Special: TOT ODER LEBENDIG – 4# Martin Short



Mal ganz frech in den Raum gefragt: Ist es überhaupt sinnvoll, eine Exegese zum Gesamtwerk des Martin Short anzustreben? Ohne ihn mit dieser Eingangsfrage als Menschen diffamieren zu wollen, ist Martin Short doch eher einer der Schauspieler, die heute im Großen und Ganzen keinen Blumentopf (wenn überhaupt die Goldene Ananas) mehr gewinnen. Ehemals, zu Beginn seiner heute relativ überschaubaren Kino-Karriere, galt Martin Short für den amerikanischen Markt tatsächlich als Pendant zum französischen Genius Louis de Funés („Der Gendarm von St. Tropez“, „Brust oder Keule“). Blasphemie! Mit dem formvollendeten „Wahnsinn“ eines De Funés hatte Shorts Schauspiel wirklich wenig bis gar nichts gemein: Obgleich der kanadische Akteur sich durchaus in der Lage dazu sah, einige ungezügelte Grimassen auszupacken, residierte De Funés in einer anderen Liga, wenn er sich mit weit aufgerissenen Augen kopfüber in das (meist eigenhändig erschaffene) Chaos stürzte.


Method Acting a la Martin Short
Also wo lässt sich Martin Short nun einordnen? Wie lässt sich sein Schaffen angemessen klassifizieren? Martin Short wusste selber, dass er diesen fiesen Vergleichen bezüglich Louis de Funès nicht standhalten konnte, dass er kein Erbe antreten konnte, dessen Ballast auf der internationalen Bühne einfach viel zu schwer wog und sich so sukzessiv tief in das eigene Fleisch schneiden würde. Man täte – retrospektiv betrachtet - Martin Short heute auch Unrecht, würde man ihn als 'Superstar' bezeichnen. Den konkreten Startschuss für seinen Werdegang in der Filmwelt, lässt sich anhand von John Landis' Western-Komödie „¡Drei Amigos!“ manifestieren, in dem Short 1986 an der Seite von den damaligen Comedy-Koryphäen Steve Martin und Chevy Chase zu sehen war. Die Kritiken waren verhalten, Short, dessen Nachname ja auch irgendwie Programm war, hingegen setzte seinen Weg mit dem heute als Klassiker geltenden „Die Reise ins Ich“ und der Gauner-Komödie „Das Bankentrio“, in dem Short es mit Grummelbär Nick Nolte zu tun bekam, fort. Und trotz seiner unermüdlichen Auftritte in den verschiedensten Serien-Formaten (von „I'm a Big Girl Now“ bis „Maniac Mansion“), schien Short sein Gefilde gefunden zu haben: Den Familien-Film.


Martin Short als "Clifford"
Im Jahre 1991 erhielt Martin Short eine Rolle in Charles Shyers „Vater der Braut“, einem Remake des gleichnamigen Klassikers mit Spencer Tracy und Elizabeth Taylor, und durfte als Wedding-Planer Franch Eggelhoffer mal so richtig dick auftragen. Erneut an der Seite von Steve Martin, zeigte Short, dass er zwar eigentlich prädestinierter Nebendarsteller ist, in der richtigen Rolle und einer adäquaten Dosis in Sachen Screentime den Zuschauer aber wirklich amüsieren kann. Schrullig-exzentrisch, hysterisch und (nicht nur leicht) queer, macht Short wahrlich das Beste aus der ulkigen Figur des Franck. Danach galt Martin Short als 'Talentiert', wurde für „Captain Ron“ gebucht und musste erneut reichlich Schelte vom Feuilleton kassieren, das „Captain Ron“ verbissen zu einem der miserabelsten Filme des Jahres kürte. Besonders schade aber wirkt sich seine Performance in „Ein Geschenk des Himmels – Vater der Braut“, der Fortsetzung zum Kassenschlager, aus. War Short in Teil 1 noch wunderbar auflegt, genau zur rechten Zeit am rechten Ort, überspannt das Drehbuch hier ganz penetrant den Bogen: Franck bekommt beinahe eine Hauptrolle zugesprochen – Und macht sich komplett zum deplatzierten Vollidioten.


Es folgten ein Cameo im von Stars gespickten Sci-Fi-Ulk „Mars Attacks!“ und eine Nebenrolle im erzkonservativen „Aus dem Dschungel, in den Dschungel“, bei dem Short immerhin gut mit Tim Allen harmonierte und die wohl spaßigsten Szenen des Films auf seine Kappe nehmen durfte. Danach war die Luft raus, Martin Short, das ungebremste Nervenbündel, der alberne Pausenclown, juckte die breite Masse einfach nicht mehr. Aber hat er das überhaupt mal wirklich? Gab es Leute, die sich einen Film wirklich deshalb angeschaut haben, weil Martin Short mitgespielt hat (Familienmitglieder zählen nicht!)? Im höchsten Maße interessant wird es allerdings 2015, wenn sich Martin Short in Paul Thomas Andersons heiß entgegen gefeierten „Inherent Vice“ neben Joaquin Phoenix und Charlize Theron zum Besten geben wird. Wie wir alle wissen, ist Anderson ein Mann dafür, das Maximum aus Schauspielern herauszukitzeln. Vielleicht ist das auch die Möglichkeit, Short einen 'zweiten' Frühling zu bescheren...Wer weiß?


von souli

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