Review: DIE LETZTEN AMERIKANER - Orientierungslos im Kampf mit der eigenen Vergangenheit



Fakten:
Die letzten Amerikaner (Southern Comfort)
USA. 1981. Regie: Walter Hill. Buch: David Glier Walter Hill, Michael Kane. Mit: Powers Boothe, Keith Carradine, Fred Ward, T.K. Carter, Brion James, Franklyn Seales, Lewis Smith, Peter Coyote, Alan Autry u.a. Länge: 101 Minute. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Es sollte eine Orientierungsübung werden und wurde zum Alptraum. 1973 rückt eine Gruppe von Nationalgardisten in die Sümpfe von Louisiana vor. Als die Gruppe Kanus findet, nehmen sie diese an sich. Doch die Besitzer der Kanus, die zu den Cajun gehören, zivilisationsabgewandte Nachfahren französischer Einwanderer, wollen diese ihren Besitz zurück. Als sie auf die Nationalgardisten treffen eskaliert die Situation und es entbrennt ein Kampf ums Überleben.





Meinung:
8 schleichende Jahre nach dem Pariser Abkommen zwischen Nordvietnam und den Vereinigten Staaten schickt Regisseur Walter Hill mit „Die letzten Amerikaner“ neun kampfunerfahrene Nationalgardisten zur Orientierungs- und Überlebensübung in das ausgedehnte Sumpfgebiet Louisianas. Unbekanntes Territorium für die amerikanische Gruppierung, und doch wird hier nicht das vordergründige Erlangen von neuen Fähigkeiten in freier Wildbahn fokussiert, sondern nur die kommenden Feierlichkeiten nach dem Bestehen des Training. Mit großen Schnauzen, reaktionärem wie rassistischen Gedankengut und ohne moralische Standfestigkeit gewappnet, ziehen die Männer los um an genau diesen Charakteristiken langsam zu ersticken: Walter Hill hält Amerika noch einmal den Spiegel vor Augen und lässt die nationalen (Krieg-)Narben noch einmal symbolisch aufbrechen. Ein besonderes Lob gibt es da auch schon an dieser Stelle für die letzte Einstellung, in der der illustrierte Patriotismus beinahe ad absurdum geführt wird.


Eine Outback-Rasur
Ein rücksichtsloser und ebenso dämlicher Spaß wirft die Männer schlagartig in die restriktive Hölle ihrer qualvollen Unterlegenheit, während die zivilisationsfremden Cajun dem Kollektiv daraufhin zeigen, wie Respektlosigkeit im Gesetz des Dschungels bestraft wird. Die Machosprüche verstummen, der falsche Nationalstolz schlägt um in Verzweiflung und transformiert sich zu blinder Wut, während jede Schuldzuweisung innerhalb der Gruppe immer weiter geschoben wird. Was folgt ist ein Überlebenskampf, ein Kampf in einem Gelände, in dem sie ohne jede Navigation und Maxime fungieren und funktionieren müssen. Es entsteht eine egomanische Dynamik, die sich nur auf den Frust über die geringe Anzahl an scharfer Munition zurückführen lässt, sondern auch auf die Unfähigkeit miteinander zu arbeiten und an einem Strang zu ziehen. Am Ende stellt sich eben genau das raus, was sich bereits bei den ersten Dialogen innerhalb des Trupps vermuten ließ: Die Lautesten sind auch immer die Schwächsten.


Natürlich schwingt, wie schon angesprochen, auch in „Die letzten Amerikaner“ der leise Ton der Bewältigung, oder vielmehr der kinematographische Versuch einer solchen, des nationalen Vietnamtraumata mit, während sich die Referenzen auf der anderen Seite überdeutlich um prägnante Elemente von John Boormans meisterlichen Backwood-Horror „Beim Sterben ist jeder der Ersten“ schlängeln, in dem 4 Großstädter an den Rand der Zivilisation fahren um die Natur noch einmal in vollem Maße zu genießen, bevor sie durch die Industrialisierung vollkommen verloren geht. Was folgt ist extreme psychische Gewalt, die vor allem so schmerzt, weil sie sich komplett der Realität verschrieben hat. Mit einem derartigen Prädikat darf „Die letzten Amerikaner“ nicht bestückt werden, denn wo zwar reichlich interessante Analogien zur Historik und eben jene cinephilen Querverweise entdeckt werden können, krankt es dem Film an seiner inhaltlichen Ausstaffierung, die sich zwar ihrer Subebene bewusst ist und durchgehend spannend bleibt, aber nie die seelische Tortur offenbart, die unter der Oberfläche brodelt.


7 von 10 gedrehten Stricken


von souli


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