Review: HÖRIG BIS ZUR LETZTEN SÜNDE - Die BRD am Ende der Moral



Fakten:
Hörig bis zur letzten Sünde a.k.a. Anwalt des Teufels
BRD. 1970. Regie: Hans Billian, Lothar Gündisch. Buch: Günter Hendel, Antonio Arvedi, Lother Gündisch. Mit: Horst Naumann, Carina Christian, Erwin Apel, Hedy Bader, Peter Dornseif, Christine Kuon u.a. Länge: 81 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Aktuell leider nicht auf DVD erhältlich.


Story:
Ein korrupter Rechtsanwalt versucht mit allen Mitteln, an die Beute eines Banküberfalls zu kommen.
Und wir haben alles versucht, um an einen Trailer kommen. Leider ohne Erfolg. Zum Glück haben wir mittlerweile schon so etwas wie eine Tradition, wenn wir bei YouTube nicht fündig werden: lustige Katzen.





Meinung:
Schon gewusst? Hans Billian, den ich an dieser Stelle ja schon ein paar Mal besprach, drehte mit jenem Film hier einen waschechten Krimi, den einzigen seiner Karriere. Unter der Co-Regie von Lothar Gündisch (u.a. Regieassistent von Billians 'ICH KAUF MIR LIEBER EINEN TIROLERHUT' und 'DIE LUSTIGEN WEIBER VON TIROL', sowie Veit Harlans 'ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN' - herrje, fast nur Filme, die ich kenne) kriegt man sodann trotz noiriger Schwarz-Weiß-Aufmachung und bleihaltigem Banküberfall in der Eröffnungssequenz relativ flott mit, wer bei diesem verkommenen Sittenbild am Ruder steht.


Im Nachkriegsdeutschland wird scharf geschossen
Da stellt man uns den schmierigen Rechtsanwalt Peter Keller (Horst Naumann) als Antihelden zur Verfügung, welcher den Direktor jener überfallenen Bank verteidigen soll, da dieser ebenso unter Verdacht steht (schließlich lagen 'zufällig' ein paar Millionen an jenem Tag aus). Der knickt schließlich vor Furcht ein und verrät ihm unter vier Augen die Wahrheit, damit seine Frau, welche das Geld versteckt hat, nicht belangt wird. Keller schwört, die Sache vertraulich zu behandeln, doch in seinem Kopf schwirrt schon der Zaster herum. Den verspricht er auch seinem Betthäschen Pat, auf die übrigens seine Sekretärin Brigitte eifersüchtig ist - der Mann hat nun mal einen enormen Verschleiß an Frauenbekanntschaften. Selbst als eine junge Dame ihn ersucht, von ihm versteckt zu werden, um den Repressalien ihrer Fahrerflucht zu entkommen, geht er gerne darauf ein und greift einvernehmlich-beherzt zur Brust, lässt sie in der Bude von Pat übernachten. Als Pat sogar nach einigen Tagen zurückkommt, bleibt das Zweit-Girl noch zur Unterhaltung, verwöhnt sie mit lesbischen Spielchen, wenn Keller mal wieder auf perfide Touren geht oder von brutalen Schuldeneintreibern vermöbelt wird. Die sind auch der Hauptgrund, warum er die Kohle braucht und schließlich überwindet er sich sogar dazu - nachdem der Bankdirektor letzten Endes doch noch zu 15 Jahren Haft verknackt wurde und sich anschließend in der Gefängniszelle aufhing - dessen Witwe Christine zu ehelichen und so auf die Spur des Geldes zu kommen.


Der Anwalt des Teufels scheint ein guter Küsse zu sein
Das liebe Frauchen erhofft sich viel von ihrer neuen Liebe, schwärmt den ganzen Tag lang über für ihn und erlebt jede Nacht den Beischlaf ihres Lebens. Blöd nur, dass sich seine anderen Liebschaften streng vernachlässigt und ihn somit auf den Zahn fühlen. Da lockt er fortan erneut mit Versprechungen und lässt auch mal seine Sekretärin an sich ran - doch sobald Pat wieder aufkreuzt, schlägt die Eifersucht erneut zu und so verpfeift Brigitte ihn bei Christine, welche sich nun schockiert von seinen dubiosen Plänen in den sicheren Pillentod treibt und dafür von ihm lediglich angeschrien wird, das Versteck zu verraten. So werden ihm also weder die Polizei, noch etwaige Gangster zum Verhängnis (u.a. Johannes Buzalski, der den Keller erpresst und zudem jenes junge Mädel von der Fahrerflucht in dessen Bude infiltriert hat, um den Standpunkt der Kohle herauszufinden), sondern schlicht und ergreifend seine Vielweiberei, die sich untereinander sowieso schon auffrisst. Da überlässt Billian natürlich nichts dem Zufall und präsentiert ausschließlich Darstellerinnen, die bereit sind, sich zu entblättern und so dem hedonistischen Genuss des unmoralisch-verbrecherischen Anwalts besondere, knallharte Faszination zu verleihen. In der verregneten Vorstadt-Provinz, in welcher der Film spielt, stellt jener Exzess ein bezeichnenderweise aufregendes und durchtriebenes Element dar, das frivol und anarchisch die monochrome Farbgebung und das dargestellte, spießige Setting geradewegs zu durchbrechen gedenkt (allein wie fett & steif die Hüter des Gesetzes präsentiert werden, spricht da Bände).


Dadurch verkommt es alles letztendlich zum Arschloch-County und man darf durchaus Mitleid mit der Witwe des Bankdirektors empfinden (auch wenn sie den Braten hätte riechen müssen), jene verbrecherischen Players bekommen im Finale dennoch ordentlich ihr Fett weg - but not without a fight! Da ist Billian & Gündisch ein schön ausschweifend-fieses, exploitativ-knalliges Werk des hingerotzten Nihilismus gelungen, dass durchweg durch die sexy Modder latscht und zum Schluss Blut dort reinschießen lässt - weil es jetzt (1970) endlich erlaubt ist und man somit den moralischen Zeigefinger dezent bei der Leine halten kann. Ein wirklich spaßiger Reißer - Crime & Tits in Black & White, frech ausgekotzt über den bundesdeutschen Mief. Gutmenschlichkeit findet ihr woanders.


7 von 10 sexy Intrigen


vom Witte

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