Review: ASSAULT - ANSCHLAG BEI NACHT - High Noon in L.A.

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Fakten:
Assault - Anschlag bei Nacht (Assault on Precinct 13)
USA, 1976. Regie & Buch: John Carpenter. Mit: Austin Stoker, Darwin Joston, Laurie Zimmer, Martin West, Tony Burton, Charles Cyphers, Nancy Loomis, Peter Bruni, John J. Fox, Marc Ross, Alan Koss, Kim Richards u.a. Länge: 91 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Anderson, ein heruntergekommener Vorort von Los Angeles, wird von mordlüsternen Gangs kontrolliert. Bei einem Überfall wird ein kleines Mädchen kaltblütig erschossen. Außer sich vor Wut schlägt ihr Vater zurück und töten ihren Mörder. Auf der Flucht vor dessen Gang rettet er sich in ein Polizeirevier. Dieses ist jedoch praktisch schon stillgelegt. Dort befinden sich nur zwei Cops, unter ihnen der Neuling Bishop, zwei Sekretärinnen und drei Gefangene, die bei ihrem Transport wegen eines Notfalls dort untergebracht werden mussten. Die Gangmitglieder fackeln nicht lange. Sie kappen die Telefon- und Stromleitungen und nehmen das Revier unter Beschuss. Bishop muss sich mit den Gefangenen zusammenschließen, um das Revier gegen die zahlenmäßig überlegenen und zu allem bereiten Angreifer zu verteidigen.




                                                                                    







Meinung:
Zwei Jahre nach seinem schrägen Debütfilm "Dark Star" - einer Abschlussarbeit für die Filmhochschule - gelang John Carpenter bereits mit dem Folgefilm "Assault on Precinct 13" der große Durchbruch. Dabei ist dieser Film nur etwas aufwändiger (von seinen Mitteln) als "Dark Star". Sagenhafte 150.000 Dollar kostete das gesamte Werk, heute unvorstellbar und schon damals nur Peanuts. Carpenter musste an allen Ecken und Enden sparen (die Angreifer haben zum Teil nur Spielzeugwaffen, was jedoch im fertigen Film nicht auffällt), was sich letztendlich nicht auf die Qualität auswirkte. Ganz im Gegenteil. Die minimalen Möglichkeiten adeln diesen zynischen Großstadt-Western eigentlich nur und "zwangen" seinen Regisseur praktisch, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Gerade deshalb ist "Assault on Precinct 13" heute unbestreitbar ein Klassiker und zählt zu den besten Arbeiten Carpenters, dessen goldene Jahre damit ihren Anfang nahmen.


Jagdzeit im Ghetto.
Carpenter kreiert eine Hommage an den Western-Klassiker "Rio Bravo", siedelt die Grundsituation in einem urbanen Schlachtfeld an. Anderson in L.A. ist nicht nur ein Sündenphul, es gleicht einem Kriegsgebiet. Die Polizei kämpft mit aller Härte gegen kriminelle Gangs, die Anderson in die Hölle auf Erden verwandelt haben und vor rein gar nichts zurückschrecken. Ein vor der Schließung stehendes Polizeirevier wird zum Mittelpunkt einer hoffnungslos scheinenden Schlacht. Während sich draußen erbarmungslose, nihilistische Jäger zusammenrotten und mit aller Brutalität angreifen, müssen sich die Eingeschlossenen mit ihren begrenzten Mitteln, ihrer gnadenlosen Unterzahl und ihrem Misstrauen untereinander arangieren, um diese Nacht zu überleben. Carpenter lässt sich von seinem kleinen Budget nicht in seiner Wirkung beschneiden, macht aus der Not eine Tugend. Unglaublich dicht und enorm packend inszeniert er seinen Film mit kompromissloser Härte, beklemmender Atmosphäre und einer ungemeinen Effizienz. Die wenigen Statisten wirken durch die geschickte Umsetzung wie eine Hundertschaft. Keiner der Angreifer wird näher charakterisiert, sie treten als eine gesichtslose Masse auf, die Angriffswelle für Angriffswelle das Gebäude stürmt. Fast erscheinen sie unmenschlich, zeigen keine Emotionen außer purer Wut und Mordlust. "Night of the Living Dead" lässt grüßen, neben "Rio Bravo" die zweite klare Inspirationsquelle von Carpenter. All diese Einflüsse sind überdeutlich und werden zu einem hochspannenden Überlebenskampf verarbeitet, mit dessen eindringlicher Stimmung es kaum ein heutiger Vertreter auch nur im Ansatz aufnehmen kann.


Eine Frau steht ihren Mann.
Der Film schmückt sich nicht mit prominenten Gesichtern oder unglaublich spektakulären Actionszenen, erzeugt dabei dennoch so einen Druck, dass das Adrenalin bis in die Haarspitzen steigt. Die interessante Figurenkonstellation um das Greenhorn Bishop und seinen Partner wider Willen, den abgebrühten Killer "Napoleon" Wilson, trägt dazu mindestens so viel bei wie der düstere, grobe Look, die klaustrophobische Enge, der schonungslos-pessimistischen Grundton und - natürlich - der von Carpenter komponierte Score. Ein langsames, pulsierendes, enorm druckvolles Synthesizer-Ungetüm, das neben dem Theme zu "Halloween" wohl seine beste Arbeit in diesem Bereich darstellt. Eine perfekte Mischung, die die großen Stärken hervorhebt, die John Carpenter zu dieser Zeit zu einem Ausnahmekünstler gemacht haben. Der Mann konnte genau die Stimmung auf den Zuschauer übertragen, die ihm vorschwebte, ohne unnötigen Firlefanz und blendendes Beiwerk. Eine einfach Geschichte mit so geringen Möglichkeiten so auf den Punkt zu bringen, das kann und konnte nicht jeder.


Zu traurig, dass der gute John sein Mojo irgendwann verloren hat und es bis heute nicht wiedergefunden hat. Sieht man diesen Film und das, was in den nächsten Jahren noch folgen sollte, eine Schande. Sei es wie es sei, man sollte dankbar sein für solche Perlen wie "Assault on Precinct 13". Das ist Spannungskino, wie es sich gehört. Ohne Schnörkel, ohne unnützes Geschepper, radikal und außergewöhnlich.

8,5 von 10 Eistüten ohne Nuss.

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