin Hardys "The Wicker Man" ist eine herrlich schamlose, groteske, vollkommen schräge Mixtur aus pechschwarzem, britischen Humor, extravaganten Gesangseinlagen, bissiger Satire auf Religionsversteiftheit und '68er Blumenkinderbewegung und doch so was wie ein Horrorfilm, auch wenn sich dies eigentlich erst ganz zum Schluss wirklich offenbart. Bis zu seinem perfiden, cleveren und sarkastischen Finale wird der Zuschauer durch seine anderen Stilmittel lange in die Irre geführt, dafür bestens unterhalten.

 

"Und hier sind die nackten Frauen."-"Disgusting..."
Wenn der stocksteife, ultra-konservative Sergeant Howie (herrlich: Edward Woodward) vollkommen entgeistert und zu tiefst fassungslos durch sein persönliches Sodom und Gomorra stiefelt, andauernd begleitet von skurrilen Folklore-Songs mit eindeutig-zweideutigem Inhalt, ist das so merkwürdig wie komisch. Den Schuh zieht sich "The Wicker Man" sehr bewusst an und macht das erstaunlich großartig. Allein Woodwards durchgehend empörter Gesichtsausdruck, wenn wieder ein heiteres Liedchen mit sexuellen Anspielungen geträllert, sich die Inselbewohner völlig unbekümmert auf einer Wiese paaren oder nackte Mädchen fröhlich um ein Feuer tanzen, ist pures Gold. Auch wer Sergeant Howies verkniffene Spießigkeit nicht teilt, wird seine Verwunderung über die merkwürdigen Sitten auf diesem, wie aus einer anderen Welt zu stammen scheinenden, Eiland nachvollziehen können.

 

Like a candle in the wind...
Mit einem Horrorfilm scheint das zunächst wenig zu tun zu haben, stört aber überhaupt nicht. Viel zu liebevoll und absurd schrullig erlebt der Zuschauer eine leicht befremdliche Führung über Summerisle, gekrönt von dem Auftritt von Grusel-Ikone Christopher Lee als Lord Summerisle. Die Spielfreude von Lee, der diesen Part als einen seiner liebsten bezeichnet, ist unverkennbar. Mit einer unmöglichen Perücke versehen darf er, dem einen Nervenzusammenbruch nahstehenden, Howie über die Sitten seines Reiches aufklären, einer der besten Momente des gesamten Films (dem das einleitende Zitat entstammt). Lee wird zum Ende seiner bescheuerte Haarpracht noch gegen ein viel verrückteres Kostüm tauschen, muss das ein Fest für ihn gewesen sein.

Das Kunststück von "The Wicker Man" ist es, unter dieser kuriosen Schale tatsächlich Spannung aufzubauen, obwohl er sich gängigen Stilmitteln des Horror- und Gruselfilms konsequent verweigert. Da ist es niemals dunkel, es gibt keine Schockmomente, keine knarrenden Türen, düsteren Gemäuer, kein Blitz und Donner. Der Film hat eine ganz eigene, merkwürdige, einnehmende Atmosphäre. Die entsteht nicht zufällig, sondern wird bewusst so heraufbeschworen. Das so hinzubekommen ist schon bemerkenswert. Am Ende wird es dann tatsächlich bitterböse und hundsgemein, doch immer noch mit diesem breiten Grinsen versehen. Schlussendlich lässt sich "The Wicker Man" ganz schwierig einordnen, was aber gut so ist. Der hat seinen ganz speziellen Charme, der sich kaum kopieren lässt.

 

Hier ist selbst Kermit nicht sicher
Daher muss an der Stelle das unmögliche Remake von 2006 erwähnt werden: Auch ohne Kenntnis des Originals war der bescheuert, aber nun erscheint das Vorhaben unbegreiflich. Allein der Ansatz ist total hirnrissig. Der skurrile Charme wurde zwar teilweise versucht nachzustellen, nur passt überhaupt nicht in den Gesamtkontext des viel zu ernst gemeinten Thrillerversuchs. Da mussten diese Elemente ja logischerweise scheitern. Eventuell lässt sich Sickolas Cages durchgeknallte Performance dadurch erklären, vielleicht dachte er, er spielt im Original mit. Bei dem ist inzwischen alles denkbar.

Das Remake sollte gemieden werden (gerade weil es leider entscheidende Storyelemente übernimmt, die den Überraschungseffekt verhindern), dieser Film ist rundum empfehlenswert. Allein Edward Woodward, der gnadenlos abfeiernde Christopher Lee und dieses schräge Feeling sollte am eigenen Leib erlebt werden.

  
"What's that?" - "My costume. The salmon of knowledge."

7,5 von 10 Märzhasen.

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