Review: DER MIETER - Polanski hoch drei!



Fakten:
Der Mieter (Le locataire)
FR, 1976. Regie: Roman Polanski. Buch: Gérard Brach & Roman Polanski. Mit: Roman Polanski, Isabelle Adjani, Melvyn Douglas, Jo Van Fleet, Bernard Fresson, Lila Kedrova, Claude Dauphin, Jacques Monod u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Der zurückhaltende Angestellte Trelkovsky ist auf der verzweifelten Suche nach einer Wohnung. Schließlich findet er ein möbliertes Appartement, von der Concierge erfährt er jedoch, dass sich die Vormieterin aus dem Fenster zu Tode gestürzt hat. Zu Beginn läuft alles wie immer, doch bald beginnt sich Trelkovskys Nachbarschaft seltsam zu verhalten und sein psychischer Zustand verschlechtert sich zusehends.




Meinung:
1976 beendete Roman Polanski seine sogenannte Mietertrilogie. Was elf Jahre zuvor mit „Ekel“ begonnen, und drei Jahre darauf von „Rosemaries Baby“ ergänzt wurde, findet im namensgebenden „Der Mieter“ seinen Abschluss. Dass diese drei Filme miteinander in Verbindung stehen, dürfte jedem aufmerksamen Zuschauer schnell deutlich werden, teilen sie sich neben zahlreichen Ähnlichkeiten doch vor allem eines, die Thematik des Wohnungshorrors. Ebenjener Horror, der den heimischen Ort, eigentlich schutzspendend und Zuflucht gewährend, zu einem Hort des Grauen macht. Die letzte Instanz, dort wo man eigentlich am verletzlichsten sein dürfte, wird hier umgedreht und zu einem Ort voller Angst und Wahnsinn erhoben.


Im eigenen Würgegriff!
Roman Polanski ist im wahrsten Sinne des Wortes der Dreh- und Angelpunkt dieses Films, so zeichnet er sich nicht nur für das Drehbuch verantwortlich und nimmt auf dem Regiestuhl Platz, sondern ist gleichzeitig auch Hauptdarsteller in seinem eigenen Film. Ein wahrer Könner, führt man sich vor Augen in welcher Kunstfertigkeit er alle drei Positionen ausfüllt. Seine Darstellung des zurückhaltenden, gutbürgerlichen und eigentlich bodenständigen Bankangestellten Trelkovsky ist auf den Punkt gebracht, er spielt dessen Verwirrtheit, Wahn und Irrsinn, jede Minute des Films weiter wachsend, mit einer solchen Ausdrucksstärke, dass sich Grauen und Angst spielend einfach auf das Publikum übertragen. Das liegt jedoch nicht nur an seiner Darbietung, sondern auch an seiner Inszenierung, die Art und Weise wie er sich selbst in Szene setzt. So inszeniert Polanski seinen Film mit einem durchgehenden Spannungsaufbau, während zu Beginn nur ein Hauch von Merkwürdigkeit in der Luft hängt, eine kleine Andeutung auf das was folgt, lädt sich der Film zusehends mit einer psychedelischen Atmosphäre auf und verwandelt den Ort des Geschehens schnell in eine albtraumhafte Welt. Die größte Stärke seiner Inszenierung ist dabei, wie sie ähnlich dem Gemütszustandes Trelkovskys immer düsterer zu werden scheint und die Spannung sich zu keinem Zeitpunkt vor dem eigentlichen Höhepunkt des Films entlädt.


Der Horror in „Der Mieter“ ist ein psychologischer, ein intelligenter, ein subversiver Horror. Es geht nicht darum, dass Trelkovskys von etwas bedroht, verfolgt oder erschreckt wird, sondern, und das ist das wirklich Furchteinflößende, ist er selbst Quelle und Opfer der Bedrohung. Es steckt in ihm, es ist der verzweifelte Kampf gegen sich selbst, ein aussichtsloses Unterfangen und genau darin liegt das wahre Grauen. Die Entfremdung von sich selbst und der Gesellschaft nimmt immer weiter zu und es gibt kein Entkommen. Dabei bewegt sich der Zuschauer stets auf einer Ebene mit dem Protagonisten, sieht was er sieht, fühlt was er fühlt. So funktioniert Immersion, so funktioniert echter Horror.


8 von 10 Sprünge aus dem Fenster 



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