Fakten: Oblivion
USA. 2013. Regie: Joseph Kosinski. Buch: Michael Arndt, Karl Gajdusek, Joseph
Kosinski (Vorlage). Mit: Tom Cruise, Olga Kurylenko, Morgan Freeman, Nikolaj
Coster-Waldau, Andrea Riseborough, Melissa Leo, Zoe Bell u.a. Länge: 125
Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 15. August auf DVD und Blu-ray
erhältlich.
Story: Das Jahr 2077. Nach einem gewonnenen Krieg gegen eine außerirdischen Rasse
ist die Erde nur noch ein Trümmerfeld und zum Großteil lebensfeindlich für
Menschen, so dass die Überlebenden auf eine Raumstation evakuiert wurden. Auf
dem ehemals blauen Planeten suchen derweil spezielle Drohnen nach Ressourcen.
Diese Drohnen werden von Technikern und Monteuren vor Ort überprüft und gewartet.
Einer davon ist Jack Harper. Er und seine Assistentin sind kurz davor ihren Dienst zu beenden und ebenfalls zur Raumstation zu fliegen, doch dann häufen sich Komplikationen.
Meinung: Bereits
mit seinem ersten Spielfilm „Tron: Legacy“ zeigte sich, das Regisseur Joseph
Kosinski ein Händchen für Stil und Optik hat. Narrativ war die langersehnte
Fortsetzung des Disney-Kultfilms zwar genau so steril und kalt wie die Bilder
aus dem inneren der Computerwelt, aber trotz dieser Kritik war es klar, dass
Kosinski ein Meister der Bilder ist. Diesen Ruf verfestigt er nun mit seinem
zweiten Film „Oblivion“, der auf einem Comic des Regisseurs basiert, welches
vor einigen Jahren erschien.
Jack genießt die Aussicht
„Oblivion“ ist, lässt man die Exposition außen vor, einfache Sci-Fi-Kost. Ein Genre-Beitrag,
der wegen seiner reduzierten Figurenanzahl an den Klassiker wie „Der Omega-Mann“
oder den Kassenhit „I am Legend“ erinnert. Tom Cruise fliegt, fährt, wandert
und sinniert in einer apokalyptischen Welt und damit Bilder erzeugt, die wirklich erstaunlich sind.
Gedreht u.a. in Island und mit Filmtricks versehen, die sich ohne Probleme
organisch ins Gesamtbild einpassen, erweist sich „Oblivion“ als Eintrittskarte für
eine visuelle Welt des Staunen und Schwärmens. Diese Welt, die eher unüblich
fürs Genre sich dem Tageslicht wonnenhaft hingibt, ist der größte Reiz des
Films. Hinzu kommt, dass Kosinski wie bei „Tron: Legacy“ auch modernem Design
und Architektur frönt. Oftmals scheint es fast so, als ob die Designer von
Apple beim Look von Ausrüstung, Vehikeln und Unterkunft mitgewirkt haben. Das
Ergebnis: egal ob das apokalyptische Outback oder der Skytower, in dem Held
Jack Harper mit seiner Assistentin Vika wohnt, alles wirkt kalt, beinhaltet
aber auch eine Weite, der sich schwer zu entziehen ist.
Gestatten, der Erkläronkel
Der beeindruckenden Optik und dem imposanten wie eingänglichen Design stehen
allerdings einige Faktoren entgegen, die „Oblivion“ von seinem visuellen
Höhenflug zurückzerren auf den Boden seiner Schwächen und Verfehlungen. Ganz
vorne in diesem Kabinett sind die wenigen aber doch sehr wichtigen Charaktere.
Während Tom Cruise routiniert seine Heldenrolle mit Sonnyboy-Image abspult,
darf Morgan Freeman auch nicht mehr tun, als mal wieder den Erklär-Onkel zu
mimen. Als größte Schwäche im Cast erweist sich Ex-Bondgirl Olga Kurylenko, die
mit einem einzigen Gesichtsausdruck versucht, durch den Film zu kommen. Das
Ergebnis ist oftmals unfreiwillig komisch. Aber auch ohne Kurylenko wäre es
mehr als offensichtlich, dass „Oblivion“ kein Film der interessanten Figuren
ist, eher im Gegenteil. Die Entwicklung des Helden geschieht ohne erzählerischen
Enthusiasmus, verkommt sogar zu einer reinen Pflichtübung, die weder zu fesseln
noch zu verblüffen vermag. Kosinskis ist zu verkrampft darauf Held Jack Harper als
Projektionsfläche zu nutzen. Dass dabei seine Assistentin Vika (Andrea Riseborough,
„Happy Go-Lucky“, „Alles was wir geben mussten“) trotz einer Liebelei nicht
mehr ist als ein Designerstück im Skytower macht es nicht leichter den
aufkeimenden Zwist zwischen den Beiden gefühlsmäßig ernst zu nehmen.
So schön kann die Welt nach ihrem Untergang sein
„Oblivion“ hat dasselbe Problem wie Kosinskis „Tron: Legacy“: seine optische
Wucht wird von seinen narrativen Schwächen aufgehoben. Zumindest verzichtet
Kosinski hier auf esoterisches Techno-Geschwurbel, welches den Film in die
Länge zieht und zerrt. Vielleicht liegt dies an Co-Autor Michael Arndt (erhielt
für sein Script von „Little Miss Sunshine“ einen Oscar), der als eine Art
Ghostwriter wohl noch die eine oder andere Verbesserung ins Drehbuch
einbrachte. Aber auch so ein versierter Schreiber wie Arndt konnte nicht
verhindern, dass „Oblivion“ sich in einem wenig ertragreichen und sehr
trostlosen Strudel aus Plottwists ergibt und sich damit ordentlich verhebt.
Handlungstechnische Ähnlichkeiten zu einem kleineren Sci-Fi-Film, dessen Titel
hier nicht verraten wird, der vor einigen Jahren nicht nur Genre-Fans begeisterte,
sind dabei vorhanden. Allerdings ist es, alleine schon wegen der Herkunft als
Comic, unwahrscheinlich, dass Joseph Kosinskis für sein „Oblivion“-Finale sich
als bloßer Imitator versuchte. Dennoch ist es höchst anregend zu beobachten,
dass ein kleiner Sci-Fi-Beitrag trotz Ermangelung von großer tricktechnischer
wie optischer Brillanz dem großen Blockbuster zeigt, wie man Sci-Fi packend und
aufrichtig (im Bezug auf Handlung und Figuren) inszeniert und in Form bringt.
Joseph Kosinskis „Oblivion“ bietet im Gesamtblick noch genug Anziehungspunkte,
um nicht – ähnlich wie „Tron: Legacy“ – komplett im hochtechnosierten Morast zu
versacken. Als optisches Bonbon ein wirklich ansprechender Film, aber als Erzählung,
als Geschichte die den Zuschauer nicht nur in eine fremde, futuristische Welt
einführt, sondern auch Spannung und Empathie erzeugt versagt „Oblivion“ im
großen Stil. Ein Film wie eine dekorative Kugel aus Glas: hübsch anzusehen aber dennoch kalt und leblos.
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