Review: ES WAR EINMAL IN AMERIKA - Das Beste kommt zum Schluss


                                                                  


Fakten:
Es war einmal in Amerika (Once Upon a Time in America)
IT, USA, 1984. Regie: Sergio Leone. Buch: Leonardo Benvenuti, Piero De Bernardi, Enrico Medioli, Franco Arcalli, Franco Ferrini, Sergio Leone, Harry Grey (Vorlage). Mit: Robert De Niro, James Woods, Elizabeth McGovern, Tuesday Weld, William Forsythe, Joe Pesci, Treat Williams, Burt Young, Danny Aiello, Jennifer Connelly, James Russo u.a. Länge: 220 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Als Kinder lernen sich "Noodles" und Max auf den rauen Straßen der Lower East Side von New York kennen. Zusammen mit ihren Freunden nehmen sie zunächst nur Betrunkene aus, werden bald darauf zu Laufburschen der Alkohol-Mafia. Aus den Kleinganoven werden im Laufe der Jahre nicht nur selbst Schwerkriminelle, sondern zugleich beste Freunde. Am Ende der Prohibition will Max einen letzten großen Coup landen, Noodles hält diesen für viel zu riskant. Die Freundschaft wird nicht nur auf eine harte Probe gestellt, Noodles muss eine Entscheidung treffen, die ihn sein Leben lang verfolgen wird.









Meinung:
Sergio Leone‘s letzter Film ist sein ultimatives Meisterwerk geworden. Sehr traurig, dass es zum US-Kinostart vom damaligen Verleih radikal gekürzt und (chronologisch) umgeschnitten wurde, was zu ernüchternden Kritiken führte. Eine echte Schande, dass mit dem Lebenswerk einen großen Regisseurs so fährlässig und respektlos umgegangen wurde.


Straßenköter im feinen Zwirn.
In der 220 Minuten langen Version, mit der ursprünglich und einzig sinnvollen Schnittfassung, ist "Once Upon a Time in America" ein überlebensgroßes Epos, das pure Kinomagie ausstrahlt. 220 Minuten klingen verdammt lang, ganz ehrlich, der könnte den ganzen Tag laufen. Nicht eine Minute wirkt das zu lang. Einer der wenigen Filme, in denen man sich komplett verlieren kann. Fast 4 Stunden befindet man sich in einer ganz anderen Welt, die Leone mit einer unglaublichen Perfektion und Detailversessenheit zum Leben erweckt. Dass er dieses Werk über mehr als ein Jahrzehnt akribisch vorbereitete, ist in jedem Moment spürbar. Jede Szene, jede Einstellung kann praktisch als perfekt erachtet werden. Das Gleiche gilt für den Cast, jede noch so kleine Rolle ist optimal besetzt. Besonders bemerkenswert, dass nicht nur sehr fähige Kinderdarsteller gefunden wurden, sondern das sie wirklich so aussehen, als wenn Jahre später daraus diese Personen werden. Das könnten tatsächlich die Kinder von De Niro, Woods, Forsythe und Co. sein.


Chillout auf chinesisch.
Die Geschichte einer Freundschaft, über mehrere Dekaden erzählt, ist so wunderbar eingefangen, mitreißend und ergreifend, dass man eigentlich immer wieder fasziniert davor sitzt und es einfach nur genießt. Dazu gibt es den vielleicht besten Score von Ennio Morricone, den er je komponiert hat. Der Mann hat so vieles geschaffen, das hier ist einfach nur unglaublich. Panflötenmusik ist nicht jedermanns Sache, hier verursacht sie Gänsehaut. Warum er dafür nicht den Oscar bekommen hat? Der Verleih hat doch tatsächlich vergessen, ihn anzumelden. Das ist doch nicht zu glauben. Die Verantwortlichen sollten mit Schimpf und Schande über die Hollywoodhills gejagt und mit lebenslangen Berufsverbot belegt werden. Auf Grund diesem unfähigen Pack wurde "Once Upon a Time in America" zu seiner Zeit leider nicht die Ehre und Anerkennung zu Teil, die er verdient hätte. Das hat sich ja inzwischen Gott sei Dank geändert. Ohne jeden Zweifel ist dies einer der größten Filme der Geschichte und ein Muss für jeden.


Um mal kurz auf das frauenfeindliche Bild des Sergio Leone zu sprechen zu kommen: Ja, da gibt es wieder ordentlich Feuer. Allerdings muss da der Kontext gesehen werden. Noodles hat in seinem ganzen Leben lang nur Kontakt zu Frauen gehabt, die entweder für ein russisches Törtchen die Beine breit machen oder generell sexgeile Luder sind, die sich gerne auch beschimpfen und schlagen lassen. Die Frau, die er jedoch sein ganzes Leben lang begehrt, fällt nicht in diese Kategorie. Deshalb weiß er auch nicht mit der engelsgleichen Deborah umzugehen bzw. mit seinen Trieben. Das führt schlussendlich zu der Vergewaltigungsszene in der Limousine, wodurch er es sich mit der einzigen Frau verscherzt, die ihm wirklich etwas bedeutet hat. Macht Sinn für die Figuren und die Geschichte, ist tragisch und nicht zwingend misogyn. 

10 von 10 klingelnden Telefonen

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