Review: GÄNSEHAUT – Die Monster, die ich schrieb...


Fakten:
Gänsehaut (Goosebumps)
AU/US, 2015. Regie: Rob Letterman. Buch: Darren Lemke. Mit: Jack Black, Dylan Minnette, Odeya Rush, Ryan Lee, Amy Ryan, Jillian Bell, Ken Marino u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.



Story:
Zach zieht mit seiner Familie von New York in eine Kleinstadt, da seine Mutter dort an einer Schule als Konrektorin eingestellt wurde. Schnell freundet er sich mit Nachbarstochter Hannah an, die allerdings unter der strengen Aufsicht ihres merkwürdigen Vaters zu leiden hat. Was Zach erst noch erfährt: Hannah´s Vater ist R.L. Stine, Autor der berühmten "Gänsehaut"-Romane. Bei einem Zwischenfall öffnet Zach versehentlich eines der älteren Manuskripte von Stine und befreit damit die Monster, die sich in den Zeilen der Bücher befinden.









Meinung:
Der amerikanische Autor R.L. Stine hat mit seinen "Gänsehaut"-Romanen einen Nerv der jugendlichen Leserschaft getroffen und seine Werke wurden zu absoluten Weltbestsellern. Nicht unberechtigt, denn die Geschichten des Autors kombinierten jugendhaften Charme und wirklich schaurige Monster sowie Geschehnisse zu fantasievollen Erzählungen, die dem Namen der Reihe alle Ehre machten. Es war keine Seltenheit, dass man sich in seiner früheren Jugend, im Alter von ungefähr 8-12 Jahren, bei gedämmten Licht in den kreativen, gruseligen Welten von Stine verloren hat. Auch eine TV-Serie, welche die Geschichten detailgetreu umsetzte, fing den Geist der Vorlagen gekonnt ein und war ein Fest für die Fangemeinde der Romane. Nun kommt im Jahr 2016 eine Verfilmung von "Gänsehaut" in die deutschen Kinos und die darf als das große, erste Desaster in diesem Filmjahr bezeichnet werden.


Nanu, was ist jetzt schon wieder passiert?
Zunächst beginnt die Geschichte eigentlich noch recht vielversprechend. Die Handlung, in der jugendliche Protagonisten, das Vorstadtleben aus dem Bilderbuch, Highschool-Mätzchen und krumme Witze geboten werden, fühlt sich ein wenig so an, als hätte man diese Geschichte direkt aus einem der Romane von Stine gezogen und für eine zeitgemäße Adaption aufgepeppt. Gespannt wartet man darauf, wann sich der Grusel mit ersten, bedrohlichen Schritten nähert und schließlich zuschlägt, bis auf einmal das Konzept des restlichen Streifens aufgedeckt wird. Die Autoren Scott Alexander und Larry Karaszewski haben aus den Vorlagen ein Meta-Setting erdacht, in dem R.L. Stine selbst als Figur eingebaut wird und gegen die Monster aus seinen eigenen Werken ankämpfen muss. "Gänsehaut" wirkt dabei inszenatorisch so krampfhaft auf nostalgische 80er-Jahre-Abenteuer-Familienunterhaltung mitsamt typischem Score von Danny Elfman getrimmt, dass einem bisweilen schwindelig vor Augen wird, was keineswegs positiv zu verstehen ist. Aus wirklich furchteinflößenden Monstern und kreativ erdachten Kreaturen werden hier überdrehte, nicht wirklich überzeugend animierte Comic-Wesen, die in einem völlig überzogenen Spektakel von einem lärmenden Setpiece zum anderen gejagt werden, wo die Protagonisten vor ihnen wegfahren oder davonrennen.


Was für ein Kasperletheater!
Alleine der Titel "Gänsehaut" ist reiner Etikettenschwindel, denn die kommt hier in wirklich keiner einzigen Szene auf und dient lediglich dazu, aus einer erfolgreichen und sehr beliebten Reihe den letzten Funken an Profit auszuschlachten. Zwar waren die Bücher auch für junge Leser konzipiert, doch der familienfreundliche, extrem seichte und noch dazu durchgängig auf unterhaltsame, aber in Wirklichkeit peinlich danebengehende Witze ausgelegte Tonfall in dieser Verfilmung machen aus "Gänsehaut" regelrechte Denkmalschändung. Nach der ausführlichen Einleitung, die wie schon erwähnt immerhin etwas zu punkten vermag, verkommt der Film zur reinen Effekt-Orgie, bei dem bemühte Selbstreferenzialität, grelles Spektakel und altbackene Klischees aus Mainstreamfilmen vergangener Jahrzehnte eine ungenießbare Mischung ergeben. Dass hier sämtliche Monster aus den Vorlagen irgendwie in den Film gestopft wurden, stimmt einen als Liebhaber der Bücher eher traurig, wenn beispielsweise ikonische Figuren wie Slappy, die sprechende Puppe, zum albernen Comic-Relief verkommen und ihre unheimliche Aura vollständig verlieren. Ansonsten erhält man mit Dylan Minnette und Odeya Rush ein blasses Hauptdarsteller-Duo, welches ihre Figuren auch noch durch eine klischeebehaftete, sich anbahnende Teenie-Romanze manövrieren muss, während Ryan Lee mit seinem Sidekick Champ eine der nervigsten Nebenfiguren seit langer Zeit verkörpert. Bleibt noch Jack Black als R.L. Stine höchstpersönlich, der zwar mit seinem gewohnten Charisma punkten kann, als überzogener und bisweilen fast schon cholerischer Charakter aber ebenfalls seltsam deplatziert wirkt. 



Wer die "Gänsehaut"-Bücher wirklich geliebt hat und sich nostalgische Erinnerungen an eine frühe Jugend bewahren möchte, sollte um diese Verfilmung lieber einen großen Bogen machen. "Gänsehaut" tritt die Vorlagen mit Füßen, greift mit seinem unlustigen Meta-Ansatz komplett daneben und beraubt die ikonischen Monster und Kreaturen der Romane beinahe vollständig ihrer schaurigen Ausstrahlung. Wer die Romane überhaupt nicht kennt, kann sich die Zeit vielleicht wenigstens kurzweilig mit dieser kruden Effekt-Orgie bestehend aus generischen Szenenabläufen und greller Überzogenheit vertreiben. Man kann es aber auch einfach sein lassen.





3 von 10 Werwölfe im Supermarkt

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