USA, 1982. Regie: Walter Hill.
Buch: Roger Spottiswoode, Walter Hill, Larry Gross, Steven E. de Souza. Mit:
Nick Nolte, Eddie Murphy, James Remar, Sonny Landham, David Patrick Kelly,
Brion James, Annette O’Toole, Frank McRae u.a. Länge: 89 Minuten. FSK:
Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.
Story:
Dank seines Partners gelingt dem
brutalen Killer Ganz die Flucht aus dem Knast. Um die skrupellosen Gangster
möglichst schnell dingfest zu machen, greift der ungehobelte Cop Cates auf
ungewöhnliche Methoden zurück. Er schleust Hammond - einen ehemaligen
Weggefährten von Ganz - aus dem Bau, der selbst stark an dessen baldiger
Inhaftierung interessiert ist. Dafür bleiben dem ungleichen Duo nur 48 Stunden
Zeit, denn dann wird Hammonds Verschwinden nicht mehr zu vertuschen sein.
Meinung:
Die 80er, das Jahrzehnt des
Buddy-Action-Films. Zwei Typen wie Feuer und Wasser müssen sich mehr oder (meistens
eher) weniger freiwillig zusammenraufen, um anderen Typen ganz kräftig in den
Arsch zu treten. Ein ganz eigenes Subgenre, das mit diesem Film seinen Anfang
nahm und danach etliche Nachahmer hervorbrachte, einige davon sogar als Franchise
und moderne Klassiker, siehe die „Lethal Weapon“-Reihe. Deren Produzent Joel
Silver hatte auch bei der Geburtsstunde „Nur 48 Stunden“ seine kommerziellen
Glücksgriffel im Spiel, hauptverantwortlich für den großen Erfolg sind dabei
ganz andere Namen. Allen voran Testosteron-Spezi, Regisseur und Co-Autor Walter
Hill, aber auch ein gewisser Steven E. de Souza, der 6 Jahre später mit dem
Skript zu „Stirb Langsam“ den Actionfilm revolutionieren sollte. Das, was diese
folgenden Mega-Hits auszeichnen sollte, findet sich bereits hier. Kein „Nur 48
Stunden“, kein „Lethal Weapon“ oder „Stirb Langsam“? Gut möglich, wenn man denn
spekulieren möchte.
Ein Schwarzer mit Mut und Messer, da zuckt der Hillbilly zusammen.
Nach kompromisslos-geradlinigen
Filmen wie z.B. „Driver“ oder „Die letzten Amerikaner“ für Walter
Hill-Verhältnisse ein ungewohnt lässiger Film, der aber nicht in den Bereich
der Actionkomödie einzuordnen ist. Dafür brennt auch hier viel zu sehr die
Luft. Der Humor äußert sich in zynischen Wortgefechten seiner beiden
Protagonisten, mit voll Blei gepumpter Körper wird nicht gespart. Hill macht
das, was er immer gemacht hat. Bretthartes Männerkino mit Dreitagebartgarantie,
in dem Frauen maximal Randfiguren sind. Klare, einfache Geschichten, schnell
auf den Punkt gebracht und mit einem gehörigen Westerneinschlag inszeniert. Auch
in „Nur 48 Stunden“ kommt seine Passion unverkennbar zum Vorschein. Wenn Eddie
Murphy als falscher, schwarzer Hilfssheriff einen „Saloon“ voll mit Möchtegern-Südstaaten-Cowboys
aufmischt oder der Showdown zum waschechten High Noon stilisiert wird, Walter
Hill kann nicht ohne. Bis heute bzw. seinem aktuell letzten Film „Shootout –
Keine Gnade“ zieht sich diese markante Handschrift, so konsequent wie er war
über die Jahrzehnte kaum jemand.
Männer nach der Grundsatzdiskussion.
Das blonde Reibeisen Nick Nolte
gibt den modernen Großstadt-Marshall mit der Bourbon-Fahne, der nicht viel von
Beziehungspflege, diskreten Ermittlungen und politisch korrekter Ausdrucksweise
versteht, dafür echte Wadenbeißer-Qualitäten mit sich bringt. Ihm zur Seite
steht ein durch fast dreijährigen Knastaufenthalt hormongestautes, extrem
läufiges Plappermaul mit windiger Straßenschläue, das Spielfilmdebüt des gerade
21jährigen Eddie Murphy. Schon wenige Jahre später die dauerquaselnde,
hochgradig überbewertete Nervensäge par excellence, funktioniert er hier als
unverbrauchtes, freches und dynamisches Gesicht hervorragend, die (Anti)Chemie
mit Nolte ist perfekt. Kaum zu glauben, wenn man Murphy nur noch seit den 90ern
kennt und zurecht hassen gelernt hat. Ja, in den 80ern konnte man ihn glatt
mögen und sein erster Auftritt rechtfertigte tatsächlich die große Karriere,
die er zumindest eine ganze Weile ernsthaft genießen durfte. Die Harmonie der
Hauptdarsteller in der Disharmonie ihrer Figuren ist ein nicht unwichtiger
Aspekt für die Funktionalität des gesamten Films. Sie gehen sich auf den Sack,
sie hauen sich auch mal respektable auf die Fresse, aber man merkt sofort, die
passen trotzdem wie Arsch auf Eimer. Lässt sich natürlich immer so schreiben,
ob das dann so hinhaut nicht. In dem Fall definitiv, die Besetzung in der
Kombination ist ein Glücksgriff.
Die ideal aufeinander abgestimmten
Darstellern, die knackigen Dialoge, die ruppig-handfeste Regie und generell
eine geballte Ladung Genre-bezogener Fachkompetenz machen „Nur 48 Stunden“ auch
nach weit mehr als 30 Jahren immer noch zu einem enorm kurzweiligen und
unterhaltsamen Film, der sich nicht im Schatten der immer größer und teurer
gewordenen Konkurrenz keinesfalls zu verstecken braucht. Das alte Lied vom
knurrigen Arschloch und dem smarten Großmaul mit ordentlich Zunder aufgetischt
und noch nicht mit diesem schrecklichen Bedürfnis versehen, dass dazu möglichst
jede Altersgruppe herzlich eingeladen ist.
USA, 1978. Regie & Buch: Walter
Hill. Mit: Ryan O’Neal, Bruce Dern, Isabelle Adjani, Ronee Blakley, Joseph
Walsh, Rudy Ramos, Matt Clark, Felice Orlandi, Denny Macko, Frank Bruno, Will
Walker, Sandy Brown Wyeth, Tara King u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Freigegeben
ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Der Driver ist der beste
Fluchtwagenfahrer der Stadt. Wer ihn für seinen Bruch engagiert, muss sich auf
einen heißen Ritt einstellen, entkommt seinen Verfolgern dafür auf jeden Fall.
Dem Detective ist er ein Dorn im Auge. Seine Identität ist ihm bekannt, Beweise
hat er keine gegen ihn in der Hand. Ein von ihm fingierter Banküberfall soll
den Driver in die Falle locken, doch so einfach lässt dieser sich nicht
überrumpeln…
Meinung:
„Wissen Sie, was das Schönste an
unserem Job ist? Es kann nur einer gewinnen: Die oder wir.“
Der Western war schon immer das
Steckenpferd von Walter Hill. Einige klassische Vertreter tauchen in seiner
Vita auf, doch im übertragenen Sinn ist fast jeder Film von ihm eine Art
Western. Immer wieder verwendete er Motive seines Lieblingsgenre, übertrug sie
in einen anderen Kontext. So auch bei seiner zweiten Regiearbeit „Driver“, die
unübersehbar Inspirationsquelle für den 33 Jahre später gefeierten Überflieger „Drive“
von Nicolas Winding Refn darstellte.
Macht seinen Job mit links: Der Driver.
Bei seinem Großstadt-Noir-Western
zieht Walter Hill alle Register seines Könnens. Mit deutlich mehr als einer
Pferdestärke geht es durch die Prärie aus Beton. Im Nachtlicht der anonymen
Metropole ist kein Platz für gute Menschen, nur für namenloses Gesindel. Ein (positiv)
stoischer Ryan O’Neal als nihilistischer Outlaw lässt sich von Gleichgesinnten
anheuern, um seine Künste für ein gutes Stück vom Kuchen anzubieten. Mit ihm am
Steuer ist die Flucht gemachte Sache. Mit Blechschäden ist zu rechnen, drohende
Frontalzusammenstöße als Duell zwischen Männern. Hier verliert nicht wer zu
langsam zieht, sondern zuerst ausweicht. Ausweichen ist nicht sein Ding.
Deshalb ist er der Beste, nicht zu fassen, obwohl ihm die Gesetzeshüter schon
lange auf den Fersen sind. Das mit dem Hüten der Gesetze ist auch nicht mehr
als Auslegungssache. Bruce Dern mit gewohnt wilder Irrenhaus-Visage gibt den
besessenen Detective – oder eben Sheriff -, für den die Jagd auf den Driver zur
Passion geworden ist. Ihn nicht dingfest machen zu können nagt an ihm, was
eventuell das nicht ganz blitzeblank ausgefegte Oberstübchen erklären könnte.
Möglicherweise, der angenehmste Zeitgenosse war er wohl auch vorher nicht. Wie
gesagt, gute Menschen haben in dieser Welt nichts verloren, werden maximal
ausgeraubt. Und dann ist da noch diese mysteriöse,
atemberaubende Schönheit (Isabelle Adjani, dazu muss nicht mehr gesagt werden)
mit einem unerklärlichen Faible für schwere Jungs. Obwohl, wen soll man in
diesem schmutzigen Moloch denn sonst lieben?
Fettreduziert, wortkarg,
schnörkellos. Walter Hill ist kein Mann für geschwätzige Figuren, streckende
Sideplots oder schmückendes Klimbim. Selbst die bei dem Titel zu erwartenden
Verfolgungsjagden werden nur relativ dezent, dafür dann enorm wirkungsvoll
eingesetzt. Mit purer, roher Kraft präsentiert, echte Autos, echte Crashs.
Dazwischen vermischen sich die bereits angesprochenen Regeln des Westerns wie des
Film noir, ausgetragen auf modernen, urbanen Terrain. Da darf natürlich auch
ein Zug (=Eisenbahn) nicht fehlen. Als definitives Highlight dieses stilistisch
erstaunlich abgeklärten wie selbstsicheren Thrillers (für den damaligen
Karrierestand des Regisseurs) dient – ganz klassisch – der Showdown. Natürlich
mit dem Auto. Zwischen Rasanz und schleichender Belauerung. Sensationell
eingefangen. Aber die Pointe am Ende ist der eigentliche Höhepunkt. Wie war das
gleich, was war das Schöne an diesem Job? Walter Hill, der macht kein großes,
er macht(e) konsequent gutes Kino.
Fakten: Long Riders (The Long Riders)
USA. 1980. Regie: Walter Hill. Buch: Bill Bryden, Stacy Keach, James Keach,
Steven Smith. Mit: David Carradine, Keith Carradine, Robert Carradine, James
Keach, Stacy Keach, Dennis Quaid, Randy Quaid, James Remar, Pamela Reed,
Christopher Guest, Harry Carey Jr., Kevin Brophy, Shelby Leverington u.a.
Länge: 99 Minuten, FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf
DVD und Blu-ray erhältlich.
Story: “Long Riders” erzählt die legendäre Geschichte von Jesse James. Nach dem amerikanischen
Bürgerkrieg fühlen sich die Brüderpaare James und Younger heimatlos. Zusammen
mit den Millers bilden sie die James/Younger Bande. Als dreiste Bank- und
Zugräuber sind sie schon bald die bevorzugten Jagdopfer der Pinkerton
Detektive. Aber die Gesetzlosen sind nicht einfach nur die Bösen und die Guten
nicht nur gut.
Meinung: Eine doch recht romantisierte Variante der
Jesse-James-Geschichte, aber wenigstens eine, die mit Herz vorgetragen wird.
Die Brüder James & Stacey Keach konnten da nicht anders, schrieben das
Script und produzierten mit, gaben es dem fähigen Männer-Regisseur Walter Hill
in die Hand und voilà: ein wahrlich schickes, nicht groß pathetisches, aber
ehrenhaftes Denkmal für jene Outlaws, die nach dem Bürgerkrieg im Volk zu regelrechten
Robin Hoods erbaut wurden, aber eigentlich nur für sich selbst arbeiteten,
woraus der Film auch keinen Hehl macht. Auch nicht daraus, dass es sich hier um
echte Südstaatler-Burschen handelt, die im Gegensatz zu manchen,
selbstgefälligen Herren im Narrativ zumindest behaupten können, das sie im
Krieg mitgekämpft haben. Damals war das wohl noch etwas wert, auch wenn das
ganze militärische Prozedere keine hübsche Angelegenheit war, wie Komplize Cole
Younger (David Carradine) zugibt.
Die langen Reiter sind gar nicht mal so lang
Es hat
jedenfalls so wenig gebracht, dass die Gebrüder James, Younger und Miller
(allesamt von jeweiligen Real-Life-Brüdern der Familien Keach, Carradine und
Quaid gespielt) verschiedene Banken im eigenen Staat Missouri um ordentlich
Kohle erleichtern, sicherlich für einen besseren Lebensstandard, aber einen
echten Grund will der Film nicht rausrücken - egal, man kann es sich ja denken,
bei den eigentlich bescheidenen Kerlen aus dem Mittelstand. Sie sind ja auch
keine Arschlöcher, die für die Beute Unschuldige killen - Angst machen gehört
natürlich dazu, aber man bleibt nur beim Nötigsten. Wer da übertreibt - in
diesem Fall der stürmische Miller-Bruder Ed (Dennis Quaid) - wird fristlos mit
seinem letzten Anteil entlassen, soviel konsequente Ehre haben unsere
räuberischen Anti-Helden ja. Denn im Innern, direkt aus dem einfachen Herz des
alten Americanas, wollen die Boys auch nur ein geregeltes Leben, mit einer
Liebsten an ihrer Seite - das Glück ruft nun mal jeden, auch wenn man u.a.
Hemmungen hat, weil die Begehrte als Hure arbeitet. So ergeht es nämlich Cole
mit seiner Belle (Pamela Reed), die aus dem Grund als starke Frau nicht lange
warten will und sich stattdessen einen fescheren Burschen schnappt. Was
übrigens ein affengeiles Cameo von James Remar als Halbblut Sam Starr auf den
Plan ruft, der in Quasi-WARRIORS-Kluft Cole zum Messer-Duell herausfordert. Er
schlägt sich dabei gut, kriegt zwar eine fette Klinge im Bein ab, aber
zerdeppert darauf mit der bloßen Faust eine Whiskey-Flasche. Der behält sein
Image bei, doch Cole ist dahingehend ja auch kein mörderischer Assi, belässt es
dabei und verschwindet, ganz der Ehrenmann.
Auch im wilden Westen gab es Stil und Eleganz
Aber die Jungs können auch anders, erst recht, als ihnen die Pinkerton-Agenten
auf den Fersen sind und im Namen des Gesetzes schlicht unfähig sind, die richtigen
Schuldigen zu fassen, stattdessen aus Versehen andere Familien-Mitglieder und
Freunde des Clans auslöschen. Das gibt einen schlechten Ruf in der Bevölkerung
und bei den trauernden Angehörigen vorallem den Drang nach schneller Rache, die
sodann unbarmherzig durchgeführt wird und noch weiter läuft, indem man sich
entschließt, nun weitere Banken auszurauben, um es dem Staat heimzuzahlen.
Daraufhin versucht man es von legislativer Seite aus mit Einschüchterung und
Überredung zum Verrat, aber da knickt ebenso keiner ein, weder die treuen
Ehefrauen noch der verstoßene Ed Miller. So regelte man das eben zu jener Zeit,
Auge um Auge - doch Hill macht kein Politikum draus und auch keinen Eskapismus,
da bleibt er objektiv und vergibt weder Heiligenscheine noch Teufelshörner.
Richtig gut abgeglichen. Schlimm wird's für jeden halt erst dann, wenn Gewalt
ins Spiel kommt und da behandelt er alle mit der gleichen stilistischen
Aufbereitung von explosiven Zeitlupen, zwischen aufwirbelndem Staub & Dreck
sowie zerspringenden Glas und Holz (inkl. ekstatisch-realistischem
Top-Stuntwork von Craig R. Baxley). Wo zudem jeder Einschuss mit
inszenatorischer Ankündigung abläuft - schließlich wird hier Historisches
behandelt -, aber nichtsdestotrotz schmerzhaft Körper zersiebt, bei der
erzwungenen Langsamkeit eben noch härter als normal. Das ist spannend
anzusehen, aber für die Figuren hier kein Zuckerschlecken, wie der zuvor
erfahrene Krieg eben keine schöne Angelegenheit - klare Ansage und auch
ausnahmslos ohne heroische Musikuntermalung oder visuelle Verwässerung
ausgestattet: einfach wahrlich grausame Massaker à la 'WILD BUNCH'.
Aber deshalb bleibt man mit der Sympathie letztendlich doch bei den
Räuber-Jungs, denn wer will schon komplett nach den Regeln leben, wenn diese so
hart zurückschlagen wollen, sobald man sich von ihnen entfernt? All dies
spricht das Freimütige und Eigensinnige in uns an, aber auch die ureigene
Romantik von Brüderlichkeit und Seelenverwandschaft. Ein archaischer und doch
herzlicher Ausdruck des American Dreams und der mit ihm verbundenen Freiheit
des Einzelnen, die jedem zusteht, selbst wenn er für die Südstaaten im Krieg um
die Sklaverei etc. gekämpft hat. In den USA ist man nun mal vor dem Gesetz und
wohl auch vor der Waffe gleich - in diesem Film lebt jeder damit und so
akzeptiert auch Jesse James (James Keach) sein jähes Ende, mit der Gewissheit,
dass seine (Waffen-)Brüder wahrhaftig-menschlich bleiben. Riders forever!