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Review: HALLOWEEN 3 & 4: Der gescheiterte Versuch und die Rückkehr zum Altbewerten

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Fakten:
Halloween 3 – Die Nacht der Entscheidung (Halloween III: Season of the Witch)
USA, 1982. Regie & Buch: Tommy Lee Wallace. Mit: Tom Atkins, Stacey Nelkin, Dan O'Herlihy, Michael Currie, Ralph Strait, Jadeen Barbor u.a. Länge: 95 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Wenige Tage vor Halloween wird ein unter Schock stehender und sich in Todesangst befindender Mann in ein Krankenhaus eingeliefert. Noch in der selben Nacht wird er ermordet, der Täter setzt sich anschließend selbst vor der Klinik in Brand. Der behandelnde Arzt Daniel Challis will gemeinsam mit der Tochter des Opfers die Umstände der mysteriösen Tat aufklären. Die Spur führt sie zu einer ländlich gelegenen Spielzeugfabrik, die zu Halloween eine riesige Marketing-Kampagne mit ihren Masken plant.

                                                                           

Meinung:
Halloween 3, das oft verpönte Kuckucksei des beliebten Franchise. Dabei schwebte John Carpenter und Debra Hill ein wahrlich interessantes Idee vor, die wahrscheinlich hauptsächlich am ungünstigen Timing scheiterte. Die Story um Michael Myers war nach Halloween II – Das Grauen kehrt zurück für sie offiziell beendet. Anstatt ihn (wie es später dann doch kommen sollte) immer wieder auferstehen zu lassen, sollte nun jedes Jahr pünktlich zum Fest ein weiterer Halloween-Film erscheinen, der eine eigene, in sich geschlossene und unabhängige Geschichte erzählen würde. Gar kein dummer Gedanke per se, nur leider waren die Fans damit nicht einverstanden. Ein Halloween oder Michael Myers kam für viele bereits jetzt schon nicht in die Tüte. Auch dem Umstand geschuldet, dass im gleichen Jahr die Konkurrenz in Form von Jason Vorhees in seinem ebenfalls dritten Teil durch den Gewinn der berühmten Hockeymaske erst zur wahren Ikone aufstieg. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für eine Umstrukturierung, die zu einer Bauchlandung führte, das Konzept postwendend beerdigte und zu einer 6jährigen Pause führte, bevor man dem Publikum das gab, was es immer sehen wollte.


Die werden sich noch wundern...
Die gescheiterte Mutprobe ist sicherlich der Hauptgrund für den allgemein schlechten Ruf von Halloween 3, wobei der Film auch losgelöst davon bestimmt nicht der ganz große Knaller ist. Regisseur und Autor Tommy Lee Wallace lässt sich ohne Frage äußerst positiv anrechnen, dass er sich inszenatorisch deutlicher am Original orientiert als alle weiteren Fortsetzungen, obwohl sein Film ja praktisch nichts mit ihm zu tun hat. Unterlegt von einem minimalistisch Carpenter-Score stapeln sich nicht die Slasher-Leichenberge. Stattdessen versucht er den Zuschauer durch behutsamen Spannungsaufbau und die Magie des großen Unbekannten bei der Stange zu halten. In seinen besten Momenten erinnert Halloween 3 tatsächlich an ein typisches Carpenter-Werk, ohne jemals die Qualität seiner ganz großen Arbeiten dieser Zeit (also jedem Film bis dahin) zu erreichen. Dafür entpuppt sich die angenehm geduldig erzählte Story - trotz einem gewissen, paranoid-unbehaglichen Infiltration-Flairs und eines extrem bösen Grundgedankens – als eher kruder Quatsch, der wohl besser in einem kürzeren Format aufgehoben wäre. Als eine ausgedehnte Tales from the Crypt-Episode würde das wesentlich besser funktionieren. Letztlich sollte es ja auch so was ähnliches sein,  nur dann lieber auf 45-50 Minuten stutzen und noch eine weitere Geschichte folgen lassen, dann wird da ein Schuh draus.


Durchaus bedauerlich, dass Halloween 3 nicht so funktionierte wie angedacht, hier griffen zu viele Negativ-Faktoren ineinander. Er ist formell gut vorgetragen, hat nur mit einer zu dünnen Geschichte für die 95 Minuten Laufzeit zu kämpfen, verprellte das Publikum und verpennte den Trend, der aktuell in eine ganz andere Richtung ging. Auch heute ist das nicht mehr als eine manchmal sehr boshafte, manchmal etwas alberne Böse-Nacht-Geschichte zur Geisterstunde, was aber auch seine Daseinsberechtigung hat.

5,5 von 10 Problemen bei der Endfertigung

                                                              

Fakten:
Halloween 4 – Michael Myers kehrt zurück (Halloween 4: The Return of Michael Myers)
USA, 1988. Regie: Dwight H. Little. Buch: Alan B. McElroy. Mit: Donald Pleasence, Ellie Cornell, Danielle Harris, George P. Wilbur, Beau Starr, Sasha Jenson, Kathleen Kinmont u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
10 Jahre nach dem Halloween-Massaker entkommt der eigentlich komatöse Michael Myers bei seiner Verlegung aus der Haft. Pünktlich zu Halloween kehrt er zurück nach Haddonfield. Das Ziel: Die kleine Tochter seiner inzwischen verstorbenen Schwester, die letzte verbliebene Blutsverwandte. Auch Dr. Loomis macht sich bereit für eine weitere Nacht des Schreckens.

                                                                                                                      


Meinung:
Nachdem gescheiterten Versuch das Halloween-Franchise mit dem dritten Teil als eine von der Figur Michael Myers unabhängige Marke zu etablieren dauerte es relativ lange, bis der stumme, bleichgesichtige Maskenmann doch noch sein überfälliges Comeback geben durfte. John Carpenter hatte mit diesem Film – bis auf die geistige Vorlage und natürlich seinen unverwechselbares Score – nichts mehr direkt zu tun, was dem kommerziellen Erfolg keinesfalls schadete. Halloween 4 – Michael Myers kehrt zurück war Ende der 80er Jahre genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort und gab den Fans das, auf das sie 7 Jahre lang warten mussten. Michael und sein inzwischen innerlich wie äußerlich schwer gezeichnete Jagdhund Dr. Loomis (Donald Pleasence) sind heimgekommen.


Famielenbesuch kann echt anstrengend werden...
Unter der Regie des B-Movie & TV-Jobbers Dwight H. Little entsteht ein typischer 80er-Slasher, der nach kurzer Einleitungsphase den Bodycount minütlich in die Höhe schraubt und (natürlich) nicht an dem lauernden Bedrohungsszenario interessiert ist, das Carpenter’s Klassiker bis heute zu einem Meisterwerk des Genres macht. Das war auch schon im zweiten Teil so, der sich allerdings atmosphärisch noch dichter an der Vorlage orientierte und den Vorteil genoss, als direkt anschließender, quasi ausgedehnter „letzter Akt“ von Halloween – Die Nacht des Grauens zu fungieren, in dem es naturgemäß etwas straffer zur Sache geht. Halloween 4 – Michael Myers kehrt zurück fehlt es selbstverständlich an der Raffinesse wie der erzählerischen und inszenatorischen Eleganz des Originals, das ist aber auch nicht der realistische Maßstab. Als kurzweiliger Schlitzer-Film ist zweckdienlich und ordentlich vorgetragen, kann natürlich noch von dem alten Glanz teilweise zehren. Besonders Donald Pleasence weiß mit seiner Routine die Figur des Dr. Loomis, an dem die letzten Jahre nicht spurlos vorübergegangen sind, treffend wiederzubeleben.


Der damals schon desillusionierte, aber immer noch irgendwie standhafte Psychiater ist zum verbitterten, entstellten Greis geworden, den Außenstehende mehr denn je als senilen Spinner wahrnehmen. Die sonderbare, schicksalhafte Beziehung zwischen ihm und seiner Nemesis Michael Myers ist bedeutsamer, tragischer als das übliche Jäger-und-Gejagter-Spiel des Genres. Im Prinzip hält Pleasence den Laden komplett zusammen und gibt dem Film dieses spezielle Feeling, was ihn trotz seiner durchschnittlichen Vorgehensweise immer noch das gewisse Etwas verleiht, inklusive einer fiesen Schlusspointe. Das ist kein Hit, dennoch ein anständiger Fanservice und der letzte Halloween-Film – bis zu den Rob Zombie-Reboots – der sich noch relativ bedenkenlos anschauen lässt. Zudem die erste Rolle von Danielle Harris, der sie ihre gesamte Karriere als die schnuckelige, ungekrönte Prinzessin des B-Horror-Films verdankt. 

5,5 von 10 Besuchen vom bösen Onkel

Review: FLUCHT AUS L.A. - Blindschleiche statt Klapperschlange

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Fakten:
Flucht aus L.A. (Escape from L.A.)
USA, 1996. Regie: John Carpenter. Buch: John Carpenter, Debra Hill, Kurt Russell. Mit: Kurt Russell, Stacy Keach, Steve Buscemi, George Corraface, Cliff Robertson, A.J. Langer, Peter Fonda, Pam Grier, Valeria Golino, Michelle Forbes, Bruce Campbell u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Nach einem verheerenden Erdbeben im Jahr 2000 wurde Los Angeles vom Festland abgeschnitten und dient nun als Hochsicherheitsgefängnis für das totalitäre Regime der USA. Nun, 2013, steht die Welt am Rande eines Krieges. Ausgerechnet jetzt hat sich die Tochter des US-Präsident auf die Seite der Rebellen geschlagen und mit einer Satellitensteuerung in L.A. untergetaucht, mit der sich die Welt in Sekundenbruchteilen kontrollieren ließe. Die Zeit drängt und mal wieder bleibt der Regierung keine Wahl: Erneut zwingen sie Outlaw Snake Plissken zu einem Himmelfahrtskommando in den Moloch. Mit einem tödlichen Virus infiziert hat er nur 10 Stunden Zeit die Steuerungseinheit wiederzubeschaffen, damit er das rettende Gegengift bekommt.






Meinung:
Snake Plissken ist wieder da, gerechnet hatten damit wohl nur die Wenigsten. 15 Jahre nachdem ihn John Carpenter in „Die Klapperschlange“ durch das Sodom und Gomorra des ehemaligen New York City jagte und damit nicht nur einen Klassiker des Science-Fiction-Kinos schuf, sondern gleichzeitig diesen Charakter zur Kultfigur stilisierte. Nebenbei auch der große Durchbruch seines Darstellers Kurt Russell. In „Flucht aus L.A.“ kehrt der wortkarge Augenklappenträger aus dem Vorruhestand zurück, um erneut unfreiwilligen seiner verhassten Regierung „dienen zu dürfen“.


Neue Stadt, alte Probleme, dumm gelaufen.
Eine gewisse Skepsis gegenüber diesem verspäteten, unerwarteten Sequel lässt sich kaum vermeiden und vermutlich hatte seine Realisierung auch was mit den einknickenden Karrieren seiner Stars zu tun. John Carpenter hatte zwar zwei Jahre zuvor mit „Die Mächte des Wahnsinns“ den bis heute stärksten Film nach dem Ende seiner absoluten Höchstphase (Ende der 70er/Anfang der 80er) inszeniert, der Film wurde jedoch seinerzeit mit gemischten Gefühlen aufgenommen und war kein großer, finanzieller Erfolg. Wie schon seit Jahren. Es musste also dringend wieder die Kasse klingeln. Kurt Russell, der diesmal auch am Skript mitschrieb, steckte Mitte der 90er ebenfalls in einem kleinen Tief, zählte nicht mehr zu der Elite im Actiongenre und sah wohl in der Reanimation seiner prägnantesten Filmfigur die Chance auf ein Comeback. Das mag spekulativ sein, doch nicht nur deshalb erscheint „Flucht aus L.A.“ wie eine Notgeburt, die gezwungen eine Geschichte wieder aufbrüht, die kaum sinnvoll fortzusetzen ist. Wohlwollend ließe sich argumentieren, es würde sich um eine Hommage an das eigene Original oder eine Semi-Remake wie z.B. „Tanz der Teufel 2“ handeln, nüchtern betrachtet wird sich einfach wiederholt und dann sogar mehr schlecht als recht.


Bruce Campbell als Mickey Rourke.
Statt New York dient nun eben Los Angeles als Freilaufgehege für das kriminelle Gesindel, welches in seiner anarchischen Gesellschaft eigentlich mehr Freiheiten genießt als das Volk abseits der Mauern in der strengen, nach selbstgerecht-faschistoider Moral gesäuberten Militärdiktatur. Wieder gilt es zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ein dringend benötigtes Gut zurück zu beschaffen und natürlich kommt dafür nur der dauernd totgesagte Staatsfeind Nr.1 in Frage. Obwohl „Flucht aus L.A.“ klar ein Sequel ist, erinnert es in der Tat mehr an eine Neuauflage mit abgeändertem Setting. Neues fällt Carpenter, Russell und der ebenfalls am Skript tätigen Debra Hill dabei kaum ein, wenn nur in Details, die mit dem Standortwechsel zu tun haben, im Prinzip so aber auch schon im Erstling zu sehen waren. Jetzt wie damals werden einst schillernde Stadtteile zur abscheulichsten Brutstätte des Wahnsinns. In New York war der Broadway geschmückt von aufgespießten Köpfen, die Kanalisation bevölkert von Kannibalen, in Beverly Hills jagen nun von plastischer Chirurgie grotesk Entstellte nach frischen Körperteilen. Mit Sicherheit noch die beste Idee des gesamten Films, inklusive eines Auftritts vom fast bis zur Unkenntlichkeit „verschönten“ Bruce Campbell als Ober-Schnippler. Dieser bizarre Moment sowie einige ironische Anspielungen und sarkastische Spitzen können leider weder über die vorherrschende Einfallslosigkeit, dem allgemein stimmungsraubenden Stilbruch und die stellenweise fast albern wirkende Inszenierung hinwegtäuschen.


Aus Snake ist ein schöner Schmetterling geworden.
Carpenter kopiert sich inhaltlich zwar ohne falsche Scham selbst bis sich die Balken biegen, verwirft gleichzeitig jedoch die brillante Atmosphäre seines Originals, die es bis heute zu einem Meisterwerk seines Genres macht. Trotz roher Gewalt und verlotterter Freaks in den Straßen von L.A., trotz Gewitter, Erbeben und Tsunamis, die unheilvolle Finsternis, den apokalyptischen Hölle-auf-Erden-Charakter kann und will die Fortsetzung gar nicht aufrechterhalten. Bunter, flippiger, mit nicht zu übersehendem Comic-Flair versucht der Regisseur seinen Film vielleicht zeitgerechter zu gestalten, seinen Anti-Helden mehr amüsante One-Liner raunen zu lassen und jede Figur mehr schrill als bedrohlich zu präsentieren. Von den Sidekicks wie Steve Buscemi und Peter Fonda bis hin zum Oberschurken George Corraface, sie alle sind viel zu gut gelaunte Hampelmänner. Der Duke von New York hätte sich Cuervo Jones in seinen Taco gestopft. Damit lädt  Carpenter eine seine stärksten Waffen (die er zumindest mal hatte) mit Platzpatronen. „Flucht aus L.A.“ erinnert mehr an einen zwar zynischen, dennoch nicht wirklich schrecklichen Vergnügungspark, in dem letztlich alles gar nicht so ernst gemeint ist. Wahrscheinlich ernst gemeint, dadurch nur noch katastrophaler sind die Effekte, wenn es über das handgemachte hinausgeht. Selbst für 1996 ist das CGI erbärmlich und wäre eigentlich in der Form nicht mal nötig, beachte man was Carpenter früher mit kleinem Geld durch geschickte Regie darstellen konnte.


Selbst am Ende wird sich so haarklein am Original orientiert, dass es ungefähr den Effekt hat wie die Gags von Otto Waalkes: Früher war das geil, aber immer die gleiche Pointe ist witzlos. „Flucht aus L.A.“ ist bezeichnend für den Abstieg des einstiegen Genies John Carpenter. Er war mal der Zeit voraus und als er nur noch mit ihr gehen wollte, kam nicht mehr viel bei rum. An einigen Stellen ist das gerade noch leidlich unterhaltsam, im Gesamten und besonders im Vergleich mit dem sensationellen Original eigentlich nah an einer Frechheit. Über solche Filme freuen sich die Fans nicht, sie fühlen sie veräppelt. Das wollte Carpenter sicher nicht, aber er wollte die letzten zwanzig Jahre bestimmt auch nur gute Filme machen, das Ergebnis ist traurige Realität.

4 von 10 (nicht!) perfekten (CGI)Wellen

Review: HALLOWEEN II - DAS GRAUEN KEHRT ZURÜCK - Gleitender Schichtwechsel

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Fakten:
Halloween II – Das Grauen kehrt zurück (Halloween II)
USA, 1981. Regie: Rick Rosenthal. Buch: John Carpenter, Debra Hill. Mit: Jamie Lee Curtis, Donald Pleasence, Charles Cyphers, Jeffrey Kramer, Lance Guest, Pamela Susan Shoop, Hunter von Leer, Dick Warlock, Leo Rossi, Gloria Gifford u.a. Länge: 93 Minuten. FSK: Keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Es ist noch nicht vorbei: Obwohl Michael Myers durch mehrere Kugeln aus der Pistole seines Arztes Dr. Loomis niedergestreckt wurde, ist er kurz darauf wieder in Haddonfield unterwegs. Während Loomis und Sheriff Brackett verzweifelt nach dem Killer fahnden, wird die verwundete Laurie in das örtliche Krankenhaus gebracht. Dort ist sie jedoch keinesfalls in Sicherheit, denn Michael hat sie nicht zufällig als sein Opfer auserkoren.







Meinung:
Mit „Halloween – Die Nacht des Grauens“ gelang John Carpenter 1978 nicht nur der große Durchbruch, er etablierte gleichzeitig das Sub-Genre des Slashers auf dem US-Filmmarkt. Dabei war sein Film nicht durch einen hohen Bodycount oder eine explizite, vordergründige Gewaltdarstellung geprägt, was in den Folgejahren zu unverzichtbaren Merkmalen dieser Gattung werden sollte. Drei Jahre später folgte nun die Fortsetzung, doch in der Zwischenzeit war schon einiges passiert.


Heute werden Überstunden geschoben.
Durch „Freitag, der 13.“ oder „Blutiger Valentinstag“ waren bereits weitere Vertreter auf den Markt gekommen, die sich weit weniger um ihre Geschichte oder behutsam entwickelte Spannungsmomente scherten als Carpenter 1978. Ein möglichst effektives und dann bitte schön auch in voller Pracht zu bestaunendes Dahinscheiden seiner jugendlichen, moralisch meist „verrohten“ (nach klassisch-spießigen Wertvorstellungen) Opferlämmer stand im Fokus. Der Erfolg gab diesen Produktionen, trotz ihrer handwerklichen Unbeholfenheit im Vergleich zu dem damals schon (und aus heutiger Sicht muss man leider sagen noch) virtuosen Carpenter, absolut recht. Das wollten die Leute sehen und „Halloween II – Das Grauen kehrt zurück“ stand nun mehr oder weniger in der Pflicht. Carpenter selbst übergab den Staffelstab der Regie an Rick Rosenthal. Der eigentlich bevorzugte Tommy Lee Wallace sagte ab, dreht dafür ein Jahr später das Franchise-Kuckucksei „Halloween III“, der als einziger Teil der Serie sich an einer völlig neuen Geschichte versuchte, kolossal scheiterte und nach 6jähriger Pause für die Reanimation von Michael Myers sorgte. Zwar blieb Carpenter treibende Kraft, verfasste wie schon beim Original das Skript zusammen mit Debra Hill und war Produzent, aber den Regieposten wollte er nicht noch mal bekleiden. Warum? Nun, er war natürlich stark beschäftigt – mit „Die Klapperschlange“ und „Das Ding aus einer anderen Welt“ erschienen in diesem und dem nächsten Jahr zwei seiner aufwändigsten und besten Filme -, doch der Verdacht liegt nahe, dass er dem Projekt insgeheim vielleicht nicht so viel zutraute oder selbst nicht  genau wusste, wie er es hätte angehen sollen.


"Zack...du bist."
Interessanter wäre es ohne Zweifel, wenn Carpenter himself sein Werk fortgesetzt hätte, gerade wegen des nahtlosen Übergangs der Geschichte. Ohne jeden Zeitverlust setzt das Sequel am Finale des Originals an und sorgt so für die Illusion, es mit einer geschlossenen, als Gesamtes konzipierten Geschichte zu tun zu haben, was im heutigen Blockbusterkino gang und gäbe ist, ganz aktuell in „Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1“. Eigentlich ein Leckerbissen für Fans des Erstlings, die man mit einem offenen und kribbeligen Ende zurückließ. Dort wurde der von Dr. Loomis bereits in den Raum gemutmaßte Zweifel an der Menschlichkeit von Michael Myers praktisch bestätigt, zumindest ein starkes Indiz dafür geliefert. Damals ein kleiner Paukenschlag als Schlusspunkt, nun musst man damit arbeiten. Inhaltlich somit nah am Vorgänger – näher als jeder andere Nachfolger - und durchaus auch stilistisch bemüht macht „Halloween II – Das Grauen kehrt zurück“ in einigen Belangen eine leicht unentschlossene, zum Teil sogar unglückliche Figur. Myers ist hier von Anfang an deutlich präsenter, nicht mehr nur die Silhouette hinter der Hecke, dennoch setzt der Film zunächst weniger auf rohe Gewalt und steigende Opferzahlen wie die jüngste Konkurrenz. An der Stelle soll wohl der Geist der Vorlage bemüht werden, sein bedrohlicher, konstant steigender Spannungsbogen kann jedoch zu keiner Zeit erreicht werden. Das liegt sicher nicht nur am Regiewechsel, Carpenter muss das deutlich schwächere Skript schließlich selbst verantworten, doch Rosenthal spielt von seiner inszenatorischen Finesse eindeutig in einer ganz anderen Liga.


Besuchszeit ist eigentlich vorbei, aber Familie geht vor.
In der direkten Gegenüberstellung erscheinen einige Momente eher plump und zweckdienlich aufgetischt. Ein Carpenter in Bestform (die er damals besaß) hätte daraus wahrscheinlich deutlich mehr machen können. Darüber lässt sich diskutieren, ohne Wenn und Aber ist das hier trotzdem einfach nur eine Fortsetzung, die gemacht werden musste. Schließlich wollte man sich die Chance auf den gerade anfahrenden Slasher-Zug aufzuspringen nicht entgehen lassen. Dementsprechend geht es im späteren Verlauf erwartungsgemäß drastischer zur Sache, direkte Gewaltdarstellung bekommt seine Plattform. Obwohl dies unbestreitbar und der Film bis heute in Deutschland (ungeschnitten) noch nicht frei verkäuflich ist, das kennt man trotzdem deutlich härter. Gerade ein „Blutiger Valentinstag“ schwingt die Spitzhacke wesentlich zügelloser als Myers seine Klinge. So pendelt dieser Teil zwischen dem Anspruch auf mehr Blutzoll und dem Erhalt der ursprünglichen Stimmung irgendwie hin und her, ohne eines der Lager vollends zufrieden zu stellen. Das klingt jetzt alles nach harscher Kritik, die zweifelsfrei auch angebracht ist, doch summa summarum bleibt dies die wohl gelungenste Fortsetzung der gesamten Reihe (das inoffizielle Remake von Rob Zombie ausgenommen). In all seiner Fehlerhaftigkeit macht „Halloween II – Das Grauen kehrt zurück“ dann doch gerade so viel richtig, um – natürlich auch mit Fanbonus ausgestattet – seine Daseinsberechtigung zu haben.


Diesen Film – was naheliegt – ausschließlich am Original zu messen, ist schlicht nicht der richtige Weg. Unmöglich kann er dessen Qualität erreichen und tut dies definitiv auch nicht. Aber er kopiert die Stimmung partiell recht ordentlich. Er erzählt die Geschichte weiter, liefert einen interessanten, neuen Ansatz (der nachträglich sogar für die TV-Version des Vorgängers per Nachdrehs eingearbeitet wurde) und kann – besonders im Vergleich mit dem damaligen Genre-Output – noch Spannung und Atmosphäre kreieren, alles eben auf einem nicht mehr grandiosen Niveau. Zum Teil eng und beklemmend vorgetragen, noch unverkennbar durch den europäischen Giallo geprägt, vom ikonischen Ausbau der Figur Michael Myers ganz zu schweigen. Die Serie hat in späteren Jahren noch einige verzichtbare Teile hervorgebracht, dieser hier zählt nicht dazu. Was er hätte werden können, steht auf einem ganz anderen Blatt.

6 von 10 verschwundenen Küchenmessern

Review: SIE LEBEN! - Mach kaputt, was euch kaputt macht

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Fakten:
Sie leben! (They Live)
USA, 1988. Regie: John Carpenter. Buch: John Carpenter, Ray Nelson (Vorlage). Mit: Roddy Piper, Keith David, Meg Foster, George „Buck“ Flower, Peter Jason, Raymond St. Jaques, Jason Robards III, John Lawrence, Susan Barnes, Sy Richardson u.a. Länge: 95 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Rumtreiber Nada ergattert einen Job auf dem Bau. Eines Abends belauscht er das Treffen einer kleinen Untergrundgruppierung, die über eine scheinbar riesige Verschwörung debattieren. Kurz darauf folgt ein großangelegter Polizeieinsatz, das Arbeiterlager wird rücksichtslos aufgemischt. Nada entkommt, nimmt vorher allerdings einige Sonnenbrillen an sich, die „die Wahrheit“ aufzeigen sollen. Und tatsächlich: Sobald Nada durch deren Gläser schaut, offenbart sich ihm die unglaubliche Realität…







Meinung:
„They Live. We Sleep.“

Mit der Karriere von John Carpenter ging es nach seinem urigen Debütfilm „Dark Star“ steil bergauf. Zwischen 1976 und 1982 entstanden gleich fünf zeitlose Genre-Klassiker, eine irrsinnige Ausbeute. Nach „Das Ding aus einer anderen Welt“ kam der leichte Einbruch. Natürlich war klar, dass Carpenter unmöglich dieses sagenhafte Niveau konstant halten würde und lange Zeit blieben die Werke weit entfernt von misslungen, doch irgendwie veränderte sich sein Schaffen ab diesem Punkt. Speziell um die Filme von Mitte bis Ende der 80er – „Big Trouble in Little China“, „Die Fürsten der Dunkelheit“ und eben „Sie leben!“ – entwickelte sich ein ganz eigener Kult, der nicht unbedingt auf eine neutrale Betrachtung ihrer filmischen Qualität zurückzuführen ist. Ganz nüchtern gesehen: Irgendwie sind die alle recht cheesy, jeder auf seine Art. Mit der einstigen Brillanz seiner Erstlingswerke hatte das nur noch wenig zu tun, dennoch schaffte es ausgerechnet aus diesem Trio eigentlich immer einer, das Herz der Fans ganz individuell zu gewinnen (persönlicher Favorit des Autors: „Die Fürsten der Dunkelheit“).


Sie sind hier...und trinken Bier.
„Sie leben!“  ist einer dieser Filme, die – auch eventuell aus der eigenen, nostalgischen Erinnerung heraus – heutzutage stark kultisch verklärt wirken. Seinen Reiz will und kann man ihm dabei nur schwer absprechen, doch nimmt man mal die Fan- und Retro-Brille ab, ereilt einen der gleiche Effekt wie Protagonist Nada im Film, halt nur andersherum: Die Realität holt einen ernüchtert auf den Boden zurück, auch wenn die Konsequenzen nicht ganz so fatal sind. Das ist selten schön, aber so einem Realitäts-Check muss dann auch ehrlich ins Gesicht geschaut werden. Carpenter’s alte Klasse und sein unverkennbarer Stil durchzieht diese Mischung aus Hommage an das Sci-Fi-Invasion-Kino vergangener Tage, grobschnittiger (erschreckend zeitloser) Auf-die-Zwölf-Kritik auf Konsum- und Kapitalismuswahn und (damals) zeitgemäßen Buddy-Movie mit Proll-Ästhetik absolut, ändert nur an der leider recht klumpigen Konsistenz nicht viel. Nach wie vor toll und nur knapp unter dem gewohnten Level liegt der typische Carpenter-Score, zu dem die Light-Version von Kurt Russell – der damalige On/Off-Wrestlingstar „Rowdy“ Roddy Piper – die Bühne betritt. Dabei gibt der gar keine so schlechte Figur ab, darstellerische Fähigkeiten werden ohnehin nicht über Gebühr verlangt. Der kanadische (NICHT schottische) Haudegen kann die geforderte, hemdsärmelige Präsenz mitbringen, die seine Rolle als wackerer Working-Class-Hero und letzte Instanz des echten American-Dream erfordert. Gerade in der ersten Hälfte macht „Sie leben!“ doch einiges her, solange die getarnte Bedrohung und Sklaverei noch nicht gänzlich gelüftet ist bzw. sie sich gerade offenbart. Besonders clever oder gar subtil ist das selbstredend nicht, dafür schön biestig und atmosphärisch sehr solide. Mit längerer Laufzeit geht dem nicht nur trashig angehauchten Spektakel dann zusehend die Puste aus.


Kein Kaugummi, sonst alles dabei.
Vielleicht haben die Piper und Keith David während ihrer absurd-langen Gassen-Prügelei (bevor man einfach so eine Sonnenbrille aufsetzt, kloppt man seinen Kumpel lieber minutenlang zu Klump) aufgebraucht, spätestens ab dann verflacht der (eh nicht sooo tiefe) Film viel zu deutlich. Trotzdem ist gerade diese extrem deplatziert wirkende Szene schon ein kleines Highlight. Warum sich da so exzessiv eine gefühlte Ewigkeit auf die Schnauze gehauen wird, wissen wohl nur die Beteiligten selbst. Vielleicht hatte „Hot Rod“ sich vertraglich zusichern lassen, seine Wrestling-Skills zur Schau stellen zu dürfen. However, es ist nur einer von einigen zwar ganz amüsanten Momenten, die in der Gesamtheit nicht so richtig miteinander harmonieren wollen. Interessant ist die Geschichte um eine unterschwellig manipulierte, von einer extraterrestrischen Gattung infiltrierte Welt allemal, besonders durch seinen kritischen, wenn auch plumpen Tonfall. Die oberen Zehntausend als Verräter der eigenen Rasse und gierige Alien-Nutten, Massenverblödung und Gleichschaltung durch Werbung und Fernsehen. Wer nur blind konsumiert und sich der Berieselung hingibt, ist schon erobert und im unsichtbaren Wachkoma. Während ein Uwe Boll zuletzt in reaktionären Hau-Ruck-Werken wie „Assault on Wall Street“ oder „Rampage 2“ seinem Ärger auf „die da oben“ mit einer extrem bedenklichen Art Luft machte (die, wenn man Boll nur ansatzweise für voll nehmen könnte, schon als gefährlich bezeichnet werden müsste), ist diese Variante die deutlich angenehmere und geschicktere Version. Da dürfen Piper und David ungeniert die Bonzen und ihr Fußvolk über den Haufen ballern, sind eh nur hinterlistige Aliens.

„Ich dachte ich komm mal vorbei, kaue Kaugummi und trete ein paar Leuten in den Arsch. Ich hab leider kein Kaugummi!“

„Sie leben!“ ist zwar ein charmanter und absolut markanter Film, deshalb aber noch lange nicht wirklich gut und erst recht nicht der große Hit, an den man sich heute mit Blick auf gestern gerne romantisch erinnert. Von allem etwas und nichts so richtig. John Carpenter schien hier sein Pulver schon verschossen zu haben, bis er Jahre später mit „Die Mächte des Wahnsinns“ nochmal deutlich zeigen sollte, wo der Hammer hängt. Danach hat er ihn leider auch endgültig verlegt…

5,5 von 10 Armbanduhren mit Notausgängen