Review: THE GREY - UNTER WÖLFEN - Eiskalter Überlebenskampf



Fakten:
The Grey – Unter Wölfen (The Grey)
USA. 2012. Regie: Joe Carnahan. Buch:  Joe Carnahan, Ian Mckenzie Jeffers (Vorlage). Mit: Liam Neeson, Dermot Mulroney, Joe Anderson, Frank Grillo, Dallas Roberts, Nonso Anozie, James Badge Dale, Jacob Blair, Ben Bray, James Bitonti, Larissa Stadnichuk, Jonathan Bitonti, Anne Openshaw, Peter Girges, Lani Gelera, Ella Kosor u.a. Länge: 117 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben.


Story:
John Ottway arbeitet in den Schneelandschaften von Nordamerika für einen Öl-Konzern. Er soll die Arbeiter vor den Gefahren der Natur, im Besondern vor den Wölfen beschützen. Auf dem Weg in die Heimat passiert dann das Unglück: das Flugzeug macht eine Bruchlandung in den Wäldern. Nur Ottway und sieben Männer überleben. Auf sich gestellt ohne eine Hoffnung auf schnelle Hilfe versuchen sie in der eiskalten, unwirklichen Welt zu überleben. Die Situation verschlimmert sich dramatisch, als die Gruppe von Wölfen entdeckt und attackiert wird.




 
Meinung:
Joe Carnhan ist eigentlich bekannt für überdrehte Actionfilme wie „Smokin‘ Aces“ oder „The A-Team“, dabei begann er seine Regiekarriere mit dem düster-pessimistischen Cop-Drama „Narc“. Mit „The Grey- Unter Wölfen“  kehrt Carnahan ein wenig zurück zu seinen Wurzeln, denn sein raues Survival-Drama ist wie sein Spielfilm-Debüt: roh, rau und ungeschönt.


Zum zweiten Mal nach „The A-Team“ arbeitet Carnahan mit Liam Neeson zusammen. Neeson, der fast schon inflationär in Actionfilmen von meist eher durchschnittlicher Qualität zu sehen war, kann hier beweisen, dass in ihm immer noch ein hochklassischer Schauspieler steckt. Er mimt den Überlebensexperten John Ottway wirklich überzeugend. Trotz einer äußerst simplen Geschichte und Charaktersierung seiner Figur, holt Neeson alles aus seiner Rolle heraus. Wer dabei allerdings große Gesten erwartet, darf weiter warten, denn obwohl dieser John Ottway dramaturgischen Ballast mit sich trägt, so gelingt es dem Film doch hervorragend, trotz kürzer Abstecher, den Überlebenskampf ganz klar ins Zentrum des Films zu setzen. In seinen besten Momenten vereint Carnahan Ottways (meist nur angedeutete tragische) Vergangenheit mit dem unbarmherzigen Kampf gegen die Naturgewalten – und den Wölfen.  


Noch kann John sich mit einem Gewehr gegen die Wölfe verteidigen
Die Gefahr, die von den Wölfen ausgeht, ist ein großer Reiz des Films. Mit gut gezielten Schocks, atmosphärischen dichten Passagen und einer immerwährenden Bedrohung, die mal unterschwellig, meist aber frontal vom Film genutzt wird, baut „The Grey“ eine enorme Spannung auf. Im Grunde mag der Film auf dem uralten Prinzip der zehn kleinen Negerlein basieren, aber dieser uralte Prozess des Genres, in dem das Böse nach und nach die Guten dezimiert hat eine enorm gute Funktionalität. Regisseur Joe Carnahan versteht es einfach blendend  den harten Überlebenskampf der Gruppe in teils atemberaubende  Bilder zu packen, die oft genug drastisch zwischen wohltuender, sich vom Ballast des Schreckens und der Ausweglosigkeit befreiender Träumerei und herber, brutaler und gnadenloser Konsequenz wechseln.  „The Grey – Unter Wölfen“ ist ein fesselnder, ein durchgreifender Film. Carnahan spielt mit der Hoffnungslosigkeit seine Protagonisten. Er holt wirklich viel, wenn nicht sogar das Maximum aus der einfachen Story heraus. Er entwirft einen Überlebenskampf, so dreckig wie intensiv. Dass er dafür den Wolf zu einer bluthungrigen Killermaschine verklärt, müssen Tierfreunde hinnehmen. Der Wolf fungiert im Film aber nicht als bloße Killermaschine, die die Gruppe von Männern durch die Wildnis hetzt, sondern viel mehr symbolisiert er die ganze Gewalt und Grausamkeit der Natur. Wann immer ein Wolf im Film zu sehen ist, so wirkt er dämonisch, überlebensgroß. Das verleiht „The Grey“ nicht nur eine zusätzliche Atmosphäre des Horrors, sondern unterlegt zusätzlich den leisen, (alp)träumerischen Unterton des Films. Carnahans Films besitzt trotz seiner Rohheit nämlich eine nicht zu unterschätzende esoterische Komponente, die den Kampf Mensch vs. Natur noch einmal intensiviert, ohne ihm der Lächerlichkeit preis zu geben und am Ende sogar zu Spekulationen anregt. Dies bezahlt der Film jedoch mit dem Verzicht von übergroßen Spektakeln. Wer hier lärmendes Over-the-Top-Getue erwartet, hat sich den falschen Film ausgesucht. Alle anderen dürfen sich freuen, denn sie erhalten Nervenkitzel, bewegendes Drama und kurze, aber dafür perfekt gefilmte Actionsequenzen. Alles untermalt von einem sehr gelungenen Score von Marc Streitenfeld, der u.a. auch Ridley Scotts "Prometheus - Dunkle Zeichen" hervorragend musikalisch untermalte.


„The Grey – Unter Wölfen“ wird oft fälschlicherweise in einem Atemzug mit „Unknown Identitiy“ oder „96 Hours“ genannt, aber die Filme haben bis auf ihren Hauptdarsteller nichts gemeinsam. Joe Carnahas Film (sein bester bisher) ist kein bloßer Reißer, es ist ein hochspannender Film. Kein Film mit einer großen Geschichte, kein Film der in die Annalen eingehen wird, aber ein Film der für knapp zwei Stunden an den Bildschirm fesselt und sein Publikum auch dann noch in seinem Bann hat, wenn der Abspann läuft.
 

9
von 10

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