Posts mit dem Label Kathy Bates werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Kathy Bates werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Review: TITANIC - Das wahre Können des James Cameron

Keine Kommentare:



Fakten:
Titanic.
US. 1997. Buch und Regie: James Cameron. Mit: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet, Kathy Bates, Billy Zane, Frances Fisher, David Warner, Jonathan Hyde, Charlotte Chatton, Gloria Stuart, Suzy Amis, Bill Paxton, Lewis Abernathy u.a. Länge: 194 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Die hundertjährige Rose erzählt in der Gegenwart einigen Meerestauchern von ihren Erlebnissen auf der Titanic und wie sie ihre große Liebe Jack Dawson kennenlernte.





Meinung:
Eigentlich sollten sich einleitende Worte erübrigen, wenn es um diesen Film geht. Wer kennt ihn denn schon nicht, den Film, der lange Zeit der erfolgreichste Filme war und der ein seltsames Phänomen begründet. Es gibt keinen anderen Film, bei dem von der Gesellschaft von einem Mann so krampfhaft erwartet wird, dass er ihn nicht mag. Es gibt keinen anderen Film, bei dem man sich als Filmfan so sehr fühlt, als müsse man sich schämen, wenn man ihn mag. Der Filmtitel scheint rhetorisch mit den Worten „Echt!?“ und „Nee, oder?“ untrennbar verbunden zu sein. Nicht so bei den Muscheln, euren mutigen Helden, die einmal reinen Tisch machen wollen. Mit einem Film und der unverständlichen Reaktion vieler Eingeweihten und Unwissenden.



Es sind nämlich (so scheint es, so muss es sein) hauptsächlich Menschen, die den Film gar nicht gesehen haben, aber der Meinung sind, darüber abkotzen und im „lustigsten“ Fall die sexuelle Orientierung des männlichen „Titanic“-Fans in Frage zu stellen. Dabei scheinen diese militanten Augenverschließer gar nicht zu wissen oder gar wissen zu wollen, was ihnen entgeht, wenn sie sich bewusst unter dem Druck eines verklärten (halb-)allgemeinen Tenor dem Film nicht offenbaren. Denn auch wenn der Film zugegebenermaßen voll und ganz auf seine emotional wuchtige Kraft baut, funktioniert das Werk von James Cameron auch in Gedanken, auf dem Papier und in einer analysierbaren Facette. Der Ozeanriese funktioniert als eine Metapher für den Menschen und seine immer spitzer zulaufende Vorstellung von einem Leben. Die Gier, die Fantasie der Macht, die Maximierung des Seins und der leichtfertige Umgang mit eben diesen Eigenschaften vereinen sich zu einem Schiff, das traumhaft anzusehen ist und verblendet. Rose fragt den Herren, der die RMS Titanic entworfen hat, ob Sigmund Freud ihm etwas sage. Er verneint. Aber die machohafte Einstellung ist deutlich geworden und wird immer wieder deutlich, wenn die Männer das Schiff als „sie“ bezeichnen und auf dem Deck nach der Kollision mit Eisbrocken Fußball gespielt wird.


"Was, es gibt hier keine Bildunterschriften?! Aber wieso???"
Aus heutiger Sicht lässt sich ebenso einfach wie schnell über die Geschichte des Schiffes und all der Verantwortlichen urteilen. Fanatisches Streben nach Macht und Prestige sei schlecht, die Menschen jagten einem augenscheinlichen Traum nach, ohne zu wissen, dass der Traum sich eigentlich als Verderben entpuppen würde. Jedoch nutzt Cameron die Rahmenhandlung in der Gegenwart mehr als geschickt, um einerseits ein ausgefeiltes dramaturgisches Konstrukt zu erstellen und andererseits, um die Werte und Lehren der alten Zeit in Relation zu setzen. Auch heute noch vergeigen wir zu viel Zeit damit, unerklärten und ziellosen Instinkten nachzujagen. Die Taucher suchen nach einem Diamanten und finden „nur“ Zeichnungen. Sie sind enttäuscht von ihrer Wertlosigkeit. Eine Einstellung, die jedem Zuschauer und Protagonisten am Ende des Filmes unerklärlich scheint. Die Vereinigten Staaten werden gleichzeitig entlarvt, als Land, dessen Motto ein vergessener Traum ist, der vielleicht mal existierte, aber nur noch verrotten in den tiefsten Jagdgründen aufzufinden scheint. Als Symbol für Freiheit und Gleichheit inszeniert, ist es eigentlich eine Aristokratie, in der eine konstante Hierarchie herrscht und auch eben das auch so bleiben soll. In dem Aspekt genießt „Titanic“ nach wie vor den Pluspunkt der aktuellen Relevanz.



Zugegeben, all das kann man schnell übersehen, wenn man einen 180-Minüter schaut, der einem auch diese Hintergründe nicht ins Ohr schreit, sondern entdeckt werden müssen. Aber selbst wenn man den Hintergrund beiseitelässt und sich nur auf die emotionale Komponente des Werkes konzentriert, selbst dann nimmt der Film mit seiner monumentalen Größe gefangen. Es ist einer der größten Stärken von James Camerons Arbeit: Er wiegt den Zuschauer zunächst seicht in er Hand, gibt ihm etwas Zeit, um es sich gemütlich zu machen und begeht mit ihm dann eine Rundfahrt, die ihresgleichen sucht. Camerons Griff schlingt sich immer fester zu und seine Schritte werden immer größer, aber man ist gezwungen mitzuhalten und anfangs scheint eben dies auch noch federleicht vonstatten zu gehen. Und auch wenn der Film altbekannt ist und man alle Szenen und kleineren Sätze mitsprechen und die Lieder mitsammen kann, ist man gebannt, hat Spaß und blendet komplett alles aus, was noch so kommen mag. Bei der 80-Minuten-Marke ist es dann schließlich so weit. Rose soll ihre Augen schließen und Jack vertrauen, er breitet ihre Arme aus und gemeinsam fliegen sie in ihre eigene Welt, in der Freiheit existiert und Rose sich von ihren gesellschaftlichen Fesseln befreien kann, obwohl sie eigentlich privilegiert ist. In solchen Momenten kann der Film seine ganze Kraft auf den Zuschauer einwirken lassen.


„Titanic“ hilft es sicherlich, dass die Produktionshintergründe so bombastisch und erstklassig sind, sodass Effekte, Dramaturgie, Schauspieler, Kostüm, Beleuchtung und Musik wirklich ziemlich ausgefeilt bis herausragend sind. Aber doch scheint es letztendlich Camerons fähige Führung zu sein, die alle Elemente verbindet und vor einem realen Hintergrund ein dreistündiges Theaterstück inszeniert, das Drama, Katastrophe, Coming of Age und Romantik ebenso elegant wie wirkungsvoll verbindet, sodass die 180 Minuten auch bei der zehnten Sichtung noch immer flüssig über die Bühne gehen. Das Schiff transformiert zu seinem Symbol des Menschen für Freiheit, Gier, Idiotie, Neid, Liebe und Gefühl. Es ist ein weitreichender Mix, aber einer, der jedem Element die gleiche Aufmerksamkeit und das gleiche Können widmet, wie den anderen, sodass letzten Endes nirgends Einsparungen auszumachen sind. Das verdient Respekt und Anerkennung und nicht etwa Häme, unerklärten Hass oder Ignoranz. Ein letztes Wort soll noch James Horner gebühren, der gestern ums Leben kam. Seine Musik ist es, die bleibt und die Jahre überdauern wird und die mit einem Menschen unglaubliche Dinge anstellen kann. Ihre Pracht, Präzision und Perfektion fließt in diesem Werk mit den Bildern ineinander und lässt einen mehr fühlen, als man erwarten würde. „Titanic“ ohne Horner? Möchte man sich nicht vorstellen.


9 von 10 french girls


von Smooli

Review: ABOUT SCHMIDT - Ein Mann auf seiner letzten Mission

Keine Kommentare:

Fakten:
About Schmidt
USA, 2002. Regie: Alexander Payne. Buch: Alexander Payne, Jim Taylor, Louis Begley (Vorlage). Mit: Jack Nicholson, Hope Davis, Dermot Mulroney, Kathy Bates, June Squibb, Howard Hesseman, Harry Groener, Connie Ray, Len Cariou u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Warren Schmidt ist frisch pensioniert und hat nun alle Zeit der Welt, um mit seinem Leben unzufrieden zu sein. Als unerwartet seine Frau verstirbt, sieht er nur noch eine wirklich sinnvolle Aufgabe im Leben: Die Hochzeit seiner einzigen Tochter mit ihrem seiner Meinung nach unbrauchbaren Verlobten zu verhindern. In seinem Wohnmobil macht sich Schmidt auf zu einer Reise, die ihm viel mehr über sich selbst eröffnen wird, als er zunächst gedacht hat.


                                                                               



Meinung:
Alexander Payne ist wahrlich einer der interessantesten Regisseure der letzten 15 Jahre, auch wenn er nur wenige Filme in dieser Zeit auf die Kinoleinwände losließ. Dafür merkt man jedem einzelnen von ihnen die absolute Hingabe, die Herzensangelegenheit an. Kein Auftragsregisseur, kein Mann für den prallen Geldbeutel, einfach ein engagierter, motivierter, womöglich (rein aufgrund seines filmischen Outputs interpretiert) sogar leicht kauziger Kerl, der offensichtlich das Herz am rechten Fleck hat. Nah an seinen Figuren, ihren Schicksalen. Mit der notwendigen Portion Humor, Satire, aber – und das ist entscheidend – ohne Häme. Er veräppelt niemanden, kitzelt nur aus den Tücken, den kleinen und großen Schlaglöchern des Alltags, von theoretisch banal („Election“) bis niederschmetternd („The Descendants – Familien und andere Angelegenheiten“) diese oft nicht zu beschreibende Essenz aus Komik und Tragik. Wie das Leben so oft, nicht schwarz oder weiß. Zart-Bitter.


Früher war das alles knackiger.
Mit 66 Jahren fängt das Leben an… oder endet, alles eine Frage der Sichtweise. Für Warren Schmidt ist es Anfang und Ende zugleich. Mit warmen Worten und der gebührenden Ehre in den wohlverdienten Ruhestand geschickt aus seinem Dasein als leitende Kraft einer Versicherungsgesellschaft, oder vor die erschreckend-perspektivlose Tür seines Lebens gesetzt. In fast katatonischer Schockstarre lässt er die Prozedur über sich ergehen, wohl wissend, dass nun das große, schwarze Loch der Bedeutungslosigkeit droht ihn zu verschlingen. Was nun? Dort draußen steht das Schlachtschiff von einem Wohnmobil, angeschafft für den befürchteten, nie ernsthaft in Erwägung gezogenen Tag X, drinnen die alte Frau, in die sich seine Partnerin im Laufe der Zeit verwandelt hat. Die verspätete Midlifecrisis trifft ihn wie einen Vorschlaghammer. Aus die Maus, Feierabend. Vorher war das Leben anstrengend, fordernd, sinnvoll. Nun ist es einfach…ruhig… nutzlos. Das Warten auf das Ende. Für manche unvorstellbar schön, angenehm, frei, für Menschen wie Warren Schmidt das Grauen. Einfach leben um zu existieren, ohne klare, zwingende Aufgabe? Unmöglich. Ein nicht spleeniges, sondern oft tatsächliches Problem von Arbeitstieren, die „plötzlich“ (wie die schockierende Tatsache, dass jedes Jahr am 24.12. wieder Weihnachten ist) nichts mehr zu tun haben. Aus ihrer Sicht. Muss man persönlich nicht, aber kann man realistisch betrachtet durchaus verstehen. Freud und Leid liegen im Leben oft dicht beieinander…Alexander Payne, voilà.


Warren schaut in eine perspektivlose Zukunft...
Auch ohne die Selbstverständlichkeit des Protagonisten als seine eigene zu betrachten, versteht es der Regisseur sie unmissverständlich, hervorragend auf den Zuschauer zu übertragen. Das letzte Ticken der Dienstuhr, das (Akten)Lebenswerk auf dem Müll, die Marotten des eigentlich geliebten Partners als plötzlich unerträglicher Schleifstein, der einen langsam zermürbt. Als Schmidt sich ein Ziel, einen Ausweg aus dieser hässlich-schönen Hölle wünscht, bekommt er es auf die undankbarste Weise serviert. Alles fällt in sich zusammen, jede Konstante, das Nichts ist allgegenwärtiger und in seiner Endgültigkeit präsenter denn je. Was tut man nun? Man lässt das Schlachtschiff zu Wasser, segelt auf die letzte, sinnergebende Mission…und findet, ganz anders als erwartet, darin die Bestätigung für das eigene Dasein. Klingt das anstrengend? Durchaus. Ist es das? Niemals. Alexander Payne kreiert ein herzliches, melancholisches und ein zu nicht geringem Anteil urkomische Roadmovie, das ganz behutsam zwischen Spaß und Ernst wechselt, spielend leichtfüßig, sich nie in auf einer Spur festfährt. Manchmal hat es den Anschein, doch genau im richtigen Moment wird das Ruder nie ruckartig herumgerissen, um diesen fließenden, scheinbar einfachen Pfad zu treffen, der eigentlich unglaublich schwierig ist.


...oder auch mal dumm aus der Wäsche.
Der alles zusammenhaltende Baustein ist (natürlich) Jack Nicholson, der nicht nur eine grandiose Performance abliefert, sondern gleichzeitig ein altes Image demontiert. Hochbegabt, das wusste und hat man oft gesehen, aber auch eitel. Davon ist hier nichts zu sehen. Mad-Jack geht mit seinem Alter, mit dem natürlichen Erscheinungsbild offensiv um, schert sich einen Dreck um sein Ego und diverse Allüren, investiert alles für die Rolle, stemmt den Film auf seinen runzligen Schultern. In diesem Jahrtausend eine seiner unbestritten besten Leistungen, gemeinsam mit "Departed - Unter Feinden" seine letzte auf diesem Niveau , der Ruhestand ist aktuell ja beschlossenen Sache. Sag niemals nie, aber selbst Connery hat das irgendwann gesagt. Ist manchmal auch besser. Aber wenn wir schon über eitel oder nicht sprechen: Die mutigste Szene gönnt Alexander Payne der großen Kathy Bates. Was diese gestandene, sensationelle Darstellerin in ihrem Alter hier wagt, dafür wären sich die meisten weiblichen Stars (30 und mehr Jahre jünger) zu schade…und das für bestimmt eine unverhältnismäßig  gesteigerte Gage. Das spricht sowohl für sie als auch für den Regisseur. „About Schmidt“ ist großes Kino der kleinen, umso wichtigeren Dinge. Nuanciert, nie albern, trotzdem manchmal skurril und wahnsinnig witzig, gleichzeitig bewegend, ohne zu nerven.


Der schönste, wichtigste Moment wird eh am Ende gesetzt. Als die Odyssee schon als unbefriedigender Erfahrungsbericht abgestempelt ist, der müde Warren droht wieder in sein Loch zu fallen, werden ihm die Augen geöffnet. Obwohl klar vorhersehbar, das ist schön. Treffend. Und einfach ehrlich, richtig. Am Ende ist es der ganze Film. Womit wir am Anfang wären…Alexander Payne. Nicht immer Gold, aber nie Blech. Das hier ist Gold.

8 von 10 Briefen nach Tansania

Review: TAMMY – VOLL ABGEFAHREN - Wenn Frauen die Dummheit der Männer unterbieten wollen

Keine Kommentare:


Fakten:
Tammy - Voll abgefahren (Tammy)
USA. 2014. Regie: Ben Falcone.
Buch: Melissa McCarthy, Ben Falcone. Mit: Melissa McCarthy, Susan Sarandon, Allison Janney, Toni Collette, Sandra Oh, Dan Aykroyd, Kathy Bates, Gary Cole, Ben Falcone, Rich Williams, Mark Duplass, Nat Faxon, Sarah Baker, Rob Springer u.a. Länge: 96 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 4. Dezember 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Nachdem Tammy (Melissa McCarthy) am selben Tag ihren Job in einem Fast-Food-Restaurant verliert und dann auch noch herausfindet, dass ihr Mann sie betrügt, will sie einfach nur noch raus aus der Stadt. Ihr Auto ist jedoch nicht fahrtüchtig. Tammy ist also auf den fahrbaren Untersatz ihrer trinkfesten Großmutter Pearl (Susan Sarandon) angewiesen. Doch Pearl stellt ihrer Enkelin ihr Auto nur unter zwei Bedingungen zur Verfügung: Pearl darf mitkommen und bestimmt zudem, wohin die Reise geht. Gemeinsam begeben sie sich also auf einen skurrilen Road Trip zu den Niagarafällen.





Meinung:
Und weiter geht's mit dem finsteren Terror der Melissa-McCarthy-Ära, erneut in der aufdringlichen Rolle einer Dick-&-Doofen Pottsau, Zielscheibe plattester Fressmaschinen- und Versager-Gags, die in ihrer Blue-Collar-Heuchelei wieder mal einem homogenisierten Homer-Simpson-aktueller-Staffeln-Imitat gleichkommt - wo kann da noch unerwarteter Humor herkommen, wenn ihr Shtick immer austauschbarer wird? Aber man kann immerhin noch froh sein, dass sich das Team hinter 'TAMMY' durchweg an so eine Art klassischer Witz-Konstruktion versucht, auch wenn sich die meisten 08/15-Pointen meilenweit ankündigen und im Nachhinein nochmal erklärt, ohnehin schön lang ausgewalzt werden - Regisseur und Drehbuchautor Ben Falcone besitzt da nicht gerade das zielsicherste Potenzial, bleibt aber auch in der sonstigen Inszenierung ausschließlich bieder, vorsichtig, bissfrei. Eben eine seichte Komödie mit einem weitgehend halbärschig-genutzten R-Rating, mit dessem Siegel sich 'TAMMY' allenfalls eine infantile Ansammlung einfallslosester Fluchwörter und 'Den hast du gefickt? Oma!'-Dialoge erlaubt (visuelle Gags bleiben deutlich in der Unterzahl - bitter beim Medium Film).


"You shall not pass"
Da kann man natürlich sagen: ey, lasst doch den Frauen mal ihren richtig doofen Spaß! Und ich bin mir sicher, dass jene Zielgruppe, die sich seit jeher McCarthys Output genüsslich reinzimmert, auch dieses Mal ihrem gedankenlosen Eskapismus verfallen wird. Aber ich sehe nicht wirklich den Gehalt oder gar die Möglichkeit darin, eine Figur wie Tammy mögen zu können, die als tollpatschiges Womanchild ständig vom Film ausgelacht wird, von einem Fettnäpfchen ins andere tritt, ein nur sehr beschränktes Allgemeinwissen besitzt/besitzen will und zudem mit einer Oma durch die Gegend kurvt, die kaum unsympathischer oder gar klischeehafter sein könnte. Susan Sarandon gibt dabei die alkoholisierte, unanständige Grandma Pearl, die es sexuell noch immer draufhaben will, sich 'nen Dreck darum kümmert, dass sie irgendwelche wichtigen Medikamente nehmen sollte und Tammy sie u.a. deshalb immer aus den "irrwitzigsten" Situationen retten muss (im Grunde ist sie ein bisschen wie Johnny Knoxvilles 'BAD GRANDPA', nur eben 100%-ig witzlos).


"Thelma & Louise", die Redux-Fassung
Das sieht der Film in seinem Road-Trip-Narrativ als Weg chaotischer Anfreundung an (als ob man vorher gesehen hätte, dass es zwischen den Beiden innerfamiliäre Konflikte gäbe), in dem die Lockerheit des eigenständigen Feminismus zelebriert werden will, bietet in seiner Ausführung allerdings nur die sonnige Darstellung besonders ausgeprägter Misanthropie. Das gipfelt dann in einer Ansprache Pearls bei der Independence-Day-Party ihrer lesbischen Freunde (ganz subtile Anspielung auf Unabhängigkeit, Feminismus und so, näh), in der sie Tammy als Loser beschimpft, der nichts im Leben auf die Reihe kriegt - woraufhin dann von Tammy sogar im verblendet-versöhnlichen Ton verlangt wird, dass sie ihr verzeiht und wirklich mal erwachsen werden sollte. Schon eine richtig assige Frechheit - klar sind ihre Mittel zum Zweck stets streitbar, aber einerseits wird ihr im gesamten Film nur vom Schicksal zugesetzt und andererseits muss sie immer ihre verrückte Oma, der Hauptgrund für alle Schwierigkeiten, aufhalten, als ob sie aus irgendeinem Grund Schuld daran hätte.


Zwei Damen beim gemeinsamen Hobby: ihre Umwelt nerven
Man könnte fast meinen, man wäre in 'A SERIOUS MAN' gelandet, so sadistisch das Universum sich Tammy gegenüber verhält. Aber keine Sorge, das hier ist kein Coen-Bros.-Film, denn da unsere Hauptprotagonistin an sich schon nur abnervt und hohl dahinlebt, bleibt die dramaturgische Fallhöhe äußerst "bescheiden". Selbst als die Alte sie der selbstsüchtigen Sexualität wegen aus dem Hotelzimmer rausschmeißt und wie einen Hund vor der Tür schlafen lässt, behandelt dies der Film zunächst noch als abgefahrenen Ulk inkl. niedlichem Waschbären, bevor er dann doch noch mal (schlechten Gewissens?) versucht, ein bisschen Verständnis vom Zuschauer zu fischen. Das wiederholt er auch später nochmal, als er den Tod der Oma faked, damit Tammy diese für immer liebt, alles vergibt und bis heute noch glücklich Mädelsabende feiert. Klingt zwar wie eine grausame Konsequenz, wird aber noch zumindest dadurch unterstützt, dass der Rest der Welt - im Grunde aber hauptsächlich Kerle, soviel zur "frauenfreundlichen" Perspektive des Films - ihr letzten Endes auch (geheuchelt) positiv gegenüber eingestellt ist. Dan Aykroyd kommt da, trotz vordergründiger Kreditierung erst 10 Minuten vor Schluss, als ihr Daddy vorbei und bietet seinem 'big girl' freundschaftlich an, ihren Ex abzuknallen, während dieser zusammen mit seiner neuen Freundin (Toni Colette, auch als verschwendetes Quasi-Cameo) zumindest ihre Sachen aus Schuldgefühlen fein säuberlich zusammengepackt hat. Und sogar ein früh und wie erwartet spießig etablierter Love Interest erfüllt sich mit Handsome-Bauernboy Bobby, urig-fehlbesetzt/verkörpert durch Indie-Regisseur Mark Duplass, dessen Chemie mit McCarthy besonders unglaubwürdig wirkt und von ihm auch dementsprechend gehemmt oder eben auch gleichgültig (geheim-sarkastisch) dargestellt wird.


Ich wette, ihm geht dieser Film genauso am Arsch vorbei, wie Gary Cole als sein Dad, der in seiner Rolle einfach nur betrunken da sein muss, um den Check zu kassieren. Da ist er zwar besser dran, als die Sarandon, die sich auf ihre Oscar-nominierten Tage noch (freiwillig?) bemühten Vulgär-Peinlichkeiten hingibt (ebenso in der Funktion am Start: Kathy Bates), doch spaßig fällt davon nichts wirklich aus, selbst im Rahmen eines vom Konzept her schon offensichtlichen Blödelfilms. Denn wie so viele kontemporäre Hollywood-Produktionen tauscht 'TAMMY' in ihrem formelhaften Prozedere eine offene und ehrliche Infantilität allmählich gegen forciertes Drama ('Oma, du hast ein Alkoholproblem!') schablonenhaftester Volldeppen aus, damit auch jeder (theoretische) ungebändigte Spaß im Keim erstickt wird. Gewiss erwartet man nicht viel bei einem McCarthy-Vehikel, aber wenn es derartig trist und einfallslos-konventionell abgearbeitet wird und vom Zuschauer erwartet, dass er sich mit einem Haufen selbstgefälliger Arbeiterklasse-Hipster aus den tiefsten Tiefen des Genres anfreundet, nur weil es dieses Mal ja Frauen sind, ist das schon eine mittelschwere Beleidigung.


2,5 von 10 geklauten Kuchen


vom Witte

Review: MISERY – Ein Künstler ist nichts ohne seine Fans

Keine Kommentare:


Fakten:
Misery
USA. 1990.
Regie: Rob Reiner. Buch: William Goldman, Stephen King (Vorlage). Mit: James Caan, Kathy Bates, Richard Farnsworth, Lauren Bacall, Frances Sternhagen, Graham Jarvis, J.T. Walsh, Jerry Potter u.a. Länge: 103 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Erfolgsautor Paul Sheldon ist mit dem Auto inmitten eines Schneechaos unterwegs, um das fertige Manuskript seines neuen Romans abzuliefern. Nach einem heftigen Unfall, wird er vorm sicheren Tod von der Krankenschwester Annie gerettet, die ihn aus dem Autowrack zieht und ihn daheim behandelt. Glück im Unglück? Ja, aber nur zunächst, denn Annie ist ein fanatischer Fan von Pauls Arbeit. Ganz besonders hat es ihr die Romanfigur Misery angetan. Doch als Annie im Manuskript lesen muss, dass eben jene Misery sterben wird, tut sie alles damit Paul sein Buch umschreibt.





Meinung:
Jeder Mensch hat so seine Vorbilder und Helden, zu denen er mit funkelnden Augen aufsehen kann, die ihm helfen, neue Kraft und neuen Mut zu schöpfen und denen er sich auch mal bei Entscheidungen im persönlichen Werdegangs hier und da inspirieren lässt. Ob wir da nun von einem Familienmitglied oder von einer Berühmtheit sprechen, ist in erster Linie erst einmal sekundär. Viel ausschlaggebender ist der Grat der jeweiligen Bewunderung, der sich entweder in einem noch normalen Rahmen abspielt und den individuellen Entwicklungsprozess nicht wesentlich hemmt oder der die zunehmend auftretenden pathologischen Tendenzen irgendwann bestätigt und aus denen sich schließlich auch eine destruktive Form von Abhängigkeit entwickelt. Wie tief sich ein Menschen in diese leibeigene Besessenheit eingraben kann, zeigen nicht nur die alltäglichen Nachrichten aus aller Welt in tragischer wie erschreckender Deutlichkeit. Auch in der Kinematographie, in der intervallartigen Interpretation des wahren Lebens, findet sie ihren wachrüttelnden Platz – Und exemplarisch dafür dient inzwischen wohl Rob Reiners „Misery“.


Ein Autogramm, bitte
Nach dem sensiblen Coming-of-Age „Stand By Me“ widmete sich Rob Reiner 4 Jahre später erneut einer Vorlage von Stephen King, mit dem Unterschied, dass „Misery“ auf einem Roman und nicht auf einem Segment einer Novellensammlung basiert. Die Adaptionsbedingungen waren also ganz andere, doch William Goldman hat seine Sache, gerade in Anbetracht anderer King-Verfilmungen (siehe „Friedhof der Kuscheltiere“, in dem der Meister sein eigenes Meisterwerk verunstaltete) doch überaus ordentlich gemacht. Zentrum sind natürlich weiterhin der Autor Paul Sheldon (James Caan), der sich von einer Berghütte in Colorado auf den Weg zurück nach New York City machen will, um sein Manuskript, der Abschluss seiner populären „Misery“-Reihe, einzureichen, dabei aber aufgrund eines Schneesturms von der Straße abkommt. Gerettet wird er darauf von Annie Wilkes (Kathy Bates), die ihn pflegt und sich auch noch als größter Fan seiner „Misery“-Saga zu erkennen gibt. Bereits nach der lebensrettenden Bergung, wenn Annie ihre Liebe zu Pauls literarischer Begabung gesteht, akzentuiert „Misery“ gekonnt das listiges Fragezeichen hinter dem bloßen Zufall, welcher im späteren Verlauf immer wieder in Frage gestellt werden muss. Stichwort: Weinglas.


Annie kümmert sich rührend um Paul
William Goldman teilt „Misery“ aber nicht nur in diese Parteien, mit Sheriff McCain und seiner Frau werden zwei Figuren eingeführt, die das Gefühl der Außenwelt transportieren und sich auf die Suche nach Paul begeben, der sich nun nicht spurlos in Luft auflösen konnte. Obwohl diese Sicht durchaus interessant anmutet, bleibt sie sträflich ungenutzt und die Gespräche zwischen dem Ehepaar dienen nicht der atmosphärischen Intensivierung, sonder maximal dazu, dem Zuschauer das ein oder anderen Schmunzeln zu entlocken. Der Fokus liegt auf dem Mikrokosmos von Annies Haus und ihren bipolaren Launen im Umgang mit ihrem ans Bett gefesselten Liebling. Gibt sich die Frau zu Anfang noch als besonnene, gutmütige Pflegerin, wechselt die Stimmung dann, wenn Paul ihr erlaubt, einen Blick in sein neustes Werk zu werfen. Wie Rob Reiner darauf die klaustrophobische Lage einfängt und Annie in ihrer brodelnden Obsession darstellt, weiß zu packen und die gewissenlose Konsequenz ihrerseits, Paul jedes noch so erdenkliche Leid zuzufügen, nur damit er bei ihr bleibt, nur damit er ihr höriges Opfer ist, ebenfalls die mentale Anspannungen beider Seiten entsprechend hitzig zu formulieren. Vergleicht man jedoch die Härte zu Kings Vorlage, dann bleibt Reiners Tonalität deutlich auf der Strecke.


A Hammer a day keeps the doctor away - oder so ähnlich
„Misery“ leidet zuweilen relativ offensichtlich unter der konventionellen Einstellung Reiners, der sich vor der Darstellung klarer Gewalt sträubt, darüber hinaus aber auch einige Male nicht weiß, wie er den Schrecken Annies in voller Intensität visualisieren soll. Etwas ungelenk wirkt seine Inszenierung schon im adäquaten Bezug zur physischen und psychischen Intensität und oszilliert zwischen brachialer Direktheit und lascher Entkrampfung. So gut Kathy Bates die Bedrohung Annies auch ausspielt, den wahren Schrecken verleiht ihr erst die Kameraarbeit von Barry Sonnenfeld, die ihre polternden Auftritte immer wieder in die niedrige Vertikale verlegt und mehr aus der Situation herausholt, als Bates es durch ihre Performance zugeben möchte. Da macht James Caan, auch wenn Stephen King alles andere als erfreut über seine Besetzung war, seine Sache fast schon besser, in dem er sich in logischem Opportunismus den Forderungen seiner Peinigerin beugt, um seine missliche Situation nicht noch weiter zu verschlechtern. „Misery“ verdichtet seine Klima immer in den Augenblicken, in denen dem Zuschauer unmissverständlich klar wird, dass, egal wie sehr sich Paul auch verstellt, Annie immer am längeren Hebel sitzt.


Dass „Misery“ eine der wenigen wirklich gelungenen King-Verfilmungen ist, steht schon gar nicht mehr zur Debatte, Reiner agiert im Gegensatz zur Vorlage zwar etwas zu zahm, kann sich aber bedingungslos auf seine Hauptdarsteller, Goldmans Adaptionsverständnis und die ungemein förderliche Kameraführung verlassen. Sicher ist „Misery“ nicht das Meisterwerk, zu dem es oft gekrönt wird, aber ein spannender und durchaus atmosphärischer Psycho-Thriller ist dem New Yorker trotz seiner Konventionentreue allemal geglückt.


7 von 10 knochenbrechenden Vorschlaghämmern


von souli