Review: NAVAJO JOE - Burt Reynolds als indianischer Rambo



Fakten:
Navajoe Joe a.k.a. Kopfgeld: Ein Dollar (Un dollaro a testa)
Italien, Spanien. 1966. Regie: Sergio Corbucci.
Buch: Fernando Di Leo, Piero Regnoli. Mit: Burt Reynolds, Fernando Rey, Nicoletta Machiavelli, Aldo Sambrell, Tanya Lopert, Nino  Imparato, Cris Hueda, Franca Polesello, Pierre Cressoy, Ángel Ortiz u.a Länge: 91 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Duncan und seine Bande schlachten einen Indianerhort erbarmungslos ab. Nur einer überlebt das Massaker: Navajo Joe. Dieser sinnt auf Rache. Als einige von Duncans Männern einen Zug überfallen kommt Joes Stunde. Doch dies ist erst der Anfang für Joe, der wenig später sogar zum Beschützer einer ganzen Stadt wird.





Meinung:
Es ist und bleibt ein denkwürdiger Auftritt, den Sylvester Stallone mit der Kunstfigur John J. Rambo im Jahre 1982 abgeliefert hat: Ein von der Gesellschaft ausgestoßener Veteran kehrt zurück in seine Heimat, um sich nach einem verlorenen Krieg in Vietnam zu Hause schon wieder dazu gezwungen sieht, an der heimischen Front zu den Waffen zu greifen. „Rambo“ war noch kritisches, substantielles Kino; ein Film, der sich mit der geschundenen Seele einer enttäuschten Nation auseinandersetze, noch bevor Stallone dann in den markigen Fortsetzungen „Rambo II“ und „Rambo III“ zur omnipotenten Killermaschine mutierte. Burt Reynolds verkörpert mit seinem Joe in „Kopfgeld: Ein Dollar“ eine recht ähnlich angelegte Figur: Als Navajo wurde ihm das Land vom 'Weißen Mann' entrissen und sein Stamm in das östliche Territorium vertrieben. Und doch: Nach all den Erniedrigungen, darf der indianische Stamm (im Übrigen der größte neben den Apachen) nicht ruhen und wird von räudigen Banditen verfolgt, massakriert und skalpiert.


Mies gelaunt und bewaffnet. Keine gute Kombination
Während der amerikanische Western zum flexiblen Ausdruck von Nationalismus erkoren wurde und als Heimatfilm (wie zum Beispiel in „Rio Bravo“) florierte, sah sich der Italo-Western langsam dazu befähigt, cineastische Sehnsüchte zu stillen, in dem er nicht nur tapfere Helden stilisierte, sondern seine hiesigen Hauptdarsteller auch mal mit schwarzem Pessimismus gegen die Wand drückte. Sergio Corbucci, der mit seiner kultigen Schlammschlacht „Django“ Filmgeschichte schrieb, stellte im Jahre 1968 mit dem famos besetzten „Leichen pflastern seinen Weg“ eine nachhaltig beeindruckende Genre-Entmystifizierung auf die Beine, die den Mythos vom 'sauberen Western' kaltblütig durchsiebte. Corbucci verstand es, wie er mit einem amüsanten Augenzwinkern („Lasst uns töten, Compagneros“) so richtig vom Leder ziehen konnte oder den Zuschauer mittels dreckiger Tonalität paralysierte. Auch „Kopfgeld: Ein Dollar“ ist im Kern ein düsterer Film, der die gesellschaftliche Polarität jener historischen Tage ausstellt und von drei klaren Lagern berichtet: Den Städtern, den Banditen, den Indianern.


Kimme und Korn immer nach vorn: Navajo Joe
Während die Städter noch als hilflose Nichtskönner dargestellt werden, die sich dann auch noch zu Anfang aufgrund von Ressentiments ihrer einzigen Aussicht auf Rettung in den Weg stellen, müssen die Banditen den Wandel der Zeit mit Erschrecken erfahren: Früher noch damit beauftragt, Indianer abzuschlachten, sehen sie in der Stadt nun auch Fahndungsfotos mit ihrem Gesicht an den Häusern hängen. Als Sympathiefigur soll der von Burt Reynolds („Boogie Nights“) verkörperte Joe fungieren, dem es nach einem bestialischen Überfall auf seinen Stamm nach Rache dürstet. In seiner ersten Hauptrolle gibt sich der ehemalige Stuntman Burt Reynolds in Dialogsequenz oftmals reichlich ungelenk, um dann in den Action-Szenen durch seine Physis, seine Wendigkeit zu überzeugen. Wenn Reynolds per Hechtsprung von seinem Pferd rauscht und sich auf die schmierigen Schergen von Duncan (Aldo Sambrell) stürzt, dann sehen wir hier ein Raubtier in menschlicher Hülle, das sich ganz und gar seinem Verlangen nach Vergeltung geschlagen gibt. In diesem Sinne: Wenn es zur Sache geht, gefällt Reynolds allemal!


Aufgrund von Budgetmangel war es Corbucci nicht vergönnt, im legendären Monument Valley zu drehen, der regulären Heimat der Navajos. Im Süden Spaniens stieß das Team in der Region von Guadix auf ein massives Felsgebiet, das an jene Tafelberge gemahnt und von Silvano Ippoliti so erlesen fotografiert wurde, dass sich diese Art „Notlösung“ absolut nicht schämen muss. Wenn dazu noch die von Ennio Morricone komponierten Choräle das Szenario aufscheuchen, dann ist Gänsehaut garantiert. Dass „Kopfgeld: Ein Dollar“ allerdings nicht über die gesamte Laufzeit gefällt, liegt an seinem gerne schleppenden Narrativ, das gerade im Mittelteil einige Durststrecken durchqueren muss. „Kopfgeld: Ein Dollar“ aber bleibt ein gelungener Action-Western, dessen politischer Unterbau kritische Zwischentöne erlaubt und mit einem Finale auf einem Indianerfriedhof auffährt, das sich wirklich gewaschen hat.


6 von 10 Tomahawks im Schädel


von souli

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen