Review: 1492 – DIE EROBERUNG DES PARADIESES – Legendenbildung à la Ridley Scott



Fakten:
1492 – Die Eroberung des Paradies (1492 – Conquest of Paradise)
Spanien, Frankreich, USA. Regie: Ridley Scott. Buch: Roselyne Bosch. Mit: Gérard Depardieu, Sigourney Weaver, Armand Assante, Tchéky Karyo, Fernando Rey, Kevin Dunn, Frank Langella, Michael Wincott, Arnold Vosloo, Jack Taylor u.a. Länge: 149 Minuten. FSK: freigegeben a 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die Geschichte des Entdeckers Christoph Kolumbus, der 1492 eine der größten Entdeckungen der Menschheitsgeschichte machte: den Toaster… oder Amerika. Da sind wir uns unsicher.





Meinung:
Da inszenierte der inzwischen schon zum Ritter geschlagene Ridley Scott mit „Alien“ und „Blade Runner“ zwei Filme, die ihm vollkommen zu Recht den Status eines Visionärs einbrachten und legte schließlich noch den Klassiker „Thelma & Louise“ Anfang der 1990 er Jahre nach, der seinen renommierten Ruf erneut betonierte. Ein Publikumsmagnet war Ridley Scott indessen allerdings nie und seine Filme mussten sich aus kommerzieller Sicht schon so manches Mal als rigorose Flops deklarieren lassen – Selbst „Blade Runner“ wurde seiner Zeit großzügig umgangen, was verdeutlicht, dass der Misserfolg an den Kinokassen nicht auf die despektierliche Qualität des Endprodukts zurückzuführen ist. Es gab aber auch Jahre, in denen Ridley Scott seiner Topform, die sich natürlich auch aus den Drehbüchern herauskristallisierte, aus vergangenen Tage kläglich hinterher eiferte, es aber maximal nur zu besserem Durchschnitt reichen wollte: Ob „Der Mann im Hinter-grund“, „Black Rain“ oder auch „White Squall“. Optisch immer auf der Höhe, inhaltlich zumeist grob fahrlässig.


"Es tut mir leid N'Chuk'ma, ich habe heute leider kein Foto für dich"
So auch „1492 – Die Eroberung des Paradieses“, der 1992 anlässlich des 500. Jahrestages der „Entdeckung“ Amerikas in die Kinos kam. Man möchte das Missglücken des Films auf die Unerfahrenheit der Drehbuchdebütantin Roselyne Bosch zurückführen, die Christoph Kolumbus und den Mythos seiner Person vollkommen Unreflektiert frönt, in dem sie den Charakter Kolumbus' von allen Ecken und Kanten befreit, um ihn als tadellosen Idealisten im hellsten Licht erstrahlen zu lassen. Natürlich fungiert Ridley Scott wie bei all seinen Abstechern in die internationale Historie mit geschichtlicher Achtlosigkeit, in dem das jeweilige Skript der Dramaturgie willen Fakten verfälscht respektive trivialisiert und die thematischen Schwerpunkte von Kolumbus' Expedition wie auch ihre für die gesamte Menschheit signifikanten Folgen in Bezug auf die Einleitung der Kolonialisierung Amerikas ideologisch verschiebt: „1492 – Die Eroberung des Paradieses“ versteht sich als astreine Legendenbildung und für all die bestialischen Zwischentöne gehen von der Figur des Michael Wincott aus, während Kolumbus der Humanist bleibt, der eine gleichberechtigte „Neue Welt“ errichten möchte.


„1492 – Die Eroberung des Paradieses“ ist zeitweise so schnaubend langatmig und drückt die Geschichte Kolumbus' in plump proportionierte Etappen, in der sich der Film zu sehr auf das Zusammensein der Einheimischen und der Spanier fokussiert, die Parabel über die Bestie Mensch innerhalb der Kolonialisierung nur leidlich nachlässig anschneidet, um im letzten Drittel dann auf reißerisches Gemetzel zu setzen. Dass es Kolumbus damals genauso um das Gold und die Missionierung der Indios ging und er im Umgang mit diesen bei Wiederworten wenig zimperlich reagierte, wird von „1492 – Die Eroberung des Paradieses“ durchweg unter den Teppich gekehrt. Die visuelle Klasse aber bleibt bestehen und Ridley Scott weiß, wie er Szenen inszenieren muss, damit sich die Bilder auch wirklich in das Gedächtnis brennen. So verwaschen der Film auch sein mag, wenn die Schiffe in See stechen und Vangelis imposant-pathetisches „Conquest Of Paradise“ ertönt, dann ist Gänsehaut angesagt. Ansonsten bleibt „1492 – Die Eroberung des Paradieses“ ein befremdlich unausgegorener und gefühlloser Film.


5 von 10 überdimensionalen Kirchenglocken


von souli

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