Review: LOST IN LA MANCHA - Ein Dokument des künstlerischen Untergangs



Fakten:
Lost in La Mancha
GB/USA, 2000. Regie: Keith Fulton, Louis Pepe. Buch: Keith Fulton, Louis Pepe. Mit: Terry Gilliam, Johnny Depp, Jean Rochefort, Vanessa Paradis u.a. Länge: 89 Minuten. FSK: ohne Altersbeschränkung freigegeben. Auf DVD erhältlich.

Story:
"Last in La Mancha" dokumentiert die gescheiterten Drehtage zu Terry Gilliams Wunschprojekt "The Man Who Killed Don Quixote". Es kommen nicht nur Probleme mit den Investoren auf das Team zu, sondern auch Hauptdarsteller Jean Rochefort klagt über schwere Rückenschmerzen und ein starker Monsumregen zerstört beinahe das gesamte Equipment.




Meinung:
Es ist egal, welch cineastische Großtaten Terry Gilliam jetzt und in Zukunft inszeniert; es ist egal, mit viel Lob er überschüttet wird, wie viele Leute ihm wohlwollend auf die Schulter klopfen und breit grinsend auf schicken Preisverleihungen die Hände schütteln. Ob er nun wieder ähnliches Kulturgut des Kalibers eines „Fear and Loathing in Las Vegas“ oder eine wunderbar dystopische Gesellschaftskritik à la „Brazil“ fabriziert, in Gilliams Brust wird fortwährend diese abgebrochene Klinge stecken, die die gescheiterten Dreharbeiten zu seiner Herzensangelegenheit „The Man Who Killed Don Quixote“ hinterlassen hat.  Und auch wenn die Archivaufnahmen nun letztlich nicht wirklich berauschend aussehen mögen und eigentlich nur ein müdes Schulterzucken evozieren würden, selbst, wenn man für Gilliam und seiner Art der Interpretation überhaupt gar nichts übrig hat, ist es von einer außerordentlichen Tragik gezeichnet, einem Künstler dabei zusehen zu müssen, wie langsam etwas in ihm kläglich stirbt.



Gilliam sieht den Horror kommen...
Wie Hoffnungen, die seit Kindertagen tief in der Seele aufbewahrt und gepflegt wurden, nicht nur durch finanzielle Diskrepanzen oder menschliche Inkompetenz – die auch die mangelhafte Dressur von den partizipierten Tieren beinhaltet – zerschlagen werden, sondern ihnen auch durch die höhere Gewalt, die sich in ihrer gesamten Massivität zu Wort meldet, keine Chance auf Verwirklichung gegeben wird. „Lost in La Mancha“ wird da genau zu diesem Dokument des Untergangs, in dem eben nicht nur ein Film die so ersehnte Realisierung entzogen wird, dahinter stehen Menschen, die ihre ganze Kraft in dieses Projekt investiert haben, die ihren Optimismus beinahe peinlich, aber vollkommen ehrenwert aufrecht halten wollten, selbst wenn doch schon irgendwie alles verloren war, um ihrem Zugpferd Gilliam diesen immensen Wunsch zu erfüllen. Alles umsonst, alles nichtig, alles letztlich ohne Bedeutung. Wie schwer dieses einheitliche Versagen wiegen muss, lässt sich nicht in Worte fassen, nur im abschließenden Blick Gilliams ablesen.



...Und das Unheil nimmt seinen Lauf
Natürlich ist es keine Seltenheit, dass Filme es nicht an die Startlinie schaffen, und aus den Gedanken eines Einzelnen etwas Greifbaren erschaffen wird. „Lost in La Mancha“, der zu Anfang noch deutlich macht, dass diese Manifestation des künstlerischen Worst Case Scenarios eigentlich als Making of zum Film geplant war, möchte sich hinsichtlich der eigenen Präsentation auch gar nicht so forciert in den Vordergrund drängen und dem Zuschauer einbläuen, hier wäre DAS Meisterwerk der Filmgeschichte in seine Einzelteile zerbrochen. Nichts wird hier bedeutender verkauft, als es letzten Endes auch war. Es ist nur so, und da gelingt „Lost in La Mancha“ genau dieser berührende, empathische Effekt, Gilliam und seine Gefühle, wenn er bis in die Grundfesten erschüttert wird und wie betäubt jeden Boden unter den Füßen verliert, durchweg ungefiltert und unverfälscht darzustellen. Das ist einfach so menschlich ernüchternd.


Die Windmühlen haben tatsächlich zurückgeschlagen, jede Erinnerungen an diese Tage schmerzt, es lässt ihn verständlicherweise einfach nicht los, es kann auch keine Erlösung geben, wenn dieser Film nicht irgendwann von ihm höchstpersönlich fertiggestellt wird. Gilliams nächstes Projekt? Tja...


7,5 von 10 mürrischen Pferden


von souli

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