Review: MILLION DOLLAR BABY - Frauen und Boxen? Eine gute Idee!



Fakten:
Million Dollar Baby
USA. 2004. Regie: Clint Eastwood. Buch: Paul Haggis. Mit: Clint Eastwood, Hilary Swank, Morgan Freeman, Jay Baruchel, Mike Colter, Lucia Rijker, Brian F. O’Byrne, Margo Martindale u.a. Länge: 127 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Frankie Dunn ist ein in die Jahre gekommener Boxtrainer und Besitzer eines Boxclubs. Er ist einer der Besten in der Szene, hat es aber noch nie geschafft, einem seiner Boxer einen Titelkampf zu ermöglichen. Kurz bevor es ihm gelingen könnte, verlässt ihn zudem sein bester Boxer. Da trifft Frankie auf die bereits 31-jährige Maggie Fitzgerald. Sie hat zwar Talent, aber Frankie trainiert keine Frauen. Doch nach und nach gewöhnt sich der knurrige Coach an seinen neuen Schützling, es kommt zu zunehmenden Erfolgen dieses Gespanns, doch auch neben dem Sport sollten so einige Veränderungen im Leben und in den Sichtweisen der beiden Protagonisten entstehen.




Meinung:
Clint Eastwood ist die zentrale Figur in diesem Sport-/Familiendrama. Er ist nicht nur Produzent und Regisseur, nein, er spielt auch noch die Hauptrolle und schrieb die Filmmusik. Zwei Oscars (Bester Film/Beste Regie) und eine Oscarnominierung (Bester Darsteller) waren der verdiente Lohn für seine Mühen. Dabei scheint der Film auf den ersten Blick gar nicht so besonders zu sein. Die Erzählweise des Films bedient sich eines relativ klassischen Mittels. „Scrap“ (Morgan Freeman) erzählt aus dem Off das Geschehen noch einmal nach, hebt einige wichtige Situationen deutlich hervor und kann als auktorialer Erzähler auch Dinge erklären, die seine Figur so eigentlich gar nicht mitbekommen haben kann. Dennoch wirkt diese Erzählweise angenehm erfrischend und lässt als Roter Faden den Zuschauer so stets den Überblick über das Geschehen behalten.


„Es ist die Magie, alles für einen Traum zu riskieren, den außer dir selbst niemand kennt.“



"Nein, ich trainiere keine Frauen. Niemals. Ganz sicher."
Maggie Fitzgerald hat einen Traum. Sie will Boxchampion werden und das glaubt sie nur mit Trainerveteran Frankie Dunn erreichen zu können. Der will sie jedoch nicht als seine Boxerin und lässt sie erst mal links liegen. Doch Maggie gibt nicht auf, trainiert auf eigene Faust. Diese Boxszenen im Training wirken real, Technik und Taktik würden wohl auch im echten Boxsport so Anwendung finden. Dazu kommt eine unheimliche Härte und Energie, was diese Szenen sehenswert macht. Zwar fallen die Boxszenen für Sportfans vielleicht etwas zu kurz aus, aber der Film will sich auch nicht auf den Sport beschränken. Stattdessen zeigt er das Leben zweier völlig unterschiedlicher Charaktere, die sich über den Weg laufen und sich nach und nach annähern, verbunden durch die Liebe zum Boxen und den Hausmeister Scrap. Es entsteht Vertrauen, Freundschaft und am Ende eine Art Vater-Tochter-Beziehung zwischen Maggie und Frankie. Der Film zeigt Rückschläge, private Probleme, die Niedergeschlagenheit und Trostlosigkeit im Leben von Frankie, der sich in den Glauben als Ersatz gestürzt hat, aber auch dort keine echten Antworten findet.



Reicht der Schlag für den großen Traum Weltmeisterin?
Zentrales Element des Films ist dabei die Hoffnung. Die Hoffnung von Maggie, Erfolg im Boxsport zu haben. Ihrer einzigen, großen Liebe. Ihre Hoffnung, damit Geld zu verdienen, um ihrer Familie ein besseres Leben ermöglichen zu können. Und hierfür steht sie mit unglaublichem Engagement und großer Beharrlichkeit Tag für Tag auf der Matte, lässt sich von Rückschlägen nie unterkriegen. Sie geht ihren Weg und weiß dabei immer genau, was sie will. Von der ersten bis zur letzten Minute. Aber die Hoffnung lebt auch in Frankie, der keinen Kontakt mehr zu seiner eigenen Tochter hat. Für ihn wird Maggie bald zu einem Tochterersatz. Und zudem hofft er auf ihren (und damit auch seinen) Erfolg, der beiden bisher immer verwehrt geblieben ist.


Das letzte Drittel des Films macht dann, ohne jetzt zu viel verraten zu wollen, das ohnehin schon starke Sportdrama zu einem genauso herausragenden wie umstrittenen Film. Der schmale Grat zwischen richtig und falsch verschwimmt, moralisch ist es genauso verwerflich wie, vielleicht noch mehr, verständlich. Der Sport rückt dabei in den Hintergrund und ins Zentrum gelangen andere Dinge. Wie gesagt, hier könnte man schnell zu viel verraten, aber was man ohne Probleme sagen kann ist, dass diese letzten etwa 40 Minuten den Film zu etwas ganz Besonderem machen



"Am Geburtstag mit 'nem Einäugigen in einer Bar - toll."
Schauspielerisch ist der Film über weite Strecken einfach nur herausragend. Hilary Swank spielt die Rolle der so optimistischen Boxerin mitsamt Sprache, Statur und Aussehen so, als ob sie bereits ihr ganzes Leben Maggie war. Der Oscar war nur die logische Konsequenz. Einen weiteren Oscar erhielt Morgan Freeman, der als einäugiger ehemaliger Boxer und nun Hausmeister und rechte Hand von Boxclubbesitzer Frankie Dunn so sehr beeindruckt hat, wie es selbst dieser Ausnahmedarsteller selten schafft. Und zuletzt muss man auch die Leistung Eastwoods als Boxtrainer würdigen, der es hier als Schauspieler endlich mal schafft, deutlich mehr Facetten seines Charakters offen zu legen als nur der etwas eingerostete Alte und der Typ mit dem coolen Gesichtsausdruck, wobei natürlich auch dieser Blick wieder mit von der Partie ist. Nur die kleineren Nebenrollen sind vielleicht etwas zu übertrieben und zu sehr klischeehaft ausgearbeitet, damit auch jedem deren Charakter klar wird. Und dadurch wirken diese kleinen Figuren, sei es nun die Familie von Maggie oder die deutsche Boxerin, in der Form nicht unbedingt glaubhaft. Beispielsweise wäre die deutsche Boxerin für ihre unsportliche Kampfweise, die sie angeblich bei jedem Kampf in dieser extrem übertriebenen Form an den Tag legt, schon längst vom Boxverband gesperrt worden.


Trotz dieses kleinen Schönheitsfehlers ist „Million Dollar Baby“ ist einer der besten Filme von und mit Clint Eastwood. Virtuos verbindet er die Action und die Faszination des Sports mit Familienproblemen und wichtigen sozialen Themen. Dabei wird der Film nie langweilig und wagt es sogar, zum Ende hin aus der typischen „Sportaufsteiger“-Story auszusteigen und relativ ungewöhnliche Wege einzuschlagen. Das macht den Film in seiner Aussage zwar ein bisschen zwiespältig, aber auch noch einmal deutlich stärker. Hochemotional, kritisch, ambivalent ist der Film. Und dazu passt das hervorragende Spiel seiner drei zentralen Darsteller Eastwood, Freeman und vor allem Hilary Swank.


9 von 10 geliehene Boxbirnen

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