USA,
1997. Regie: Ang Lee. Buch: James Schamus. Mit: Kevin Kline, Joan
Allen, Sigourney Weaver, James Sheridan, Tobey Maguire, Christina Ricci,
Elijah Wood, Adam Hann-Byrd, Henry Czerny, David Krumholtz, Katie
Holmes, Kate Burton u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: ab 12 Jahren
freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
In
"Der Eissturm" portraitiert Ang Lee zwei Familien des gehobenen
Mittelstands im Conneticut der frühen 70er Jahre. Die Hoods und Carvers
sind gut befreundet, ihre Ehen stecken dabei in einer tiefen Krise. Ben
Hood und Janey Carver haben eine Affaire miteinander, ihre Partner ahnen
dies bereits, halten oberflächlich aber am Heile-Welt-Bild fest.
Gleichzeiig entdecken ihre Kinder die Sexualiät für sich. Während eines
Abends ein fürchterlicher Eissturm losbricht, spitzen sich die
aufgestauten Situationen zu.
Meinung:
Feinfühlig,
still und enorm gut beobachtend führt uns "Der Eissturm" mitten in das
Leben zweier amerikanischen Bilderbuchfamilien. Oder zumindest Familien,
die auf dem Papier diese Voraussetzungen erfüllen. Denn unter der
heilen Schale stimmt überhaupt nichts mehr. Zeitlich angesiedelt 1973,
als sich die Gesellschaft im Umbruch befand, alte Wertvorstellungen
langsam zerbröckelten und sich neu orientierten. Davon erzählt Ang Lee,
anhand der sich endremdeten Eltern und ihrer sich auf sexueller Ebene
näherkommenden Kinder. "Der Eissturm" behandelt somit zum Teil
klassischen Comig-of-Age Stoff, parallel zu dem drohenden Einbruch einer
maroden Ehe, die schon lange nur noch durch Lügen, Geheimnisse und
unausgesprochene Konflikte zusammengehalten wird.
Emotional herrscht Eiszeit
Leicht
poetisch vorgetragen, durchzogen von stetig spürbarer Melancholie,
dabei niemals übertrieben rührseelig oder unpassend überdramatisierend
wird sich bewusst Zeit genommen, um in die Figuren einfühlen zu
können. Das gelingt problemlos, dank der Kombination aus einer
sensiblen, glaubhaften Charakterzeichnung und hervorragenden
Darstellern. Erstaunlicherweise wurde gerade bei den jugendlichen
Darstellern ein sehr geschicktes Händchen bewiesen. Ganz neu im Geschäft
war zwar keiner von ihnen, die Karrieren von Tobey Maguire, Elijah Wood,
Katie Holmes und Christina Ricci (von der noch am ehesten) waren so
aber sicherlich noch nicht zu erahnen. In den "erwachsenen" Hauptrollen
glänzen besonders Kevin Kline, Joan Allen und Sigourney Weaver als
tragische Dreiecksbeziehung. Das es ihnen gelingt, ihre Rollen so
authentisch rüberzubringen, sie mit Leben und Tiefe zu erfüllen, die für
die Stimmung und der ruhigen Erzählweise wichtigen, kleinen Nuancen auf
den Punkt zu bringen, lässt die angepeilte Wirkung von "Der Eissturm"
erst aufgehen.
Ungeduldige Zeitgenossen dürften eventuell ihre Probleme bekommen, denn hier verfällt niemand in
Hektik oder legt es darauf an, die Geschehnisse sich überschlagen zu
lassen. Das ist auch gut so. Nur auf diese Weise verliert Ang Lee nicht
den Boden seiner ehrlichen Arbeit unter den Füssen, durch die sein Film
erst seine Stärke gewinnt. Emotionen sind hier jederzeit
nachvollziehbar, berühren uns auf eine ganz natürliche Art und es bedarf
keiner übersprudelnden Pathosshow oder manipulativer Gefühlduselei.
Dadurch entfernt sich "Der Eissturm" ganz weit von leider oft gestelzten
US-Drama-Eintopf, erinnert eher sogar an europäisches Kino. In seiner
Unspektakularität ein leises Spektakel. Schön.
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