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GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 2 – Ein Sequel mit Herz

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Fakten:
Guardians of the Galaxy Vol. 2
USA. 2017. Regie und Buch: James Gunn: Mit: Chris Pratt, Zoe Saldana, Bradley Cooper, Dave Bautista, Vin Diesel, Michael Rooker, Karen Gillan, Pom Klementieff, Kurt Russell, Elizabeth Debicki, Chris Sullivan, Sean Gunn, Sylvester Stallone, Tommy Flanagan, Stan Lee, Aramis Knight u.a. Länge: 137 Minuten. Freigegeben ab 12 Jahren. Ab 27. April 2017 im Kino.


Story:
Die Abenteuer der "Guardians of the Galaxy" gehen weiter, und diesmal führt sie ihr Trip bis an die äußeren Grenzen des Kosmos. Die Guardians müssen um ihre neu gefundene Familie kämpfen, während sich das Geheimnis um Peter Quills wahre Eltern langsam lüftet. Dabei wandeln sich alte Feinde zu neuen Verbündeten, und auch einige neue Charaktere tauchen auf der intergalaktischen Bühne auf.




Kritik:
2014 überraschte James Gunn uns alle mit seiner Weltraumoper Guardians of the Galaxy. Der Film war, trotzdem die Guardians selber zu dem Zeitpunkt der breiten Masse recht unbekannt waren, ein riesiger Erfolg. Das lässt sich vor allem dadurch erklären, dass sich der Film, obwohl er Teil des Marvel Cinematic Universe ist, überraschend eigenständig und frisch angefühlt hat. Er stand für sich und wirkte nicht nur wie ein weiteres Puzzleteil im MCU. Entsprechend erwartungsvoll stehen die Fans nun dem zweiten Teil der Reihe gegenüber. Doch können diese Erwartungen überhaupt erfüllt oder gar übertroffen werden? Ein zweiter Teil kann sich selbstverständlich nie so frisch und originell anfühlen wie der erste, doch genau das fordern scheinbar viele ein. Allerdings wäre James Gunn nicht James Gunn, wenn er mit diesem Problem nicht fertig werden würde.


Der zweite Teil der Reihe konzentriert sich sehr stark auf das Thema Familie. Jetzt mag man schnell an ein anderes Franchise denken, dass gerade mit seinem neusten Beitrag einen enormen Erfolg feiert, doch könnte das Verständnis von Familie in den beiden Filmen kaum unterschiedlicher sein. Während uns bei Fast and Furious eine bedingungslose Liebe innerhalb der "Familie" vorgegaukelt wird, sehen wir bei den Guardians einen wirklichen Zusammenhalt, der auch durch nicht abwendbare Konflikte nicht gebrochen werden kann. Allerdings geht es in Guardians of the Galaxy Vol. 2 nicht nur um Familie im übertragenen Sinne, sondern auch im wörtlichen. Star Lord trifft im Film nämlich auf seinen leiblichen Vater Ego. Verkörpert von Kurt Russel will dieser seinem Sohn der Vater sein, der er vorher nicht sein könnte und ihm erklären, was seine Rolle im Leben ist. Also begleiten die Guardians ihn kurzerhand auf seinen Planeten um mehr zu erfahren. Und auch wenn Star Lord das Gefühl, dass ihm seine "richtige" Familie bringt sehr genießt, muss er im Verlaufe des Films feststellen, dass die Erwartungen die man an seinen leiblichen Vater hat nicht immer erfüllt werden.


Insgesamt ist Guardians of the Galaxy Vol. 2 ein überraschend emotionaler Film. Genau mit dieser Emotionalität versucht Gunn auch die fehlende Frische des Films auszugleichen – mit Erfolg. Sei es die Beziehung zwischen Star Lord und seinem Vater, Gamorra und ihrer Schwester oder Drax Vergangenheit, egal wie kitschig die einzelnen emotionalen Momente des Films auch sein mögen, sie funktionieren. Der Grund dafür liegt im Umgang mit dem Kitsch. Der Film ist sich dessen nämlich stets bewusst und geht das ganze mit einem lächeln an. In seinen besten Momenten schafft er es dadurch, dem Zuschauer die ein oder andere Träne abzuringen. Etwas, dass man von einem Guardians of the Galaxy Film nicht unbedingt erwarten würde. Doch keine Sorge, dabei kommen Action und Humor keinesfalls zu kurz – im Gegenteil. Gunn feuert im Minutentakt mit Witzen auf uns, die dankenswerterweise auch alle noch sehr treffsicher sind und inszeniert die Action wieder sehr gekonnt.


Das der Humor so gut funktioniert ist aber nicht nur Gunn und seinem fabelhaften Drehbuch zu verdanken, sondern vor allem dem komödiantischen Talent der Darsteller. Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Vin Diesel, Bradley Cooper, Michael Rooker und Karen Gillan kehren in ihre Rollen aus dem ersten Teil zurück und schaffen es in den besten Fällen ihre Leistung im ersten Teil noch zu toppen. Dank James Gunns ausgeglichenem Drehbuch, stiehlt auch kein Darsteller dem anderen die Show. Jeder Darsteller bekommt seine Momente und wird dem Zuschauer auch nach dem Film im Gedächtnis bleiben. Eine Rarität in Ensemblefilmen. Allerdings sei erwähnt, dass Michael Rooker und Karen Gillan in diesem zweiten Teil eine wesentlich größere Rolle spielen als noch im ersten. Insbesondere Michael Rooker bekommt dabei einige schöne Momente spendiert, die sowohl seinem Talent, als auch seinem Charakter mehr als gerecht werden. Da wir schon so viel von Familie sprechen, soll auch James Gunns Bruder Sean Gunn als Kraglin nicht unerwähnt bleiben. Im zweiten Teil spielt auch er eine wesentlich größere Rolle. Das fühlt sich aber nicht nach Vetternwirtschaft an, sondern macht für den Film durchaus Sinn. Sein komödiantisches Talent, dass er schon in einigen Serienformaten und auch im ersten Guardians Film unter Beweis stellen konnte, kann er in seiner Rolle vollends ausleben. Neben den altbekannten Gesichtern stoßen aber auch zwei neue Größen dem Cast hinzu. Kurt Russel scheint die perfekte Wahl zu sein, um Chris Pratts Vater zu spielen. Beide haben einen ähnlichen Charme, beide eine ähnliche Attitüde. Das sorgt für eine unheimlich stimmige Chemie zwischen den beiden, so dass man ihnen die Vater Sohn Beziehung von der ersten Sekunde an abkauft. Auch Pom Klementieff als Mantis ist eine willkommene Erweiterung. Sie und Drax sorgen für einige der größten Lacher im Film. Insgesamt merkt man dem Cast an, dass sie sich untereinander verdammt gut verstehen und irre viel Spaß beim Dreh hatten - und das ist unbezahlbar.


Natürlich darf auch die Musik nicht vergessen werden, die bereits im ersten Teil eine essenzielle Rolle spielte. In Vol. 2 versucht Gunn etwas neues. Während der Soundtrack des ersten Films gut ins Ohr ging und man ihn ohne Probleme in Dauerschleife hören konnte, baut Gunn den Soundtrack des zweiten Teils besser in den Film ein. So ist einer der Songs gar ein wichtiger Plot Point. Dadurch ist der Soundtrack zwar nicht so gut hörbar wie der erste – wenn auch trotzdem noch gut hörbar – spielt aber für den Film selbst eine wichtigere Rolle. Doch es ist nicht alles Gold was glänzt. Und ja, das ist eine Anspielung auf die Goldenen Wesen im Film. Das Volk – Enclave genannt – sorgt zwar für den ein oder anderen guten Lacher zu Beginn des Films, hat aber über den gesamten Film verteilt zu viel Screentime. Zu oft sehen wir, wie sie an ihren in Steuerapparaten für die Drohnen sitzen und sich darüber aufregen, dass die Guardians sie erneut zurückschlagen. Die ersten Male mag das noch ganz witzig sein, nutzt sich aber leider recht schnell ab. Dass das der einzig große Kritikpunkt am Film ist sollte aber zeigen, wie gelungen der Film in seiner Gesamtheit ist.


Fazit: In Guardians of the Galaxy Vol. 2 vereint James Gunn alles, was wir am ersten Teil so geliebt haben: Toll inszenierte Action, treffsicherer Humor und viel Herz. Anstelle der Frische und Originalität des ersten Films, bietet er wesentlich mehr Emotionen. Dadurch ist Guardians 2 nicht unbedingt besser, aber in keinem Fall schlechter als der Erste.

9 von 10 schlecht gewählten Namen

Eine Gastkritik von Tobias Bangemann

Review: THE HATEFUL EIGHT – Quentin Tarantino und die Verheerungen des Sezessionskrieges

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Fakten:
The Hateful Eight
USA. 2015. Regie und Buch: Quentin Tarantino. Mit: Samuel L. Jackson, Walton Goggins, Jennifer Jason Leigh, Kurt Russell, Demir Bachir, Tim Roth, Michael Madsen, Bruce Dern, Channing Tatum, Zoe Bell, Lee Horsley, Gene Jones, James Parks u.a. Länge: 167 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Wyoming, einige Jahre nach dem amerikanischen Bürgerkrieg: Eine Kutsche bahnt sich mühsam ihren Weg durch den Schnee in Richtung der Stadt Red Rock. An Bord befinden sich der Kopfgeldjäger John "The Hangman" Ruth, dessen Gefangene Daisy Domergue sowie der Anhalter Major Marquis Warren, der früher Soldat war und nun ebenfalls als Kopfgeldjäger sein Geld verdient, und Chris Mannix, ein Deserteur aus den Südstaaten, der behauptet, der neue Sheriff der Stadt zu sein. Ein Schneesturm zwingt die Gruppe zu einem Zwischenstopp in Minnies Kleinwarenladen. Sie treffen dort zwar nicht auf Minnie aber dafür auf den mysteriösen Mexikaner Bon, auf den verschwiegenen Cowboy Joe Gage, auf den Konföderierten-General Sandford Smithers sowie auf Oswaldo Mobray. Während der Sturm draußen immer heftiger tobt, begreifen die acht Fremden, dass ihr Zusammentreffen vielleicht gar nicht so zufällig ist und sie Red Rock möglicherweise nie erreichen werden...





Meinung:
Cast und Crew brechen in gelben Lettern über die Leinwand, in Ennio Morricones Streichern dräut die sich anbandelnde Gefahr, während eine Jesusfigur, die den Schnee wie Lasten auf den Schultern trägt, im ewigen Weiß langsam zu verschwinden droht. Und mittendrin eine Kutsche, die sich mühevoll ihren Weg durch die Schneemassen zu bahnen versucht, bevor sie wirklich die Muskeln spielen lassen, die einschüchternden Witterungsverhältnisse, die das zerstreute Amerika des 19. Jahrhundert hier heimgesucht haben. Schon die ersten Minuten von „The Hateful Eight“ sind beeindruckend, weil Quentin Tarantino es wieder einmal verstanden hat, wie signifikant es sein kann, Bilder für sich allein sprechen zu lassen, um ein Gefühl präzise zu vermitteln. Tatsächlich, und darin liegt ein Großteil des Genies, mit dem Quentin Tarantino „The Hateful Eight“ angegangen ist, werden die süffisant ausgekosteten Dialogsequenzen der visuellen Ebene im weiteren Verlauf der Handlung keinesfalls den Mund verbieten, sie gehen vielmehr eine vor Cinephilie gar brodelnde Allianz ein.

 
Aprés-Ski im Western-Stil
„The Hateful Eight“ nimmt den Zuschauer mit in das Herz eines Landes, welches nach wie vor mit den Verheerungen des Sezessionskrieges zu ringen hat. Und das ist der Punkt, an dem man dem Glauben anheimfallen könnte, Quentin Tarantino hätte erneut eine historische Projektionsfläche gewählt, um seinen Gewaltphantasien ein stattliches Ablassventil zu überreichen. So viel sei gesagt: Mit Sicherheit zählt „The Hateful Eight“ zu den brutalsten (rein vom viszeralen Einschlag) Filmen, die Quentin Tarantino bisher unter seine Ägide genommen. Gerade im letzten Drittel werden Gliedmaßen vom Torso gehackt, Blut schwallartig aus den Kehlen befördert und auch Köpfe dürfen ein ums andere Mal orgiastisch explodieren, damit der rote Lebenssaft die Wände auch endgültig neu bestrichen hat. Die Tarantino'esken Exzesse sind durchaus vorhanden, allerdings erleben wir in „The Hateful Eight“ kein primitives Spielkind, welches sich an sinnloser Brutalität ergötzt; keinen geifernden Voyeur, der sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst viele Menschen möglichst garstig ins Jenseits zu befördern. Tarantino operiert hier auf politischer Ebene.

 
Endlich wieder mit an Bord: Tim Roth
Natürlich baut der Mann bewusst auf offenkundig Dissonanzen in der Tonalität, in der Essenz, neben all seinen spielerischen Zugeständnissen an Genre-Eigenheiten, ist „The Hateful Eight“ ein Film, der das Post-Civil-War-America beschreibt und damit einen Kampf der Ideale in einer urigen Hütte austragen lässt, der zwar zwangsläufig in einem Blutbaden enden muss, aber keinesfalls einem reservierten Nihilismus einwilligt, sondern – und das jetzt wird es für Tarantino Verhältnisse ungewöhnlich sanft – an die Hoffnung appelliert. In dieser Hütte auf einem Gebirgspass, in der acht verschiedene Persönlichkeiten nach und nach aufeinandertreffen, um einem Schneesturm, der sich bereits über der Bergkette im Umkreis in Formation gebracht hat, zu entwischen, findet sich der Norden als auch der Süden wieder. Ein Panoptikum der Selbstdarsteller, möchte man meinen, dieses achtköpfige Gespann bildet eine grelle Ansammlung aus Falschspielern, Scharlatanen und Nutznießern. Allerdings vollbringt Quentin Tarantino es, die Beteiligten in diesem Kammerspiel nicht zu bloßen, zweckdienlichen Karikaturen verkommen zu lassen.

 
Diesmal nicht als Sklavenhändler unterwegs: Walton Goggins
Er geht tiefer, jedenfalls in Bezug auf Major Marquis Warren (Samuel L. Jackson) und Chris Mannix (Walton Goggins), die zu Beginn noch ideologische Konflikte auszutragen haben, nach und nach aber zu einer Gemeinschaft heranwachsen, die nicht nur für den Moment Freundschaft möglich macht, sondern die Nord- und Südparteien auch für die Zukunft in der Herstellung respektive Erhaltung von Gerechtigkeit (gerade, weil sich Justitia als flüchtige Schattengestalt präsentiert) zusammenschweißt. Wie Quentin Tarantino diesen Hoffnungsschimmer herstellt, ist natürlich von einem charakteristischen Zynismus begleitet, doch es steht außer Zweifel, dass Tarantino weit darüber hinaus gegangen ist, mit Figuren aufzuwarten, die einzig über das schiere Schlagwortbedienen funktionalisiert wurden. Man hat sich also nach „Django Unchainend“ durchaus weiterentwickelt und verstanden, welch immensen Wert man einer dreidimensionalen Prägnanz innerhalb der Charakterbeschreibung beimisst, gerade bei einem solch komprimierten Setting. Da passt es natürlich auch wieder einmal wunderbar ins Bild, dass sich das gesamte Ensemble herrlich spielfreudig (ein Samuel L. Jackson sogar awardwürdig) gibt.


Neben seiner Lust am Parlieren, die Tarantinos rhetorische Finesse mal wieder überdeutlich zur Geltung bringt, birgt „The Hateful Eight“ auch ein herrliches Vexierspiel um Realität und Fiktion in sich, wenn er nicht nur den geschichtlichen Kontext nutzt, um eine fiktive Geschichte zu erzählen, sondern auch mit Charakteren aufwartet, die sich ihrer verschmitzten Janusköpfigkeit schlicht nicht verschließen können und damit den Diskurs über Wahrheit und Lüge vom Subtext geradewegs in den Primärtext transferieren. Es ist die erneute Meditation über die mannigfachen Möglichkeiten der Narration und die einzelnen Plateaus der Erzählmethodik, die allesamt einen neuen Blickwinkel offenbaren. Ohne Frage, es macht Spaß, diesem Film zu folgen, weil er nicht nur die üblichen Tarantino-Manierismen voller dialogisch-ästhetischem Schwung auf die Leinwand knallt, sondern auch, weil er den Zuschauer durch sein formidables Handwerk ohne Anlaufschwierigkeit in die Leinwand zieht. Weit über 20 Jahre dürfen wir nun Zeuge davon werden, wir sich Tarantino quer durch die Popkultur fräst und paraphrasiert, und sein Hunger scheint noch lange nicht gestillt. Zum Glück, möchte man angesichts „The Hateful Eight“ meinen.


7,5 von 10 opulenten Schnauzbärten


von souli

Review: BONE TOMAHAWK – Kannibalen und der Wilde Westen

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Fakten:
Bone Tomahawk
US, 2015. Regie & Buch: S. Craig Zahler. Mit: Kurt Russell, Patrick Wilson, Matthew Fox, Richard Jenkins, Lili Simmons, David Arquette, Sean Young, Sid Haig u.a. Länge: 132 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Ab dem 21. Januar 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Eine Gruppe unbekannter Angreifer überfällt unbemerkt ein Dorf bei Nacht, tötet einen Mann und nimmt drei weitere Gefangene, darunter auch die Frau eines verletzten Cowboys. Der will seine Frau natürlich retten und schließt sich mit dem Sheriff, einem alten Trottel und einem edlen Killer zusammen. Die Rettungsmission führt die vier ungleichen Männer durch allerhand Gefahren.

                                                                            

Meinung:
Das Debüt eines jungen Regisseurs verdient verständlicherweise immer besonderes Augenmerk, ein unbekanntes Element wird in die Gleichung gebracht und gespannt fragt man sich ob in ihm vielleicht ein größeres Talent schlummert. Bei S. Craig Zahler handelt es sich um einen solchen Mann, der mit „Bone Tomahawk“ ein auf dem Papier höchst interessantes Projekt entworfen hat. Horrorwestern mit Kannibalen findet man nicht an jeder Ecke, der fertige Film kann die hohen Erwartungen aber nur zum Teil erfüllen, was jedoch weniger an der Qualität sondern vielmehr an der falschen Erwartungshaltung liegt.


Bereit zur Rettungsmission
Wer sich von „Bone Tomahawk“ einen rasanten Genremix erwartet wird zwangsläufig enttäuscht werden, denn über weite Strecken handelt es sich bei dem Film um einen sehr geerdeten Western. Schon die Geschichte ist typisch für das Genre, ein Überfall, eine Entführung und schließlich die Rettungsaktion. Oftmals sind es Indianer, hier bekommen wir es mit Kannibalen zu tun, was der kompletten Verfolgung zwar mehr Dringlichkeit verleiht, für den Zuschauer jedoch keinen großen Unterschied macht. Auch die Charaktere sind die üblichen Archetypen, die man so schon unzählige Male gesehen hat, aber auch immer noch gerne sieht, denn das Vierergespann im Kern der Geschichte wirkt wie ein Best-of beliebter Westernfiguren. Zum einen der erfahrene und rechtschaffene Sheriff (herrlich von einem graubärtigen Kurt Russell verkörpert), dazu einen alten und etwas idiotischen Hilfssheriff und einen kaltblütigen Killer, den eine private Rachegeschichte verfolgt. Komplettiert wird die Gruppe vom emotionalen Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, einem verletzten Cowboy, der die Liebe seines Lebens aus den Fängen der Kannibalen befreien will. In Interaktion miteinander funktionieren die Charaktere dabei auch ausgezeichnet, Streitgespräche und Dialogspitzen liefern einige pointiert gesetzte Lacher und die Dynamik in der Gruppe sorgt dafür, dass man sie als Zuschauer gern bei ihrer Reise begleitet. Konflikte untereinander werden nur angedeutet, was dem Film im Ganzen aber keinen großen Abbruch tut.


Rat mal, wer zum Essen kommt...
Einen Hauptteil der Handlung nimmt die besagte Reise ein, die sich schnell als ein kräftezehrender und gefährlicher Trip entpuppt. Für alle Beteiligten wird der Weg zu einem Kampf mit der widerspenstigen Wildnis und im speziellen Fall von Patrick Wilson und seinem gebrochenen Bein auch mit sich selbst. Diesen Überlebenskampf fängt Zahler in langsamen, aber sehr stilsicheren Bildern ein und lässt die Szenerie damit zu einem unbarmherzigen und ungemütlichen Ort werden. Die ein oder andere Straffung in den ersten zwei Drittel hätte dem Film dabei sicher gut getan, zwar verkommt er trotz langsamen Pacing nie zu einem Langweiler, durch eine etwas rasantere und zielstrebigere Inszenierung hätte man jedoch noch deutlich mehr Potential aus dem Film kitzeln können. Im mitreißenden Finale wirft „Bone Tomahawk“ dann schließlich seine komplette Langsamkeit über Bord und schafft es zu einem rasanten Actionspektakel zu werden. Hier zeigt sich auch warum der Film als Horrorfilm betitelt wird, mit expliziten Gewaltszenen versehen gelingt es dem Höhepunkt zu einem brachialen und mitreißenden Kampf zu werden, indem beide Parteien miteinander kollidieren und physische Gewalt erbarmungslos aneinander kracht. Durch die vorangegangene Ruhe der Inszenierung wirken die Gewaltspitzen noch heftiger und erzeugen allein schon durch ihr plötzliches und unbarmherziges Auftreten für Spannung.


In seinem Regiedebüt beweist Craig Zahler nicht nur Gespür fürs Westerngenre, sondern schafft es auch atmosphärisch stimmige Bilder zu erzeugen. Zwar hätte der Film an manchen Ecken durchaus eine Straffung vertragen können, das dahinter stehende Gerüst weiß jedoch zu überzeugen. Ein eigensinnig, aber durchaus geglücktes Experiment, dass Zahler auf jeden Fall zu einem Regisseur macht, den man in den nächsten Jahren im Auge behalten sollte.

6 von 10 gespaltene Schädel

von Vitellone

Review: FAST & FURIOUS 7 - ZEIT FÜR VERGELTUNG - Eine angemessene Trauerrede

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Fakten:
Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung (Furious 7)
USA. 2015. Regie: James Wan. Buch: Chris Morgan. Mit: Vin Diesel, Paul Walker, Dwayne Johnson, Jason Statham, Tyrese Gibson, Michelle Rodriguez, Chris „Ludacris“ Bridges, Jordana Brewster, Kurt Russell, Ronda Rousey, Tony Jaa, Lucas Black, Elsa Pataky, Djimon Hounsou, Ali Fazal, John Brotherton, Noel Gugliemi, Luke Evans u.a. Länge: 137 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.


Story:
Seitdem die Crew rund um Dom Toretto und DSS-Agent Luke Hobbs den finsteren Ex-SAS-Agenten Owen Shaw erledigt hat, ist ein Jahr vergangen. Das Team gespannt sich in der Heimat, doch schon bald quietschen wieder die Reifen, denn Shaws Bruder Deckard, will Vergeltung und er tut alles, um diese zu bekommen.





Meinung:
Man muss es sich einfach nochmal auf der Zunge zergehen lassen: Das einst so reizlose „The Fast and the Furious“-Franchise rast in diesem Jahr mit quietschenden Reifen tatsächlich schon in die siebte (!) Runde. Wer hatte nach dem desaströsen „The Fast and the Furious – Tokyo Drift“ schon eine Ahnung von dem qualitativen Quantensprung haben können, der sich in „Fast & Furious – Neues Modell. Originalteile“ schon leise anbahnte, in „Fast & Furious 5“ dann aber wie entfesselt aus allen Nähten platzte. Inzwischen hat sich die Reihe zu einem wahren Happening entwickelt, welches nicht nur Autofanatiker anlockt, sondern auch den Action-Fans der alten Schule das Bäuchlein pinselt. Wenngleich der immer noch durchaus gelungene „Fast & Furious 6“ zwar nicht an den furiosen Vorgänger anknüpfen konnte, hat es nun mit „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“ die Episode in die Lichtspielhäuser geschafft, auf der die meisten Augen gerichtet sein werden - Und das selbstverständlich aus einem äußerst tragischen Umstand heraus.


 
Big Gun, Big Fun
Der schockierende Unfalltod des gerade einmal 40-jährigen Paul Walkers am 30. November 2013 legt sich wie ein melancholischer Schleier fortwährend deutlich spürbar über das Haupt der Produktion. Es wäre eine auf Verlogenheit basierende Lüge, würde man Paul Walker nun aufgrund seines plötzlichen Dahinscheidens als außergewöhnliche Schauspielgröße über den grünen Klee hieven, eine akzeptable Genre-Type aber steckte zweifelsohne in dem blonden und blauäugigen Sonnyboy aus Kalifornien. Wie also wäre es möglich, Paul Walkers letzten Auftritt pietätvoll umzusetzen, ohne seine Figur, den ehemaligen FBI-Agent Brian O'Connor, grobschlächtig aus dem Film zu schreiben, wie es zuerst versucht, zum Glück aber nicht umgesetzt wurde. Mit Hilfe passender Body Doubles (seine Brüder Cody und Caleb Walker standen postwendend parat) und den erstaunlichen Fähigkeiten der Hochleistungsrechner, dürfen wir uns nun nicht nur an Paul Walkers 130-minütigen Vermächtnis sattsehen, sondern auch jede Menge Spaß dabei haben, bis – womöglich – auch mal eine salzige Perle aus dem Knopfloch gewischt werden darf.


Stuntman Mike hat in "F&F7" nur gute Absichten, oder?
Um es vorweg gleich klarzustellen: Das Drehbuch von Chris Morgan ist genauso krude, wie wir es vom Franchise seit jeher gewohnt war. Unwahrscheinlichkeiten und sonderbare Schnellschussherleitungen pflastern den Weg von einem sensationellen Set Piece zum nächsten. Es macht aber auch gar keinen Sinn, sich an den klaffenden Logiklöchern von „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“ aufzureiben, bekommen wir doch wieder einmal eine grelle Action-Sause serviert, die sich rein durch ihre Fotografien zu artikulieren versteht. Nachdem in „Fast & Furious 6“ halb London in Schutt und Asche gelegt wurde, um den niederträchtigen Owen Shaw (Luke Evans) das verruchte Handwerk zu legen, ist es nun sein Bruder Deckard (Jason Statham), dem es nach Rache dürstet. Und so etabliert sich „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“, der mäßige Untertitel verrät es bereits, erst einmal als nach alttestamentarischen Prinzipien ausgerichteter Revenge-Flic, in dem Jason Statham unsere liebgewonnene Gruppe um Dominic Toretto (Vin Diesel) und Co. nacheinander zerschlagen möchte.


Das kommt davon wenn im Autoradio immer "I believe I can fly" dudelt
Natürlich hat er sich da mit den Falschen angelegt, auch wenn er Muskel- und Charismaberg Dwayne Johnson zu Anfang direkt mal auf die Krankenstation befördern darf. Mit James Wan hat das „The Fast and the Furious“-Universum nun auch einen Regisseur gefunden, der es versteht, wie man zünftig Krach macht. Wo die grobmotorische Handhabung Wans in seinen dürftigen Horror-Hommagen „Insidious“ oder „The Conjuring – Die Heimsuchung“ noch negativ aufstieß, kommt nun quasi mit seiner Person und „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“ das zusammen, was auch zusammen gehört. Dass dem australischen Filmemacher auch gleich die Ehre zuteil werden sollte, ausgerechnet diesen vom Schicksal emotional besonders aufgeladenen und irgendwie morbide erscheinenden Teil unter seine Fittiche zu nehmen, hat wahrscheinlich einige Anspannungen auszustehen in Anspruch genommen. Wan aber macht seine Sache ordentlich bis ziemlich gut und beherrscht es partiell vortrefflich, den kinetischen (Über-)Druck, der in den aufgeplusterten Fotografien kontinuierlich wabert, wie ein Schuljunge im Spielzimmer freizulegen.


Freilich ist es unlängst Usus geworden, dass die physikalischen Gesetzmäßigkeiten innerhalb der „The Fast and the Furious“-Vehikel außer Kraft treten, „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“ aber ist nun endgültig an einem Punkt gekommen, an dem die Übertreibung nicht mehr nur einfach vollzogen wird, sondern wie eine penetrante Neonreklame über allen halsbrecherischen Set Pieces justiert wurde: Infernalische Pyrotechnik, todessehnsüchtige Sprünge mit dem Automobil von einem Wolkenkratzer zum nächstgelegenen und wenn sich einer der Boliden dann mal wieder überschlägt, dann gleich unzählige Male, selbst in den luftigsten Höhen, um dann noch einen Abhang hinunter zu dreschen und gnadenlos in ein anderes Gefährt hineinzuschleudern. „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“ generiert wirklich entzückenden Proll-Überschwang, sobald es kracht, leuchten die Augen, und dass sich die markigen Charaktere ohnehin langsam ins Herz gespielt haben, macht die letzte Sequenz erst so richtig gewichtig. Niemand hätte wohl gedacht, dass es irgendwann mal wirklich in den Bereich des Möglichen rutschen würde, eine „The Fast and the Furious“-Episode zu sehen, die tatsächlich berühren darf.


6 von 10 Autos an Fallschirmen


von souli