Fakten:
The Strangers
USA, 2008. Regie & Buch: Bryan Bertino. Mit: Liv Tyler, Scott Speedman,
Glenn Howerton, Gemma Ward, Kip Weeks, Laura Margolis, Alex Fisher, Peter
Clayton-Luce. Länge: 88 Minuten. FSK: ab 18 Jahren freigegeben. Auf DVD und
Blu-ray erhältlich.
Story:
James und Kristen fahren nach einer Hochzeit in das Sommerhaus von James'
Familie. Die Stimmung ist am Tiefpunkt, nachdem Kristen kurz vorher einen
Heiratsantrag von James abgelehnt hat. Eigentlich wollen sie die Nacht nur so
schnell wie möglich hinter sich bringen. Doch die wird lang und qualvoll. Mit
einem Hämmern an der Tür um 4 Uhr nachts beginnt der blanke Terror.
Meinung: - "Warum tut ihr das?"
- "Weil ihr zu Hause wart."
Bryan Bertino lässt in den Zeiten von
"Saw"-Endlosschleifen-Blut-Folter-Gematsche und ähnlich gelagerten
Just-for-Gore-Sauerein das rohe Terrorkino vergangener Tage auferstehen.
"The Strangers" erinnert stark an einen Genrestreifen der 70er, nur
handwerklich auf höherem Niveau. Sein Film ist ein astreiner
Home-Invasion-Reißer. Nur ein Handlungsort. Nur Opfer und Täter. Kein unnötiges
Rumgetwiste, hanebüchen-notdürftige
aus dem Ärmel gequälte Motive. Kein dusseliger Schnick-Schnack, nur Angst,
Bedrohung, Panik und grausame Gewalt.
Reise nach Jerusalem in einer neuen Variante
Nicht nur diese Reduzierung auf das Nötigste und Essenziellste, sondern
speziell die Herangehensweise von Bertino ist großartig. "The Strangers"
nimmt sich, trotz der kompakten Länge, die nötige Ruhe, baut behutsam Spannung
auf, dreht erst zum Schluss die Temposchraube gehörig an. Die Atmosphäre ist
der große Pluspunkt. So beängstigend wie für die Figuren ist es auch für den
Zuschauer, wenn es plötzlich an die Tür klopft, der Terror seinen Lauf nimmt.
Es ist eigentlich kein Klopfen, es ist ein Hämmern. Immer wieder. Das zieht
sich durch den ganzen Film. Bertino baut nicht auf simpele Jumpscares, sorgt dennoch für gehöriges Aufzucken. Das liegt daran,
wie er es aufbaut. Die Schlinge zieht sich immer fester zu, der Geruch von Tod
und Leid liegt über den Figuren, noch bevor sie es sich wirklich bewusst sind.
Dieses behutsame, dabei enorm bedrohliche Spiel mit dem Publikum zeichnet
"The Strangers" aus. Die gewählten Einstellungen und die technische
Umsetzung sind schlicht grandios. Die unbekannten, maskierten Todesengel schießen
nicht mit einem dicken Buh um die Ecke, sie lauern im Hintergrund. Das erste
Auftauchen der Peiniger ist stellvertretend für den gesamten Stil. Während Liv
Tylers Figur durch die Küche streift, taucht plötzlich einer von ihnen auf.
Kein Close-Up, er steht einfach da, bewegt sich nicht, sie bemerkt ihn auch
nicht. Nur der Zuschauer, der eher gebannt auf die unheimliche Person starrt,
als sich auf die Protagonistin zu konzentrieren. Als die Kamera in kurz nicht
einfängt und wieder zurückkehrt, ist er verschwunden.
So schlimm ist die Inneneinrichtung auch nicht
Das ist das Ding. "The Strangers" erschreckt durch seine enorme
Unbehaglichkeit, das perfide Spiel der Jäger mit ihrer hilflosen, verängstigten
Beute. Das sind nicht nur (die hervorragende) Liv Tyler und (der wie immer
vollkommen blasse und fehlbesetzte) Scott Speedman, das sind auch wir. Wir
werden genauso in die Enge getrieben, verängstigt und terrorisiert. Das ist
nicht nur enorm effektiv inszeniert und durchdacht, es ist dementsprechend
umgesetzt. Die Kamera bewegt sich über weite Strecken schleichend, gewährt
immer wieder einen Blick, der den bemitleidenswerten Protagonisten verwehrt
bleibt, lässt uns aber kaum in einer komfortableren Situation zurück. Die
eingesetzte Musik, in erster Linie die, die auch unsere Helden/Opfer zu hören
bekommen, verstört in dieser Situation ungemein, die Soundeffekte donnern und
dröhnen, dass einem kurz das Herz stehen bleiben will. Bertino holt wirklich
alles aus der einfachen, gerade dadurch so knüppelharten Story raus. Die Angst
vor dem Unbekannten, die bange Frage, warum passiert ausgerechnet uns das, was
passiert eigentlich und wer sind DIE, was wollen SIE, all das bleibt praktisch
unbeantwortet und lässt das Geschehen so (positiv) willkürlich, erbarmungslos
und auf den Punkt erschreckend wirken.
Wie schon einleitend erwähnt, "The Strangers" ist so stark, weil er
so altmodisch anmutet, so gnaden- und hoffnungslos, wie einer der Klassiker des
Genrekinos. In einer Zeit, in der jedes große Studio gerne mit dem Horrorfilm
das schnelle Geld verdienen will und sich jeder Hans-Wurst zum Regisseur von so
was berufen fühlt, zeigt Bryan Bertino mit "The Strangers", wo der
Hammer hängt. So geht das, damals wie heute, bitte mehr davon.
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