Review: DER GEJAGTE - Der geprügelte Hund beißt

                                                              

Fakten:
Der Gejagte (Affliction)
USA, 1997. Regie & Buch: Paul Schrader. Mit: Nick Nolte, James Coburn, Sissy Spacek, Willem Dafoe, Jim True, Holmes Osborne, Brigid Tierney u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.

Story:
Wade Whithouse ist Polizist in dem Nest Lawford, wo es außer Schnee nicht viel gibt. Viel hat er vom Leben bisher nicht bekommen, er hat immer einstecken müssen. Geschieden und distanziert zu seiner Tochter, aufbrausend und unzufrieden, von seinem Vater jahrelang gequält. Dann kommt es zu einem Jagdunfall, der Wade nicht zufällig erscheint. Er steigert sich in den Fall hinein und steuert damit auf eine Katastrophe zu.









Meinung:
"An manchen Tagen fühle ich mich wie ein geprügelter Hund. Irgendwann beiße ich zurück..."
 
Regisseur & Autor Paul Schrader hat mit seinem Drehbuch für Scorseses "Taxi Driver" Filmgeschichte, im wahrsten Sinne des Wortes, geschrieben. Vielleicht Fluch und Segen zugleich, denn fällt sein Name, muss "Taxi Driver" direkt mit genannt werden. Er hat bis heute nie wieder ein vergleichbares Werk geschaffen, aber zahlreiche bemerkenswerte. Darunter fällt auch "Der Gejagte", der es trotz seines namenhaften Cast und dem Oscargewinn für James Coburn (bester Nebendarsteller 1998) sich keiner großen Bekanntheit erfreut.



Im Mittelpunkt steht Wade Whithouse, Kleinstadtsheriff in dem verschneiten Kaff Lawford in New Hampshire. Weniger ein Gesetzeshüter, mehr Angestellter des Stadtmoguls LaRiviere, der den Verkehr regelt und den Schneepflug fährt. Sein gesamtes Leben ist so trostlos wie die karge Winterlandschaft. Vom Vater misshandelt, von der Ehefrau verlassen, von seiner kleinen Tochter entfremdet er sich immer weiter. Ein Jagdunfall, bei dem ein reicher Geschäftsmann ums Leben kommt, weckt seinen eigentlich schon eingeschlafenen Spürsinn. Der geprügelte Hund hat die Fährte aufgenommen und beginnt tatsächlich zu beißen, doch er verliert sich darin und steuert auf sein Ende zu.






Vergangenheitsbewältigung unter Brüdern
Was nach einem Thriller im Stil von "Copland" klingt ist in erster Linie ein Familiendrama, eine Charakterstudie. Mit voller Hingabe spielt Nick Nolte die gebrochene Hauptfigur. Vom Schicksal stets in den Rücken getreten stemmt er sich endlich einmal gegen alle Widerstände, versucht das Richtige zu tun und zerstört sich damit endgültig selber. Noltes Leistung ist brillant, dürfte zu den Höhepunkten seiner Karriere zählen. Wie bereits erwähnt bekam James Coburn in der Rolle seines alkoholkranken, jähzornigen Vaters den Nebenrollenoscar, trotz recht weniger Szenen. Lässt sich voll unterschreiben, sein Auftritt ist beeindruckend, bösartig, hassenswert.






Papa Whitehouse hält nichts von Pädagogik
"Der Gejagte" ist ein ruhiger Film, der sich nicht auf einen hochspannenden Plot stützt, sondern mehr auf seine Atmosphäre, seine Figuren und deren Darsteller. Wie die Rollen charakterisiert, geschrieben und gespielt sind, das macht seine Stärke aus. Alles wirkt sehr gut durchdacht und mit viel Wert auf Details umgesetzt. Die frostig-ländliche Kulisse passt hervorragend zu der eisigen Stimmung, der unaufdringliche, aber enorm passende Score von Michael Brook rundet das Gesamtbild ab. 


Paul Schrader ist mit "Der Gejagte" zwar kein weiteres Meisterwerk gelungen, dafür ein intensiver, einnehmender Film, der unbedingt von mehr Menschen gesehen werden sollte. 



7,5 von 10 vergessenen Oscargewinnern

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