Fakten:
Die Unzertrennlichen (Dead Ringers)
CAN, USA, 1988. Regie: David
Cronenberg. Buch: David Cronenberg, Norman Snider, Bari Wood & Jack
Geasland (Vorlage). Mit: Jeremy Irons, Geneviève Bujold, Heidi von Palleske,
Barbara Gordon, Shirley Douglas, Stephen Lack, Nick Nichols, Lynne Cormack,
Damir Andrei, Miriam Newhouse u.a. Länge: 111 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18
Jahren. Auf DVD erhältlich.
Story:
Die eineiigen Zwillinge Elliot und
Beverly Mantle betreiben gemeinsam nicht nur eine hochmoderne gynäkologische
Praxis, sie teilen auch sonst alles im Leben, seit ihrer Kindheit. Dazu gehören
auch die Frauen. Der selbstbewusste Elliot ist der Eroberer, der nach dem
Vorkosten seinem schüchternen Bruder Beverly das Feld überlässt, meist ohne
Kenntnis der Damen. So auch bei der psychisch labilen Schauspielerin Claire
Niveau. Diesmal entwickelt Beverly jedoch tiefere Gefühle für die Frau und
entfernt sich erstmals von seinem Bruder. Die Konsequenzen sind fatal.
Meinung:
-„Mein Bruder und ich haben uns
immer alles geteilt.“
-„Ich bin kein Gegenstand!“
-„Ich meine Menschen…“
Selten ist ein Regisseur so
konsequent seinem Themenkomplex über die Jahre treu geblieben wie David
Cronenberg, ohne sich ermüdend zu wiederholen, sondern ihm immer neue Facetten
zu entlocken. Nicht umsonst wurde der Begriff „Body-Horror“ durch ihn
entscheidend geprägt, wobei sich dahinter nie plumpes Zurschaustellen
blutig-bizarrer Momente verbarg. Vielmehr eine differenzierte
Auseinandersetzung mit den menschlichsten, instinktivsten Motiven der Existenz.
Evolution, Sexualität, Identität. Der Mensch, seine Physis und Psyche als
Zentrum und basierend auf dem Gedanken der freudschen Erkenntnisse der
Psychoanalyse, die im Kern Grundlage für alle seine Werke war. Von seinen
überdeutlich sexualisierten Mutationsschockern wie „Shivers“ und „Rabid“,
seinen vom Ur-Trieb mehr auf die Kraft der Gedanken fokussierten „Scanners“,
seinen „New Flesh“-Höhepunkt „Videodrome“ bis zu seiner brillanten, alles
vereinenden Identitäts-und Metamorphose-Meisterwerk „Die Fliege“.
Das Weib an der Brust, den Bruder im Kopf. |
Sportlich und elegant, zusammen perfekt. |
All dies eventuell nur möglich
durch den unfassbaren Jeremy Irons, der die wohl schwierigste Rolle seiner
Karriere mit einer atemberaubenden Bravour meistert. Zwei Jahre später erhielt
er den Oscar als bester Hauptdarsteller für „Die Affäre der Sunny von B.“,
dankte jedoch Cronenberg, denn er wusste, dies war wohl die verspätete Ehrung
für diese phänomenale Leistung. Optisch identisch ist jederzeit klar, wen der
beiden Brüder er gerade verkörpert, ohne offensichtliche, überdeutliche
Kennzeichnungen, da verlässt sich Cronenberg ganz auf das Können seines
Hauptdarstellers. Mit Recht. Wahnsinnig fordernd und unglaublich umgesetzt,
mutig und oft zum Scheitern verurteilt, man erinnere sich nur an so viele
alberne Doppelrollen-Versuche, in denen sich der arme Darsteller durch
überkandideltes Schauspiel, blöde Masken, extravagante Klamotten oder peinliche
Akzente als andere Person zu erkennen geben musste, damit jeder Hans-Wurst dem
mit einem Auge folgen kann. Wie man so was macht, es sollte als Irons-Acting
bezeichnet werden. Beeindruckend, wie der ganze Film. Kein reiner Genrefilm,
kein einfaches Futter, ein Cronenberg halt. Klug, nachhaltig, ausgereift.
Meisterlich.
8,5 von 10 goldenen OP-Instrumenten
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