Review: SYMPHONY IN BLOOD RED - So lange es dem Dario gefällt...

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Fakten:
Symphony in Blood Red (Come una crisalide)
IT, 2010. Regie: Luigi Pastore. Buch: Luigi Pastore, Antonio Tentori. Mit: Antonio Tentori, Sharon Alessandri, Nikol Brown, Federica Carpico, Tony Cimarosa, Michela Foresta, Fabio Giovannini, Anna Morosetti, Simona Oliverio u.a. Länge: 79 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Ein Geisteskranker tötet seine Therapeutin, als sie ihn erneut in eine Anstalt einweisen will. Er beginnt eine blutige Mordserie, angetrieben von den Dämonen seiner grausamen Kindheit. Er dokumentiert sein Treiben mit einer Kamera, eine Art Therapie für ihn. Dann trifft er in einem Park auf Lisa. Sie soll seine Erlösung sein.


                                                                    
                                                                                   




Fakten:
Es ist immer wieder einen Versuch wert: Die Reanimation des Giallos, des Sub-Genres, welches das italienische Horrorkino einst prägte und bis heute eine ganz eigene Faszination ausstrahlt. Dem ist auch Regisseur und Co-Autor Luigi Pastore erlegen, der mit „Come una crisalide“ sich vor einem der größten Namen in diesem Bereich verbeugt: Dario Argento. Dieser ist selbst sehr angetan von dem Werk, was leider das bestätigt, was Argento seit knapp 20 Jahren durch seine Arbeiten schon zeigt: Er hat wohl nicht nur sein Talent, seine Magie verloren, sondern einen nicht geringen Anteil seines Verstandes gleich mit.
Das Making-Of kommt einem nach Sichtung des Films wie ein schlechter Scherz vor. Das sich der Regisseur und sein Co-Autor (wie Darsteller) Antonio Tentori gegenseitig in den Himmel loben, gut, was sollen sie auch machen? Wenn einer hinter diesem Film stehen muss, dann wohl sie. Die Krönung ist – jetzt wird es bitter – Seniore Argento höchstpersönlich, der einleitend nicht müde wird zu betonen, wie eindrucksvoll und interessant er diesen dilettantischen Hommage-Krepierer doch findet. Nicht zu fassen...


Man möchte nur noch schreien.
Die Werke von Argento hat Pastore eindeutig studiert, beginnt gleich mit einem Zitat aus dessen Hit „Tenebre“ und „huldigt“ (was in dem Zusammenhang sehr merkwürdig klingt) besonders ihn, allerdings auch jeden anderen Argento-Giallo aus der guter Zeit, mit aller Macht. Dessen Fähigkeiten kann der Mann dabei nicht mal ansatzweise kopieren. Schuldmindernd müssen die geringen Mittel angerechnet werden, der Film kann einfach an vielen Stellen nicht besonders gut aussehen, richtige Darsteller waren sicher unbezahlbar, doch selbst unter den Umständen grenzt das an eine Zumutung. Die angeblich so ‚fähige“ Inszenierung und Bilder erinnern an ein Home-Video, selbst dann noch in mehr als dürftiger Qualität. Was da so als Schauspieler durchs Bild gejagt wird ist eine Frechheit und wenn sie den Mund aufmachen wird es nicht wirklich besser. Die unzähligen Referenzen sind natürlich unverkennbar, nur so amateurhaft umgesetzt, da hilft nichts mehr. Über die Story sollte man eh nicht zu viele Worte verlieren. Wenn es danach ginge, würde fast jeder Giallo durchfallen.


Sie hat es wenigstens hinter sich.
Planlos peitscht Pastore von einem bluttriefenden Mord zum nächsten, lässt die rote Suppe ordentlich fließen, die betörende Ästhetik und soghafte Stimmung seines großen Vorbilds wird nicht mal angekratzt. Selbst wenn dem Mann mehr Mittel zur Verfügung gestanden hätten lässt sich nur schwer glauben, dass er damit besser gearbeitet hätte. Lediglich – bei dem lausigen Gesamtbild muss man schon sagen immerhin – die Musik ist recht gelungen. Der rotzige Retro-Rock hat gewisse Ohrwurmqualitäten und wenn dazu nicht so schäbige Bilder präsentiert werden würden, könnte gut wirken. Einfach die Augen schließen und sich den Film ausmalen, der wohl gemacht werden sollte. Wenn eine Szene mal auf ganz geringem Niveau überzeugt, dann weil sie praktisch aus einem Argento kopiert wurde, dafür in schlechter. Herzlichen Glückwunsch. Eine ganz interessante (wenn auch nicht total neue) Idee lässt sich dann doch noch finden: Die Handpuppen, die zwischendurch als so was wie Kommentatoren der Geschichte dienen. Bringt den Käse zwar nicht voran oder macht ihn besser, zumindest ist das mal was. Irgendwas.


Die Passion, Motivation und den guten Willen mag man – trotz dieser Ansammlung an Unzulänglichkeiten – Luigi Pastore nicht absprechen. Nur wenn das als Argument reicht einen Film zu drehen, dann könnten so viele Leute das ebenfalls tun. Soll mal jeder machen, nur dann bitte nur für private Vorführungen im Freundeskreis (die wohl auch alle mitspielen). Da gehört der hier auch hin. Dann können Pastore, Tentori und Argento sich gegenseitig den Bauch pinseln und alles „interessant“ und „eindrucksvoll“ finden. Du liebe Güte...

3 von 10  Fanboys mit Realitätsverlust.

Review: DIE SÖHNE DES GENERALS YANG - Kampfkunst im historischen Gewand

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Fakten:
Die Söhne des Generals Yang (Saving General Yang)
Hong Kong. 2013. Regie: Ronny Yu. Buch: Edmond Wong, Ronny Yu. Mit: Ady An, Adam Cheng, Ekin Cheng, Vic Chow, Xin Bo Fu, Raymond Lam u.a. Länge: 98 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigeben. Ab 3. April auf DVD und Blu-Ray.


Story:
China im Jahre 986. Eine feindliche Armee greift den Yang-Klan an, um sich für ein lang zurückliegendes Massaker zu rächen. General Yang zieht in die Schlacht, wird aber von seinen Verbündeten im Stich gelassen und gerät in die Falle seiner Gegner. Seine sieben Söhne machen sich auf, um ihren Vater zu unterstützen – was unweigerlich in einer blutigen, finalen Schlacht enden muss.




Meinung:
Regisseur Ronny Yu ist endgültig in seine Heimat zurückgekehrt. Nach einem langjährigen Ausflug nach Hollywood, wo er neben „The 51st State“ mit Samuel L. Jackson auch die beiden Horrorfilme „Chucky und seine Braut“ und „Freddy vs. Jason“ drehte und es somit mit vielen Kultfiguren aus dem Serienkilleruniversum zu tun hatte. Mit dem Kampfkunstfilm „Fearless“ und dem Hauptdarsteller Jet Li kehrte Yu dann zu seinen Ursprüngen im Hong Kong-Kino zurück. Bereits hier zeigte Yu, dass es ihm durchaus liegt, historische Geschichten fulminant und mit einer gewissen künstlerischen Ästhetik in Szene zu setzen. „Die Söhne des Generals Yang“, der bei uns in Deutschland nur als Direct-to-DVD-Veröffentlichung erhältlich ist, macht das ganz ähnlich und erzählt eine Geschichte aus der Vergangenheit, allerdings etwa 900 Jahre früher.


Zwei der Söhne warten auf den Angriff
Denn die Geschichte um General Yang und seine Söhne spielt sich im Jahr 986 ab. Sie basiert zwar auf einer wahren Geschichte, setzt diese aber nur recht lose um. Also historisch authentisch darf man dies alles zumindest nicht bezeichnen. Das will Ronny Yu aber wohl auch nicht, denn nicht nur der Hintergrund bleibt sehr blass, auch die Figuren werden einem nicht wirklich näher gebracht. Ihre Gefühle wirken aufgesetzt und kaum nachvollziehbar. Die sieben Söhne, aber auch die restlichen auftretenden Figuren bleiben Schablonen, deren Schicksal den Zuschauer völlig kalt lässt. Auch optisch fügt sich der Film hier gut ein, denn die Bilder bleiben ebenso kalt, künstlich und plastikartig. Auch wenn die Kostüme, also die Panzer der reitenden Krieger, sehr schön aussehen – sie bleiben stets Kostüme, die von Schauspielern getragen werden. Aber eine Verschmelzung von Schauspieler mit der filmischen Ausstattung sucht man hier vergeblich.


General Yang reitet durch die Schlacht
Dazu ist das Bild auch optisch recht matt, grau und suggeriert eine Größe, der die Story so nicht gerecht werden kann. Immerhin, und das war wahrscheinlich das Hauptanliegen von Yu, sind die zahlreichen Kampfszenen wirklich gut inszeniert. Kampfkunst trifft brachiale Härte, CGI-Katapulte harmonieren mit schönen Schwertkämpfen. Das ist das Prunkstück des Films, das eigentliche Anliegen. Lust an Kampf, an Gewalt, mit seiner eigenen Ästhetik Die vielen verschiedenen Formen werden in Sekundenschnelle kombiniert und, gut, manchmal mit der ein- oder anderen Zeitlupeneinstellung zu viel, tatsächlich in eine artifizielle Richtung geschoben. Immer wieder spritzt das Blut, wird das Auftreffen der Waffen auf dem Körper zelebriert. Und auch die Darsteller von Yang und seiner sieben Söhne sind für diese teilweise äußerst anspruchsvollen Kampfchoreographien bestens ausgewählt.


Humor findet man in diesem Film nur sehr marginal und wenn, dann nur auf eine makabre Art und Weise, vor allem durch die völlig übertriebene Darstellung von Brutalität. Das mag manche erheitern, andere abstoßen, aber es lockert den, und hier sind auch wieder die viele Zeitlupeneinstellungen Grund des Übels, sehr schwerfälligen, hochtrabenden Film wenigstens kurzzeitig auf. Denn die Gespräche über Ehre, über Familie, über Zusammenhalt machen den Film in Verbindung mit der bestens zu diesem Stil passenden Filmmusik immer dann anstrengend, wenn gerade nicht gekämpft wird. Es ist zwar offensichtlich, dass Ronny Yu mit diesem Film besonders den Kampf in Szene setzen wollte. Das ist ihm auch sehr schön gelungen und steht auch im Zentrum des Films. Aber ein wenig mehr Gedanken hätten sich er und sein Mitschreiber Emond Wong auch über den Rest des Films machen können, dann hätte er auch das werden können, was er optisch so krampfhaft sein will. Ein großes Historienepos.


5,5 von 10 Pfeile im Rücken

Review: MIDNIGHT MEAT TRAIN – U-Bahnschacht der prähumanen Gräuel

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Fakten:
The Midnight Meat Train
USA. 2008.
Regie: Ryhuhei Kitamura. Buch: Clive Barker (Vorlage), Jeff Buhler. Mit: Bradley Cooper, Leslie Bibb, Vinnie Jones, Brooke Shields, Roger Bart, Ted Raimi, Peter Jacobson, Barbara Eve Harris, Quinton Jackson, Tony Curran, Stephanie Mace u.a. Länge: ca. 100 Minuten: FSK: keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Fotograf Leon ist einem Geheimnis auf der Spur, einem blutigen Geheimnis. Immer wieder verschwinden Menschen nachts in der New Yorker U-Bahn. Er findet heraus, dass sie Opfer eines stummen Hünen werden, der seine Opfer brutal ermordet. Aber warum tut er das? Leon will die Wahrheit wissen und gerät somit immer mehr in tödliche Gefahr.





Meinung:
Die Prosa des in Liverpool geborenen Clive Barkers zählt im literarischen Horror-Sektor zu den Speerspitzen dieser Kunst und lässt in Beliebtheitsumfragen nicht nur „The Girl Next Door“-Autor Jack Ketchum hinter sich, auch Egozentriker Stephen King muss sich so manches Mal im Nachsehen gegenüber Barker üben. Seine „Buch des Blutes“-Hexalogie wie auch „The Hellbound Heart“ (die Vorlage zum Klassiker „Hellraiser“) sind in genreaffinen Kreisen bejubelte Zierstücke des Phantastischen und in ihrer Symbolik so geschliffen installiert, dass jeder Freizeit-Semantiker mit den Ohren schlackern möchte. Barkers Chiffren illuminieren bei Entschlüsselung die Faszination des Abtrünnigen, des ganz und gar Übersinnlichen, fern jeder diskursiven Faktizität, und atmen in mehrdeutiger Anordnung die Essenz des Horrors in vollen Zügen. Natürlich ist Clive Barker auch der Filmwelt ein Begriff. Nicht nur durch „Hellraiser" – den er auch selbst inszenierte -, sondern auch durch Werke wie „Candyman's Fluch, für den Barker seine Kurzgeschichte adaptiert, und zuletzt „Midnight Meat Train“, Teil des ersten „Buch des Blutes“, bei dem Barker zwar nur als Produzent fungierte, der aber durch strategische Werbesprüche à la „Zu hart für das Kino“ schnell einen kleinen Hype im Internet lostrat.


Leon hat den geheimnisvollen Mahagony im Fokus
Jedes „Buch des Blutes“ versteht sich als Kurzgeschichtensammlung, die sich in ihrer Kurzepik und Barkers rhetorischem Verständnis natürlich exzellent über wenige Seiten entfalten können. Wechselt man das Medium in Richtung Film, sieht das mit der Wirkung, der akkuraten Assimilation beider Segmente schon etwas anders aus. „Midnight Meat Train“ hätte als Kurzfilm unter findiger Ägide funktioniert, als abendfüllender Spielfilm jedoch geht dem unnötig aufgeblähtem Szenario so schnell die Puste aus, wie Mahogany (Vinnie Jones) die Innenleben der Wagons mit dem Lebenssaft der unglücklich selektierten Passagiere befleckt. Aber alles auf Anfang. Die Prämisse, einen Fotografen, auf der Suche nach dem perfekten Motiv, hinter den merkwürdigen Geschehnissen in der Mitternachts-U-Bahn forschen zu lassen, hat schon etwas für sich. Das labyrinthische Tunnelnetz unter dem pulsierenden Stadtleben New Yorks, die Fotografie als Fragestellung einer objektiven Wahrheit, der Fotograf, der sich in der Unterwelt nicht nur seinen Obsessionen geschlagen geben muss, sondern auch einem prähumanen Phänomen auf die Schliche kommt, das klingt ansprechend und nach zünftigem Stoff für den Genre-Schlund.


Mahagony alias MC Hammer - "Can't touch this"
In seiner Umsetzung aber scheitert der japanische Regisseur Ryūhei Kitamura („Godzilla: Final Wars“) rigoros. Das Talent, eine bedrängende Atmosphäre zu erzeugen, ist in Kitamuras Diktion schlichtweg nicht existent. „Midnight Meat Train“ hingegen erstickt an seiner aseptischen Optik, jede Einstellung ist frei von groben Zwischentönen auf der Bildebene, alles ist auf Hochglanz getrimmt, was vor allem in Kombination mit den erschreckend offensichtlichen CGI-Effekten (besonders in der ersten viertel Stunde des Films) besonders zur Negation jedweder Stimmung führt. Die Gorehounds werden vielleicht noch ein Stück weit Spaß an dem geleckten Treiben finden, denn wenn der mimiklose Hüne Mahogany erst seinen Hammer und dann seine Fleischerhaken auspackt, dann spritzt das Blut im hohen Bogen um den emotionslosen Vollstrecker. Wenn man als Zuschauer dann aber wieder daran erinnert wird, dass die rote Suppe nur – oder größtenteils - computergeneriert daherkommt, verdirbt diese ersichtliche Tatsache gewiss jedes Feeling. „Midnight Meat Train“ plätschert vor sich hin, das Geheimnis um den Zug und seinen Schlächter werden von Minute zu Minute unbedeutender und Bradley Cooper („American Hustle“), hier noch zu der Zeit, in der er versessen auf seinen Imagewechsel hinarbeitete, als Fotograf Luke, hat dem Ganzen schauspielerisch auch so rein gar nichts entgegenzusetzen.


Über die Auflösung sollte dann noch einmal besser der Mantel des Schweigens gelegt werden, und wenn manche Stimmen behaupten möchten, dass der Film in seiner Gesamtheit dadurch erst richtig rund wird, dann höchstens in seiner unermesslichen Inkompetenz. Immerhin kann er so wenigstens um die Ecke rollen und sich dort schämen. Midnight Meat Train“ ist ein dämlicher, ein steriler und durchweg wirkungsloser Streifen, der sich nach gut dreißig Minuten schon nicht mehr wirklich unter Kontrolle hat, was der katastrophale Schnitt nachhaltig unterstreicht. Die Deklaration „Zu hart für das Kino“ mag sich bewahrheitet haben, hier geht es so manches Mal durchaus ans Eingemachte, Blut, Gekröse, abgetrennte Gliedmaßen, alles dabei, aber dem qualitativen Anspruch, den Sprung ins Kino überhaupt zu wagen, hat sich Kitamuras filmisches Gerümpel berechtigterweise gespart. „Midnight Meat Train“ gehört ins Videothekenregal, nicht auf Augenhöhe und ganz weit hinten gelagert, irgendwo in der Nähe von „The Collection“ und „Eden Lake“.


3 von 10 herausquellenden CGI-Augen


von souli

Review: AUßERGEWÖHNLICHE GESCHICHTEN - Feurige Gäule, nervige Doppelgänger und der pure Wahnsinn

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Fakten:
Außergewöhnliche Geschichten (Histoires extraordinaires)
FR, IT, 1968. Regie: Roger Vadim, Louis Malle, Federico Fellini. Buch: Roger Vadim, Pascal Cousin, Louis Malle, Clement Biddle Wood, Daniel Boulanger, Federico Fellini, Bernardino Zapponi, Edgar Allan Poe (Vorlage). Mit: Jane Fonda, Peter Fonda, Alain Delon, Brigitte Bardot, Terence Stamp, James Robertson Justice, Salvo Randone, Francoise Prévost, Marlène Alexandre, David Bresson, Peter Dane, Georges Douking, Philippe Lemaire u.a. Länge: 117 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.



Story:
Drei Regisseure setzen drei Geschichten von Edgar Allan Poe um. Eine despotische Gräfin wird ein geheimnisvolles Pferd zum Verhängnis, ein Mann wird sein Leben lang von einem Doppelgänger verfolgt und ein Schauspieler begegnet dem Leibhaftigen.






                                                                           
Meinung:
Ein hochinteressantes, partiell großartiges – sogar meisterhaftes – Kleinod. Drei namenhafte Regisseure verfilmen drei Geschichten von Edgar Allan Poe, zusammengefasst unter dem eher unspektakulären Titel „Außergewöhnliche Geschichten“. Wie so oft sind nicht alle Teile gleichwertig, was eine Bewertung insgesamt erschwert und besonders denen nicht gerecht wird, die herausstechen. In diesem speziellen Fall fällt leider die erste Episode von Roger Vardim („Barbarella“) etwas aus dem qualitativen Rahmen, sonst wäre das ein wirklich außergewöhnlicher, fantastischer Film. Louis Malle („Fahrstuhl zum Schaffot“) steigert sich bei seiner Episode deutlich und Federico Fellini („La Strada“) veredelt das Werk mit seinem finalen Beitrag, der nicht weniger ist als ein Meisterwerk und allein schon das Ansehen mehr als nur rechtfertigt.


1. Metzengerstein.
Eine junge, bildhübsche Gräfin regiert grausam über ihr Reich. Jane Fonda strahlt mit ihrem (von Ehemann Roger Vardim) lassiv in Szene gesetzten Sexappeal eine enorme Kraft aus, eine weibliche Version des Caligula, zwischen purem Sadismus und sündhaften Orgien. Als sie ihr Cousin (Peter Fonda) zurückweist, schlägt die verwöhnte Göre zurück, geht einen Schritt zu weit und beschwört damit ihr eigenes Ende herauf, welches in Form eines mysteriösen, schwarzen Hengstes sie symbolträchtig ins Fegefeuer führt.


Die idyllischen Landschaften der Gräfin.
Die Vorlage ist unverkennbar ein typischer Stoff von Poe (wie auch die weiteren Folgen des Films). Die Hauptfigur – in dem Fall Jane Fonda – ist voller Sünde und erntet am Ende das, was sie einst gesäht hat. Eingeholt von den Geistern der Vergangenheit, von der Schuld, kommt das Schicksal auf geheimnisvollen Sohlen (oder eher Hufen) daher. Die Story hat was, nur gelingt Vardim nicht eine so packende Umsetzung. Die verspielte Ausstattung, der schön bizarre Score und die Präsenz der Fonda stechen hervor, der surreale Touch wird leider nicht so effizient und verstörend ausgearbeitet wie bei Malle und besonders Fellini. Der leicht verruchte Look der Episode sowie sein schmuddeliger Tango von Sex, (sehr) dezentem Grusel und gerechter Strafe üben einen nicht zu leugnenden Reiz aus, der große Funke wird dabei trotzdem nicht entfacht. Ein ganz netter Auftakt, der allerdings nur bedingt Lust auf mehr macht.


2. William Wilson.

Der verzweifelte William Wilson gesteht im Beichtstuhl, einen Mord begangen zu haben. Er erzählt dem Pater seine Lebensgeschichte, in der er seit Kindertagen von einem Doppelgänger verfolgt wird.

 
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Ein schönes Gesicht entstellt nichts.
Schon der Beginn der Episode steckt „Metzengerstein“ locker in die Tasche. Louis Malle begeistert mit einer effektvollen, ausdrucksstarken Inszenierung, hat mit Alain Delon ein wahres Ass im Ärmel und zudem eine deutlich bessere Geschichte erwischt. Das Duo Malle/Delon, unterstützt von einer betörenden Brigitte Bardot, setzt die psychologisch wie moralisch hochinteressante Geschichte um das andere Ich, den bösen oder guten Zwilling, Engelchen und Teufelchen, der fleischgewordenen Antimaterie packend und handwerklich seht stark um. Eine verstörende, clevere Geschichte, die so auch locker einen ganzen Film tragen könnte und von einem Hitchcock nicht besser hätte verfilmt werden können. Hitchcock und Poe, das wäre was gewesen...


3. Toby Dammit.

Ein ehemaliger Shakespeare - Schauspieler kommt nach Rom, um seine gefallene Karriere mit einem religiösen Italo-Western endgültig zu begraben. Er erlebt einen Trip zwischen Wahn und Wirklichkeit, um am Ende den Teufel persönlich zu treffen.


Mit Vollgas in die Hölle.
Die mutigste, extravaganteste und eindeutig beste Episode liefert Federico Fellini ab. Er interpretiert die Vorlage von Poe sehr eigen, transportiert sie in die Gegenwart und macht daraus einen dellirischen Fiebertraum, der auf einem kaum wahrnehmbaren Grat von verzerrter Realität, wunderschön-verstörendem Wahnsinn und psychologischer Dekonstruktion tanzt. Ein surrealer Horrortrip wie bissige Entlarfung und Abrechnung mit dem selbstverliebten, wohl oft idiotischen Zirkus des Filmgeschäfts, das Fellini hier genüsslich und künstlerisch auf höchtem Niveau ohrfeigt. Terence Stamp spielt, als hätte er seine Seele an den Teufel verkauft, Fellini inszeniert es, als wäre er eben dieser. Bilder, Beleuchtung, Einstellungen, Ausstattung, Schnitt, Setdesign, jeder Nebendarsteller und Komparse, alles scheint nicht von dieser Welt. Voller Symbolik und Metaphern schwelgt Fellini in seiner Komposition, kompromisslos und unnachahmlich brennt er ein diabolisches Höllenfeuer ab, welches einen aufsaugt, mitreißt und mit einem grandiosen Ende belohnt. Ein unfassbarer Ritt, ein Genuss auf allen Ebenen, für sich isoliert gesehen ein zweifelloses Meisterwerk.


Am Ende steht das Gesamtwerk: Episode eins schwächelt, zwei gefällt sehr, drei zieht einem die Schuhe aus und gibt sie nicht zurück. Wenn der Auftakt besser wäre, großartig ohne jeden Zweifel. So steigert sich der Film von okay bis famos. Klare Empfehlung und wenn man etwas in seinem Leben gesehen haben sollte, dann Fellinis abartig geile Poe-Variante, die so wohl niemand auch nur versucht hätte. Chapeau.

7,5 von 10 Pferden, Doppelgängern und Ferraris.