Review: DIE VIERTE MACHT - Hollywoodkino aus Deutschland über Russland



Fakten:
Die vierte Macht
Deutschland. 2012. Regie: Dennis Gansel. Buch: Dennis Gansel. Mit: Moritz Bleibtreu, Kasia Smutniak, Max Riemelt, Rade Serbedzija, Stipe Erceg, Mark Ivanir, Cosmia Shaw, Korkmaz Arslan u.a. Länge: 115 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Der junge Journalist Paul Jensen aus Berlin geht nach einer Krise nach Russland und fängt dort bei einem bekannten Magazin zu arbeiten an. Aus Liebe zu einer jungen Frau und weil er sich nichts dabei denkt veröffentlicht er einen politisch-motivierten Nachruf auf einen bekannten Journalisten- mit weitreichenden Konsequenzen! Er wird in einen Bombenanschlag verwickelt und wegen Terrorismusverdacht ins Gefängnis gesteckt. Dabei merkt er, dass in Moskau mehr faul ist und er in eine Geschichte verwickelt ist, an der sein Vater bereits gearbeitet hat.




Meinung:
Dennis Gansel gilt aktuell wohl als einer der weniger deutschen Mainstream-Regisseure, die nicht einzig und allein durch ach so lustige Beziehungskomödien glänzen. Nach unter anderem dem Historienfilm „Napola“, dem Vampirfilm „Wir sind die Nacht“ und „Die Welle“, mit dem er auch international seinen Durchbruch gefeiert hat, veröffentlichte er im Jahr 2012 mit „Die vierte Macht“ einen Politthriller, der im winterlichen Moskau spielt. In der Party- und Clubszene, da soll Paul eigentlich seine Storys suchen. Klatschgeschichten über die Schönen, Reichen und Berühmten Moskaus


Paul (M. Bleibtreu) und das russische Militär
Moritz Bleibtreu spielt den Journalisten Paul ordentlich, aber ansonsten ist der Film schauspielerisch eher mau. Nicht einmal Max Riemelt, den ich eigentlich sehr schätze, kann mich überzeugen, was vor allem daran liegt, dass der russische Akzent (ja, Riemelt spielt einen Russen) sowohl im englischen Original wie auch in der Synchronfassung grottenschlecht klingt und seine Rolle unglaubwürdig macht. Da sich die deutschen Schauspieler allesamt selbst synchronisieren ist die Synchronfassung schon sehr gewöhnungsbedürftig und der Film zeigt mal wieder eindrucksvoll, wie schwer die Arbeit eines Synchronsprechers eigentlich ist! Aber das nur nebenbei. Wenn man großzügig ist, kann man aber auch Rade Serbedzijas Leistung, bekannt unter anderem aus Guy Ritchies "Snatch", positiv hervorheben, der eine Art Mentor und Ratgeber für Paul darstellt.


Optisch sieht Dennis Gansels Film ansprechend aus, alles irgendwie alt und kaputt, die Szenen im Gefängnis wirken extrem ungemütlich und schmutzig. Dazu wunderbar kalt und trist. Auch gute Actionszenen (Verfolgungsjagden) und durchaus beeindruckende Bilder, zum Beispiel von einstürzenden Hochhäusern, liefert Gansel und so schafft er es auch, zumindest ein bisschen Hollywoodflair aufkommen zu lassen. Hervorzuheben ist die sehr gut passende und angenehme Filmmusik von Heiko Maile. Auch die nötige Spannung, die so ein Politthriller braucht, ist durchaus vorhanden.


Sind Anschläge und Explosionen ein legitimes Mittel?
Aber dennoch erscheint der Film eigentümlich lang und phasenweise einfach zu wenig dynamisch. Und das, obwohl eigentlich interessante Themen mit eingebaut werden: der Tschetschenienkonflikt, Terror, Macht autoritärer Staaten durch das Schüren von Angst in der Bevölkerung, Pressefreiheit, überhaupt Grund- und Menschenrechte und vor allem deren Beschneidung. Aber alles ist zu geradlinig aufgebaut und dabei doch zu willkürlich. Vieles ergibt einfach kaum Sinn, Entwicklungen basieren meist auf dem Zufallsprinzip und das kann dann nach einiger Zeit doch ziemlich stören. Da sind Rätsel des verstorbenen Vaters, der wohl wusste, dass sein Sohn in Moskau Jahre später auf der gleichen Spur ist. Und da ist Paul, der in eben diese Wohnung zurück will, obwohl die Wohnung vom russischen Geheimdienst überwacht wird und sie ihn wohl sofort töten würden. Und da ist der russischen Geheimdienst, der zwar das Haus mit Pauls Moskauer Wohnung streng überwacht, dabei aber leider die Hintertür vergisst. Das sind alles Dinge, die den Film leider auch für den nur oberflächlichen Zuschauer einfach unglaubwürdig und streckenweise ein bisschen doof machen.


Trotzdem ist „Die vierte Macht“ ein Politthriller, der besonders in den eher wortlosen Phasen durch seine kühle, leicht düstere Optik punkten kann. Spannend ist er genauso, man muss nur über die vielen Zufälle und blöden Handlungen aller Protagonisten hinwegsehen können.


6 von 10 tschetschenische Terroristen im russischen Knast

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