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Review: DER MIETER - Polanski hoch drei!

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Fakten:
Der Mieter (Le locataire)
FR, 1976. Regie: Roman Polanski. Buch: Gérard Brach & Roman Polanski. Mit: Roman Polanski, Isabelle Adjani, Melvyn Douglas, Jo Van Fleet, Bernard Fresson, Lila Kedrova, Claude Dauphin, Jacques Monod u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Der zurückhaltende Angestellte Trelkovsky ist auf der verzweifelten Suche nach einer Wohnung. Schließlich findet er ein möbliertes Appartement, von der Concierge erfährt er jedoch, dass sich die Vormieterin aus dem Fenster zu Tode gestürzt hat. Zu Beginn läuft alles wie immer, doch bald beginnt sich Trelkovskys Nachbarschaft seltsam zu verhalten und sein psychischer Zustand verschlechtert sich zusehends.




Meinung:
1976 beendete Roman Polanski seine sogenannte Mietertrilogie. Was elf Jahre zuvor mit „Ekel“ begonnen, und drei Jahre darauf von „Rosemaries Baby“ ergänzt wurde, findet im namensgebenden „Der Mieter“ seinen Abschluss. Dass diese drei Filme miteinander in Verbindung stehen, dürfte jedem aufmerksamen Zuschauer schnell deutlich werden, teilen sie sich neben zahlreichen Ähnlichkeiten doch vor allem eines, die Thematik des Wohnungshorrors. Ebenjener Horror, der den heimischen Ort, eigentlich schutzspendend und Zuflucht gewährend, zu einem Hort des Grauen macht. Die letzte Instanz, dort wo man eigentlich am verletzlichsten sein dürfte, wird hier umgedreht und zu einem Ort voller Angst und Wahnsinn erhoben.


Im eigenen Würgegriff!
Roman Polanski ist im wahrsten Sinne des Wortes der Dreh- und Angelpunkt dieses Films, so zeichnet er sich nicht nur für das Drehbuch verantwortlich und nimmt auf dem Regiestuhl Platz, sondern ist gleichzeitig auch Hauptdarsteller in seinem eigenen Film. Ein wahrer Könner, führt man sich vor Augen in welcher Kunstfertigkeit er alle drei Positionen ausfüllt. Seine Darstellung des zurückhaltenden, gutbürgerlichen und eigentlich bodenständigen Bankangestellten Trelkovsky ist auf den Punkt gebracht, er spielt dessen Verwirrtheit, Wahn und Irrsinn, jede Minute des Films weiter wachsend, mit einer solchen Ausdrucksstärke, dass sich Grauen und Angst spielend einfach auf das Publikum übertragen. Das liegt jedoch nicht nur an seiner Darbietung, sondern auch an seiner Inszenierung, die Art und Weise wie er sich selbst in Szene setzt. So inszeniert Polanski seinen Film mit einem durchgehenden Spannungsaufbau, während zu Beginn nur ein Hauch von Merkwürdigkeit in der Luft hängt, eine kleine Andeutung auf das was folgt, lädt sich der Film zusehends mit einer psychedelischen Atmosphäre auf und verwandelt den Ort des Geschehens schnell in eine albtraumhafte Welt. Die größte Stärke seiner Inszenierung ist dabei, wie sie ähnlich dem Gemütszustandes Trelkovskys immer düsterer zu werden scheint und die Spannung sich zu keinem Zeitpunkt vor dem eigentlichen Höhepunkt des Films entlädt.


Der Horror in „Der Mieter“ ist ein psychologischer, ein intelligenter, ein subversiver Horror. Es geht nicht darum, dass Trelkovskys von etwas bedroht, verfolgt oder erschreckt wird, sondern, und das ist das wirklich Furchteinflößende, ist er selbst Quelle und Opfer der Bedrohung. Es steckt in ihm, es ist der verzweifelte Kampf gegen sich selbst, ein aussichtsloses Unterfangen und genau darin liegt das wahre Grauen. Die Entfremdung von sich selbst und der Gesellschaft nimmt immer weiter zu und es gibt kein Entkommen. Dabei bewegt sich der Zuschauer stets auf einer Ebene mit dem Protagonisten, sieht was er sieht, fühlt was er fühlt. So funktioniert Immersion, so funktioniert echter Horror.


8 von 10 Sprünge aus dem Fenster 



Review: DIE BARTHOLOMÄUSNACHT - Liebe, Tod und ganz viel Pathos

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Fakten:
Die Bartholomäusnacht (La reine Margot)
FR, IT, BRD, 1994. Regie: Patrice Chéreau. Buch: Danièle Thompson, Patrice Chéreau, Alexandre Dumas (Vorlage). Mit: Isabelle Adjani, Daniel Auteuil, Jean-Hugues Anglade, Vincent Perez, Virna Lisi, Dominique Blanc, Pascal Greggory, Claudio Amendola, Miguel Bosé, Asia Argento, Thomas Kretschmann, Julien Rassam, Jean-Claude Brialy u.a. Länge: 138/164 Minuten (Kinofassung/ungekürzte Fassung). FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Frankreich, 1572: In ganz Europa tobt ein Glaubenskrieg zwischen Katholiken und Protestanten. Um die Lage zu entschärfen arrangiert Catherine de Médicis, die Mutter des labilen Königs Charles IX, eine Hochzeit zwischen ihrer Tochter Margot und ihrem protestantischen Vetter Henri de Navarre. Die Zwangsehe hat das Gegenteil zur Folge: Noch in der nächsten Nacht kommt es zur Eskalation, die Königsfamilie schlachtet die Anhänger von Henri ab und zwingt ihn zur Konvertierung. Dem Massaker entkommt La Môle, dank dem Schutz von Marguerite. Er flieht nach Amsterdam und plant mit seinen Verbündeten die Befreiung von Henri. Und von Marguerite, seiner heimlichen Geliebten.

                                                                                


Meinung:
„Deine Untertanen sind Tote bedeckt mit Erde oder Lebende bedeckt mit Schande!“

Nach dem Roman von Alexandre Dumas („Die drei Musketiere“) entstand 1994 dieses internationale Mammutprojekt, das seine Premiere auf den Filmfestspielen in Cannes feierte und mit rund 27 Millionen Euro (umgerechnet) selbst für heutige Verhältnisse ein ungewöhnlich aufwändiges Projekt darstellt, gemessen am sonstigen Budgetrahmen in Europa. Starbesetzt zudem, u.a. mit Isabelle Adjani, Daniel Auteuil, Jean-Hugues Anglade, Vincent Perez, Virna Lisi und Argento´s Dracula-Duo des Grauens, Thomas Kretschmann & Asia Argento, beide hier allerdings mit ansprechenden Leistungen, was bei Asia schon einen Meilenstein darstellt. 


Ehe ist...manchmal ungünstig konzipiert.
Die Verfilmung stützt sich in seinem Rahmen auf historische Tatsachen, die titelgebende Bartholomäusnacht, die groben Fakten sowie die beteiligten Personen gab es wirklich, für den dramatischen Effekt wurde selbstverständlich reichlich dazu gedichtet, was völlig okay ist. Wer jetzt meint, das unglaubliche Massaker jener Nacht - das die Straßen von Paris in ein Massengrab verwandelte -  würde als Höhepunkt des Films herhalten, der irrt. Nach dem Abschlachten von tausenden Protestanten durch die Hand der Königsfamilie warten fast noch zwei Stunden auf den Zuschauer, zumindest in der ungekürzten Fassung. Dieses martialische Blutbad bildet nur ein Zwischenhoch des Films, der sich von Beginn an prunkvoll und detailliert präsentiert, den Einstieg für Nichtkenner der literarischen Vorlage oder der realen Begebenheiten dabei eher schwierig bzw. fordernd gestaltet. Texteinblendungen bieten die dringend benötigten Backupinfos, dazu wird man mit zahlreichen Figuren und Namen bombardiert, die man erstmal unter einen Hut und deren jeweiligen Beziehungen zueinander bekommen muss. Letztlich rücken jedoch die entscheidenden Personen in den Fokus, wie die (im Original) titelgebende Margot, gespielt von Isabelle Adjani,  eigentlich deutlich zu alt für die Rolle mit knapp 40 Jahren. Dafür ist sie von ihren Anlagen perfekt für den Part, denn wenn etwas bei „Die Bartholomäusnacht“ negativ heraussticht, dann der Hang zu deutlichen Theatralik.


Geschichte wird mit Blut geschrieben.
Adjani in ihrem Element: Augen auf und los. Nicht falsch verstehen, das kann sie toll und wenn es der Rahmen eines Films erfordert, ist sie erste Wahl. „Die Bartholomäusnacht“ gibt sich dem großen Drama und den überkochenden Emotionen hin, unterlegt von sakralen Chören, um auch bloß jede Tragweite dieser großen Tragödie nicht untergehen zu lassen. Damit wird so dick aufgetragen, irgendwann ist auch mal gut. Sicher auch der Vorlage von Alexandre Dumas geschuldet, der Film will dessen Geist sicher möglichst korrekt wiedergeben und die Geschichte bietet natürlich reichlich an Seifenoper-Potenzial, dabei dargeboten auf hohem Niveau. Wie „Game of Thrones“, wenn man mal ehrlich ist. Da wird gelitten, getötet, geschmachtet und geliebt, werden Intrigen und Verschwörungen gesponnen, Zwangsehen zu Zweckgemeinschaften; zu Bündnissen; zu Affären; zu Konfliktpotenzial. Der Film gibt in seiner emotionalen Bandbreite alles und in den rund 160 Minuten (Kritik bezogen auf die Langfassung) passiert eigentlich dauernd etwas, nur ganz frei von narrativen Längen ist er trotzdem nicht. Es zieht sich ab und an, die emotionale Dauerbeschallung wird mitunter arg überstrapaziert, aber wenn der Film mitnimmt, dann macht er das sehr richtig. Man möge sich diesen Stoff mal nur als Hollywood-Variante vorstellen. Er wäre wahrscheinlich noch opulenter vorgetragen, dabei ohne die Authentizität, den ganzen Schmutz, Dreck und besonders die wenig verschönenden Darstellungen von sexuellen Ausschweifungen, bei der es von der harmlosen Entblößung weiblicher Geschlechtsmerkmale bis zu der brisanten (aber historisch korrekten) Thematisierung von selbstverständlichem Inzest in der „High-Society“ dieser Zeit.


Dazu kommen mitunter packende Szenen. Die Nacht der tausend Leichen ist schon mitreißend, schonungslos vorgetragen, besonders überzeugen aber die exzellenten Darsteller. Neben Adjani sind es Virna Lisi in der Rolle des manipulativen Muttertiers, die angeblich den Frieden herbeistrebt, dafür pausenlos das Unheil anzettelt und Jean-Hugues Anglade, der als labiles Nervenbündel von einem theoretisch entmachteten Königs eine Glanzleistung liefert, in der er buchstäblich Blut schwitzt. Zugegeben, der Film macht es einem nicht immer ganz leicht, strengt manchmal eher unnötig an, ist in seiner Opulenz und Hingabe dafür beeindruckend und als europäischer Gegenentwurf zum Big-Budget-Kino aus den USA mehr als nur ein Versuch. Nicht perfekt, aber bemerkenswert. 

6,5 von 10 klebrigen Buchseiten

Review: DRIVER - Ein Cowboy mit Bleifuß

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Fakten:
Driver (The Driver)
USA, 1978. Regie & Buch: Walter Hill. Mit: Ryan O’Neal, Bruce Dern, Isabelle Adjani, Ronee Blakley, Joseph Walsh, Rudy Ramos, Matt Clark, Felice Orlandi, Denny Macko, Frank Bruno, Will Walker, Sandy Brown Wyeth, Tara King u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der Driver ist der beste Fluchtwagenfahrer der Stadt. Wer ihn für seinen Bruch engagiert, muss sich auf einen heißen Ritt einstellen, entkommt seinen Verfolgern dafür auf jeden Fall. Dem Detective ist er ein Dorn im Auge. Seine Identität ist ihm bekannt, Beweise hat er keine gegen ihn in der Hand. Ein von ihm fingierter Banküberfall soll den Driver in die Falle locken, doch so einfach lässt dieser sich nicht überrumpeln…


                                                                                      



Meinung:
„Wissen Sie, was das Schönste an unserem Job ist? Es kann nur einer gewinnen: Die oder wir.“

Der Western war schon immer das Steckenpferd von Walter Hill. Einige klassische Vertreter tauchen in seiner Vita auf, doch im übertragenen Sinn ist fast jeder Film von ihm eine Art Western. Immer wieder verwendete er Motive seines Lieblingsgenre, übertrug sie in einen anderen Kontext. So auch bei seiner zweiten Regiearbeit „Driver“, die unübersehbar Inspirationsquelle für den 33 Jahre später gefeierten Überflieger „Drive“ von Nicolas Winding Refn darstellte.


Macht seinen Job mit links: Der Driver.
Bei seinem Großstadt-Noir-Western zieht Walter Hill alle Register seines Könnens. Mit deutlich mehr als einer Pferdestärke geht es durch die Prärie aus Beton. Im Nachtlicht der anonymen Metropole ist kein Platz für gute Menschen, nur für namenloses Gesindel. Ein (positiv) stoischer Ryan O’Neal als nihilistischer Outlaw lässt sich von Gleichgesinnten anheuern, um seine Künste für ein gutes Stück vom Kuchen anzubieten. Mit ihm am Steuer ist die Flucht gemachte Sache. Mit Blechschäden ist zu rechnen, drohende Frontalzusammenstöße als Duell zwischen Männern. Hier verliert nicht wer zu langsam zieht, sondern zuerst ausweicht. Ausweichen ist nicht sein Ding. Deshalb ist er der Beste, nicht zu fassen, obwohl ihm die Gesetzeshüter schon lange auf den Fersen sind. Das mit dem Hüten der Gesetze ist auch nicht mehr als Auslegungssache. Bruce Dern mit gewohnt wilder Irrenhaus-Visage gibt den besessenen Detective – oder eben Sheriff -, für den die Jagd auf den Driver zur Passion geworden ist. Ihn nicht dingfest machen zu können nagt an ihm, was eventuell das nicht ganz blitzeblank ausgefegte Oberstübchen erklären könnte. Möglicherweise, der angenehmste Zeitgenosse war er wohl auch vorher nicht. Wie gesagt, gute Menschen haben in dieser Welt nichts verloren, werden maximal ausgeraubt.  Und dann ist da noch diese mysteriöse, atemberaubende Schönheit (Isabelle Adjani, dazu muss nicht mehr gesagt werden) mit einem unerklärlichen Faible für schwere Jungs. Obwohl, wen soll man in diesem schmutzigen Moloch denn sonst lieben?


Fettreduziert, wortkarg, schnörkellos. Walter Hill ist kein Mann für geschwätzige Figuren, streckende Sideplots oder schmückendes Klimbim. Selbst die bei dem Titel zu erwartenden Verfolgungsjagden werden nur relativ dezent, dafür dann enorm wirkungsvoll eingesetzt. Mit purer, roher Kraft präsentiert, echte Autos, echte Crashs. Dazwischen vermischen sich die bereits angesprochenen Regeln des Westerns wie des Film noir, ausgetragen auf modernen, urbanen Terrain. Da darf natürlich auch ein Zug (=Eisenbahn) nicht fehlen. Als definitives Highlight dieses stilistisch erstaunlich abgeklärten wie selbstsicheren Thrillers (für den damaligen Karrierestand des Regisseurs) dient – ganz klassisch – der Showdown. Natürlich mit dem Auto. Zwischen Rasanz und schleichender Belauerung. Sensationell eingefangen. Aber die Pointe am Ende ist der eigentliche Höhepunkt. Wie war das gleich, was war das Schöne an diesem Job? Walter Hill, der macht kein großes, er macht(e) konsequent gutes Kino. 

7,5 von 10 quietschenden Reifen

Review: DIABOLISCH - Remakes sollten Sinn machen

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Fakten:
Diabolisch (Diabolique)
USA, 1996. Regie: Jeremiah S. Chechik. Buch: Don Roos. Mit: Sharon Stone, Isabelle Adjani, Chazz Palminteri, Kathy Bates, Spalding Gray, Shirley Knight, Allen Garfield, J.J. Abrams, Donal Logue, Adam Hann-Byrd, Diana Bellamy, Clea Lewis u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: ab 16 freigegeben. Auf DVD erhältlich.


Story:
Guy Baran, Leiter eines Internats, hat eine öffentliche Affäre mit Lehrerin Nicole, seine Ehefrau Mia, die eigentliche Besitzerin der Schule, ist voll im Bilde. Beide Frauen leiden unter seiner sadistischen Art. Sie beschliessen, Guy zu beseitigen. Der Plan geht auch auf, doch dann verschwindet die Leiche. Jemand scheint Wind von der Sache bekommen zu haben und betreibt perfide Psycho-Spielchen, die besonders der herzkranken Mia extrem zusetzen.

                                                                            
                                                                                  



Meinung:

Ein Remake. Ein US-Remake. Ein US-Remake eines zeitlosen Klassikers. Gute Idee? Selten, hier überhaupt nicht. "Diabolisch" ist die 90er Version von der französischen Genreperle "Die Teuflischen", 1955 von Henri-Georges Clouzot gedreht. Das ein Film, speziell ein nicht US-Film, nach so langer Zeit mal in der Remake-Kantine landet ist nur logisch und es muss ja auch nicht schief gehen. Neue Zeit, neue Möglichkeiten, mehr Budget. Kinderkrankheiten können aufgefangen werden, theoretisch ist da viel drin. Nur muss sich jeder Versuch der Neuinterpretation mit dem Original messen lassen. Und da öffnen sich Abgründe: "Diabolisch" wagt nur wenig neue Ansätze, die entweder total irrelevant sind und wenn doch, komplett nach hinten losgehen. Kurz und knapp, wer keine Lust auf den nachfolgenden Text hat: Ein schmerzhafter Bauchklatscher.

Dramaqueens unter sich.
Die Story ist (natürlich) dieselbe, da wurde im Kern nichts verändert. So schlecht kann das ja bei einem überragenden Thriller nicht sein? Oh doch, denn die Umsetzung raubt dem Remake extrem viel, besonders, wenn das Original bekannt ist.  Fange ich doch mal bei der Besetzung an, denn die ist schon abenteuerlich: Für die Hauptrollen wurden Sharon Stone und Isabelle Adjani verpflichtet. Klingt ja nicht schlecht. Ist es an und für sich auch nicht, aber die Damen haben ein Problem, oder besser gesagt, eine Neigung: Sie drehen gerne am Rad, und das nicht zu knapp. Wenn die nicht gebremst werden (oder es für das Werk nicht sogar nützlich ist), wird es merkwürdig. Hier ist letzteres der Fall. Adjani kann wohl gar nicht anders, nur in "Nosferatu - Phantom der Nacht", der eh sehr theatralisch inszeniert wurde, oder "Possession", der dieses Spiel gebraucht hat, war das sinnvoll. Hier stößt sie mit den weit aufgerissenen Augen eher negativ auf, aber so richtig schlecht muss sie sich dabei nicht fühlen, denn die Stone toppt alles. Eine fast groteske Vorstellung, so steil nach oben und weit drüber, das kann doch nicht ihr Ernst sein. Irgendwo zwischen klassischer Noire-Darstellung, ihrem lassiv-kühlen 90er-Erotik-Image und übertriebener Zirkusnummer ohne jegliche Grenzen, das ist oft schon witzig. Ganz schräg. Besonders ihre Outfits sollten erwähnt werden: Was sie in der ersten Hälfte so vor sich hinträgt, sieht nach 3-Dollar-Bordsteinschwalbe aus. Übel! Chazz Palminteri macht da gerne mit, da wäre weniger echt mehr gewesen. Der einzige Lichtblick ist Kathy Bates, die füllt ihre Rolle gewohnt gut aus, sonst ist die darstellerische Leistung zum Weglaufen.


Gut, scheiße besetzt, aber warum funktioniert die Geschichte nicht mehr? Das Remake hangelt sich extrem an der Vorlage entlang, viele Szenen werden, mehr oder weniger, 1:1 übernommen, aber so einfach ist das nunmal nicht. Konnte bei Gus Van Sants "Psycho"-Desaster schon eindrucksvoll bestaunt werden. Gerade hier wird "Diabolisch" ja in den direkten Vergleich gezwungen. Keine, wirklich keine, der übernommenen Einstellungen hat nur ansatzweise die Wirkung des Originals, im Gegenteil. Was bei Clouzot stilvoll und effizient war, ist bei Chechik lieblos dahingeklatscht. Alles im angeblichen Neo-Noire Look, davon kam wenig rüber. Niemals erreicht der Film die Wirkung, die Spannung, die Intensität seiner Vorlage und dann wird ausgerechnet an den wenigen Abweichungen auch alles falsch gemacht.


Stichwort Finale: Was 1955 mit einer bösen Pointe endete, verkommt zum Hollywood-Standard-Ende. Das geht ja nicht, die bösen Franzosen, wir packen noch was drauf, das macht das Ganze rund. Von wegen, so ein Dreck. Allein das zieht den Film nochmal einen halben Punkt runter, wie feige ist das denn? "Diabolisch" ist eine typische Totgeburt und bestätigt das eindrucksvoll. Egal, wie gut eine Vorlage ist, handwerklich und atmosphärisch lässt sich so viel gegen die Wand fahren, da hilft nix mehr. Fast wie eine Parodie des Originals, das kann wohl kaum das Ziel gewesen sein,

3 von 10 US-Baguettes

Review: POSSESSION - Höllentrip in Berlin

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Fakten:
Possession
F, BRD, 1981. Regie: Andrzej Zulawski. Buch: Andrzej Zulawski, Frederic Tuten. Mit: Isabelle Adjani, Sam Neill, Heinz Bennent, Margit Carstensen, Johanna Hofer, Carl Duering, Shaun Lawton, Michael Hogben, Maximilian Rüthlein, Thomas Frey, Leslie Malton, Gerd Neubert u.a. Länge: 119 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.
 
Story:
Mark kehrt nach längerer, beruflich bedingter Abwesenheit zu seiner Frau Anna und seinem kleinen Sohn Bob nach West-Berlin zurück. Anna hat sich komplett von ihm entfremdet, die Ehe ist am Ende. Sie gesteht ihm, schon seit langer Zeit eine Affäre zu haben und verlässt ihn. Mark droht vor Eifersucht und Verzweiflung den Verstand zu verlieren. Bald schon macht er seinen Nebenbuhler Heinrich aus. Doch Anna scheint noch einen Liebhaber zu haben, denn auch Heinrich hat sie lange nicht mehr gesehen. Um herauszufinden, wo Anna steckt und mit wem sie verkehrt, engagiert Mark einen Detektiv, der kurz danach spurlos verschwindet. Ab dann nimmt der Wahnsinn seinen Lauf.

 


Meinung:
"Possession" ist ein Albtraum, für die Einen im positiven, für die Anderen im negativen Sinne. Andrzej Zulawskis gefeiertes wie umstrittenes Werk beginnt als reines Ehedrama um eine schmerzhafte Trennung, wandert dabei schon früh auf sehr eigenen Pfaden und verlässt irgendwann jegliche narrative Konventionen. Schon lange vor dem vernichtend-interpretativen Finale dürften viele Zuschauer entnervt die Segel streichen oder sich zumindest mehrfach irritiert am Kopf kratzen. Das ist schon eine Hausnummer.

 
Herpes extrem
Relativ früh dürfte klar sein, darauf muss sich eingelassen werden, sonst wird man schnell vor die Tür des Verständnisses gesetzt. Auch Zulawskis Stil, mal ganz abgesehen von dem immer abstrakter werdenden Plot, ist keine einfache Hausmannskost. Seine beiden Hauptdarsteller, Isabelle Adjani und Sam Neill, betreiben heftiges Schauspiel weit über die Grenzen des Overactings hinaus, was in diesem speziellen Kontext aber vollkommen richtig ist. Denn was ihre Rollen verlangen, wäre mit zurückgenommenen, dezent-nuancierten Spiel wirkungslos. Der Begriff Overacting ist ja eher negativ belegt, oft nicht zu unrecht, doch das ist so packend und kraftvoll, dem lässt sich kaum entziehen. Adjani läuft ohnehin zu einer fast befremdlichen Form auf, was seinen unbestrittenen Höhepunkt in der U-Bahn-Szene findet, die an bizarrer Faszination kaum zu überbieten ist. Das wären wir bei den beiden Albtraum-Szenarien: Für einige dürfte spätestens jetzt der Punkt erreicht sein, an der endgültig der Geduldsfaden reißt, der Rest wird leicht feucht. 


Demenstprechend ist es absolut verständlich, dass sich an diesem Film die Geister scheiden. Da wird dem Zuschauer extrem viel abverlangt, was er entweder mit Beifall oder ungläubiger Verachtung belohnt. Zulawski macht es dem Publikum nicht einfach, was sich so konsequent steigert, dass es schon als sehr mutig zu bezeichnen ist. Das "Possession" ein, auf seine Art, sehr einzigartiges Erlebnis ist, lässt sich wohl kaum bestreiten. Was genau Zulawski uns erzählen will, lässt sich in Ansätzen erahnen, aber wohl kaum vollständig aufdröseln. Nur wenn das überhaupt keine Geige spielt und man als fasziniert-verstörte Geisel dieses Bilderrauschs auch noch dankbar dafür ist, hat der Mann wohl alles richtig gemacht.

 
Alles fit im Schritt?
Ein Horrorfilm? Ja, auf jeden Fall. Ein Ehedrama? Ja, noch viel mehr. Parallelen zu Lars von Triers "Antichrist" sind nicht von der Hand zu weisen, denn letztendlich entsteht das Eine durch das Andere, nur was denn zuerst da war, ist kaum nachvollziehbar. "Possession" ist ein zutiefst verkopfter, gleichzeitig ungemein extrovertierter Höllenritt, der so manche Szenen parat hält, die wohl nur durch starke Medikamente und ausgiebige Therapiesitzungen wieder aus dem Gehirn gelöscht werden können. Die Kulisse des zweigeteilten Berlins ist dabei nicht nur, aber vor allem, als Gleichnis auf die Beziehung des Paares zu sehen, sondern darüberhinaus auch erschreckend kalt. Wurde jemals die jetzige Hauptstadt in einem Film so menschenleer und teilweise verwaist gezeigt?

Ein Monster von einem Film, unheimlich, teils ekelhaft, unbequem und erschreckend. Es ist gut, dass es nicht nur solche Filme gibt, aber noch besser, dass es sie auch gibt.

8 von 10 sexy Tentakel