Fakten:Pulp Fiction
USA. 1994. Regie: Quentin Tarantino. Buch: Quentin Tarantino, Roger Avary. Mit: John Travolta, Samuel L. Jackson, Uma Thurman, Bruce Willis, Ving Rhames, Maria de Medeiros, Eric Stoltz, Tim Roth, Amanda Plummer, Quentin Tarantino, Rosanna Arquette, Christopher Walken, Harvey Keitel, Frank Whaley, Peter Greene, Paul Calderon, Phil LaMarr, Steve Buscemi u.a. Länge: 154 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben.
Story:
Ein Koffer mit unbekanntem Inhalt, eine goldene Armbanduhr und eine Gangsterbraut, die sich gern die Nase pudert, sorgen in der Gangsterwelt von Los Angeles für einen Haufen von skurril-bizarren Situationen.
Meinung:
Ist
„Pulp Fiction“ ein besonderer Film?
Es
gibt wohl keinen anderen Film, der so häufig auf cineastischen Bestenlisten
auftaucht wie Tarantinos kultisch verehrter zweiter Spielfilm. „Pulp Fiction“
kam gewaltig, suchte sich einen schönen Thron in der Popkultur und sah von dort
aus zu, wie diverse Epigone mal erfolgreich („Bube, Dame, König GrAs“, „Bang
Boom Bang“) mal mehr schlecht als recht („Thursday“, „Kaliber Deluxe“)
versuchten sich als Kultfilm ähnlicher Couleur zu profilieren. Vom Thron gestoßen wurde er bis heute nicht
und so ziemlich alle Angriffe auf seinen Herrschersitz gingen, ohne größere
Blessuren hinterlassen zu haben, an ihm vorbei. Damals wie heute ist der
pulp‘sche Bekanntheitsgrad immens hoch. Wenn selbst ein 12-jähriger in der
Videothek nach „Pulp Fiction“ statt nach „Avatar“ oder „Harry Potter“ fragt,
ist das durchaus ein Zeichen von hoher, stetiger Popularität. Macht das „Pulp
Fiction“ zu einem besonderen Film?
Pumpkin (Tim Roth) will Jules (Samuel L. Jackson) Koffer |
„Pulp
Fiction“ ist ein, mal nonchalantes und mal drastisches, Vergnügen. Wunderbare,
oft genug sinn- und ziellose
Diskussionen werden genauso treffsicher abgefeuert wie überspitzte
Gewalteruptionen, leichtfüßige Ikonisierungen, die richtige Dosis Vulgarität
und teils perfide Situationskomik. Daraus entstehen wirklich umwerfend komponierte
Szenen, jede für sich bereits mit einem enorm hohen Unterhaltungswert
ausgestattet, alle zusammen genommen sind schlicht unschlagbar. Man nehme nur die legendäre Tanzszene. Kein
anderer Filmtanz wurde so oft imitiert und nachgeäfft. Selbst die großen 80er
Jahre Tanzklassiker „Flashdance“ und „Dirty Dancing“ wurde nicht so zahlreich
rezitiert wie die gespreizten Finger von
John Travolta und Uma Thurman. Mittlerweile ist eine „Pulp Fiction“-Parodie ein
Zeugnis für Kreativ- und Mutlosigkeit.
Neben
den bereits genannten Darstellern kann Tarantino auf weitere erstklassige
Akteure zurück greifen. Einige spielen hier die Rolle ihres Lebens (Ving
Rhames), andere starteten danach durch (Samuel L. Jackson) und wieder
andere bewiesen, dass sie mehr können
als die Annahme zu erfüllen immer wieder langsam zu sterben. Bei seiner Rollenverteilung spielt „Pulp
Fiction“ mit den Erwartungen des Zuschauers, wie bei vielen anderen Dingen
auch. So verbirgt sich hinter dem Amoralischen der Figuren und Geschichten
letztlich doch eine ziemlich konventionelle, puritanische Botschaft: Jeder
bekommt das, was er verdient. Das klingt jetzt biederer als es in Wirklichkeit
ist, denn egal was im Film passiert, es wirkt immer lebendig, frech und
frei. Ist das besonders?
Zum Mitschreiben: Das ist kein Motorrad, das ist ein Chopper! |
Tarantino
und sein Co-Autor Roger Avary („Killing Zoe“, „Die Regeln des Spiels“) nutzen
ein Maximum von stereotypen, uramerikanischen Figuren und plündern ordentlich im Fundus anderer Filme. Doch anstatt Figuren und Fundsachen durch genormte
Ereignisse und Dialoge zu scheuchen zelebriert „Pulp Fiction“ die Destruktion
des Gewöhnlichen. Gangster reden hier
auch mal über Fast Food und nicht bloß über Geld und Drogen. Diese Kombination aus anscheinend nicht
zusammenpassendem Material ergibt eine Fülle von grandios-komischen Szenen, die
dazu virtuos miteinander montiert wurden. So besonders ist es zwar nicht, dafür
aber umso besser. Dass dieses Format auch nach über zwei Stunden noch
funktioniert und nicht verschleißt, liegt nicht nur am Humor, sondern gewiss
auch am Episoden-Puzzle-Konzept des Films, indem während der gesamten 154
Minuten eine Vielzahl von exquisiten Höhepunkten serviert werden. Eine wahre
Klimax-Parade. „Pulp Fiction“ zum ersten
Mal ansehen hat etwas von einer großen, prallgefüllten Wundertüte für
Erwachsene. Der geniale Soundtrack -
auch heute noch unübertrefflich: „Miserlou“ von Dick Dale & his Del
Tones(warum konnten diese Black Eyed Peas davon nicht ihre schmierigen Pfoten
lassen) - tut sein übriges dazu.
Quentin
Tarantino, dessen Name auf Plakaten und in den Credits ausreicht um
Aufmerksamkeit und höhere Gewinne zu erzeugen, hat mit „Pulp Fiction“ nichts
weiter als einen Meilenstein geschaffen. Ein Film, der von anderen Filmen
kopiert und gleichzeitig so eigen ist, dass man ihn selbst nur schwer nachahmen
und beschreiben kann. Eine Revue aus Klischees, Stilmitteln, Erwartungen,
Überraschungen, großen und kleinen Details und das macht – natürlich- einfach
eine Menge Spaß, auch bei der 100. Sichtung.
Da ist es doch völlig egal, ob der Film wirklich besonders ist.
10 von 10
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