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Review: THE ZERO THEOREM – Warten auf eine Erklärung

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Fakten:
The Zero Theorem
UK. 2013. Regie: Terry Gilliam. Buch: Pat Rushin.
Mit: Christoph Waltz, Mélanie Thierry, David Thewlis, Lucas Hedges, Matt Damon, Tilda Swinton, Peter Stormare, Ben Whishaw u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
In einer nicht näher benannten Zukunft sucht der Programmierer Qohen Leth abseits seiner Arbeit nach dem Sinn des Lebens. Die Suche nach dem alles erklärenden „Zero Theorem“ wird für ihn dabei mehr und mehr zur Obsession.





Meinung:
Terry Gilliams "The Zero Theorem", der nach "Brazil" und "Twelve Monkeys" den Abschluss der sogenannten Orwell-Trilogie bildet, ist selbst für Gilliams Verhältnisse ein eigensinniger Film. Das fällt vor allem dann auf, wenn man versucht, die Handlung zusammenzufassen: Der soziophobe und latent autistisch wirkende Qohen (großartig dargestellt von Christoph Waltz) arbeitet für ein großes Unternehmen am sogenannten Zero Theorem, während er privat fieberhaft auf einen mysteriösen Anruf wartet. Punkt. Das ist, grob gesagt, die Handlung. Doch worin genau besteht Qohens Arbeit? Was ist sein Hintergrund, sein Werdegang? Was steckt hinter dem Zero Theorem? Und welchen Plan verfolgt der Chef des Unternehmens (Matt Damon), für das Qohen arbeitet?


Qohen ist in guten Händen
Vieles bleibt hier verborgen, vieles wird angedeutet, stellenweise expliziert, aber dann - offenbar bewusst - wieder verwischt. Wir sehen Qohen bei der Arbeit zu, schauen mit ihm auf seinen Bildschirm, und verstehen doch nicht. Die Visualisierung seines Jobs - Würfel mit Formeln und Zahlen darauf, die im virtuellen Raum umhergeschoben werden - stellt bereits die höchste Stufe des explizierenden Entgegenkommens dar. Den Rest müssen wir uns selbst zusammenreimen.Das liegt jedoch weniger an der Faulheit Gilliams, und ebensowenig am bescheidenen Produktionsbudget (für das auf visueller Ebene absolut Beachtliches geleistet wurde). Vielmehr scheint "The Zero Theorem" mit diesem Verwirrspiel die Bedeutung seiner Botschaft direkt am Publikum praktisch zu illustrieren: Es gibt Dinge, in denen sich kein intrinsischer Sinn erkennen lässt. Darum konstruiert euch den Sinn selbst! Denn genau das ist - Spoiler Alert - die Einsicht, die auch Qohen im Laufe dieser initiatorischen Geschichte hat, beziehungsweise: Die ihn von außen mit aller Härte trifft. Schließlich wartet er schon seit Jahren auf den einen Anruf, der ihm den Sinn seines Lebens mitteilt. Ein Anruf, der jedoch niemals kommen wird - so viel weiß Qohen am Ende. 


Es gibt Dinge, in denen sich kein intrinsischer Sinn erkennen lässt. Das Leben ist eines davon. "The Zero Theorem", wenn man ihn von all jenen 'klassischeren' Genreelementen befreit, die er durchaus auch besitzt (Überwachungswahn, virtuelle Realitäten, übermächtige Konzerne, et cetera), ist daher im Kern ein zutiefst existentialistischer Film. Dabei vermeidet das Drehbuch von Pat Rushin jeglichen Selbstfindungskitsch, aber auch allzu großen Zynismus, und verdeutlicht anhand des Protagonisten und dessen schwieriger Sinnsuche vor allem eines: Leben bedeutet "zur Freiheit verurteilt zu sein" (Jean-Paul Sartre). Dass dies in extremen Fällen in eine einzige bedrohliche Angstspirale führen kann, führt der Film uns ebenso vor Augen wie die stets vorhandene Möglichkeit des Ausstiegs aus derselben. Wie ein solcher Ausstieg aus dem Gefühl existentieller Verlassenheit aussieht, wissen wir nicht einmal - auch nicht in Bezug auf Qohens konkreten Fall - dann, wenn der Abspann läuft, denn dazu werden gegen Ende verschiedene Realitäts- und Wahrnehmungsebenen zu sehr verwischt. Im Geiste des Filmes heißt es somit schließlich für den Zuschauer, sich seinen eigenen Sinn des Ganzen zu konstruieren. Wo die Arbeit von Gilliam und Konsorten endet, beginnt die Arbeit im Kopf des Rezipienten. Das ist Genrekino mit Anspruch.


7 von 10 virtuellen Zahlenwürfeln


von Ben Kenobi

Review: JUPITER ASCENDING - Ein Wauwau und eine Putzfrau retten die Menschheit

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Fakten:
Jupiter Ascending
USA. 2015. Regie und Buch: Andy Wachowski, Lana Wachowski. Mit: Mila Kunis, Channing Tatum, Eddie Redmayne, Sean Bean, Douglas Booth, Tuppence Middleton, Gugu Mbatha-Raw, Edward Hogg, Vanessa Kirby, Terry Gilliam, Oleg Nasobin, David Ajala u.a. Länge: 125 Minuten. FSK: freigegebe ab 12 Jahren. Ab 25. Juni auf DVD, Blu-ry und Blu-ray 3D erhältlich..


Story:
Jupiter Jones arbeitet als Putzfrau und führt ein eher ereignisloses Leben. Das ändert sich, als Caine, ein außerirdischer Krieger, auf die Erde kommt, der Jupiter klar macht, dass es an ihr liegt die Erde zu retten. Denn sie ist eigentlich eine Königin, die dem fiesen Balem, der aktuell über die Erde herrscht, das Handwerk legen kann.





Meinung.
Am Ende pfeift der Kopf wie ein Teekessel, den man auf der heißen Herdplatte vergessen hat: „Jupiter Ascending“, das ist vor allem eine filmische Herausforderung, der man nur irgend möglich mit der nötigen Toleranz ob des zweistündigen Kuddelmuddel zu begegnen versucht, den Flickenteppich an guten Ansätzen in einen gefälligen Kontext rücken möchte, letzten Endes aber entkräftet das Handtuch werfen muss, denn zu viel ist bekanntlich schlichtweg zu viel. Aber auf Anfang, wenn sich denn an dieser Stelle schon mal einer ausmachen lässt. Lana und Andy Wachowski melden sich also wieder zurück auf der großen Kinoleinwand, das bedeutet, wie uns die Vergangenheit mehrfach gelehrt hat, auf der einen Seite sicherlich höchst ambitiöses Tun, aber oftmals eben auch, der künstlerische Einbruch unterhalb der tonnenschweren Lasten jener Ambitionen. Mit „Matrix“ haben die Geschwister das Action-Kino der späten 1990er Jahren in Sachen Gebrauch von Computereffekten auf ein neues stilistisches Level hieven können, um jenes dann im Nachhinein auch maßgeblich zu revolutionieren.


Ruhe, die Königin spricht
Aber „Matrix“ war nicht nur technisch aufregend und von unerhörter Coolness gebrandmarkt, die Wachowskis bewiesen auch ihr gehöriges Interesse an mehrwertig konnotierten Themenspektren – Von theologischen Schlenkern bis zum politischen Diskurs. Nach zwei desaströsen Fortsetzungen ihres inzwischen längst zum Klassiker avancierten Megahits, dem quietschbunten „Speed Racer“ mit Emile Hirsch sowie dem überdimensionalen Episodenfilm „Cloud Atlas“, den sie mit dem deutschen Kollegen Tom Tywker in die epische Szene gossen, zeigt das ungleiche Paar erneut daran interessiert, hinter die beharrlichen Fassaden unserer Wirklichkeit zu blicken. Um uns in das Universum von „Jupiter Ascending“ einzuschleusen, ist es signifikant, den (vielleicht?) kindlichen Glauben zu wahren, dass wir Menschen nicht alleine sind und es womöglich irgendwo in den hintersten Winkeln der unendlichen Weiten einen nicht minder hilflosen Zeitgenossen gibt, der seinen Blick in diesem Moment ebenfalls gen verlockend schimmernden Firmament richtet und von abenteuerlichen Reisen in fremde Welten träumt: Eskapismus wird hier großgeschrieben, und das ist gut so.


Oooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooscar!
Problematisch an der eskapistischen Sogwirkung, die „Jupiter Ascending“ kontinuierlich in feurigen Intervallen absondert, ist, dass wir uns mit der Welt, die uns Lana und Andy Wachowski so detailliert aufbieten, kaum auseinandersetzen dürfen. Durch ein Voice Over von der russischen Immigrantin Jupiter (Mila Kunis) werden wir in die Geschichte eingefügt und erkennen ihre Sehnsucht nach den Sternen, wenn sie für die Finanzierung eines Teleskops sogar ihre Eierstöcke eintauschen würde, doch hat Kunis hier kaum die Möglichkeit, als Zugpferd der Handlung zu taugen, wird ihr der angedeutete emanzipierte Habitus doch fortwährend verweigert: Ständig kullert sie von einer Gefahr in die nächste, aus der sie in repetitiven Last-Minute-Rescues von Spitzohr Caine (Channing Tatum) gerettet wird, der als genmanipulierter Ex-Militär mit ulkigen Sausestiefeln durch die Lüfte braust und das tragische Schicksal der Menschheit durch das heroische Beschützen der unwissenden Majestät Jupiter bewahrt. Mutter Erde ist in „Jupiter Ascending“ nichts weiter als ein riesiges Zuchtbecken für die Abrasax-Dynastie, die die Menschen für eine gepflegte Frischzellenkur einst säte.


Hey Kids, that's Terry Gilliam
Und jetzt ist eben die Zeit gekommen, an dem ihr Gut geerntet werden soll, so sieht es jedenfalls Balem (Eddie Redmayne), Anführer des aristokratischen Familien-Clans, und seine Geschwister Titur (Douglas Booth) und Kalique (Tuppence Middleton). Da ist es selbstverständlich, dass MINDESTENS die Rettung der Menschheit auf der Agenda geschrieben geschrieben steht. Es sind diesmal also keine hochentwickelten Computersysteme, die die Menschen zu eigenen Gunsten versklaven, sondern eine Horde Snobs, die sich vor Gesichtsfalten sträubt und dafür den ultimativen Genozid in Kauf nimmt: Raubtier-Kapitalismus wie man ihn in seiner schieren Dramatisierung nicht simpler aufbieten hätte können. Im Endeffekt aber tut es überhaupt nichts zur Sache, was „Jupiter Ascending“ erzählt oder nicht, wie oft er Ellipsen bildet oder Figuren von Jetzt auf Gleich unter den Tisch fallen lässt, steckt in diesem 195-Millionen-Dollar-Ungetüm doch mindestens Stoff für drei Filme und Bilder, die auf unzähligen Galerien ausgehängt werden sollten, damit man auch nur einmal die Zeit geschenkt bekommt, all die Einzelheiten der bombastischen Fotografien rechtmäßig zu würdigen.


Stattdessen hetzt das Narrativ von „Jupiter Ascending“ von A nach B, im Stakkato prasseln unzählige Impressionen auf den Zuschauer ein, während hier dann mal die Skyline von Chicago in Rauchschwaden aufgehen kann und dort ein Sean Bean von Bienen faselt, die ein besonderes Talent dafür haben, royales Blut zu erkennen. Eine derart konfuse Space-Opera wie sie Lana und Andy Wachowski hier auf die Beine gestellt haben, hat man wahrscheinlich noch nie in dieser Dimensionierung zu Gesicht bekommen; ein exzentrisches Kuriosum, welches sich genauso kurzatmig gibt, wie sein Antagonist, der von Eddie Redmayne dermaßen beschissen verkörpert wird, dass es schon wieder sensationell ist. Ansonsten ist „Jupiter Ascending“ wohl dann brauchbar, wenn man ihn sich auf der heimischen Anlage zu Gemüte führen kann, Frame für Frame dank der Pausen-Taste verarbeiten und den Arbeitseifer so in Sachen Worldbuilding vollends honorieren. Ein zerschossenes Kaleidoskop bleibt „Jupiter Ascending“ dennoch, albern, drunter und drüber, aber sympathisch scheitern ist ja irgendwo immer noch angenehmer, als abstoßenden Sondermüll aller erster Kajüte über sich ergehen lassen zu müssen.


4 von 10 gigantischen Raumschiffen


von souli

Trailerpark: Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens - Trailer zu THE ZERO THEOREM

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Terry Gilliam is back. Mit „The Zero Theorem“ meldet sich das Monty Python-Mitglied dieses Jahr zurück. Gilliams letzte Filme waren leider weder bei der Kritik und beim Publikum besonders beliebt. Wir hoffen mal, dass sein neuster Streich Gilliams Filmographie einen neuen Schatz hinzufügt, auch wenn erste Stimmen eher negativ über „The Zero Theorem“ berichten. Der Film handelt von einem Computergenie, der  nach dem Sinn des Lebens sucht. Typischer Gilliam-Stoff. Mit dabei sind Christoph Waltz, Tilda Swinton, Ben Whishaw, Mélanie Thierry, David Thewlis und Matt Damon. Einen deutschen Starttermin gibt es noch nicht.







Review: LOST IN LA MANCHA - Ein Dokument des künstlerischen Untergangs

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Fakten:
Lost in La Mancha
GB/USA, 2000. Regie: Keith Fulton, Louis Pepe. Buch: Keith Fulton, Louis Pepe. Mit: Terry Gilliam, Johnny Depp, Jean Rochefort, Vanessa Paradis u.a. Länge: 89 Minuten. FSK: ohne Altersbeschränkung freigegeben. Auf DVD erhältlich.

Story:
"Last in La Mancha" dokumentiert die gescheiterten Drehtage zu Terry Gilliams Wunschprojekt "The Man Who Killed Don Quixote". Es kommen nicht nur Probleme mit den Investoren auf das Team zu, sondern auch Hauptdarsteller Jean Rochefort klagt über schwere Rückenschmerzen und ein starker Monsumregen zerstört beinahe das gesamte Equipment.




Meinung:
Es ist egal, welch cineastische Großtaten Terry Gilliam jetzt und in Zukunft inszeniert; es ist egal, mit viel Lob er überschüttet wird, wie viele Leute ihm wohlwollend auf die Schulter klopfen und breit grinsend auf schicken Preisverleihungen die Hände schütteln. Ob er nun wieder ähnliches Kulturgut des Kalibers eines „Fear and Loathing in Las Vegas“ oder eine wunderbar dystopische Gesellschaftskritik à la „Brazil“ fabriziert, in Gilliams Brust wird fortwährend diese abgebrochene Klinge stecken, die die gescheiterten Dreharbeiten zu seiner Herzensangelegenheit „The Man Who Killed Don Quixote“ hinterlassen hat.  Und auch wenn die Archivaufnahmen nun letztlich nicht wirklich berauschend aussehen mögen und eigentlich nur ein müdes Schulterzucken evozieren würden, selbst, wenn man für Gilliam und seiner Art der Interpretation überhaupt gar nichts übrig hat, ist es von einer außerordentlichen Tragik gezeichnet, einem Künstler dabei zusehen zu müssen, wie langsam etwas in ihm kläglich stirbt.



Gilliam sieht den Horror kommen...
Wie Hoffnungen, die seit Kindertagen tief in der Seele aufbewahrt und gepflegt wurden, nicht nur durch finanzielle Diskrepanzen oder menschliche Inkompetenz – die auch die mangelhafte Dressur von den partizipierten Tieren beinhaltet – zerschlagen werden, sondern ihnen auch durch die höhere Gewalt, die sich in ihrer gesamten Massivität zu Wort meldet, keine Chance auf Verwirklichung gegeben wird. „Lost in La Mancha“ wird da genau zu diesem Dokument des Untergangs, in dem eben nicht nur ein Film die so ersehnte Realisierung entzogen wird, dahinter stehen Menschen, die ihre ganze Kraft in dieses Projekt investiert haben, die ihren Optimismus beinahe peinlich, aber vollkommen ehrenwert aufrecht halten wollten, selbst wenn doch schon irgendwie alles verloren war, um ihrem Zugpferd Gilliam diesen immensen Wunsch zu erfüllen. Alles umsonst, alles nichtig, alles letztlich ohne Bedeutung. Wie schwer dieses einheitliche Versagen wiegen muss, lässt sich nicht in Worte fassen, nur im abschließenden Blick Gilliams ablesen.



...Und das Unheil nimmt seinen Lauf
Natürlich ist es keine Seltenheit, dass Filme es nicht an die Startlinie schaffen, und aus den Gedanken eines Einzelnen etwas Greifbaren erschaffen wird. „Lost in La Mancha“, der zu Anfang noch deutlich macht, dass diese Manifestation des künstlerischen Worst Case Scenarios eigentlich als Making of zum Film geplant war, möchte sich hinsichtlich der eigenen Präsentation auch gar nicht so forciert in den Vordergrund drängen und dem Zuschauer einbläuen, hier wäre DAS Meisterwerk der Filmgeschichte in seine Einzelteile zerbrochen. Nichts wird hier bedeutender verkauft, als es letzten Endes auch war. Es ist nur so, und da gelingt „Lost in La Mancha“ genau dieser berührende, empathische Effekt, Gilliam und seine Gefühle, wenn er bis in die Grundfesten erschüttert wird und wie betäubt jeden Boden unter den Füßen verliert, durchweg ungefiltert und unverfälscht darzustellen. Das ist einfach so menschlich ernüchternd.


Die Windmühlen haben tatsächlich zurückgeschlagen, jede Erinnerungen an diese Tage schmerzt, es lässt ihn verständlicherweise einfach nicht los, es kann auch keine Erlösung geben, wenn dieser Film nicht irgendwann von ihm höchstpersönlich fertiggestellt wird. Gilliams nächstes Projekt? Tja...


7,5 von 10 mürrischen Pferden


von souli