Review: DEADPOOL - Der ungewöhnlichste Superheld aller Zeiten?




Fakten:
Deadpool
US, 2016. Regie: Tim Miller. Buch: Rhett Reese & Paul Wernick. Mit: Ryan Reynolds, Morena Baccarin, Ed Skrein, T. J. Miller, Gina Carano, Leslie Uggams, Brianna Hildebrand, Jed Rees u.a. Länge: 109 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.


Story:
Nach einer Krebsdiagnose unterzieht sich Wade Wilson, ein ehemaliges Special Forces-Mitglied, einem gefährlichen Experiment, das ihn mit beschleunigten Heilungskräften ausstattet. Das ist die Geburtsstunde von Deadpool, der durch die Therapie zwar so gut wie unbesiegbar, dafür jedoch äußerlich komplett entstellt wurde. Mit seinen neuen Fähigkeiten macht er sich auf den Weg den Mann zu finden, der ihm das angetan hat.




Meinung:
Nach vielen Jahren des Kämpfens um eine Adaption hat der vulgärste und skrupelloseste aller Marvel-Charaktere nun auch das filmische Medium erobert. Hauptdarsteller Ryan Reynolds, der sich ebenfalls an vorderster Front für den Film einsetzte, schlüpft in die Rolle des Deadpool und sorgt mit Charisma, Selbstironie und frechem Witz dafür, dass die Figur des gleichnamigen Streifens zu tosendem Leben erweckt wird. Dabei ist "Deadpool" ganz gemäß seiner Vorlage ein kurzweiliger, unterhaltsamer Film geworden, dessen Humor, welcher verschiedenste Ausmaße annimmt und von plumpen Fäkalhumor über bösartigen Slapstick hin zu bissigen Popkulturreferenzen reicht, zwar nicht immer den richtigen Tonfall trifft, aber auch aufgrund einiger gekonnter, zynischer Pointen für viele Lacher sorgt. Das selbstironische Meta-Konzept, bei dem der Film ständig gegen Vertreter aus dem eigenen Lager schießt, funktioniert weitestgehend und das R-Rating sorgt für den nötigen Druck, was Freizügigkeit, Gewalt und unverblümte Sprachweise angeht, bleibt allerdings zu oft hinter den eigenen Möglichkeiten zurück. "Deadpool" gelingt es daher nicht, die vergifteten Wurzeln des Genres der Comicverfilmungen auszureißen und immer wieder ertappt man den Film auf frischer Tat dabei, wie er doch in die Strukturen abrutscht, die er eigentlich so schamlos aufs Korn nehmen will. Trotzdem offenbart der Streifen auch eine überraschend ernste Seite, die dem ansonsten sehr überdrehten Spektakel angenehmen Gegenwind beschert. Langfilm-Debütant Tim Miller hat seinen Streifen nicht linear angelegt, weshalb mithilfe von Rückblenden die Hintergründe der Entstehung von Deadpool erzählt werden und somit der Mensch hinter der Maske, Wade Wilson, viel Raum erhält. Der raue Söldner wirkt wie ein zu gleichen Teilen gewitzter und kaputter Charakter, der interessante Züge offenbart und selbst die Liebesbeziehung, die sich zwischen ihm und der Prostituierten Vanessa entwickelt, wirkt nicht kitschig oder unpassend. "Deadpool" gibt aufgrund des R-Ratings eine Marschrichtung vor, wie künftige Comicverfilmungen auch sein können und offenbart einiges an schroffem Charme und bösartigem Spaß, ist aber selbst nie die anarchische, das Genre zerpflückende Granate, die man sich erhoffen durfte. Andere Werke wie "Kick-Ass" oder "Super" waren in dieser Hinsicht konsequenter.


6,5 von 10 Spoiler zu "127 Hours"


von Pat
  

Meinung:
Das war also „Deadpool“, von Fans heiß ersehnt, von Studios skeptisch beäugelt und von Zuschauern flächendeckend frenetisch gefeiert. Dabei liegt die zugrundeliegende Beliebtheit der Figur auf der Hand, denn diese bricht mit den üblichen Konventionen des Superheldengenres und verspricht jede Menge chaotischen Spaß. Mit jeder Menge Ironie, Zynismus und fourth wall breaks im Handgepäck geht es dem schießwütigen Antihelden ausschließlich um seine eigene Agenda. So zumindest auf dem Papier, doch was „Deadpool“ letzten Endes daraus macht ist traurig, denn trotz der zahlreichen Versuche dem Einheitsbrei des Genres zu entfliehen ist der Film in seinem Kern nichts anderes als eine weitere Origin-Story nach Schema F. Hintergründe, Zusammenhänge und Motivationen bleiben wie so oft ungeklärt, vor allem der Antagonist bleibt dabei mehr als Blass. „Deadpool“ schnürt sich selbst in ein viel zu enges Korsett und verschenkt durch seine Mutlosigkeit das wirkliche Potential der Geschichte. Entscheidend ist vor allem der Humor des Films und genau hier liegt das größte Problem begraben, nur sehr selten trifft er den richtigen Ton, vor allem der niveaulose Fäkalhumor schießt oft meilenweit am Ziel vorbei. „Deadpool“ spottet über seine Kollegen, aber macht es selbst keinen Deut besser, er gibt andere Filme der Lächerlichkeit preis und enttarnt sich dadurch doch bloß selbst. Selbstreferentieller Humor kann ausgezeichnet funktionieren, wenn er denn wirklich etwas zu sagen hat und es schafft unter die Oberfläche zu tauchen, doch „Deadpool“ vermag es nie über bloßes Namedropping und simpelste Anspielungen hinauszukommen und beweist damit erneut wie faul und mutlos er ist. Lichtblick ist vor allem Ryan Reynolds Interesse an der Figur, seine Hingabe und Faszination für den zynischen Antihelden vermittelt er spielerisch aufs Publikum und schafft es so dem Film zumindest gelegentlich etwas Sehenswertes zu entlocken. Wer über die ausgiebige Werbekampagne des Streifens lachen konnte, wird auch im Kino Spaß haben, wer jedoch schon beim Trailer entnervt abwinkt kann sich den Film guten Gewissens sparen. 


3 von 10 schießwütige Zyniker


von Vitellone


Meinung:
Ein Prestigeprojekt. Genau das ist „Deadpool“. Und in welcher Pflicht- und Bringschuld die Verantwortlichen hier waren, möchte man sich als Außenstehender wohl nicht in Gesteinsbrocken auf die eigenen Schultern laden. Man muss diesem reinrassigen Fanservice allerdings vorurteilsfrei attestieren, dass er es versteht, eine extreme Kurzweil zu generiert und geradezu am Zuschauer vorbeirast, was sich vor allem auf Ryan Reynolds zurückführen lässt, der den Söldner im ledernen Ganzkörperkondom mit einem regelrecht ansteckenden Enthusiasmus verkörpert. Darüber hinaus nutzt sich „Deadpool“ konzeptionell relativ zügig ab: Sein selbstreferenzielles Spiel mit der Erwartungshaltung des Publikums versandet frühzeitig schon im Status Quo kontemporärer Superheldenverfilmungen, deren festgefahrene Erzählmechanik man hier doch eigentlich nach Strich und Faden unterwandern wollte. „Deadpool“ bettelt vielmehr in exponierter Schlaumeier-Attitüde mal mehr, mal weniger enervierend um Anerkennung, wenn er plakativ mit sich und seinem Medium Posse treibt, um das Genre in seinen Konventionen dann doch immer wieder zu bestätigen. Der ungezwungenen Lässigkeit, die hier allseits vorgegeben wird, wird man jedenfalls nicht wirklich gerecht. Zum Glück gibt es da aber, wie erwähnt, Ryan Reynolds, der dem zynischen, sexistischen, gewaltgeilen, in Wahrheit aber doch – Überraschung – sehr unsicheren Schutzpatron der Jammerlappen ein schwungvolles Porträt maßzuschneidern weiß. 


5 von 10 stahlschwänzigen Vätern


von souli 


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